Der FC Bayern im Transferspätsommer 2015
Wir versuchen einen Überblick über die Akteure und Perspektiven zu geben, um Kingsley Coman als möglichen Neuzugang ebenso einzuordnen, wie potenzielle Abgänge bzw. Fragezeichen.
Mögliche Zugänge
Kingsley Coman
Der 19-jährige französische U-Nationalspieler steht aktuell im Dienst von Juventus Turin. Der Offensiv-Allrounder, der am Wochenende sogar in der A-Startelf stand und neben Mandzukic die zweite Sturmspitze bildete, kann sehr variabel eingesetzt werden. Wie am ersten Spieltag der Seria A zu sehen, als hängende Spitze, aber auch die linke und rechte Außenbahn kann Coman bespielen. Für sein junges Alter ist er bereits sehr athletisch, schnell und unglaublich explosiv in seinen Handlungen. Zudem verfügt er über einen guten Abschluss. Obwohl er nur 178cm groß ist, besitzt er sogar ein gutes Kopfballspiel, was an seiner außerordentlichen Sprungkraft liegt.
Negativ zu Buche stehen noch seine manchmal zu überdrehte Aktionen. Weiterhin ist Comans Kombinationsspiel noch deutlich ausbaufähig. Im Sommer stand er mit der U19-EM-Auswahl im Halbfinale und überzeugte auf dem Weg dahin nicht in allen Partien. Als Allrounder, der kein reiner Dribblingspezialist wie Douglas Costa ist, sondern vieles kann, würde er wohl am ehesten in die Rolle des Perspektivspielers der Offensive springen. Karl-Heinz Rummenigge bestätigte unlängst, dass der FC Bayern Coman beobachtet.
Eine Verpflichtung kommt sicherlich nur dann in Frage, wenn sich die Perspektive von Franck Ribery in den letzten Wochen nicht verbessert hat. Der Gesundheitszustand gibt nach jüngsten Medienberichten immer noch Rätsel auf. Scheinbar ist der Heilungsverlauf der Sprunggelenksverletzung weiterhin schleppend. Ungeachtet der Verletzung des Franzosen ist darüber hinaus fraglich, ob Juventus Turin das vielversprechende Talent Coman ziehen lassen würde.
Mögliche Abgänge
Pierre Emile Højbjerg
Der junge Däne Højbjerg ist einer der Leidtragenden des Überangebotes im zentralen Mittelfelds. Sowohl auf der 6er- als auch auf der 8er Position ist er gegenwärtig nicht der erste Kandidat, wenn Pep Guardiola spätestens im Herbst beginnt bei einigen Bundesligaspielen zu rotieren. Auch ein möglicher Einsatz als rechter Halbverteidiger in einer Dreierkette käme für Højbjerg wohl noch zu früh. Hierfür ist sein Spiel derzeit nicht konstant genug. Zusätzlich fehlen ihm für diese Position das Quäntchen Schnelligkeit, sowie ein paar Prozente im Zweikampfverhalten. Eine Leihe erscheint gegenwärtig für beide Parteien wohl die sinnvollste Lösung zu sein.
Højbjerg ist bis 2018 langfristig beim FC Bayern gebunden. Interessenten scheint es reichlich zu geben. Neben Augsburg wurde zuletzt immer wieder Bayer Leverkusen genannt, die im zentralen Mittelfeld einen Spieler suchen, der den abgewanderten Castro und den neuverpflichteten Aranguiz (Sehnenriss, Saisonaus) ersetzt. Dem entgegen steht aber die Lizenzordnung der DFL. Kurz gesagt, muss jeder Klub mindestens acht lokal ausgebildete Spieler als Lizenzspieler unter Vertrag haben. Wird Højbjerg erneut verliehen, verliert er für den FC Bayern den Status als „Local Player“. Was im Umkehrschluss im schlimmsten Fall höhere Kosten verursacht, da ein weiterer Spieler (wohl von den FC Bayern Amateuren) mit einem Profivertrag ausgestattet werden müsste.
Somit treffen zwei Interessen aufeinander. Zum einen die sportliche Perspektive Højbjergs, die sicherlich von einer Leihe profitieren könnte, aber auch die finanziellen Interessen des FC Bayern, der nicht einen weiteren Jugendspieler mit einem Profivertrag ausstatten müsste. Um die Kriterien der DFL zu erfüllen, muss Højbjerg noch mindestens ein halbes Jahr in München bleiben.
Dante
Obwohl es vor dem Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen einige Abwehrprobleme gibt, ist die Rolle von Dante beim FC Bayern mehr als Ungewiss. Der Brasilianer konnte spätestens seit dem Champions League Finale 2013 nie mehr an seine bis dato gezeigten Leistungen anknüpfen.
Bereits in der vergangenen Saison war er hinter Medhi Benatia und Holger Badstuber nur noch Innenverteidiger Nummer 4 im Kader des Rekordmeisters. Dass Dante noch auf beachtliche 2.818 Minuten kam (27 Bundesligaspiele), obwohl er selbst in der Rückrunde lange verletzt war, ist dem Umstand geschuldet, dass sowohl Benatia als auch Badstuber nie dauerhaft fit geworden sind. Durch die Umstellung auf eine Dreierkette mit Alaba als linken Halbverteidiger und Boateng als zentralen Spieler, fehlt dem Linksfuß die Position als linker Innenverteidiger in der Formation der Münchner. Sollten Badstuber, Benatia und Martinez zudem wieder fit werden und ihre gewohnte Leistung abliefern, bleiben für Dante nur noch wenige bis seltene Einsatzmöglichkeiten. Ein Platz zwischen Bank und Tribüne ist wohl nicht ganz ausgeschlossen. Für mehr ist das Spiel von Dante in den letzten 1 1/2 Jahren nicht konstant genug gewesen. Hinzu kommen individuelle Fehler und Defizite beim Spielaufbau. Seine Konkurrenten innerhalb des Kaders waren hier spielstärker.
Ob Dante angesichts dieses Ausblicks die Flucht ergreift, ist eine Frage, die bis zum 31. August noch beantwortet werden muss. Gleichzeitig muss sich der FC Bayern tunlichst überlegen, ob er seinen aktuell einzigen gelernten und spielberechtigten Abwehrspieler ziehen lassen will. Ausgeschlossen ist es nicht, eine Entscheidung dürfte aber erst nach dem Wochenende fallen. Beim Fotoshooting für einen Werbepartner, an dem die gesamte Mannschaft teilnahm, fehlte Dante.
Mario Götze
Zum Thema Mario Götze hatte sich Matthias Sammer in den letzten Wochen hinreichend geäußert. Ein Wechsel, der wohl nie wirklich zur Debatte stand, ist vom Tisch. Mario Götze wird weiterhin beim FC Bayern spielen – das haben Spieler und Verantwortliche während des ganzen Sommers betont, auch wenn der Eindruck durch unglückliche Aussagen während des AUDI-Cups kurzfristig ein anderer war. Perspektivisch muss sich Götze noch steigern. Zuletzt zeigte er gute Ansätze beim Spiel gegen die TSG Hoffenheim.
Julien Green, Gianluca Gaudino, Sinan Kurt
Schon vor der Saison war klar, dass es im Normalfall schwer wird Einsatzzeit für die Jugend- und Perspektivspieler zu generieren. Dies hat sich bereits in den ersten Wochen der Saison bestätigt. Alle drei Spieler müssen mittlerweile mit den Amateuren trainieren.
Sie profitieren also nicht mehr von der ‚Abmachung‘: Training bei den Profis und Spiele bei den Amateuren. Zu gut, zu breit, zu ausgeglichen ist der Kader der Münchner. Zu hoch sind inzwischen die Ansprüche. Eine Leihe noch in dieser Transferperiode ist nicht ausgeschlossen, wobei durch die neue Aufstellung des Jugend- und Amateurbereich des FC Bayern auch ein anderer Anspruch geschaffen wurde. Die Idee, dass sich Jugendliche die nötige Härte für das Bundesligageschäft holen, wurde wieder aus der Schublade geholt. Green, Gaudino und Kurt könnten hier den Anfang machen. Ob aber alle drei wirklich bis zum Ende der Saison in München bleiben, hängt wohl auch vom Erfolg der Amateure und deren Aufstiegschancen in die dritte Liga ab. Unabhängig davon stehen bei Sinan Kurt die Zeichen am ehesten auf eine vorzeitige Trennung. Zuletzt schaffte er es nicht mal in die Startelf der Amateure. Beim Nachholspiel gegen Bayreuth stand er nicht im Kader.