Vorschau: FC Bayern München – VfL Wolfsburg

Tobias Trenner 07.03.2019

Aktuell steht die Mannschaft aus der VW-Stadt auf Platz sieben, allerdings fehlen nur vier Punkte auf den Champions-League-Qualifikationsplatz. Während man die letzten beiden Jahre jeweils nur aufgrund der Relegation die Klasse halten konnte, schaffte es Labbadia endlich, den Erfolg wieder nach Wolfsburg zu bringen. Seit dem Pokalsieg und der Vizemeisterschaft von 2015 träumt man beim VfL von großen Zielen und alten Zeiten. Denn seitdem ging es kontinuierlich bergab. Die Millionen, die durch den Kevin-de-Bruyne-Transfer in die Kassen gespült wurden, legte man falsch an. Spitzenqualität? An vielen Stellen des Kaders nicht vorhanden.

Diese Saison sieht alles anders aus, und das hat auch mit der Spielweise des Teams zu tun. Bruno Labbadia, der des Öfteren etwas belächelt wurde, kreierte einen einzigartigen, chaotischen Spielstil, der aktuell perfekt zu seinem Team passt. Die Bayern werden es mit einem Gegner zu tun bekommen, der schwer zu bespielen ist, dessen Schwächen den Münchnern aber in die Karten spielen könnten.

Überladungen und das pure Chaos

Grundsätzlich läuft das Team in dieser Saison in einem 4-1-2-1-2 auf. Allerdings interpretieren die Wolfsburger die Raute im Mittelfeld etwas unorthodox, sodass man hin und wieder auch Bewegungen und Staffelungen eines typischen 4-3-3 erkennen kann.

Zu den wichtigsten Akteuren zählen in dieser Saison insbesondere Maximilian Arnold, Abwehrchef John Anthony Brooks und Neuzugang Wout Weghorst, der mit zehn Toren bester Torschütze des Teams von Bruno Labbadia ist. Darüber hinaus spielen auch Akteure wie Admir Mehmdi, Josip Brekalo oder Yannick Gerhardt eine gute Saison und tragen maßgeblich zum Erfolg des Teams bei.

Grundsätzlich spielen die Wölfe mit dem Ball unkontrolliert, weil sie stets auf den schnellen Ball hinter die Kette aus sind und mit vielen Spielern in den Angriff nachrücken. Allerdings sind sie dabei selten wirklich gut abgesichert. Auch das Spiel gegen den Ball ist weniger von einer festen Formation, sondern vielmehr von vielen Mannorientierungen geprägt.

Überladungen in letzter Linie

Doch der Reihe nach: In Ballbesitz bauen die beiden Innenverteidiger zusammen mit einem Sechser das Spiel auf. Meist gesellen sich die Außenverteidiger ebenfalls dazu und ziehen den Gegner in die Breite. Speziell Jérôme Roussillon, der in unserem Podcast von Expertin Antonia sehr gelobt wurde, treibt das Aufbauspiel der Wölfe über die linke Seite an. Der Rest des Teams positioniert sich konstant zwischen Mittelfeld und Abwehr des Gegners.

Das Ziel der Mannschaft von Bruno Labbadia ist es, die letzte Linie zu überladen, also eine numerische Überzahl herzustellen. Gegen Werder Bremen schoben beispielsweise die beiden Achter Arnold und Gerhardt weit nach vorne und positionierten sich auf einer Höhe mit den drei Offensivakteuren.

Der VfL wählt dann recht schnell den langen Ball hinter die Abwehrkette und möchte sich mit der numerischen Überzahl einen Vorteil erarbeiten. Die Angriffe wirken entsprechend oft überfallartig aus einem eigentlich ruhigeren Aufbauspiel heraus. Neben den langen Bällen versucht man auch schnell vertikal zwischen die Linien zu kommen.

Chaos und Konter

Gegen Bremen konnte man beispielsweise häufiger gezielte Pässe von Brooks in den linken Halbraum auf Arnold oder Mehmedi beobachten. Darüber hinaus erarbeite man sich einen freien Spieler auf der linken Seite. Über schnelle Kombinationen am Flügel versuchte man diesen zu nutzen, allerdings gelang es den Wölfen nur selten, gefährlich zu werden.

Neben den teils chaotischen Angriffen ist die Mannschaft von Bruno Labbadia besonders nach Kontern sehr gefährlich. Denn die Spieler verfügen über die notwendige Fitness, um auch spät noch lange Sprints anzuziehen. Gerade nach Ballgewinnen sind die Wölfe besonders gefährlich.

Mit 12,6 Abschlüssen pro Spiel steht der VfL aber nur auf Platz 11 und auch bei den Expected Goals (eine Metrik, die Torschüssen eine Wertigkeit gibt) kommt Labbadias Mannschaft nicht über einen Wert von 34,23 hinaus (ebenfalls Platz 11). Der nächste Schritt dürfte es deshalb sein, aus den Kontersituationen noch mehr Gefahr zu erzeugen und noch mehr gute Gegenpressingsituationen zu erzwingen.

Wolfsburg und das Absicherungsproblem

Die Spielweise des VfL hat aber auch in die andere Richtung einen großen Nachteil: Im defensiven Umschaltmoment (also nach einem Ballverlust) ist man sehr schlecht für das Gegenpressing gestaffelt. Da bis zu fünf Spieler auf einer Linie agieren und das Zentrum unterbesetzt ist, findet der Gegner nach einem Ballgewinn sehr viel Raum vor. Die Restverteidigung besteht des Öfteren nur noch aus dem Sechser und den beiden Innenverteidigern. Gerade hier werden sich sehr viele Chancen für die Bayern ergeben.

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Labbadia hat ohne Frage mehr Stabilität und Erfolg zurück nach Wolfsburg gebracht. Doch es gibt auch noch viel Arbeit.
Foto: Patrik Stollarz / AFP / Getty Image

Da man unter Niko Kovač speziell nach Führung auch mal dem Gegner den Ball überlässt, werden sich Räume für Konter ergeben. Jedoch hatten die Bayern mit langen Bällen diese Saison bereits ihre Probleme. Eine zu passive Spielweise wäre fatal. Niko Kovač und sein Team fanden in den letzten Spielen immerhin eine ganz gute Balance im Pressing.

Die meiste Zeit werden die Münchner wohl das Spiel machen müssen. Auch hier stehen die Wölfe für Chaos. Das Team verteidigt extrem mannorientiert. Gegen Bremen konnte man beispielsweise in einer Situation erkennen, wie konsequent im Eins-gegen-eins über den ganzen Platz verteidigt wurde.

Müller als Waffe gegen Wolfsburgs Schwächen?

Das gibt es im modernen Fußball sonst selten zu sehen. Normalerweise lässt man die Außenverteidiger des Gegners gerne etwas offener stehen, um Pässe in diese Zonen zu provozieren und sofort Druck auszuüben.

Ähnlich wie im Umschaltmoment fehlt es den Wolfsburgern allerdings an der nötigen Absicherung. Überspielt man die erste Pressinglinie, bekommt das Team von Bruno Labbadia wegen der Mannorientierungen Probleme, Läufe in die Tiefe zu verteidigen.

Für die Bayern gilt es, geduldig zu sein, aber auch die Bereitschaft im Aufbauspiel zu zeigen, ins Risiko zu gehen. Die erste Linie der Wölfe muss möglichst zielsicher überspielt werden. Speziell die intelligenten Läufe von Spielern wie Müller oder Gnabry könnten den Abwehrverbund der Wolfsburger bereits aushebeln.

Liverpool im Hinterkopf

Mit dem Spiel gegen Liverpool im Hinterkopf könnte es passieren, dass die Mannschaft das Spiel gegen Wolfsburg nicht mit voller Konzentration angehen könnte. Allerdings erkämpften sich die Bayern in den letzten Wochen überhaupt erst die Chance, die Meisterschaft doch noch zu gewinnen. Nachlassen? Fehlanzeige! Dafür merkt man dem Team aktuell den Willen an, es allen Kritikern zu zeigen und die Dortmunder noch zu überholen.

Nichtsdestotrotz wird wohl auch Niko Kovač indirekt einen Blick auf die Champions-League-Partie gegen Liverpool werfen. Denn das Spiel gegen die Wölfe ist die letzte Möglichkeit, die richtige Aufstellung für das Duell mit Jürgen Klopp zu finden. Darüber hinaus ergibt sich nochmal die Chance, Spielern eine Pause zu gönnen, die in den letzten Wochen viele Partien bestritten. Aufgrund der Tatsache, dass es keine englische Woche gab und der Kader recht klein ist, wird Kovač wohl seine Mannschaft für die Partie gegen Liverpool auch gegen Bruno Labbadia und den VfL Wolfsburg aufs Feld schicken.

Denn eine Frage stellt sich vor der Partie gegen den FC Liverpool noch: Wer läuft auf der linken Außenbahn auf? Thomas Müller ist gesperrt, Kingsley Coman wird es nach seiner Verletzung wahrscheinlich nicht rechtzeitig schaffen. Darüber hinaus musste Franck Ribéry aufgrund einer Magen-Darm-Erkrankung am letzten Spieltag pausieren. Der erfahrene Franzose wird wohl die erste und fast einzige Wahl sein. Wie fit Arjen Robben ist, bleibt unklar. Für die jungen Akteure wie Alphonso Davies oder Bundesliga-Debütant Woo-yeong Jeong kommt ein Spiel in der Champions League wohl noch zu früh.

Fazit

Mit den Wolfsburgern wartet ein unangenehmer Gegner auf die Münchner. Im Kampf um die Meisterschaft könnte dies ein Stolperstein werden, allerdings bietet Wolfsburg besonders im Umschaltmoment sehr viele Räume an. Lewandowski und Gnabry werden hier wohl Platz erhalten, den der FC Bayern mit Spielern wie Thiago oder James perfekt nutzen kann.

Das Spiel wird vor allem interessant im Hinblick auf die Partie gegen Liverpool. Der Härtetest könnte eben auch Aufschlüsse über die Aufstellung gegen den Zweitplatzierten von der Insel geben.

Das Thesen-Duell

Die Regeln findet ihr hier. Die Zahl für These 3 wurde diesmal von Justin gewählt.

Ergebnis des letzten Spieltags: Justin 3 : 3 Fatbardh

Zwischenstand insgesamt: Justin 91,2 : 80,8 Fatbardh

Justins Tipps

  1. Torschütze: Robert Lewandowski
  2. Freie These: Wolfsburg trifft.
  3. Über/Unter 3,5: Über!
  4. Aufstellung: Neuer – Rafinha, Süle, Hummels, Alaba – Thiago, Martínez – James – Müller, Lewandowski, Gnabry

Fatbardhs Tipps

  1. Torschütze: Robert Lewandowski
  2. Freie These: Bayern spielt zu Null
  3. Über/Unter 3,5: Unter!
  4. Aufstellung: Neuer, Rafinha, Süle, Boateng, Alaba, Thiago, Martínez, James, Müller, Lewandowksi, Gnabry