Paris Saint-Germain – FC Bayern München 3:0 (2:0)

Justin Trenner 27.09.2017

Umso größer war die Anspannung unter den Fans zu spüren. Und Carlo Ancelotti wusste diese nochmal zu verschärfen.

Falls Ihr es verpasst habt:

Der Italiener ließ Robben, Ribéry und Hummels draußen, Boateng war erst gar nicht im Kader. Alles deutete darauf hin, dass der Trainer den Plan hatte, durchs Zentrum und die Halbräume zu kombinieren. Bereits auf Schalke funktionierte dies sehr gut.

PSG - FC Bayern, GrundformationenParis Saint-Germain – FC Bayern München, Grundformationen

Vor Ulreich begannen Süle und Martínez sowie Kimmich und Alaba, die für Breite sorgen sollten. Davor eine Dreierreihe bestehend aus Thiago, Vidal und Tolisso. Vorne dann die größte Überraschung: Müller und James hatten die klare Aufgabe, Lewandowski besser ins Spiel einzubinden und die Schwächen der Pariser im Zwischenlinienraum zu nutzen.

Das Heimteam trat hingegen wie erwartet auf. Areola im Tor, Kurzawa, Silva, Marquinhos und Dani Alves in der Viererkette. Im Mittelfeld boten sie mit Verratti, Motta und Rabiot ihre ganze spielerische Klasse auf. Komplettiert wurde das 4-3-3 von “MCN” – Mbappé, Cavani und Rekordtransfer Neymar.

Alle Pläne der Münchner wurden jedoch früh auf die Probe gestellt. Paris setzte den FC Bayern mit hohem Pressing unter Druck, Neymar setzte sich auf der linken Außenbahn durch und spielte Dani Alves auf der anderen Seite frei, der zur Führung einnetzte (2.).

Es brauchte eine Weile, bis Bayern sich die ersten Ballbesitzphasen des Spiels erarbeiten konnte. In den ersten zehn Minuten war Paris dominant, doch dann schienen die Münchner langsam in einen Rhythmus zu kommen. Die ersten kleinen Möglichkeiten boten sich jeweils nach Kimmich-Ecken (12. und 13.).

Die Partie wurde nun immer ausgeglichener, weil auch der FCB teilnahm. In der 19. Minute hätte Javi Martínez fast den Ausgleich erzielt, doch Areola parierte. Auch Lewandowski gelang dieser nach einer Flanke von Alaba nicht (22.).

Obwohl der Serienmeister aus der Bundesliga immer besser wurde, zeigten sich hin und wieder die Probleme, die Neymar und Mbappé verursachten. So richtig in den Griff bekamen sie die beiden nicht. Es war allein der schlechten Ballmitnahme Neymars verschuldet, dass es nach gut 23 Minuten noch nicht 2:0 für Paris stand.

Immer wieder bekamen die Gastgeber Kontermöglichkeiten. So verpasste auch Cavani wenig später nur knapp nach schnellem Gegenstoß (27.). Doch der Uruguayer holte dies rund vier Minuten später nach: Über die rechte Außenbahn kombinierte sich Paris nach vorn, Cavani brachte das Spielgerät schlussendlich sehenswert in Ulreichs Tor unter, wenngleich der Torhüter nicht chancenlos schien.

Aus drei sehr gut herausgespielten Chancen machte Paris zwei Tore, während Bayern viele halbgare Möglichkeiten liegen ließ. Immer wieder lief die Ancelotti-Elf an, doch meist resultierte dies in gefährlichen Kontern des Gegners. Allein zwischen der 36. und 38. Minute hätte es die nächsten beiden Gegentreffer geben können.

Es ging mit dem 0:2-Rückstand in die Kabinen. Carlo Ancelotti sah sich direkt gezwungen, seine Entscheidungen etwas zu korrigieren. Für James und Tolisso brachte er zur Halbzeit Coman und Rudy.

Das Spiel schien jedoch dasselbe zu bleiben. Sinnbildlich dafür die 50. Minute: Javi Martínez köpfte nach einer Ecke beinahe den Anschlusstreffer, doch die Aktion mündete in einen Konter der Pariser. Neymar war nur Sekunden später frei vor Ulreich, schoss jedoch daneben.

Nicht mal eine Stunde war gespielt, als Bayern die 15. Ecke bekam. Doch diese Statistik war nichts wert, weil keine klaren Chancen entstanden. Auf der anderen Seite fuhr PSG einen Konter nach dem anderen. Einer von ihnen sorgte in der 63. Minute für die Entscheidung. Mbappé ließ Alaba mit einer eleganten Täuschung stehen und Neymar vollstreckte.

Die Partie war entschieden. Auch wenn die Bayern weiterhin alles versuchten, im letzten Drittel gelang ihnen nicht der entscheidende Durchbruch. Immer wieder war es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Konter kam.

Im Endeffekt war die Endphase nur ein Warten auf den Schlusspfiff. Auch Comans gefährlicher Abschluss in der 88. Minute brachte keinen Treffer ein. Als der Schiedsrichter das Spiel beendete und den FC Bayern erlöste, wurde klar, dass es für Europas Spitze derzeit nicht reicht.

Man hatte nicht schlecht gespielt. In der Redaktion fiel der Satz, dass es ein wenig an Leverkusens Champions-League-Auftritte erinnerte. Engagiert, aber schlussendlich doch chancenlos. In den nächsten Wochen und Monaten gilt es deshalb, die Probleme zu analysieren.

3 Dinge, die auffielen:

1. Ancelotti geht mehr Risiko

Ausgerechnet der Pragmatiker Carlo Ancelotti war es, der vor dem Auswärtsspiel in Paris alle überraschte. Ohne Hummels, Boateng, Robben und Ribéry ließ er sein Team in die Partie starten. Eine mutige Entscheidung, die ihm bereits zur Halbzeit um die Ohren flog, obwohl die Kritik nur teilweise nachzuvollziehen ist.

In der vergangenen Saison war die berechtigte Kritik, dass Ancelotti zu selten rotierte und er jungen Spielern keine Möglichkeiten verschaffte. Außerdem wäre nicht erkenntlich, dass er den Wegbruch von Robbéry vorbereite. Gegen Paris tat er beides. Er vertraute Tolisso, Kimmich und Süle. Darüber hinaus setzte er auf eine starke Halbraumbesetzung statt auf Breite und Tempo. Auch die Einwechslung von Coman statt Robben oder Ribéry war ein durchaus erfreuliches Zeichen. Es war eine Idee, die richtig umgesetzt durchaus Sinn ergeben kann.

Der Plan dürfte gewesen sein, die Pariser in deren Zwischenlinienräumen zu erwischen und sich über die Halben in den Strafraum zu kombinieren – mit der Endstation Lewandowski, dessen Qualitäten bekannt sind. Es war eine mutige und taktisch nachvollziehbare Entscheidung, und doch wird Ancelotti nach dieser Partie Kritik dafür erhalten. Diese Kritik sollte aber vielmehr der Umsetzung der Idee gelten, als den personellen Entscheidungen.

2. Struktur und Plan gegen Chaos

Denn die Umsetzung war eine andere, als man es mit dieser Formation erwartet hätte. Müller und James besetzten zwar immer wieder mal die Räume um Lewandowski herum, doch nicht konsequent genug. Auch Vidal, Thiago und Tolisso wussten nicht, wie sie sich gegen das starke Mittelfeld der Pariser behaupten sollten. Speziell, weil Thiago die spielstarke Unterstützung fehlte. Wenn man also doch eine personelle Entscheidung kritisieren möchte, dann, dass Rudy erst zur Pause kam.

Die fehlende Kontrolle des Mittelfelds führte nämlich dazu, dass der FC Bayern das Mittelfeld überbrückte, teilweise sogar mit Erfolg. Anschließend fehlte aber ein besseres Nachrückverhalten und so war es das typische Flankenspiel des Deutschen Meisters. Die Probleme ziehen sich so durch die Saison. Mal macht die individuelle Klasse des Kaders den Eindruck, als gäbe es eine taktische Verbesserung, doch offensichtlich gibt es diese nicht.

Es ist ein chaotisches System, das gelegentlich ordentliches Positionsspiel vorweisen kann, um im nächsten Moment die Verbindungen komplett zu vergessen. Genau in diesen Momenten gelang es Paris, die Bayern eiskalt zu erwischen. Sie gewannen den Ball und nutzten die quasi nicht vorhandene Absicherung der Münchner, deren Gegenpressing löchrig wie so häufig in dieser Saison war.

Das war der Unterschied zwischen beiden Teams. Auf der einen Seite eine gute Elf, die situativ zu überzeugen wusste, der aber die große Idee fehlte. Die Idee, wie man eine gut organisierte Abwehr spielerisch knacken kann. Es fehlten Automatismen, einstudierte Laufwege und die letzte Aktion, wenn man es ins Angriffsdrittel schaffte. Am Ende waren es 53 Flanken der Bayern. Dreiundfünfzig! Ein Sinnbild für die fehlende Kreativität.

Und auf der anderen Seite Paris Saint-Germain; ein Team mit klarer Struktur und offensichtlich einstudierten Laufwegen. Kreuzende Angreifer, Überladungen, um schließlich die andere Seite zu öffnen und ein ständiger Rhythmuswechsel zählten an diesem Abend zum Rüstzeug der Pariser.

Das ärgerliche an der Partie war, dass Bayern so aussah, als könnten sie auf Augenhöhe spielen. Doch das waren sie nicht. Während Paris es schaffte, sich selbst klare Chancen herauszuspielen und diese zu nutzen, hatte Bayern nur wenig anzubieten. Meist waren es Halbchancen, aber kaum etwas Handfestes. Und so hatten die Münchner zwar mehr Ballbesitz, mehr Ecken, mehr halbgefährliche Schüsse, aber keine Kontrolle über das Spiel.

Junge Spieler wie Coman und Süle bekamen ihre Chance. (Foto: FRANCK FIFE/AFP/Getty Images)
Junge Spieler wie Coman und Süle bekamen ihre Chance.
(Foto: FRANCK FIFE/AFP/Getty Images)

3. Das Ding mit den Erwartungen

Der FC Bayern hat in der Nacht von Paris eine herbe Niederlage einstecken müssen. Eine, die abermals unterstreicht, dass der Weg eher von Europas Spitze wegführt, als zurück auf den Thron. Eine Entwicklung, die nicht sein musste. Fehler wurden bereits Monate zuvor begangen und man hätte sich dieses Loch ersparen können. Doch jetzt ist es da und jeder im Klub, aber auch die Fans müssen daraus die richtigen Schlüsse ziehen.

Die Einordnung dieser Partie zählt dazu. So deutlich das Ergebnis auch war und so klar der Unterschied wurde: Bayern war weder sehr gut, noch sehr schlecht. Es steckt weiterhin enorme Qualität im Kader, die dazu führen kann, dass es immer noch eine ordentliche Saison wird. Doch die Erwartungen müssen gegebenenfalls etwas korrigiert werden.

Mit den Barcelonas und Madrids können sie im Normalfall nicht mehr mithalten – da muss viel zusammenkommen. Es braucht nun wieder einen Prozess in München. Einen, der junge Spieler fördert, entwickelt und gestandene, aber alternde Superstars nach und nach ersetzt. Will man also doch etwas Positives aus der Nacht von Paris mitnehmen, so ist es die Tatsache, dass Coman, Süle, Rudy, Kimmich und Tolisso enormes Lehrgeld bezahlt haben.

Im Idealfall werden sie daraus lernen. Es bleibt aber auch die erneute Bestätigung, dass Carlo Ancelotti trotz nachvollziehbarer Personalentscheidungen nicht in der Lage ist, aus diesem Kader das Maximum herauszuholen. Der FC Bayern ist wieder eines von vielen Teams in Europa und die Aufgabe dürfte allerspätestens nach dieser Niederlage sein, einiges zu verändern. Nicht nur auf dem Platz.

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Paris Saint-Germain – FC Bayern München 3:0 (2:0)
Paris Saint-Germain Areola – Dani Alves, Marquinhos, Thiago Silva, Kurzawa – Verratti (89. Draxler), Motta (86. Lo Celso), Rabiot – Mbappé (79. Di Maria), Cavani, Neymar
Bank Trapp, Kimpembe, Moura, Meunier
FC Bayern Ulreich – Kimmich, Süle, Martínez, Alaba – Vidal, Tolisso (46. Rudy), Thiago – Müller (69. Robben), James (46. Coman) – Lewandowski
Bank Früchtl, Hummels, Ribéry, Rafinha
Tore 1:0 Dani Alves (2.); 2:0 Cavani (31.); 3:0 Neymar (63.)
Karten Gelb: Verratti / Kimmich, Vidal, Thiago, Rudy
Schiedsrichter Antonio Miguel Mateu Lahoz (Spanien)
Zuschauer 46.252 (ausverkauft)