Top 15 der Klubgeschichte: Platz 1

Maurice Trenner 09.01.2019
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Einleitung
Plätze 15 bis 12
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Plätze 5 & 4
Platz 3
Platz 2
Platz 1

Platz 1: Gerd Müller

von Lukas Tank

Wer Gerd Müllers persönliche Rekorde aufzählen würde, könnte damit Seiten füllen. Wer Bildmaterial von nur seinen wichtigen Toren zusammenschneiden würde, könnte einen Monumentalfilm erstellen. Wer seine Titel zählen würde, käme selbst mit drei Händen nicht hinterher.

„Kleines, dickes Müller“, wie Entdecker Čajkovski ihn liebenswert nannte, war ohne Frage der beste Stürmer in der deutschen Geschichte und der Historie des FC Bayern München, trotz aller klanghafter Namen.

Zur besseren Einordnung haben wir Fußball-Historiker Lukas Tank nach seiner Meinung zum Bomber der Nation gefragt:

Was muss ein Spieler leisten, um zu den absolut Größten auf seiner Position zu zählen?

Erstens, er darf keine Eintagsfliege sein. Überraschend viele Spieler sind in der Lage, in einzelnen isolierten Momenten fantastische Leistungen zu bringen. Wenn 1-2 dieser Momente dann auch noch in besonders wichtigen Spielen vorkommen, dann wird ein eher mittelmäßiger Kicker plötzlich zum Scheinriesen. Wahre Klasse zeigt sich, wenn jemand in der Lage ist, über viele Spielzeiten Spitzenleistungen abzurufen. „Class is permanent“, wie die englischsprechende Welt weiß.

Zweitens, er muss nicht nur konstant sehr gut sein, sondern manchmal neue Maßstäbe setzen. Die allergrößten Fußballer haben es geschafft, in ihrer Karriere die Kategorie „Weltklasse“ nicht nur zu erreichen, sondern für einige Zeit sogar zu sprengen. Man denke an Maradona bei der WM 1986 oder Messi … die letzten 10 Jahre!

Nun, über welche deutschen Spieler kann man sagen, dass sie beide Kriterien erfüllen? Beckenbauer, ja. Matthäus, vermutlich. Walter, schwer zu sagen. Lahm und Neuer vielleicht in jüngster Zeit. Bei zwei, drei anderen kann man sich streiten.

Neben Beckenbauer gibt es jedoch noch einen zweiten Spieler, bei dem die Antwort nur ein wie aus der Pistole geschossenes „Ja!“ sein kann: Gerd Müller, der beste Mittelstürmer der deutschen Fußballgeschichte.

Viel ist schon über Gerd Müllers Qualitäten geschrieben worden. Das meiste bezieht sich – na klar – auf seine einmalige Fähigkeit, aus jedem Blödsinn ein Tor zu machen. Müller war ein Genie des Strafraums; genial darin, sich Platz zu verschaffen, wo eigentlich keiner war. Sein Tor im WM-Finale ist hierfür ein gutes Beispiel.

Mit Ruud Krol steht ihm einer der besten Verteidiger der 70er auf den Socken; bereit jede nach vorne gerichtete Aktion zu unterbinden. Aber Müllers Aktion geht nicht nach vorne, sondern in den kleinen Raum, der sich hinter ihm auftut. Dort findet er gerade genug Zeit und Platz, um Krol durch die Beine zu schießen. Dem holländischen Verteidiger kann man hier kaum einen Vorwurf machen. Selbst nach Müllers genialer Rücklage befindet sich nie mehr als ein knapper Meter zwischen beiden Spielern. Aber Müller kontrolliert diesen intensiven Gegnerdruck auf unnachahmliche Weise.

Ich kann jedem Leser nur empfehlen, sich das soeben verlinkte Video ganz anzuschauen. Man bekommt schon nach wenigen Minuten ein Gespür dafür, was gemeint ist, wenn von einem „echten Müllertor“ die Rede ist.

Seine übernatürlich schnelle Auffassungsgabe, seine flinke und zugleich robuste Beweglichkeit und seine Kreativität im Umgang mit sämtlichen Gliedmaßen ließen ihn völlig chaotische Situationen konstant zu seinem Vorteil auflösen. Das hab ich als jemand, der sich ein wenig durch die Fußballgeschichte geguckt hat, so nie wieder gesehen. Das kann nur einer: der Bomber!

Daneben gibt es aber noch eine andere Erzählung über Gerd Müller, die ich hier nicht übergehen möchte. Sie pflichtet sofort bei, dass Müller tatsächlich ein wahnsinnig guter Mittelstürmer im klassischen Sinne war, fügt aber hinzu: Aber nicht nur das! Der Bomber konnte weit mehr als „nur“ bomben. Er ließ sich oft ins Mittelfeld fallen, kombinierte frei, klug und ebenbürtig mit so feinen Kickern wie Franz Beckenbauer und verteidigte zudem so energisch und effizient mit, als hätte er jahrelang unter Jürgen Klopp trainiert. Selbst der Begriff „falsche Neun“ als Beschreibung für Müller wird zumindest mal angedacht. Ein schönes Beispiel für diesen „anderen Müller“ ist dieses Tor aus demselben Video. Das ist, mit Verlaub, eher Lionel Messi als Sandro Wagner!

Beide Erzählungen widersprechen sich nicht und beide sind sie wahr. Gerd Müller war der ultimative Strafraumstürmer UND mehr als das. Beides zusammen macht ihn aus meiner Sicht zu einem Top 10-Kandidaten in einem „Beste Spieler aller Zeiten“-Ranking.

Der Müller macht’s! Das vielleicht wichtigste Tor seiner Karriere zum Weltmeistertitel 1974.
(Quelle: STAFF/AFP/Getty Images)

Zum Abschluss noch eine andere Sache. Historische Spieler zu bewerten ist eine schwierige Geschichte; schwieriger noch als im Falle von zeitgenössischen Profis. Dafür gibt es mehrere Gründe. Der Wichtigste ist aber schlicht der Mangel an Bildmaterial. Für Spieler wie Lahm oder Schweinsteiger gilt, dass viele von uns deren gesamte Karriere verfolgt haben. Spiel für Spiel für Spiel saßen wir vor dem Fernseher und konnten jede ihrer Aktionen beobachten. Und hat man mal ein Spiel verpasst: online wird es schon irgendwo archiviert sein. Ähnliches gilt für Spieler früherer Zeiten nicht. Selbst damals wird kaum jemand mehr als 50% der Bayern-Spiele der 70er gesehen haben. Wohnte man nicht in München oder Umgebung sank die Quote schnell in den einstelligen Bereich. Viele wichtige Spiele haben zwar die Zeit überdauert und können heute noch bzw. wieder angeschaut werden, aber die Graue-Maus-Spiele aus dem Ligaalltag sind zumeist für immer verloren. War ein Franz Beckenbauer wirklich Woche für Woche richtig gut? Das ist heute kaum noch objektiv einzuschätzen. Ähnliches gilt für fast alle anderen Spieler der damaligen Zeit.

Ich sage fast, weil ein Typ von Spieler eine, zumindest halbe, Ausnahme bildet: diejenigen Spieler, die primär fürs Toreschießen zuständig waren. Die Statistik, an der wir ihre Leistungen messen, ist schließlich komplett überliefert. Wir wissen, wer wann gegen wen genetzt hat.

Nun haben wir soeben gehört, dass Gerd Müller mehr gemacht hat, als nur Tore zu schießen. Gleichzeitig bleibt es aber natürlich wahr, dass Tore das sind, woran er gemessen wird. Und weil das so ist, können wir über Müllers Leistungsverlauf viel genauere Aussagen treffen, als über die meisten anderen Spieler dieser Zeit. Hat Müller auch außerhalb der Spiele, die wir heute noch sehen können, konstant abgeliefert?

Eine Antwort in Zahlenform:
28, 19, 30, 38, 22, 40, 36, 30, 23, 23, 28, 24

Das ist ein gutes Bundesliga-Jahrzehnt in Müller-Toren. 1966-67 bis 1977-78. Wenn man auch sonst nichts über Gerd Müller wüsste, wenn man keine Sekunde von ihm gesehen hätte, diese Zahlen allein beweisen schon, dass er die beiden am Anfang genannten Kriterien erfüllt: viele Jahre Weltklasse mit Ausschlägen in noch höhere Sphären. Gerd Müller, einer der besten (Bayern-)Spieler aller Zeiten.

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