Spieler des Jahres 2016: Robert Lewandowski
Die Zahlen von Robert Lewandowski im Kalenderjahr 2016 sprechen für sich. In 49 Pflichtspielen war der Stürmer an 45 Treffern direkt beteiligt. 39 davon erzielte er selbst. Kein Spieler im gesamten Bayern-Kader war 2016 so konstant da, wie Lewandowski. Er ist neben Thomas Müller wohl auch der präsenteste Spieler, der eigentlich nie wegen Verletzungen ausfällt. Belohnt wurde dies mit der Torjäger Kanone am Ende der Bundesliga-Saison 2015/2016. 30 Treffer – soviel hatte in den letzten 39 Bundesligajahren kein anderer Stürmer erzielt.
Jetzt auch noch per Freistoß
Jedes Tor und jede Vorlage erzählen ihre ganz eigene Geschichte. Die emotionalste im Kalenderjahr 2016 war sicherlich das Achtelfinal-Rückspiel gegen Juventus Turin.
Es war der 16. März 2016. Der FC Bayern verspielte im Hinspiel eine 2:0 Führung und musste sich mit einem 2:2 zufrieden geben. Die Alte Dame überraschte die Elf von Pep Guardiola in München mit einem sehr hohen Pressing. Das Spiel der Münchner war äußerst fehleranfällig. Zur Pause stand es 0:2 aus Bayernsicht. Das Ausscheiden im Achtelfinale war eigentlich vorprogrammiert.
Aber so einfach wollte sich der FC Bayern an diesem Abend nicht geschlagen geben. Besonders Robert Lewandowski nicht. Er ackerte. Er biss sich durch – er wurde belohnt. Eine scharfe Flanke von Costa köpfte Lewandowski zum 1:2 Anschluss-Treffer ein. Die Stimmung in der Arena kippte. Die Fans erlangten die Hoffnung zurück. Einen weiteren Kopfball setzte er artistisch an den Pfosten. Thomas Müller besorgte in der Nachspielzeit den Ausgleich. Der Rest ist Geschichte.
Robert Lewandowski ist Profisportler – und lebt es mit allen Konsequenzen so, wie es nur wenige Fußballprofis tun. Jeder Trainer, der ihn bisher trainiert hat, lobt seine Einstellung. Berühmt geworden ist das Zitat von Pep Guardiola: „Robert Lewandowski schläft sehr viel“. Das sich sein Fleiß auch auf seine Leistung auswirkt, war unlängst mit einem Doppelschlag zu sehen. Sowohl gegen Mainz als auch gegen Atletico Madrid traf Lewandowski per Freistoß.
Hinterher gab er ohne großen Aufsehens zu, dass er seit zwei bis drei Monaten intensiv an seinen Freistößen arbeitet. Diese Geschichte mag banal sein, doch unterstreicht sie den Willen von Lewandowski sich Stück für Stück zu verbessern. Lewandowski arbeitet Fußball. Er ist kein besonders talentierter Spieler, sondern einer, der sich alles hart erarbeiten muss.
Das Gesamtpaket Lewandowski
Es ist das Gesamtpaket, das Lewandowski so unersätzlich macht. Lewandowski hat seinen Abschluss verbessert – auch wenn die manchmal fehlende Ruhe vor dem Tor immer noch ein kleiner Makel ist.
Gegen Leipzig beim letzten Spiel der Saison war dies immer noch zu sehen. Er ist technisch extrem versiert und ein passabler Kopfballspieler. Er ist so wendig und gleichzeitig so stabil im Umgang mit seinem Körper, dass er sich im und am Strafraum beinahe mühelos anspielbar positioniert. Er ist passsicher wie ein zentraler Mittelfeldspieler und er hat einen guten Instinkt im Pressing, was gerne vernachlässigt wird, aber dann auffällt, wenn man die gegnerischen Stürmer mal beim Pressingversuchen beobachtet.
Die Unterschiede sind zum Teil gravierend. Lewandowski ist vielleicht der erste Bayern-Stürmer seit Giovane Elber, der in der Lage ist jedes Anspiel – egal wie scharf, wie hoch oder wie weit – konstruktiv und schnell zu verarbeiten. Diese Universalität macht ihn besonders und sicherlich zu einen der aktuell besten drei bis fünf Stürmern auf der Welt.
Mit nunmehr 28 Jahren und einem frischen Vertrag bis zum 30.06.2021 ist er das neue Gesicht des FC Bayern. Jenes nach Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm, Franck Ribery und Arjen Robben – der Generation Champions League Sieg 2013. Das klingt für viele noch immer befremdlich, weil er nie so 100% Verbundenheit mit dem FC Bayern symbolisiert, aber dies war bei Ribery und Robben am Beginn ihrer Bayern-Ära ähnlich. Beide konnten diesen Makel (wenn man davon sprechen will) längst ablegen. Wann es bei Lewandowski soweit ist, werden die nächsten Jahre zeigen.
Die Verlängerung mit ihm ist etwas besonders. Nicht nur, weil der FC Bayern sich wohl finanziell über allen Maßen strecken musste, um das Arbeitspapier mit dem Polen zu verlängern. Sondern auch, weil der FC Bayern eine besondere Beziehung zu seinen Stürmern pflegt.
Roy Makaay, Luca Toni, Miroslav Klose, Mario Gomez und Mario Mandzukic waren allesamt hervorragende Stürmer mit zum Teil einzigartigen Fähigkeiten. Eine Ära beim FC Bayern haben sie dennoch nicht geprägt. Abseits von Claudio Pizarro war es die erste Vertragsverlängerung mit einem FC Bayern Stürmer seit jenem Giovane Élber, dessen Einstand beim FC Bayern fast 20 Jahre her ist.
Diese Dimension unterstreicht die ganze Wertschätzung des FC Bayern für Robert Lewandowski. Bleibt er bis zum Ende der Vertragslaufzeit, wäre Lewandowski acht Jahre Bayern-Stürmer.
Neues Jahr – Neue Ziele
Sportlich hat Robert Lewandowski wohl nur noch zwei große Ziele. Auch wenn er diese nicht an die große Glocke hängt.
Ein Mann großer Worte und Gesten ist der Stürmer nicht. Der Champions-League-Sieg und die Wahl zum Weltfußballer des Jahres stehen noch auf der To-Do-Liste. Während er am Champions-League-Sieg zumindest mit Dortmund ganz nah dran war und mit dem FC Bayern bisher immer ins Halbfinale vorgestoßen ist, fehlt zur Wahl zum Weltfußballer des Jahres noch ein gutes Stück. Bei der Wahl in diesem Jahr belegte er den 16. Platz.
Lewandowski kommentierte die Abstimmung hinterher mit einem ironischen Tweet:
@francefootball 😂😂😂😂
— Robert Lewandowski (@lewy_official) 12. Dezember 2016
Denn Lewandowski stand sogar noch hinter Pierre-Emerick Aubameyang (Platz 11) und Arturo Vidal (Platz 14). Obwohl er zum Zeitpunkt der Wahl mit 38 Toren im Kalenderjahr 2016 genauso viele hatte wie der Sieger Cristiano Ronaldo. Der feine Unterschied ist, dass Ronaldo sowohl Champions-League-Sieger als auch Europameister wurde.
Noch fehlt dem Polen die allerletzte Anerkennung. Vor allem internationaler Kommentatoren und Betrachter.
Sei’s drum. Das neue Jahr kann das Jahr des Robert Lewandowski werden, auch wenn in den Monaten Oktober und November schon zu sehen war, dass auch sein Spiel unter den taktischen Anpassung des Carlo Ancelotti gelitten hat und einer Umstellung bedurfte. Sicher ein Grund warum die Leistungen des Polen im Herbst eher durchwachsen waren. Vielleicht lag es schlichtweg nur an der Vielzahl an Spielen die Lewandowski bestritten hatte. Schon bei besagter Europameisterschaft wirkte er nicht in der Blüte seiner Schaffenskraft. Trotz dieses Makels bleibt Lewandowski die einzig schlüssige Wahl. Das zeigt aber auch, dass viele andere Bayernspieler nur eine durchschnittliche oder nicht durchgängig gute Leistung gebracht haben.
Seit dem Systemwechsel im Dezember auf ein 4-2-3-1 ist auch Lewandowski wieder besser im Spiel. Die Zahl der Torabschlüsse steigt wieder, dies ist und bleibt essenziell für sein Spiel. Bleibt zu hoffen, dass er weiter konsequent an sich arbeitet, um seine persönlichen, wie auch ‚privaten‘ Ziele zu erreichen.
Dann hat auch er erneut gute Chancen auf den Miasanrot Spieler des Jahres 2017.
Die Sieger der vergangen Jahre
2015: Jerome Boateng
2014: Arjen Robben