Trotz Youth-League-Aus: Warum die Zukunft des FC Bayern Campus golden erscheint

Martin Trenner 13.03.2024

Es war ein herber Dämpfer am späten Dienstagnachmittag im Münchner Norden. Die U19 des FC Bayern verlor „das größte Spiel in der Geschichte des FC Bayern Campus“, wie es der sportliche Leiter Halil Altintop formulierte, mit 1:3 gegen die clever spielenden Gäste von Olympiakos FC. „Chancenlos“ und „Debakel“ war Bestandteil der Medienberichte über das Spiel. Eine gelungene Einschätzung gelang jedoch lediglich Christoph Leischwitz für die Süddeutsche Zeitung.

In Wahrheit ist das Erreichen des Viertelfinales nämlich sehr hoch einzuschätzen. Wie auch bereits in den letzten Jahren trat der FC Bayern mit einer sehr jungen Mannschaft an, die überwiegend aus Spielern des jüngeren Jahrgangs 2006 bestand. Von der Möglichkeit, drei Spieler des Jahrgangs 2004 einzusetzen, machte der FC Bayern keinen Gebrauch.

Aus dem Jahrgang 2005 sind mit Paul Wanner und Arijon Ibrahimovic zudem die heißesten Eisen im Feuer längst im Herrenbereich unterwegs, während der talentierteste Innenverteidiger Tarek Buchmann verletzt ausfällt. Die Startelf war somit im Schnitt ein knappes Jahr jünger als die des Gegners und bestand aus Spielern, die bei drei verschiedenen Mannschaften trainieren.

Gerade ein Gegner wie Olympiakos ist von einem Team, dem komplett die Automatismen fehlen, schwer zu bespielen. Die Griechen verteidigten sehr kompakt im 5-2-3 und liefen den ballführenden Bayernspieler erst einige Meter hinter der Mittellinie in der eigenen Hälfte an. Feyenoord Rotterdam war im Achtelfinale mit ihrem sehr hohen Pressing ein angenehmerer Gegner.

U19 des FC Bayern zahlt Lehrgeld: Was im Männerbereich anders werden muss

Dennoch waren die jungen Bayern lange besser im Spiel, hatten durch Jonah Kusi-Asare auch eine ordentliche Chance zur Führung, bevor sie ab dem Treffer zum 0:1 zehn Minuten eine Menge Lehrgeld zahlten. In dieser Phase trafen die Gäste aufgrund individueller Fehler dreimal und entschieden das Spiel für sich.

Ein großer Unterschied vom Männer- zum Jugendfußball ist, dass im Nachwuchsbereich Spiele viel schneller durch einzelne Aktionen kippen können. Hohe Siege oder verrückte Spielverläufe gibt es auch im U17- und U19-Bereich noch deutlich öfter als bei den Erwachsenen. Diese zehn Minuten waren dadurch möglicherweise sogar lehrreicher für die Spieler als ein großer Teil der restlichen Saison.

Das Viertelfinale der Youth League ist dementsprechend ein Vorgeschmack darauf, was sie erwartet. Nämlich dass Fehler gnadenlos bestraft werden, dass nach einem Rückstand keine Zeit bleibt, sich neu zu sortieren. Es war Lehrgeld, das die Mannschaft in Sachen mentaler Stärke gezahlt hat und es wird vielen Spielern helfen, daran zu wachsen.

Besinnung auf das eigentliche Ziel

Am Ende des Tages ist das übergeordnete Ziel des FC Bayern Campus jedoch nicht, die Youth League zu gewinnen oder Deutscher Meister zu werden, sondern Spieler auszubilden, die sich an der Säbener Straße durchsetzen können. Der bestmöglichen Entwicklung der Toptalente muss alles andere untergeordnet werden. Das führt dazu, dass der FC Bayern versucht, seine größten Talente möglichst frühzeitig im Männerfußball Erfahrung sammeln zu lassen, bevor sie dann meist höherklassig verliehen werden.

So ist auch das Ziel der Amateure längst nicht mehr der Aufstieg in die dritte Liga, sondern die frühzeitige Spielpraxis junger Talente auf Männerniveau. Dem Vernehmen nach sollen die Amateure auch in Zukunft noch konsequenter aus dem älteren U19-Jahrgang bestehen. Dass es tabellarisch nach Außen so wirkt, als sei man erfolglos, wird dabei in Kauf genommen.

Ob sich die Gerüchte bestätigen, dass René Marić künftig die Amateure trainieren wird, wird die Zeit zeigen. Nach der Trennung von Michael Hartmann wäre es außerdem nicht sehr überraschend, wenn auch Holger Seitz den FC Bayern verlässt. Seitz, der menschlich von Kollegen, Spielern und Fans enorm geschätzt wird, ist der letzte Vertreter einer anderen Trainergeneration in einem mittlerweile enorm jungen Trainerteam am FC Bayern Campus.

Davon abgesehen ist der frische Wind, der gerade seit der Verpflichtung von Christoph Freund am Campus weht, deutlich spürbar. Mit der Verpflichtung von Richard Kitzbichler gleich am ersten Tag seiner Amtszeit setzte Freund ein frühes Zeichen, dass ihm der Campus wichtiger ist als den früheren Verantwortlichen, deren Wertschätzung mehr auf Lippenbekenntnissen als auf Taten beruhte. Den Vorwurf von Tim Walter, der FC Bayern hätte im Nachwuchs kein durchgängiges Konzept, hörte man nämlich in den vergangenen Jahren auch von aktuellen wie ehemaligen Mitarbeitern immer wieder.

Ist eine goldene Generation im Anmarsch?

Jetzt wird in vielerlei Hinsicht daran gearbeitet. Kitzbichler als direkten Ansprechpartner für die Spieler im Übergangsbereich, Marić als Entwickler der Spielphilosophie und Trainerfortbildung sowie Jochen Sauer als Architekten der Vereinspartnerschaften mitsamt dem Projekt „Red & Gold“. Welche Priorität der FC Bayern gerade den Vereinspartnerschaften beimisst, zeigt auch, dass Sauer neben seinem Büro am Campus seit vergangenem Jahr auch ein Büro auf der Vorstandsetage an der Säbener Straße bezog.

Darüber hinaus verspricht der bereits vorhandene Talentepool viele interessante Spieler in den kommenden Jahren. Der Jahrgang 2007 besteht aus einer spannenden Mischung verschiedenster Spielertypen, der zudem als der von der Mentalität stärkste Jahrgang seit vielen Jahren beim FC Bayern gilt. Und bei den 2008ern gibt es eine Handvoll Spieler, bei deren außerwöhnlichem Talent es so scheint, als könnte nur der eigene Kopf oder Verletzungspech eine vielversprechende Profikarriere verhindern.

Auch wenn niemand seriös vorherzusehen mag, wer der nächste Aleksandar Pavlović wird: So viel Potenzial wie derzeit schlummerte womöglich seit der Generation um Mats Hummels, Thomas Müller und Holger Badstuber nicht mehr im Nachwuchs des FC Bayern. Jetzt muss dieses Potenzial nur noch vergoldet werden.

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