Newcomer der Saison – Serge Gnabry

Tobias Trenner 22.06.2019

Letztlich hatte der ehemalige Gunner genug Argumente auch als Spieler der Saison gekürt zu werden. Allerdings war Robert Lewandowski in dieser Saison noch einen Tick stärker und konstanter. Nichtsdestotrotz ist der Flügelspieler, der letzte Saison noch unter Julian Nagelsmann in Hoffenheim auflief, die Überraschung der Saison.

Serge Gnabry – Newcomer der Saison
(Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Gnabrys erstaunlicher Werdegang

Selbst Präsident Uli Hoeneß nannte Gnabry „die größte Überraschung der Saison“. Doch spulen wir zurück. Dass Serge Gnabry im Jahre 2019 einer der Hoffnungsträger der Bayern und des DFB-Teams sein würde, hätte vor zwei Jahren, beim Wechsel des damaligen Bremers zum deutschen Rekordmeister niemand gedacht. Gnabry, der früh vom VfB Stuttgart nach London zum FC Arsenal ging, und damals mit erst 17 Jahren sein Profidebüt feierte, wurde in England irgendwann abgeschrieben.

Ein weiteres Talent, dass es bei Arsenal und auch sonst auf der Insel nicht packte. Zu inkonstant und vor allem zu verletzungsanfällig. In der Saison 2013/14 war der heutige Nationalspieler knapp 200 Tage verletzt, seine Entwicklung kam ins Stocken und bei Arsenal glaubte man nicht mehr an den Deutschen. Nachdem er bei seiner Leihe nach West Bromwich Albion nur 12 Minuten spielte, ging es anschließend für Gnabry zurück nach Deutschland, genauer gesagt nach Bremen.

In Bremen zeigte der ehemalige Gunner starke Leistungen, erzielte in der einzigen Saison an der Weser 11 Tore und wechselte nach einer erfolgreichen Olympia-Teilnahme als Torschützenkönig zu den Bayern. Zwar hatte Coach Carlo Ancelotti damals keine direkte Verwendung für ihn, doch kann man rückblickend sagen, dass seine Leihe nach Hoffenheim perfekt für ihn war.

RIO DE JANEIRO, BRAZIL - AUGUST 20: Serge Gnabry of Germany takes his penalty in the shoot out during the Men's Football Final between Brazil and Germany at the Maracana Stadium on Day 15 of the Rio 2016 Olympic Games on August 20, 2016 in Rio de Janeiro, Brazil. (Photo by Laurence Griffiths/Getty Images)
Serge Gnabry bei seiner erfolgreichen Olympia-Teilnahme.
(Foto: Laurence Griffiths/Getty Images)

Unter Nagelsmann entwickelte sich Gnabry noch einmal weiter, als Stürmer im 3-5-2 der TSG kam es oft auf das richtige Gespür für den Raum an, technisch und physisch brachte er alles mit, doch es hapert an den richtigen Laufwegen, wie sein damaliger Coach erklärte:

„In der individuellen Arbeit mit ihm ging es viel um das Gespür für den Raum. […] Da haben wir uns viel um seine Orientierung im Raum gekümmert. Wo er zu stehen hat, wann er sich wie freilaufen muss, um einfach in kürzerer Zeit vor das Tor zu kommen. Und auch mehr Aktionen Richtung Tor zu haben, die nicht verpuffen, weil er zuvor 30, 40 Meter Raum verschenkt hat.“Julian Nagelsmann, (Ex-) Trainer 1899 Hoffenheim

Die Weiterentwicklung seiner Fähigkeiten ohne Ball helfen ihm noch heute beim FC Bayern und sind maßgeblich dafür verantwortlich, dass sich Gnabry zu einem starken Flügelspieler entwickelte.

Mentalitätsmonster

Warum habe ich Serge Gnabrys Werdegang so lang und breit dargelegt? Weil er besonders ist. Es ist nicht der klassische Weg in den Profifußball und die Nationalmannschaft. Die Tatsache, dass Gnabry bereits mit 16 den Schritt nach England wagte, dort früh zu einem Talent mit Mega-Potenzial gekürt wurde und genau so schnell wieder abstürzte, lassen seine Leistungen in den letzten drei Jahren noch bemerkenswerter wirken.

Wie viele der gescheiterten Talente haben es letztlich woanders bei einem großen Verein nochmal geschafft? Wohl wenige. Auch deshalb ist diese Saison des 23-Jährigen so herausragend. Der Wille sich bei Hoffenheim nochmal so verbessern zu wollen, obwohl man bereits bei den Bayern unterschrieben hatte. Sich nicht als Ergänzungsspieler zufrieden zu geben, sondern anzugreifen und sich einen Stammplatz zu erarbeiten, zeugt von großem Charakter und irgendwie ist das doch das Mia-san-Mia-Gen, von dem immer die Rede ist.

Serge Gnabry – die Überraschung der Saison

Während die beiden Altmeister Robben und Ribéry immer wieder mit Verletzungen und Formkrisen zu kämpfen hatten, war der junge Gnabry fit und bereit. Im System von Niko Kovač genießt der Flügelspieler viele Freiheiten, ist ähnlich wie Kingsley Coman einer der Zielspieler und hatte mit seiner Dynamik, Torgefahr und Durchsetzungsfähigkeit einen maßgeblichen Anteil an den vielen knappen Siegen, bei denen sich die Bayern lange schwer taten.

Während der Nationalspieler am Anfang noch Mühe hatte, startete er vor allem in der Rückrunde durch. Gegen Liverpool oder auch beim fulminanten Heimsieg gegen den BVB gehörte der ehemalige Bremer zu den besten Akteuren auf dem Platz. Ein Blick auf seine Daten birgt einige interessante Einblicke in den Spielstil und die Wichtigkeit eines Serge Gnabrys für den diesjährigen Meister.

Serge Gnabry – einer der Garanten für den fulminanten Heimsieg gegen den BVB.
(Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Seine wettbewerbsübergreifenden 16 Tore und sieben Vorlagen zeigen bereits wie gefährlich er ist. Dabei ist Gnabry aber nicht der klassische Dribbler, der nach einem gewonnen 1vs1 sofort abzieht. Vielmehr versucht sich Serge immer in eine gute Abschlussposition zu bringen. Des Öfteren sind es seine Bewegungen ohne Ball, die letztlich zu einer guten Abschlussposition führen.

Der ehemalige Gunner ist hier weder mit Kingsley Coman noch mit Arjen Robben zu vergleichen. Zwar verfügt auch Gnabry über gute Fähigkeiten im 1vs1 und einen guten Abschluss, jedoch ist er weitaus variabler in seinen Bewegungen, sucht stets nach offenen Räumen und ist nicht nur auf die Außenlinie fixiert.

Diese Variabilität gepaart mit seiner Dynamik und seinem tollen Instinkt für die richtigen Räume machten ihn auch im oft unsauberen Positionsspiel der Münchner gefährlich. Dazu kommt noch sein Arbeitseifer gegen den Ball. Das Hinspiel gegen Liverpool, als Gnabry einer der besten Akteure auf dem Platz war, ist dabei ein tolles Beispiel.

Ausblick – was erwartet ihn nächste Saison

Nach der ersten erfolgreichen Saison folgt bei vielen Spielern oft ein Abfall im zweiten Jahr. Ob das bei Serge Gnabry zu erwarten ist, ist eher fraglich. Dafür hat der Nationalspieler schon zu viel erlebt und wirkt wie ein gestandener Akteur. Nichtsdestotrotz muss auch er den nächsten Entwicklungsschritt machen, um den FC Bayern nach vorne zu bringen.

Gerade bei seinen Dribblings ist die Erfolgsquote noch nicht hoch genug. Setzt er sich noch häufiger über die Außen durch, werden die Bayern besonders gegen kleinere Gegner weniger Probleme bekommen. Jedoch kann Gnabry dies nur bedingt beeinflussen. Schafft es Niko Kovač nicht, das Spiel in Ballbesitz zu verbessern, wird sich auch Serge Gnabry schwer tun.

Allerdings bietet sich für den Nationalspieler, der besonders mit seinem Tor gegen die Niederlande im direkten Duell mit Virgil van Dijk auf sich aufmerksam machte, die Chance durch einen Systemwechsel in einer neue Rolle zu gelangen. Denn sollte Niko Kovač nächste Saison auf ein 3-5-2 setzen, wäre Gnabry der ideale Partner für Robert Lewandowski.

Niko Kovac, Manager of Bayern Munich gives his team instructions during the UEFA Champions League Group E match of the between FC Bayern Muenchen and AEK Athens at Fussball Arena Muenchen on November 7, 2018 in Munich, Germany. (Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)
Was macht Niko Kovač nächste Saison? Kommt eventuell das 3-5-2?
(Foto: Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Alles in allem wird Serge Gnabry seinen Weg weiter gehen. Er hat sich schon so oft in seiner Karriere durchbeißen müssen, damit wird er sicherlich nicht aufhören. Und in diesem Sinne, Glückwunsch an die Überraschung der Saison. Von den Bayern-Fans zum Spieler der Saison gekürt, bei uns der Newcomer der Saison – Serge Gnabry.

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