Vorschau: AEK Athen – FC Bayern München

Justin Trenner 22.10.2018

Wenn die Pressekonferenz des FC Bayern am Freitag auch nur ein positive Wirkung hatte, dann die, dass kaum jemand mehr über das Spiel sprach. Es wäre äußerst naiv, den Bossen des Klubs genau diese Intention in den Mund zu legen, aber die eigentliche Krise wurde kurzfristig in den Hintergrund gedrängt.

Nicht auszudenken, was erst los wäre, wenn die Mannschaft das Spiel in Wolfsburg nicht gewonnen hätten. Vermutlich wäre das Echo auf diese wirre Veranstaltung doppelt so laut gewesen.

Doch die Bayern gewannen. Nicht unbedingt auf die souveränste Art und Weise, die man sich so ausmalt, wenn der Rekordmeister bei einem maximal durchschnittlichen Bundesligisten zu Gast ist. Auch nicht zwingend mit einer Leistung, die alles vergessen macht. Aber das zu erwarten, wäre ebenso naiv gewesen wie die Überschätzung der Wut-Rede des Präsidenten.

Fünf Stufen, dann Dortmund

Der FC Bayern befindet sich nach seiner Krise zumindest nicht mehr am Boden. Einstellung und Tore helfen, um von einem Fortschritt zu sprechen. Die erste Stufe einer Pyramide, an deren Spitze niemand geringeres als Borussia Dortmund wartet, ist ohne Schaden gemeistert worden. Fünf weitere warten.

Wolfsburg diente den Bayern als Aufbaugegner, der keinesfalls zu unterschätzen war. Gerade in der Anfangsphase schob der VfL sehr aggressiv nach vorn und brachte den Rekordmeister somit ins Schwitzen. Doch sie schafften es nicht, den taumelnden Gegner zu Fall zu bringen. Die Bayern hielten kleineren Rückschlägen diesmal stand. Vielleicht, weil es diesmal keine frühen Gegentore gab.

Vielleicht aber auch deshalb, weil sie die Spielgeschichte diesmal selbst positiver beeinflussen konnten, indem die Chancen genutzt wurden. Ein kurzer Verlust der Kontrolle nach zehn Minuten, der unnötige Platzverweis für Arjen Robben und das Gegentor – es roch mehrmals nach einem Einbruch, den es zuletzt häufig zu beobachten gab. Doch Tore in den richtigen Augenblicken verhinderten ihn.

Loch im Zentrum – trotz Thiago und James

Zumal diese Tore auch zu großen Teilen schön herausgespielt wurden. Die Münchner schlugen in Wolfsburg 18 Flanken, davon nur 11 aus dem Spiel heraus. In Wochen der Ratlosigkeit ist das als klarer Fortschritt zu bewerten. Zumal die Kombinationen in den Halbräumen wieder deutlich verbessert erschienen als noch vor der Länderspielpause.

Trotzdem plagen den FC Bayern im Moment Schwächen im Positionsspiel, die auch zu Problemen im Aufbauspiel sowie im Gegenpressing führen. Das Zentrum verwaist in vielen Szenen trotz Spielern wie Thiago und James. Man sollte meinen, dass diese Spieler allein dafür sorgen sollten, dass es im Zehnerraum viel mehr Bewegungen zwischen die Linien gibt, doch dem war nicht so.

Ganz oft standen sich die Bayern zu sehr selbst auf den Füßen. Das führte zu drei grundsätzlichen Problemen, die ihnen das Leben im Moment schwer machen.

Gegen Wolfsburg gelang es den Bayern oft nicht, mit Tempo in das zweite und letzte Drittel zu kommen, weil die Abstände nicht stimmten. Entweder spielen die Bayern dann direkt auf die Außenbahnen und lassen sich dort stellen oder sie verlieren den Ball bei einem unnötig langen Zuspiel in das letzte Drittel. Mannschaften wie Borussia Dortmund bestrafen diese Nachlässigkeiten eiskalt.

Stufe 2 – AEK Athen

Aber auch Mannschaften wie AEK Athen, der kommende Bayern-Gegner, sind dahingehend nicht zu unterschätzen. So dankbar der Spielplan in der aktuellen Phase der Saison zu sein scheint, so kompliziert kann ein Gastauftritt beim griechischen Meister auch plötzlich werden.

Individuell ist die Mannschaft von Trainer Marinos Ouzounidis den Konkurrenten aus Lissabon, Amsterdam und vor allem München natürlich unterlegen. Doch als Kollektiv ist sie immer für eine Überraschung gut. Auch mit dem Meistertitel rechneten im vergangenen Jahr nur wenige Experten.

In dieser Saison starteten die Athener etwas holprig. In der Liga stehen sie mit 13 Punkten aus sieben Spielen auf Platz Vier. Vor allem die Breite des Kaders erlaubt es dem Trainer aber, auf Fehlentwicklungen zu reagieren. Durch die fehlenden finanziellen Mittel sind sie auf einen großen Anteil von jungen Spielern angewiesen. Im Schnitt ist der Kader knapp 25 Jahre jung.

Rotation, Rhythmus und taktische Grundlagen

Nach der 0:3-Niederlage gegen Ajax rotierte Ouzounidis die komplette Mannschaft durch. Elf Wechsel konnten eine weitere Niederlage jedoch nicht verhindern. PAOK Thessaloniki schlug die Hauptstädter mit 2:0. Der große Kader bietet Optionen, aber er verführt auch zu Risiken, die schließlich den Rhythmus der Mannschaft negativ beeinflussen könnten.

Gerade gegen Ajax merkte man AEK an, dass sie längst kein Champions-League-Niveau haben. Vor allem an Aggressivität mangelte es ihnen. Es dauerte zu lange, bis sie den ballführenden Spieler unter Druck setzten und auch die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen waren zu groß.

Am Dienstagabend ist mit einer Athener Mannschaft zu rechnen, die auf mehr Kompaktheit achten wird. Die Probleme der Münchner sind bekannt. Wenn das Zentrum dicht ist, geht es schnell auf die Außenbahnen und von dort selten in die Gefahrenzonen zwischen den Linien des Gegners. Mit viel Kompaktheit, mehr Aggressivität und guten Umschaltmomenten wird Athen deshalb versuchen, den Bayern wehzutun.

Denn eines ist auch klar: diese junge, ambitionierte Mannschaft ist nicht nur darauf aus, das Spiel des Gegners zu zerstören. Sie will und kann auch selbst ganz gut Fußball spielen.

Balanceakt für Kovač

Niko Kovač muss seine Mannschaft deshalb mit der nötigen Vorsicht einstellen. Jeder Ballverlust kann tödlich sein. Im Olympiastadion von Athen wird es schnell ziemlich laut und ein Hexenkessel wäre nicht förderlich in der aktuellen Situation. Doch zu viel Vorsicht führt manchmal zu fehlendem Risiko, das wiederum das eigene Spiel verlangsamt.

Die Positionen zwischen den Linien müssen besetzt und bespielt werden. Dafür wird es mehr Risiko als gegen Wolfsburg, aber vor allem ein besseres Positionsspiel brauchen. Es liegt an Kovač, die beiden Hebel zwischen Ruhe und Tempo sowie zwischen Vorsicht und Risiko so auszubalancieren, dass die Maschine nochmal ein bisschen besser läuft als am Wochenende.

Schritt für Schritt ist das Motto. Es geht nun darum, auch die zweite Stufe in Athen schadlos zu überstehen, damit der FC Bayern am Ende möglichst stark an der Spitze ankommt.

Das Thesen-Duell

Die Regeln findet ihr hier. Die Zahl für These 3 wurde diesmal von Justin gewählt. Kurzfristige Änderungen sind bis zum Spieltag noch möglich.

Ergebnis des letzten Spieltags: Justin 1,6 : 2,8 Fatbardh

Zwischenstand insgesamt: Justin 30,6 : 26,2 Fatbardh

Justins Tipps

  1. Torschütze: Robert Lewandowski
  2. Freie These: Bayern wird über 1,99 expected Goals auf dem Konto haben. Maßstab: understat.com
  3. Über/Unter 3,5: Unter!
  4. Aufstellung: Neuer – Kimmich, Boateng, Süle, Alaba – Thiago – James, Müller – Robben, Lewandowski, Gnabry

Fatbardhs Tipps

  1. Torschütze: Robert Lewandowski
  2. Freie These: Maximal zwei verschiedene Torschützen bei den Bayern.
  3. Über/Unter 3,5: Unter!
  4. Aufstellung: Neuer, Kimmich, Süle, Hummels, Alaba, Thiago, Sanches, James, Robben, Lewandowski, Gnabry