Vorschau: TSG Hoffenheim – FC Bayern München

Justin Trenner 17.01.2019

In der Winterpause hat sich in München faktisch nicht viel getan. Davies ist nun offizieller Bestandteil des Kaders und an Hudson-Odoi sind die Bayern zwar interessiert, doch Chelsea bleibt bisher standhaft. Sollte das Talent nicht mehr an die Isar wechseln, müsste der Deutsche Meister die Mission Titelverteidigung also größtenteils mit dem Kader angehen, der in der Hinrunde sechs Punkte auf Borussia Dortmund verlor.

Ganz Deutschland träumt von einer spannenden Rückrunde, die auch endlich mal wieder einen offenen Titelkampf versprechen könnte. Seit Tuchels erster BVB-Saison gab es diesen nicht mehr. Damals waren die Bayern die Gejagten, konnten jedoch ihren Vorsprung mehrfach verteidigen. Auch deshalb brachen die Dortmunder dann ganz am Ende ein.

Diesmal steht die Borussia an der Spitze. Mit sechs Punkten vor den Bayern und – das darf nicht vergessen werden – neun Punkten vor Gladbach, die zumindest theoretisch noch in Schlagdistanz sind, wenngleich sie als Außenseiter ins Rennen gehen. Für die Bayern muss der Blick nach vorn gehen. Schon am Freitagabend haben sie erstmals die Gelegenheit, im Fernduell vorzulegen. Das könnte den Druck für Dortmund erhöhen.

TSG Hoffenheim: vorne hui, hinten pfui?

Einfach wird das allerdings nicht. Die Hoffenheimer stellen mit die beste Offensive der Liga. Mit 32 Treffern stehen sie zwar hinter Frankfurt (34), Gladbach, Bayern (beide 36) und dem BVB (42). Doch das liegt vor allem daran, dass sie zu viele Chancen liegen ließen. Die Kaltschnäuzigkeit fehlte.

Hoffenheim zeichnet sich durch ein sehr variables Offensivspiel aus, bei dem die Angreifer durch sehr geschickte Läufe Räume öffnen oder einzelne Zonen überladen. Die TSG kommt mit ihrem schnellen Kombinationsspiel schnell in die Tiefe und kann so jede Lücke im Defensivverbund des Gegners bespielen.

Bei Expected Goals stehen die Hoffenheimer mit einem Wert von 37,66 nur knapp hinter den Bayern, die wiederum mit einem Wert von 38,81 die Tabelle anführen. Beide Mannschaften zeichneten sich in vielen Saisonphasen durch eine katastrophale Chancenverwertung aus. Bayern ist jedoch gewarnt.

Kovač sucht die Balance

Gerade im Mittelteil der Saison, jedoch auch gegen Ende der Hinrunde, offenbarten die Münchner Schwächen im Defensivverbund. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Schon in Ballbesitz gehen die Probleme los. Das aggressive und mitunter gut strukturierte Gegenpressing aus den frühen Begegnungen mit Hoffenheim, Stuttgart oder Leverkusen gab es so seit der Ergebniskrise nicht mehr zu sehen. Zunächst war das Gegenpressing zu schlecht abgesichert, weil das defensive Mittelfeld und die Verteidiger nicht nachrückten. Dadurch gelangten Gegner zu schnell in einen riesigen Leerraum zwischen Defensive und Angriff.

Später stabilisierte Kovač dieses Problem etwas, indem er das direkte Gegenpressing dosierte. Bayern ließ sich nun häufiger in eine tiefere Position fallen. Problematisch war weiterhin die Kompaktheit. Zu einfach kamen spielstarke Mannschaften in den Zwischenlinienraum, zu schnell war die bayrische Viererkette auf sich allein gestellt. Individuelle Fehler entstanden nicht nur aus Nachlässigkeiten einzelner Akteure, sondern auch durch den hohen Druck, der durch ein teilweise schwaches Kollektiv entstand.

Kovač fand bis zum Schluss nicht die richtige Balance im Umschaltspiel nach Ballverlusten. Dass Ballverluste sich durch das mitunter sehr direkte Spiel in die Spitze häufen würden, war zu erwarten. Doch letztendlich fehlte eine adäquate Reaktion und so entwickelten sich die Duelle mit Dortmund, Ajax und auch die Anfangsphase gegen Frankfurt zu hektischen Partien im Flipperautomaten. Kontrollverlust ist der Tod einer jeden Bayern-Mannschaft seit van Gaal.

Gegen Hoffenheim gedankenschnell sein

Umso wichtiger wird es am Freitag sein, die Kontrolle und Ruhe zu bewahren. Hoffenheim wird zu Hause aggressiv und mitunter offensiv verteidigen. Ein 3-2-5 ist in einigen Phasen denkbar und dann müssen die Münchner unter Druck die richtigen Entscheidungen treffen. Das ging in dieser Saison mehrfach schief.

Gerade auf der Schaltzentrale im Mittelfeld liegt die Verantwortung, stets anspielbar zu sein und für Lösungen im Zentrum zu sorgen. Ist die gut strukturierte erste Pressinglinie der Hoffenheimer nämlich überspielt, zeigt auch die Elf von Julian Nagelsmann Probleme im Defensivverbund. Gedankenschnelligkeit, ein ordentliches Positionsspiel und vor allem eine gemeinschaftliche und kompakte Reaktion nach Ballverlusten sind die Mittel, um das erste Spiel der Rückrunde zu gewinnen.

Vor allem das Zentrum und die Halbräume müssen schon in Ballbesitz abgesichert sein, damit Ballverluste nicht sofort bestraft werden. Ein probates Mittel, das Kovač in dieser Saison bereits nutzte, könnten einrückende Außenverteidiger sein. Nachdem der Auftakt gegen Hoffenheim sowie die erste Halbzeit in Stuttgart etwas instabil wirkten, positionierte der Trainer in der zweiten Halbzeit beim VfB Alaba und Kimmich bei Phasen im Angriffsdrittel etwas zentraler. Das führte zu einem erdrückenden Gegenpressing und einer starken Absicherung. Ein netter Nebeneffekt: Nur 11 der insgesamt 33 Flanken schlugen die Bayern in der 2. Halbzeit.

Bayerns Positionsspiel in Stuttgart war durch sehr hohe Achter geprägt, die hinter sich einen großen Raum offen ließen. In der zweiten Halbzeit rückten Kimmich und Alaba jedoch mehrfach ein, um abzusichern.

Druck auf den Gegner ausüben

Mit gut abgesichertem Druck sind auch die Hoffenheimer verwundbar. Keine Mannschaft hat unter den ersten Sieben der Tabelle so viele Gegentore bekommen wie die TSG und Frankfurt (beide 23). Bei den Expected Goals Against stehen die Hoffenheimer mit einem Wert von 26,45 sogar deutlich hinter den anderen sechs Mannschaften.

Auch die TSG ist anfällig für Fehler, wenn man sie nur clever genug zustellt und ihnen einerseits die Optionen im Zentrum sowie andererseits die diagonalen Passwege von außen größtenteils verwehrt. Bayern könnte sie beispielsweise auf die Flügel drängen, um dann aggressiv und in der Formation diagonal anzulaufen. Gesehen hat man sowas von den Münchnern bisher kaum, aber vielleicht weiß Kovač ja zu überraschen. Im Hinspiel hatte seine Mannschaft den Gegner bis zur Coman-Verletzung komplett im Griff, weil sie das Kombinationsspiel clever zu unterbinden wusste.

Eine ähnliche Leistung braucht es wieder. Mit hoher Konzentration, viel Druck für die Hoffenheimer und einer Grundaggressivität, die der des Gegners etwas entgegensetzt, ist alles drin. Trotzdem dürfen die Bayern sich nicht vom Pressing der Hoffenheimer verrückt machen lassen. Zumal die TSG in solchen Partien dafür bekannt ist, auch mal über die Grenzen der Legalität zu gehen. Was sich bei einer solch intensiven Ausrichtung aber kaum vermeiden lässt.

Dortmund hat es selbst in der Hand

Mit einem Sieg können die Bayern auf drei Punkte verkürzen – zumindest für einen Tag. Borussia Dortmund hat es in Leipzig selbst in der Hand, wieder auf sechs zu erhöhen oder – im Falle eines Punktverlusts der Münchner – weiter davonzuziehen.

Allein auf psychologischer Ebene hat der Auftakt am Freitagabend deshalb schon eine hohe Bedeutung. Bayern steht bereits im ersten Spiel unter Druck. Es geht darum, diesen Druck auf die Dortmunder weiterzuleiten. Denn auch beim BVB ist bekannt, dass noch ein Gastauftritt in München ansteht. Diesen würde die Mannschaft von Lucien Favre sicherlich ungern mit nur drei Punkten Vorsprung im Gepäck antreten.

Oder, um es mit Pep Guardiola zu sagen: „Wir können die Spiele [des Tabellenführers] nicht aktiv beeinflussen. Die spielen sie selbst. Wir müssen unsere Partien gewinnen.“ Am Freitagabend hat der FC Bayern den ersten Aufschlag. Er könnte maßgeblich über den weiteren Saisonverlauf entscheiden.

Das Thesen-Duell

Die Regeln findet ihr hier. Die Zahl für These 3 wurde diesmal von Justin gewählt. Kurzfristige Änderungen sind bis zum Spieltag noch möglich.

Ergebnis des letzten Spieltags: Justin 1,8 : 2,0 Fatbardh

Zwischenstand insgesamt: Justin 63,8 : 58,4 Fatbardh

Hinweis: Die Partie gegen Frankfurt wurde nicht gewertet, da vergessen wurde, die Thesen im Artikel zu erneuern.

Justins Tipps

  1. Torschütze: Robert Lewandowski
  2. Freie These: Bayern spielt nicht zu Null.
  3. Über/Unter 2,5: Über!
  4. Aufstellung: Neuer – Kimmich, Süle, Boateng, Alaba – Thiago, Goretzka – Müller – Gnabry, Lewandowski, Coman

Fatbardhs Tipps

  1. Torschütze: Robert Lewandowski
  2. Freie These: Beide Teams schießen in der zweiten Halbzeit mindestens ein Tor.
  3. Über/Unter 2,5: Über
  4. Aufstellung: Neuer – Kimmich, Süle, Hummels, Alaba – Thiago, Goretzka – Müller – Gnabry, Lewandowski, Coman