Vorschau: Roter Stern Belgrad – FC Bayern München

Justin Trenner 25.11.2019

Von der Ausnahmesituation in den Alltag. Vor dem Düsseldorf-Spiel formulierten wir es als die zentrale Aufgabe Flicks, dass seine Mannschaft die Leistung aus dem Dortmund-Spiel konstant abrufen kann. Am Wochenende deutete sich an, dass das klappen kann.

Die Bayern zeigten eine über weite Strecken dominante Leistung, die ausreichte, um Düsseldorf souverän und ungefährdet zu besiegen. In kürzester Zeit ist eine Handschrift des Trainers zu erkennen. Viel wichtiger ist aber, dass die Spieler sich offensichtlich sehr wohl mit dieser Handschrift fühlen.

In der jüngeren Vergangenheit war es längst nicht mehr selbstverständlich, dass Spieler und Trainer auch medial an einem Strang ziehen. Im Moment ist es aber besonders auffällig, dass alle Aussagen der Beteiligten zueinander passen und so ein Bild abgeben, das klar auf Flick zurückzuführen ist.

FC Bayern: Mehr Coutinhoität gegen Belgrad

Trotzdem bleibt das Team aber selbstkritisch. Sowohl Flick als auch Goretzka sprachen davon, dass noch längst nicht alles so läuft, wie es sein sollte. Umso beeindruckender ist aber die Frühform der Bayern unter ihrem neuen Trainer.

Flick hat an den richtigen Stellschrauben gedreht. Aggressiveres und offensiveres Pressing, aber eben nicht chaotisch. Wenn die Spieler vorn attackieren, ist ein Plan zu erkennen. Meist geht es darum, bestimmte Pässe zu erzwingen, um dann Druck auszuüben.

Das Pressing gegen Borussia Dortmund.

Die Bayern schaffen es, ihre Gegner zu lenken. So entsteht selbst ohne Ball eine hohe Spielkontrolle. Wirklich wichtig sind hier auch die Abstände zwischen den Spielern. Manuel Neuer hat das treffend analysiert:

Wir stehen nicht so weit auseinander, was Angriff und Verteidigung betrifft, deshalb kommen wir auch in Situationen in der gegnerischen Hälfte, in denen wir einen schnellen, direkten Weg zum gegnerischen Tor haben. Wir haben viel mehr Kontrolle als früher, stehen natürlich auch ein bisschen höher und das kommt uns zugute.Manuel Neuer nach dem Spiel in Düsseldorf in der Mixed Zone.

Bayerns neuer Spielmacher

Eigentlich ist dem nicht viel hinzuzufügen. Müller sprach davon, dass man es dem Gegner so schwer wie möglich machen möchte, kontrolliert aufzubauen. Unter Flick wird also das (Gegen-)Pressing nach alter Klopp-Schule zum besten Spielmacher.

Doch es ist eben nicht nur die Arbeit gegen den Ball. Es sind auch die Abstände in Ballbesitz, die zu einem harmonischeren Zusammenspiel führen. In Düsseldorf hatten die Bayern nicht nur Spaß, sondern auch Erfolg beim Kombinieren. Schnelles Passspiel, hohes Tempo und viel Risiko, aber eben gleichzeitig eine gute Absicherung durch ein gutes Positionsspiel.

Denn Flick beherzigt das, was unter Niko Kovač ein riesiges Problem war: Er denkt die Defensive aus der Offensive heraus. Der Weltmeister von 2014 weiß, dass er das gut organisierte Pressing für den angestrebten Ballbesitzfußball ebenso braucht, wie er eine gute Organisation in Ballbesitz für ein gutes Gegenpressing nach Ballverlusten braucht.

Kann es ein anderer überhaupt besser?

Natürlich wäre es zu früh, Flick jetzt schon in den Himmel zu loben. Dafür ist die Stichprobe mit nur drei Spielen zu klein. Zurecht merkte der 54-Jährige zudem an, dass in der zweiten Halbzeit gegen Düsseldorf noch einiges zu unrund lief. Damit dürfte er vor allem die fehlende Ruhe und Geduld am Ball gemeint haben, als Düsseldorf sich etwas mehr zutraute.

Erst nach den Spielen gegen Belgrad, Leverkusen, Gladbach und Tottenham wird man deshalb ein erstes Zwischenfazit ziehen können. Überzeugt Flick auch hier, wird die Trainerdebatte noch deutlich spannender als bisher angenommen. Denn Fakt ist auch, dass es ja gar keinen Sinn macht, auf dieser Position etwas zu verändern, sollte der Interimstrainer die Mannschaft in die richtige Richtung entwickeln können.

Die Beliebtheit bei den Spielern sowie die Entwicklungen auf dem Platz deuten darauf hin, dass Flick im Moment alles richtig macht. Auf die Beobachtung eines Journalisten, dass er den Eindruck gewonnen habe, Gnabry würde gern länger unter seinem neuen Trainer arbeiten und es gebe ja ohnehin keinen Grund zur Veränderung, antwortete der Angreifer sehr locker und direkt: „Korrekt!“

Erstmal den Gruppensieg sichern

Es ist schon auffällig, wie intensiv die Spieler Flick loben. Vielleicht ist dessen Zeit als Cheftrainer bei den Bayern nur begrenzt. Doch sollte er bis zum Winter weiterhin derart erfolgreich sein, könnte man an der Säbener Straße zumindest nochmal darüber diskutieren, ob andere Trainer es überhaupt besser machen können.

Bis dahin wird aber noch viel Wasser die Isar hinunterlaufen. Flick jedenfalls scheint seine Situation zu genießen. Und diese Lockerheit überträgt er auf seine Mannschaft. Kann die seine Vorgaben auch in einer kalten Nacht in Belgrad umsetzen, wäre das erneut ein wichtiger Zwischenschritt. Und ein weiteres Indiz dafür, dass es unter Flick gar keine Ausnahmewoche gab, sondern nur den Regelfall.

Vor allem aber wäre es der sichere Gruppensieg. In Belgrad sind aber auch schon andere Mannschaften gestolpert. So verlor Liverpool dort vor rund einem Jahr mal mit 0:2. Die Bayern sind dementsprechend gewarnt.

Eine Gegneranalyse gibt es hier.

Mögliche Aufstellung: Neuer – Kimmich, Martínez, Pavard, Davies – Thiago – Tolisso, Coutinho – Gnabry, Lewandowski, Coman

Tipp: Die Bayern gewinnen auch dieses Spiel souverän: 2:0!