Round-Up: Schussel-Münchner statt Dusel-Bayern

Maurice Trenner 13.12.2018

Im September noch sah der Start unter Niko Kovač gelungen aus. Ein Sieg gegen Augsburg hätte einen neuen Startrekord für einen Trainer der Roten bedeutet und nach knapp 80 Minuten lag man nach einer streckenweise dominanten Vorstellung auch 1:0 in Führung. Doch dann gab es eine Ecke für die Fuggerstädter und ausgerechnet der Welttorhüter ließ diese durch seine Hände segeln. Kurioserweise ist es der Ex-Bayer Felix Götze, der am schnellsten reagierte und zum 1:1 abstaubte. Es sollte das Ende der guten Phase sein.

Führungen verspielen als Hobby

Aus den nächsten drei Spielen holten die Münchner nur einen Punkt, und diesen in der Champions League. Gegen Berlin und Mönchengladbach setzt es sogar empfindliche Niederlagen jeweils ohne eigenes Tor.

Inklusive dem FC Augsburg hat der FC Bayern in dieser Saison bereits sechs Spiele nach eigener Führung nicht gewinnen können. Gleich drei Mal – gegen Augsburg, Freiburg und Düsseldorf – fiel der Ausgleich des klaren Außenseiters in den letzten zehn Minuten. Beim Heimspiel gegen Amsterdam in der Champions League stellte man nach dem frühen Führungstreffer jegliche Bemühungen ein und konnte am Ende sogar mit dem Unentschieden zufrieden sein. Beim Rückspiel konnte die zweimalige Führung ebenfalls nicht über die Zeit gebracht werden und man kassierte in der 95. Minute noch den Ausgleich zum 3:3.

Beim Spitzenspiel in Dortmund konnte man zwei Mal in Führung gehen, nur um jeweils den Ausgleich zu bekommen und am Ende sogar das Spiel zu verlieren. Der Tiefpunkt folgte nach der Länderspielpause als man im Heimspiel gegen Düsseldorf sogar einen Zwei-Tore-Vorsprung vergab.

Lediglich am dritten Spieltag konnte man einen Rückstand noch in einen Sieg umwandeln, als man gegen Leverkusen die frühe Führung durch Wendell souverän in einen 3:1-Sieg umbog. Weitere zwei Male schaffte es der Rekordmeister zumindest nach einem Ausgleichstreffer des Gegners noch den Sieg nach Hause zu tragen, zuletzt gegen Bremen.

Knappe Spiele als Markenzeichen

Auf Twitter erstellt Michael Karbach (@BStat) diverse Statistiken zur Bundesliga. Zuletzt hat er sich speziell knappe Spiele angeschaut und zusammengestellt. Ein knappes Spiel ist dabei so definiert, dass die Expected-Goal-Differenz kleiner Eins ist.

Übersicht der knappen Spiele für die letzten zwei Jahre sowie die aktuelle Saison.
(Bild: Michael Karbach)

In der Grafik sind für die letzten beiden Spielzeiten sowie für die aktuelle Saison dargestellt, welche Mannschaft wie viele Punkte aus den knappen Spielen geholt hat. Dieser Wert wird in Relation zu den maximal erreichbaren Punkten gestellt. Die Balkenlänge im Bild repräsentiert diese Prozentzahl.

Bei Betrachtung der Darstellung fällt sofort auf, dass der FC Bayern dieses Jahr im Vergleich zu den vorherigen Spielzeiten deutlich schlechter abschneidet. In der Saison 16/17 lag man mit 77% und in der Saison 17/18 mit 78% deutlich vor dem jeweiligen Verfolger. Der Abstand auf das nächste Team im Ranking war in beiden Fällen größer als zehn Prozentpunkte.

In der aktuellen Spielzeit hingegen lag Bayern zum Zeitpunkt des 12. Spieltags mit gerade einmal 27% auf dem drittletzten Platz nur knapp vor den beiden Abstiegskandidaten Nürnberg und Stuttgart. Der aktuelle Tabellenführer Dortmund hingegen führt die Liste mit 78% souverän an.

Außerdem ist auffällig, dass Bayern in früheren Jahren jeweils am wenigsten knappe Spiele bestritten hat. In der Saison 16/17 sogar nur zwölf Spiele über die gesamte Saison, was für einen dominanten Fußball mit vielen Torchancen und deutlichen Siegen spricht. Unter Kovač hingegen haben die Bayern nach zwölf Spielen bereits fünf knappe Partien absolviert. Das entspricht 41% aller Spiele.

Trendwende als Chance

Doch was kann man nun aus dieser Statistik ableiten? Der gesamten Mannschaft scheint das Selbstvertrauen und die Souveränität der letzten Jahre ganz eindeutig zu fehlen. Einzelne individuelle Patzer, die zu Gegentoren führen, verunsichern Spieler, Mannschaftsteile und sogar das ganze Team.

Während in früheren Jahren die Mannschaft eine Selbstverständlichkeit und Siegesgewissheit ausstrahlte, die Gegner vor Ehrfurcht erstarren ließ, so glauben heute selbst Underdogs noch an ihre Chance. Wer unter Heynckes oder Guardiola die Bayern stichelte, musste häufig mit einer hohen Klatsche nach Hause fahren. Wer bisher unter Kovač die Münchner ärgert, darf sich realistisch Hoffnung auf Punkte machen.

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Hat sich nach den vielen Jahren voller Titel eine gewisse Sättigung im Bayern-Kader eingestellt? Fehlt den Spielern ein Nörgler, der auch nach knappen Spielen den Finger in die Wunde legt anstatt die Spieler überschwänglich zu loben?

Von Außen gestaltet sich ein Blick hinter die Kulissen immer als schwierig. Dennoch muss hier zumindest nach dem öffentlichen Bild eine gewisse Kritik an der sportlichen Führung erlaubt sein. Sie haben es verpasst im Sommer mit einem konsequenteren Umbruch neue Reizpunkte in der Mannschaft zu schaffen. Sie hat es verpasst einen Mahner zu installieren, der – wenn es angebracht ist – unbequeme Wahrheiten auch einmal öffentlich anspricht.

Für Kovač stellt sich nun dennoch die Aufgabe die Mannschaft mental wieder aufzubauen. Dass die Bereitschaft hierfür in der Mannschaft existiert, hat nicht zuletzt Robben im Interview mit uns oder Kimmich nach dem Spiel in Bremen bewiesen. Das Team und sicher auch das Trainerteam wartet auf einen Befreiungsschlag, zu dem diese Mannschaft natürlich immer noch in der Lage ist. Ein einzelner klarer Erfolg kann hier die viel benötigte Trendwende einläuten.

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