Bayern verliert mit 3:3

Tobi Trenner 24.11.2018

Nach der Länderspielpause, die der Niederlage im vermeintlichen Spitzenspiel in Dortmund folgen durfte, kehrte der FC Bayern nun gegen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf zurück ins Tagesgeschäft.

Die Gäste aus dem Rheinland sind zwar bisher am hinteren Ende der Tabelle zu finden gewesen, hatten sich vor zwei Wochen aber überraschend stark gezeigt, als sie gegen Hertha mit 4:1 gewinnen konnten. Da auch der FCB seit etwa zwei Monaten nicht mehr souverän aufgetreten war, durfte man diese Partie durchaus mit Spannung erwarten.

Während Niko Kovač aus formationstaktischer Sicht weiterhin keine Änderung vornahm, so wurde er nicht zuletzt aufgrund des Ausfalls von Serge Gnabry zu leichten personellen Anpassungen gezwungen. In der Innenverteidigung liefen mit Süle und Boateng die zuletzt wohl stabileren Optionen auf, während vorne Lewandowski von Ribéry und Müller bedient werden sollte. Das Dreiermittelfeld bestand aus Martínez, Sanches und Goretzka – durchaus physisch für ein Heimspiel gegen den Vorletzten der Liga. Gerade zwischen Müller und Goretzka war auf rechts aber ein ständiger Wechsel zu erwarten.

Die Gäste liefen im von Friedhelm Funkel favorisierten 4-2-3-1 auf, welches im Vergleich zum Sieg gegen die Hertha nur auf einer Position verändert wurde: Oliver Fink bekam im Mittelfeld den Vorzug vor Rouwen Hennings. Mit Torhüter Michael Rensing und Flügelspieler Takashi Usami kehrten zudem zwei Ehemalige zurück in die Allianz Arena.

Falls Ihr es verpasst habt

Der Beginn der nächsten potenziellen Aufbruchsphase der Kovač-Bayern begann denkbar schlecht, man konnte dem ganz frühen Rückstand nur knapp entgehen. Von einer technischen oder taktischen Überlegenheit war zunächst wenig zu sehen, die Hausherren agierten – wie seit längerer Zeit üblich – so engagiert wie verunsichert. Insbesondere das Fehlen von festen Abläufen und Strukturen im Ballbesitzspiel fiel auf.

Durch ständige Rotation und individuell gesteuertes Gegenpressing kam man nach der ersten Schreckensphase langsam ins Spiel. Renato Sanches bemühte sich, den Part des Spielgestalters zu übernehmen.

In der 17. Minute fiel plötzlich das 1:0 für den FC Bayern. Ein überraschend explosives Ribéry-Solo brachte einen Eckball ein. Dieser konnte von der Düsseldorfer Hintermannschaft nicht sauber geklärt werden, sodass Niklas Süle den Ball mit links ins Netz dreschen durfte.

Drei Minuten später kam das ähnlich überraschende 2:0. Ein langer Ball von Jérôme Boateng hinter die Viererkette der Gäste landete bei Thomas Müller, der anatomisch fragwürdig und darum großartig annahm und an Rensing vorbei verwertete. Eine zähe Partie qualifizierte sich plötzlich zum möglichen Befreiungsschlag der Bayernseele.

Die Düsseldorfer übten sich derweil im wenig ausgefeilten Umschaltspiel, welches meist in für Lukebakio unerreichbare Bälle endete. Bei den Münchnern profitierte das Spiel in dieser Phase von der Umtriebigkeit Thomas Müllers sowie der bekannten Offensivlust von Joshua Kimmich, jedoch ohne bemerkenswerte Toraktionen.

Kurz vor der Pause dann der unerwartete Nackenschlag: Düsseldorf spielte einen Konter, den Zimmer eigentlich schon vergibt, doch irgendwie rutscht der Ball doch durch zu Lukebakio, der aus fünf Metern direkt zum Anschluss einnetzt (44.).

So ging man mit einer 2:1-Führung in die Kabine, ohne aus dem Doppelschlag emotionalen Profit geschlagen zu haben. Der FC Bayern trat genau so auf, wie man es unter Kovač inzwischen gewohnt ist: offensichtlich bemüht, kurzzeitig überzeugend, insgesamt aber taktisch wie mental instabil.

Zur zweiten Hälfte gab es zunächst keine personellen Wechsel. Die Bayern starteten etwas aktiver und wollten die Zwei-Tore-Führung wiederherstellen, Lewandowski und Ribéry konnten ihre Halbchancen aber nicht nutzen.

Auch das vierte Tor der Partie kam völlig aus dem Nichts. Lewandowski fixierte den Ball an der Strafraumkante physisch stark, bis Müller in Schussposition war und mit links ins lange Eck schieben konnte. Der alte Vorsprung stand wieder (58.). In den Folgeminuten hätte die Fortuna erneut verkürzen können, doch Neuer hatte beim Pressschlag im Fünfmeterraum Glück und ein freier Kopfball nach 65 Minuten ging neben das Bayerntor.

Danach passierte wenig, bis Lukebakio in der 77. Minute durchbrach und locker an Neuer vorbeischob. Der zunächst erfolgte Abseitspfiff wurde korrekterweise wieder zurückgenommen, das Spiel hatte plötzlich wieder Würze. Kovač reagierte prompt und brachte Rafinha für den involvierten Sanches – jetzt sollte der Heimsieg gegen Fortuna Düsseldorf offenbar ermauert werden.

An der Konterfixiertheit der Gäste änderte sich trotz tickender Uhr wenig. Dadurch kamen die Bayern auch in der Schlussphase häufiger in Strafraumnähe, blieben aber durch Robben und Lewandowski erfolglos. Das rächte sich in der 93. Minute: Lukebakio, Konter, Tor. Tja.

3 Dinge, die aufgefallen sind

1. Müller und die Stammposition

Schon Guardiola musste einst zu dieser Erkenntnis gezwungen werden: Thomas Müller hat eine eindeutige Stammposition. So richtig verstanden und verinnerlicht hat dies bis heute kaum ein Trainer.

In dieser Partie agierte Müller in der geliebten Rolle als zweiter Stürmer, der horizontal und vertikal flexibel Linien entzerrt und Anspielmöglichkeiten schafft. Nicht zuletzt wegen seiner zwei Tore, die definitiv keine Geschenke waren, war er gegen Düsseldorf der Schlüsselspieler. Darüber hinaus war er in praktisch jeden Angriff eingebunden und war – in Ermangelung an Dribbelstärke – der größte Chaosfaktor in der Abwehrlinie der Gäste.

Ein Thomas Müller, der den Stoßstürmer flexibel unterstützen kann, ist auch heutzutage noch ein effektiver Thomas Müller. Immer wieder wird er in andere Rollen geschoben und verschenkt – für Verein und Nationalmannschaft.

Dass er diese Lieblingsrolle gegen Düsseldorf nicht wegen, sondern trotz Kovač einnahm, soll nur eine Randnotiz bleiben. Glücklicherweise hatte er sich dem Flehen, doch bitte den rechten Flügel zu beackern, widersetzt.

2. Kein Fortschritt

Inzwischen betritt der FC Bayern jedes zweite Spiel mit einer Jetzt-erst-recht-Einstellung. Ein überzeugender Sieg, ein Befreiungsschlag, die Rückkehr zur alten Stärke – so immer wieder der Plan. Nach der Niederlage in Dortmund, die Positives wie Negatives demonstrierte, war auch diese Partie eine solche.

Erneut bemühte man sich beim Rekordmeister. Erneut spielte man phasenweise guten Fußball. Erneut fehlten Konsequenz, Konzentration und Selbstbewusstsein.

Offen ist weiterhin, woran es liegt, dass sich Niko Kovač nicht traut, größere Umstellungen vorzunehmen. Trotz erlahmter Flügel setzt er weiterhin auf das 4-3-3-System. Nach gefühlt fünf bis sechs emotionalen Schicksalsspielen für den jungen Trainer hätte man irgendwann etwas mehr Risiko, etwas mehr Innovation erwartet. Dreierkette? Fehlanzeige.

Nicht alles liegt am Trainer. Die Kaderplanung war schwach, viele Spieler funktionieren seit Frühjahr dieses Jahres nicht am Limit – ähnliche Defizite waren schon zu Saisonende der letzten Spielzeit oder bei der WM zu beobachten.

Doch letztendlich gibt es einen Verantwortlichen für die Leistung der Mannschaft. Dieser könnte alles versuchen, indem er an Formation und Taktik dreht, bis es passt. Er könnte die schwachen Veteranen auf der Bank lassen und stattdessen neue Talente ins kalte Wasser werfen. Nichts dergleichen passiert in München. Niko Kovač geht regungslos im Treibsand unter.

Häufig schreibt die Presse nach zwei unglücklichen Auftritten unberechtigt von einer Bayernkrise. Seit etwa sechs Wochen befindet sich der Verein aber tatsächlich in einer solchen. An der Säbener Straße brennt es lichterloh, doch Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge vertrauen weiterhin auf die offenbar defekte Löschanlage. Vielleicht sollte man sich den eigenen Fehler doch endlich eingestehen und den Notruf wählen, bevor alles niedergebrannt ist.

3. Positiv denken

Drei Bayerntore in der Allianz Arena – das gab es zuletzt Mitte September gegen Leverkusen. Zudem gelang dies gegen die Fortuna schon einmal, nämlich in der inzwischen legendären Saison 2012/13. Der erste Schritt zum Triple?