Das Rückrunden-Manifest

Steffen Trenner 13.01.2016

29 Kingsley Coman

Wichtigste Aufgabe: Sein Spiel erweitern.

Es hat wohl alle überrascht wie weit der junge Franzose bereits ist. Zu Beginn der Saison wurde deutlich, dass Guardiola gewillt war, den 19-Jährigen langsam heran zu führen. Nach ein paar unsicheren Auftritten zu Beginn zeigte Coman mit 10 Torbeteiligungen in 17 Auftritten, dass er ein vollwertiger Bestandteil der Mannschaft ist.

Coman hat einen erstaunlichen Antritt, mit dem er auch ohne sonderlich kreative Bewegungen an vielen Gegnern vorbei kommt. Seine Dribblingwerte sind in der Bundesliga auf dem Niveau von Douglas Costa. Coman spielt den Ball gern von der Grundlinie in die Mitte, bringt aber weniger als 1/4 seiner vier Flanken pro Partie zum Mitspieler.

Für Coman geht es darum sein Spiel weiter auszudifferenzieren. Er muss lernen, das Tempo zu variieren und sein Passpiel im Angriffsdrittel muss konstanter werden. Trotz einiger Kleinigkeiten, die Comans Spiel fehlen, ist er ein Glücksfall für die Mannschaft. Er hat bewiesen, dass er auf beiden Flügeln positiven Einfluss auf ein Spiel nehmen kann. Coman erweitert Guardiolas Möglichkeiten in der Rückrunde. Er ist schon jetzt in jedem Spiel eine Option – egal ob von der Bank oder in der Startelf. Das war bei der Verpflichtung des Offensivallrounders absolut nicht zu erwarten gewesen.

10 Arjen Robben

Wichtigste Aufgabe: Fit bleiben.

Es geht wirklich nicht um viel mehr. Robben muss fit bleiben. Seine Werte in knapp 600 Hinrundenminuten blieben zum Teil recht deutlich hinter den Vorjahren zurück. 1,9 erfolgreiche Dribblings und 3,5 Torschüsse in der Bundesliga waren die schlechtesten Werte seit seinem Wechsel nach München. Daraus einen größeren Negativtrend abzulesen wäre falsch. Auch in der von Verletzungen verkürzten Hinrunde war Robben fast alle 100 Minuten an einem Tor beteiligt und bereitete zudem etwas mehr Torschüsse vor als jemals zuvor (3 pro 90 Minuten). Das passt zum Eindruck einer stärker spielgestalterischen Rolle mit mehr Anteilen im Spielfeldzentrum in der laufenden Spielzeit.

Ohnehin hilft allein Robbens Präsenz Bayerns Spiel ungemein. Douglas Costa hatte mit Robben auf dem Feld auch deshalb so viele Freiheiten, weil die gegnerische Defensive viele Ressourcen auf der linken Abwehrseite bündelte. Bayerns Spiel ist mit zwei gefährlichen Flügel auf einem anderen Niveau als nur mit einem. Das hat auch Guardiola immer wieder betont. Er muss einfach fit bleiben…

Vielleicht wird irgendwann einmal ein Buch über Robbens Körper geschrieben. Transfermarkt.de listet 13 Robben-Verletzungen seit Guardiolas Ankunft im Sommer 2013 auf. Nachdem er bereits die Rückrunde der Vorsaion mit zwei verschiedenen Muskelverletzungen verpasste, warfen ihn in dieser Saison weitere muskuläre Probleme und eine Adduktorenverletzung zurück.

Es bleibt fraglich, was der richtige Weg ist. Einsatzzeiten minimieren um Spielverletzungen zu vermeiden – oder die Trainingsumfänge reduzieren. Guardiola und der gesamte Stab sollten sich darüber sehr viele Gedanken machen. Denn Bayerns Erfolgsaussichten in der Rückrunde sind gerade in der Champions League stark mit dem Namen Arjen Robben verknüpft.

7 Franck Ribéry

Wichtigste Aufgabe: Ein wichtiges Spiel entscheiden.

Es ist schwer in der anstehenden Rückrunde auf Franck Ribéry zu setzen. Gerade einmal 62 Minuten verbrachte er in der Hinrunde auf dem Feld, nachdem er schon den Großteil der Rückrunde der Vorsaison verletzungsbedingt verpasste. Dass Ribéry selbst in diesen minimalen Minuten andeutete, dass er der Mannschaft selbst in diesem Zustand noch weiterhelfen kann, spricht für die Qualität des mittlerweile 32-Jährigen.

Ribéry ist in einer Phase seiner Karriere, in der es nur noch darum geht überhaupt den Weg auf den Platz zurück zu finden. Der Franzose wird – selbst wenn er fit wird – anders als in der Vergangenheit keine Ansprüche auf einen Platz in der Startelf stellen. Es wäre grandios wenn sich Ribéry in der Rückrunde in eine Verfassung bringt in der er als Edeljoker wichtige Spiele von der Bank beeinflussen kann.

Vielleicht wird ein Champions League-Viertelfinale kommen, in dem der FC Bayern nach der 75. Minute dringend ein Auswärtstor benötigt. Das könnte Ribérys Moment sein. So richtig darauf setzen kann der FC Bayern auf Grund der nicht enden wollenden Verletzungssorgen allerdings nicht.

25 Thomas Müller

Wichtigste Aufgabe: Unruhe verbreiten.

Es gibt viele kluge Artikel, die sich damit auseinandersetzen warum Thomas Müller so gut ist, obwohl er eigentlich nichts so richtig herausragend kann. Sein Gespür für die richtigen Räume, seine unorthodoxen aber hochkonzentrierten Abschlüsse. All das ist gut dokumentiert. Es gibt aber noch etwas, das Müller so wertvoll macht. Seine Hyperaktivität. Müller rennt, schreit, gestikuliert, diskutiert, führt hackelige Zweikämpfe läuft in Zonen, die niemand auf dem Schirm hat, selbst wenn er weiß, dass es schwer ist dort den Ball zu bekommen.

Müller verbreitet ständige Unruhe. Vor allem beim Gegner, der sich bei Müller nicht darauf konzentrieren kann, Passwege zuzustellen und auf die Flügel zu verschieben. Seine Diagonal- und Horizontalläufe in den Rücken der Abwehr fordern die gegnerische Defensive ständig und kratzen an der Konzentration der Abwehrspieler. Gleichzeitig sorgt er mit seiner ständigen Kommunikation mit allem und jedem auch dafür, dass die Spannung in der eigenen Mannschaft hoch bleibt. Ein wichtiger Faktor in einer Mannschaft, die ständig spielt und sich keine Durchhänger erlauben darf.

Müller hat eine konstant gute Hinrunde hinter sich. Kein Feldspieler der Münchner stand in der Bundesliga länger auf dem Feld (1315 Minuten). Noch nie erzielte er in einer Bundesliga-Saison mehr als 13 Tore. Zur Halbzeit dieser Spielzeit hat er bereits 14 auf dem Konto (darunter fünf Elfmeter). Hinzu kommen fünf weitere in sechs Champions League-Partien. Müller hat in der Bundesliga die viertmeisten Torschüsse abgegeben (53) und die fünftmeisten vorbereitet (37). In der Champions League liegt er auf Rang drei bei den abgegebenen Schüssen. Hinter Ronaldo und Teamkollege Lewandowski. Müller funktioniert immer. Aus dem Spiel heraus traf er in Bundesliga und Champions League fünf Mal mit rechts, fünf Mal mit links und drei Mal per Kopf. Er war in der schwierigen Phase nach der Verletzung von Douglas Costa im Spätherbst an 4 von 9 Bayern-Treffern beteiligt. Sein Wechselspiel mit Robert Lewandowski in zentraleren Räumen hat auch dem Polen geholfen, sein Spiel auf die nächste Stufe zu heben.

Müller macht Bayerns Spiel auf so viele unterschiedliche Arten besser, dass er auch in der Rückrunde in den wichtigen Spielen gesetzt sein wird. Egal ob in einer hybriden Rolle auf dem Flügel oder in einer Art Doppelspitze mit Lewandowski. Guardiola braucht seinen Torinstinkt und seine gesunde Unruhe (Am besten über die vollen 90 oder 120 Minuten).

9 Robert Lewandowski

Wichtigste Aufgabe: Kaltschnäuzig bleiben.

„Robert Lewandowski wird noch wertvoller, wenn er lernt, die einfachen Tore zu erzielen.“ Das schrieb ich im August in meinen 15 Thesen zur Bayern-Saison 2015/2016. Lewandowski hat diese These voll bestätigt. Neun Torschüsse brauchte er in der Vorsaison im Strafraum für einen Treffer. In dieser Saison sank dieser Wert auf 5. In der Champions League sogar auf 3,3. Das bewegt sich in Richtung Mario Gomez, der in seinem phänomenalen Jahr 2010/2011 ebenfalls nur 3,3 Abschlüsse im Strafraum für einen Treffer brauchte. 23 Pflichtspieltore für Lewandowski sind der Lohn einer glänzenden Halbserie mit dem spektakulären Fünferpack gegen Wolfsburg als individuellen Höhepunkt seiner bisherigen Karriere. Sieben Mal gelang ihm zudem wettbewerbsübergreifend der Führungs- oder Ausgleichstreffer.

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Lewandowski ist nach wie vor deutlich weniger eingebunden ins Spiel als noch in Dortmund. Er spielt weniger Pässe, bereitet weniger Torschüsse vor, erobert weniger Bälle als noch im Trikot von Schwarz-Gelb. Dafür schießt er deutlich häufiger aufs Tor als je zuvor. 6 Mal pro 90 Minuten in der Bundesliga (mit Abstand Platz 1) und 5,5 Mal pro 90 Minuten in der Champions League (Platz 2). In der Bundesliga hat er die Anzahl seiner Abschlüsse beinahe verdoppelt. Lewandowski hat sich von einem mitspielenden Stürmer zu einem Stürmer entwickelt, der mitspielt. Das klingt minimal. Ist es wohl auch, aber es ist zu merken.

Lewandowski rotiert immer noch gern auf den linken Flügel oder lässt sich auch mal weit zurückfallen. Dies geschieht jedoch deutlich seltener aus Verlegenheit, als noch in der Vorsaison. Lewandowski hat sich in seine Rolle am und im Strafraum gegen deutlich tiefer stehende Gegner als noch in Dortmund hineingearbeitet.

Nach seiner Einwechslung mit anschließendem Fünferpack gegen Wolfsburg Ende September stand er immer in der Startelf. Nur Müller hat einen Hauch mehr Minuten gespielt als er. Wie sehr Lewandowski dabei von einem zentraleren Müller profitiert wurde gegen Ende der Hinrunde deutlich. Da Costa und Robben ausfielen, musste Müller häufiger auf dem Flügel ran. Lewandowskis Torquote sank dadurch merklich. Nur einmal traf er in den letzten vier Vorrundenpartien.

In der Rückrunde sollte Bayerns Offensiv-Arsenal wieder aufgestockt sein. Es spricht viel dafür, dass Lewandowski in der Bundesliga bis zuletzt mit Dortmunds Aubameyang um die Torjäger-Kanone kämpfen wird. Wenn Lewandowski so kaltschnäuzig bleibt wie in weiten Teilen der Vorrunde, wird er seine bisher herausragende Saison auf hohem Niveau fortsetzen.