Badstuber: Leihe oder Abschied?

Steffen Trenner 12.01.2017

Erstmal sacken lassen musste mancher Bayern-Fan die Nachricht, dass Holger Badstuber den Verein in diesem Winter in Richtung Schalke 04 verlässt. Überraschen konnte das nach den Diskussionen der Vortage dennoch niemanden wirklich. Badstuber hatte sich klar auf einen Tapetenwechsel festgelegt. Möglichkeiten dafür gab es einige. Nach Miasanrot-Informationen war auch das kolportierte Interesse von Pep Guardiola und Manchester City in der Tat recht konkret. Am Ende sprach wohl das Gesamtpaket aus sportlichem Anspruch, Trainer Weinzierl und die realistische Chance auf viel Einsatzzeit für Schalke.

Was Badstubers Wechsel bedeutet:

Für Badstuber: Mit 13 Jahren wechselte Holger Badstuber im Jahr 2002 vom VfB Stuttgart nach München und ging dort seinen Weg durch alle Jugendmannschaften bis zu seinem Profi-Debüt im August 2009. Bis zum 3. Dezember 2012 war er als Außen- und Innenverteidiger fester Bestandteil des FC Bayern und der Nationalmannschaft. Dann riss er sich im Spiel gegen Borussia Dortmund das Kreuzband. Knapp 100 Bundesliga-Spiele bestritt er bis dahin. Seitdem kamen gerade einmal 18 dazu.

Badstubers Verletzungsgeschichte ist hinreichend dokumentiert. Comeback, Rückschlag, Reha, Comeback, neue Verletzung, Reha, Comeback. Ein Kreislauf. Den Fußballer Badstuber gab es in den letzten drei Jahren in der öffentlichen Wahrnehmung beinahe gar nicht mehr. Wenn er in seinen gesunden Phasen spielte, wirkte er gerade in Zweikämpfen häufig unrund. Ohne Rhythmus. Ohne Vertrauen. In dieser Saison fühlte er sich trotz weiterer kleinerer Rückschläge endlich wieder fit. Badstuber ist inzwischen 27. Das Zeitfenster für Top-Niveau im Profifußball ist vielleicht noch vier, fünf Jahre offen. Badstuber will und muss spielen – auch, um sich einen neuen angemessenen Vertrag ab Sommer 2017 zu verdienen.

Naldo, Höwedes und Nastasic heißt die durchaus starke direkte Konkurrenz auf Schalke. Ein Automatismus für Startelf-Einsätze gibt es hier anders als bei schwächeren Bundesligisten oder Zweitligavereinen wie Stuttgart nicht. Badstuber wird sich durchsetzen müssen. Klar ist aber auch, dass die Frage der Einsatzchancen in den letzten Tagen im Mittelpunkt der Gespräche mit Interessenten gestanden haben wird. Ohne eine gute Aussicht auf einen Platz in der Rotation wäre der Wechsel wohl kaum erfolgt. Die Aussage von Manager Heidel, dass er keine Stammplatzgarantie bekomme, ist deshalb wohl eher eine Selbstverständlichkeit, als ein Misstrauensvotum.

Badstubers Pfund ist sein herausragender Spielaufbau mit dem linken Fuß, der gerade in einer Dreierkette besonders zur Geltung kommen könnte. Diese enorme Qualität wurde durch die Verletzungen auch nicht beeinträchtigt. Manager Heidel hob genau dies im Vorfeld des Wechsels hervor. Hier kann er Schalkes Spiel am schnellsten weiterhelfen.

Völlig offen ist im Moment die Frage, wie es nach dem Sommer weitergeht. Zwar wird Badstubers Vertrag in München wohl (zu verringerten Bezügen) um ein Jahr verlängert, eine Rückkehr ist aber alles andere als sicher. Zumal mit Niklas Süle ein weiterer Neuzugang für die defensive Zentrale angedacht ist. Alles hängt davon ab, wie Badstubers Rückrunde bei Schalke verläuft. Spielt er gut, wird es im Sommer eine Reihe von spannenden Interessenten geben. Spielt er sehr gut, wird möglicherweise auch der FC Bayern ein Interesse haben ihn wieder voll in die Mannschaft zu integrieren. Spielt er schlecht oder gar nicht ist ohnehin alles offen.

Für Badstuber ist der ersehnte Tapetenwechsel trotzdem vor allem eine Chance. Es geht um nicht weniger als den Neustart seiner Profikarriere.

Für den FC Bayern: Der Verein hat immer deutlich gemacht, dass er Badstuber einen Kaderplatz offen hält. Dass er der Leihe, Badstubers Wunsch, trotz der Verletzung von Jerome Boateng zugestimmt hat, ist durchaus bemerkenswert. Mit Javi Martínez und Mats Hummels stehen in den kommenden Wochen nur zwei echte Innenverteidiger zur Verfügung. Ancelotti hat bereits deutlich gemacht, dass er Alaba hier als dritte Option sieht. Es passt gut, dass sich Juan Bernat als Alternative in der Linksverteidigerposition zuletzt in guter Verfassung präsentierte. Kimmich könnte zentral im Notfall eine weitere Aushilfe sein.

Die Personalsituation in der Defensive ist gemessen an den Zielen der Münchner in dieser Rückrunde dünn – auch wenn Badstuber, wenn alle fit wären, ohnehin nur Innenverteidiger-Option Nummer vier oder fünf gewesen ist.

Badstuber im Schalke-Trikot ist eine merkwürdige Vorstellung. Sie wird in den kommenden Wochen Realität. Ob aus der Leihe ein Abschied auf Dauer wird, ist offen. Zu wünschen ist ihm vor allem eines. Dass in den kommenden Monaten über den Fußballer Holger Badstuber gesprochen wird. Und nicht über Verletzungen.

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  1. Für Holger Badstuber eine nachvollziehbare Lösung. Zumal die Dreierkette auch seinen durch die fehlende Spielpraxis und Spritzigkeit niedrigen Zugriffsradius kaschieren könnte.

    Für den FC Bayern ist das Adjektiv “dünn” bezüglich der Personaldecke in der Innenverteidigung sehr wohlwollend. Aber kann man schonmal machen, wenn man so wahnsinnig gesundheitlich stabile Spieler wie Javi Martinez und Juan Bernat hat … Wenn es gut geht, hat man natürlich alles richtig gemacht. Unter Umständen habe ich eine Fan-Brille. Aber würde die Konkurrenz diese Personalpolitik betreiben, würde ich sie für wahnsinnig erklären und mich freuen. Zumal das alles ja auch bedeutet, dass man Boateng erneut zu früh wird bringen müssen.

    Ich kann nur hoffen, dass die Beteuerungen, man plane keine Verpflichtungen, Verhandlungstaktik sind, um die Preise nicht noch höher zu treiben.

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    1. Genau so.

      Davon abgesehen ist die Personaldecke generell extrem ausgedünnt. 18 Feldspieler für die Rückrunde. Wow, die trauen sich was!
      Eigentlich sollten die Erfahrungen der letzten Jahre subjektiv und vorhandene Statistiken objektiv zeigen, dass die Verletzungsquote im Frühjahr immer am höchsten ist.
      Natürlich werden wir immer 11 Mann aufs Feld schicken können. Aber für etliche Spieler wird das bedeuten, dass sie quasi durchspielen werden. Und da haben wir einige Kandidaten bei denen das alters- und/oder anfälligkeitsbedingt freundlich gesagt suboptimal ist.
      Aber wer braucht schon Spieler. Co-Trainer brauchen wir schließlich auch nicht. Fragt sich im Rückblick natürlich nur warum wir den guten, aber offensichtlich ja überflüssigen Clement dann so fürstlich alimentiert haben.

      Aber Besserung ist ja in Sicht. Wenn zur nächsten Saison Süle verpflichtet wird und unsere Leihen Badstuber und Benatia ggf. zurückkommen haben wir dann sechs IV. Damit könnte man schon mal über die Runden kommen.

      Was ich übrigens bei Badstuber (aber auch sonst) nicht verstehe ist, warum man sich bei solchen Rekonvaleszenzen nicht unserer zweiten Mannschaft bedient. Badstuber hat da ja wenigstens mal ein Spiel gemacht. Aber warum nicht mehr. Gerade in seiner Situation hätte es sich angeboten dort mal fünf oder sechs Spiele am Stück zu machen. Dann wäre man in Bezug auf seine Belastungsfähigkeit (positiv wie negativ) schon mal ein Stück schlauer gewesen.

      1. Weil Du auch den Spieler davon überzeugen musst in der Regionalliga aufzulaufen…

      2. Wäre die Argumentationslinie für einen Spieler so schwer zu kapieren?? Und gerade und speziell für die Person Badstuber und seine Geschichte?

        Klar die Medien würden versuchen das “xy wird degradiert” zu spielen. Aber das würde ja nur in Ansätzen funktionieren weil das so gut wie nie gemacht wird. Wäre das ein normaler, üblicher Vorgang hätte das kein Aufregungspotential.

    2. Zwar kann ich die dargelegte Argumentation verstehen, aber dennoch sehe ich das Ganze etwas optimistischer. Badstuber würde bei uns auch in der Rückrunde höchstwahrscheinlich auf der Bank sitzen/noch nicht mal im Spieltagskader sein. Wie von euch schon erwähnt, braucht der Mann Spiele, Spiele und noch einmal Spiele. Und das bitte auf Bundesliga Niveau (nicht in der zweiten Mannschaft).
      Zu unserem Kader: Ancelotti wird höchstwahrscheinlich die ganze Rückrunde über mit einer Viererkette spielen lassen. Jetzt Haben wir immer noch drei mehr oder weniger gelernte IVs. Das heißt, es sitzt immer noch einer auf der Bank. Verletzt sich einer, rückt der nächste nach. Verletzen sich zwei, übernimmt Alaba die Position des IVs; mit Bernat hat man hier außerdem einen Alaba-Ersatz, der meiner Meinung nach ohnehin viel mehr Spielzeit verdient hätte (Bernat ist mMn in manchen Situationen sogar mehr als nur eine Alternative zu Alaba → sein Spritzigkeit, sein Dribbling und seine Flanken sind vielversprechend).
      Worst case Szenario: Angenommen, es verletzen sich wieder einmal drei IVs. Dann haben wir mit Kimmich und Alaba immer noch eine solide bis gute Verteidigung – zugegebenermaßen nicht ausreichend für Spiele gegen Barca oder Madrid. Für Entlastung könnte zumindest in manchen BuLi-Partien Felix Götze, der bei seine Einsätzen in der Sommerpause überzeugen konnte, oder ein erfahrener Nicolas Feldhahn. Einen Spielpraxis benötigenden Badstuber nicht zu verleihen, “nur” weil man sonst “lediglich” drei Innenverteidiger hat? Das ist zwar ein Spiel mit dem Feuer, aber nicht mit einem sehr heißen. Dazu kommt, dass die Zeichen bisher nicht auf einen entgültigen Abschied hinweisen. Das würden sie aber wahrscheinlich tun, wenn Holger diese Saison gar nicht mehr spielen würde.
      Trotz allem ist es schon richtig, dass man sich an einen Badstuber im königsblauen Trikot erst einmal gewöhnen muss.

      1. Naja, die Rechnung geht im Moment eben deshalb nicht auf, weil schon einer der drei Innenverteidiger langfristig verletzt ist und sowieso schon ein langes Aufbauprogramm braucht. Also rückt bei einer Verletzung (bei Martinez ist das jetzt nicht soooo weit hergeholt) direkt Alaba in die Mitte und weder bei Alaba, noch bei Hummels oder Bernat kann noch irgendwie die Belastung gesteuert werden, was in die nächsten Verletzungen münden wird.

        Kimmich und Alaba als Innenverteidigerpärchen ist unter Ancelotti keine Option. Das konnte nur mit dem brutalen Guardiola-Gegenpressing und Pressing funktionieren.

        Klar kann man Felix Götze und Nicolas Feldhahn in der Bundesliga bringen. Aber warum um alles in der Welt soll man sich denn in eine Situation bringen, wo das nicht unwahrscheinlich ist.

  2. Wie sieht es aus mit der local player Regelung? Wird man nicht versuchen Badstuber zu halten um diese zu erfüllen?

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    1. Da gibt es doch immer jemand aus der zweiten Mannschaft dem man einen Vertrag geben kann.

      1. Gibt es denn Informationen aus dem Verein, wie man diesbezüglich denkt? Grundsätzlich sollte es ja kein Problem sein, solange man beliebig Profiverträge verteilen kann.

      2. Irgendwo hieß es wohl, dass Früchtl demnächst einen Lizenzspielervertrag unterzeichnen soll.

      3. Der ist sowieso zu jung für die Local Player Regelung. Oder ist der schon 18?

      4. Früchtl wird diesen Monat 17. Da sollte unter gewissen Voraussetzungen ein Lizenzspielervertrag möglich sein. Aber das werden Reschke & Co im Zweifelsfall sicher einschätzen können.

        Die Local Player Regelung spielt dabei keine Rolle. Da sollten wir auch weiterhin gut aufgestellt sein. Nur bei der Deutscheneigenschaft wird es eng.

  3. Muss leider sagen, dass ich dieses Geschäft aus Bayern-Sicht überhaupt nicht nachvollziehen kann. Wir werden Stand jetzt mit einem Kader von gerade mal 18 Feldspielern in die Rückrunde gehen. Das ist eng, aber wenn diese Spieler jetzt alle topfit wären könnte man das machen. Bei uns allerdings steht hinter einem knappen Drittel dieser 18 Spieler auch wieder ein großes Fragezeichen: Boateng und Thiago werden bis weit in die Rückrunde hinein fehlen, Coman kommt gerade von einer schweren Verletzung zurück und Ribéry und Robben sind ohnehin niemals eine ganze Runde hindurch fit. Zudem ist der Bayern-Kader der durchschnittlich älteste der Liga.
    Wenn da keiner mehr kommt (und im Winter sind nicht viele Leute auf dem Markt) dann wird die Rückrunde im Wesentlichen aus Flickschusterei und Notlösungen bestehen (Müller auf außen, Alaba oder Kimmich als Innenverteidiger usw.). Wir hatten die letzten Saisons schon personelle Probleme, und seitdem wurden mit Götze und jetzt mit Badstuber auch noch zwei weitere Optionen ohne Ersatz abgegeben (zählt man Green dazu sogar drei). Die von Verletzungen zurück kommenden Spieler werden dann so schnell wie möglich wieder eingesetzt, was die Gefahr von Folgeverletzungen erhöht. Und die Spieler, die fit sind, müssen quasi durchspielen…auch das kann zu Verletzungen durch Überlastung führen (Hummels und Martinez hatten auch immer wieder mal mit Verletzungen zu kämpfen). In meinen Augen müssten jetzt mindestens zwei Spieler kommen (ein IV und ein flexibler Offensivspieler, am besten auch noch ein spielerisch starker Mittelfeldspieler wie Thiago), um gut gerüstet in die Rückrunde zu gehen. Das wird aber sicher nicht passieren…

  4. Das ist Bayern like.

    Großzügig einem verdienten Spieler gegenüber, besonders bei dessen Leidensweg.
    Die Absicherung bis 2018 ist durch die mit dem Leihgeschäft verbundene Vertragsverlängerung gegeben.

    Badstuber bekommt seine Einsatzzeiten und Bayern sieht sowohl, die augenblickliche Qualität und die hoffentlich überwundene Verletzungsanfälligkeit.

    win, win Situation heißt das in Neudeutsch.

  5. Ich denke zuerst mal an die Person Holger Badstuber. Für ihn ists das beste, ihm ein Erfolgserlebnis in Aussicht zu stellen um ihn wieder zu dem Top Spieler zu machen, den wir brauchen. Als IV Option nr. 5, mit Glück auf der Bank, hilft er der Mannschaft nicht. Da spielt es auch keine Rolle wie groß der Kader ist.

    So kann er sich mit guten Leistungen beinseiner Rückkehr im Sommer wieder unentbehrlich machen oder, sollte er dann tatsächlich auch weiter nicht gebraucht werden, für andere Vereine (ManCity,…) interessant werden – so gerne ich ihn im Bayern Dress sehe. Hauptsache der Junge hat wieder Spaß am Fussball, weil für die Bank ist er zu Schade.

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