Adventskalender: Unsere Wunschtransfers – Türchen 24

Christopher Trenner 24.12.2020

Situation beim Spieler

Paris wird immer nachgesagt, nur die großen Namen zu verpflichten. Umso überraschender war ein Transfer des damals 20-jährigen Marco Verratti. Der in Pescara geborene Italiener hatte noch bei seinem Jugendverein Delfino Pescara in der Seria B gespielt und war von dort im Sommer 2012 nach Paris gewechselt.

Beim Spitzenklub aus Paris entwickelte sich Verratti zum Leistungsträger und flirtete mit verschiedenen Vereinen im Sommer 2017. Der damals 24-Jährige wollte den nächsten Schritt machen. Beim FC Barcelona war er lange ein Kandidat für die Nachfolge von Iniesta.

Die Wechselwünsche kamen etwas überraschend, da Verratti erst im Sommer 2016 seinen Vertrag um drei weitere Jahre verlängerte. Auf der anderen Seite kam Verratti wegen einer Leistenverletzung und eines Muskelbündelrisses nur selten zum Einsatz. Sorgen um seinen Stammplatz musste er sich dennoch nicht machen.

Verratti ist schnell, wendig und technisch begabt. Er gilt als einer der modernen Sechser, die aus der defensiven Rolle heraus ein Spiel gestalten und lenken können. Ähnlich wie Joshua Kimmich ist er enorm pressingresistent und verliert kaum Bälle. In der Offensive sind seine öffnenden Bälle von jeder gegnerischen Mannschaft gefürchtet.

Situation im Verein

Der FC Bayern stand im Sommer 2017 vor einem erneuten Umbruch. Carlo Ancelotti hatte den Verein im Sommer zuvor von Pep Guardiola übernommen. Damals war die Mannschaft, die 2013 die Champions League gewonnen hatte, auf dem Höhepunkt ihres spielerischen Schaffens. Dies war auch im ersten Jahr nach Guardiola noch zu sehen. Die Bayern hatten am Ende der Saison 15 Punkte Vorsprung auf den “Aufsteiger” Leipzig und sogar 18 Punkte auf den Dauerrivalen aus Dortmund. Im DFB-Pokal schieden die Bayern 2:3 gegen Dortmund im Halbfinale aus. In der Champions League scheiterten die Bayern an Real Madrid (4:2 n.V.). Den Platzverweis von Vidal werden viele nicht vergessen haben. Was damals auffiel – die Zeit von Xabi Alonso beim FC Bayern neigte sich dem Ende entgegen.

Abschied zweier Legenden
(Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

Es sollte der letzte Versuch von Philipp Lahm und Xabi Alonso bleiben. Beide Spieler beendeten ihre Karriere. Der Junge Renato Sanches wurde nach einem Jahr noch für zu fehleranfällig befunden. Er wurde nach Wales zu Swansea geschickt. Bedarf nach einer Alternative im Mittelfeld war also groß. Der Transfer von Verratti zerschlug sich relativ früh. Zu hoch war die Ablöseforderung aus Paris. Die Bayern verpflichteten Corentin Tolisso anstelle des Mittelfeldstars.

Die Ironie des Schicksals führte den Spieler und beide Vereine zu einem baldigen Wiedersehen zusammen. Die Münchner trafen in der Champions League Gruppenphase auf Paris. Es war das Ende von Carlo Ancelotti. Die Bayern verloren 0:3. Der Umbruch drohte zu Scheitern.

Was wäre, wenn …

Verratti hätte neben Thiago das Mittelfeld des FC Bayern geprägt. Ancelotti hätte endlich einen weiteren Verbindungsspieler gehabt, der sein 4-3-3 weniger statisch und ausrechenbar gemacht hätte. Die Kombination Verratti – Thiago und Vidal hätte dem Spiel eine spielerische Vielfalt gegeben, wie sie nur wenige Vereine zu dieser Zeit entfalten könnten. Verratti hätte den Münchnern wohl das gegeben, was Kimmich in den letzten zwei Jahren den Bayern gibt: viel Struktur und klare Aktionen aus dem Mittelfeld heraus.

Gepaart wäre diese Mittelfeldachse von Kimmich und Alaba auf den Außenpositionen und Ribéry, Robben, Müller und Lewandowski im Angriff. Von der Bank hätte Ancelotti noch James bringen können, der sogar noch weitere taktische Varianten hätte möglich machen können.

Mit dem Italiener hätten die Bayern wohl besser ausgesehen im zweiten Jahr unter Ancelotti. Es wäre durchaus denkbar gewesen, dass Verratti der eine Spieler gewesen wäre, der den Unterschied zwischen guten und erfolgreichen Jahren beim FC Bayern bedeutet hätte. Es wäre geradezu eine Ironie des Schicksals gewesen, wenn der direkte Vor- und Nachfolger von Pep Guardiola beim FC Bayern die Champions League gewonnen hätte. Gleichwohl wäre dies eine schwierige Aufgabe geworden. Real Madrid war auf dem Höhepunkt der Schaffenskraft. Auch wenn die Bayern im Rückspiel 2017/18 im Santiago Bernabeu nah dran waren, ins Finale einzuziehen.

Die vielen Wechsel auf der Trainerposition (Ancelotti, Heynckes, Kovac, Flick) hätten aber in dieser Form nicht stattgefunden, da der FC Bayern spielerisch weitaus sicherer hätte agieren können. Der Umbruch von Kroos, über Alonso auf Verratti wäre sanfter verlaufen.

Champions League Finale 2020
(Foto: Manu Fernandez/POOL/AFP via Getty Images)

Auf der anderen Seite fügte sich für die Bayern 2020 doch alles zusammen. Marco Verratti muss indes auf den ganz großen internationalen Erfolg warten. Wegen einer Wadenverletzung kam er beim Champions-League-Finale 2020 nur als Einwechselspieler zum Zug. Mit ihm kippte die Partie, doch es reichte nicht mehr. Der FC Bayern mit Thiago im zentralen Mittelfeld gewann das Spiel und den Titel.

Wir wünschen all unseren Leser*innen erholsame Feiertage. Genießt den Rückblick auf ein sportlich für den FC Bayern erfolgreiches Jahr 2020. Die gesamte Miasanrot-Redaktion bedankt sich für eure Treue.

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