Vorschau: FC Bayern München – Bayer 04 Leverkusen
Im Oktober 2012 gelang Leverkusen der letzte Sieg in München. Das 2:1 war aber schon damals eine Ausnahme. 33 Niederlagen, 6 Unentschieden und gerade einmal 3 Siege – so sieht die Bilanz der Werkelf in München aus.
Die Hoffnungen auf ein erfolgreiches Wochenende werden nicht besser, wenn man auf den Saisonstart blickt. Einem knappen 1:0-Sieg in Pforzheim folgten zwei klare Niederlagen gegen Gladbach und Wolfsburg. Fünf Gegentore hagelte es in der Bundesliga bereits.
Während der Länderspielpause gab es bereits erste Trainerdiskussionen unter den Fans. Herrlich sei ein super Typ, doch taktisch und zwischenmenschlich würde es ihm an Erfahrung mangeln, sagen seine Kritiker. Man solle doch erstmal die Zeit abwarten und ihm nach einer guten letzten Saison einen Vertrauensvorschuss geben, sagt die Gegenseite.
Völler nahm die externe Kritik am Trainer eher genervt hin. Heiko Herrlich hingegen zeigt Tugenden, die ihn in der letzten Saison weit gebracht haben. Er strahlt auf und neben dem Platz Ruhe aus. Ruhe, die in Leverkusen verloren zu gehen droht.
Welchen Anspruch hat Leverkusen eigentlich?
In Leverkusen ist man sich mal wieder nicht einig darüber, zu was dieser Klub eigentlich in der Lage ist. Auf der einen Seite ist da mit Rudi Völler jemand, der in der Öffentlichkeit nur selten ambitionierte Aussagen tätigt. Bayern und Dortmund wären beispielsweise zu stark. Die Champions League zu erreichen sei ein Ziel, doch die Europa League sollte es mindestens sein. Schließlich hätten ja auch andere Klubs in Deutschland Ambitionen.
Das kann durchaus als Realismus bezeichnet werden. Es kann aber auch als das Dilemma gesehen werden, in dem sich Bayer seit vielen Jahren befindet. Wo sind die Ansprüche? Was will dieser Klub erreichen? Wofür steht er überhaupt? Und gibt es eine Entwicklung?
Wenn Mannschaften wie Gladbach oder Hertha die grauen Mäuse der Liga sind, ist Leverkusen das farblose Spitzenteam in Deutschland. Das ist die andere Seite der Medaille. Der Klubführung, und da zählt auch Rudi Völler dazu, muss zwar hoch angerechnet werden, dass sie ihre Schlüsselspieler halten konnten. Doch wie soll das in Zukunft gehen, wenn nicht mindestens die Champions League als Ziel formuliert und erreicht wird?
Junge Spieler brennen auf einen Titel mit der Werkself. Doch wie lange hält man diesen Brandt, wenn die Ambitionen nicht steigen?
Im Kader stimmt immerhin das Selbstvertrauen. Auch nach zwei Niederlagen spricht Brandt öffentlich davon, dass Titel mit dieser Mannschaft eine Möglichkeit sind. Und doch bleibt das Gefühl, dass man sich in Leverkusen nicht traut, endlich einen mutigen Schritt nach vorn zu machen.
Jahrelang war Bayer konstanter Champions-League-Teilnehmer. Schon damals fehlte vielen Fans der entscheidende Sprung. Oft sind es Nuancen, die über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Leverkusen scheiterte meist auf den letzten Metern daran, einen Titel zu gewinnen.
Wie soll sich das ändern, wenn niemand im Klub diesen unbedingten Siegeswillen vorlebt? Das ist der Kernpunkt einer Kritik, die sich gefühlt Jahr für Jahr erneuert. Auch Völler bleibt von dieser Kritik längst nicht mehr verschont. Es gibt sogar Stimmen, die seinen Rauswurf fordern.
Nun wartet in München aber erstmal eine sehr schwere Aufgabe auf die Werkself. Verliert die Mannschaft auch dieses Spiel, dürfte es endgültig unruhig werden in Leverkusen. Vielleicht zahlt sich aber auch die Ruhe Heiko Herrlichs aus, der in der Öffentlichkeit einen angenehmen Gegenpol zu Rudi Völler darstellt.
Mit Konzentration zum nächsten Schritt
In München ist man Unruhe gewohnt. Doch Niko Kovač ist jemand, der diese Störfaktoren schnell beseitigen kann. Robben ist sauer? Ribéry auch? Was ist eigentlich mit James? Der Bayern-Trainer lächelt kurz und macht den Journalisten erneut klar, wie wichtig jeder einzelne Spieler ist. Man glaubt ihm. Weil er aktuell erfolgreich ist. Und, weil er so ein smarter Typ ist.
Für Kovač geht es gegen Leverkusen längst nicht nur um ein gutes Ergebnis. Er will den nächsten Schritt seiner Mannschaft sehen. Stück für Stück soll sie sich weiterentwickeln und die Ideen des Trainers umsetzen.
Die deutlich zu erkennende Handschrift des Trainers ist vielleicht das, was Bayern-Fans im Moment am meisten beruhigt. Auf den Gegner abgestimmtes Positionsspiel, gute Halbraum-Besetzung, zunehmend besseres Passspiel, hohes und variables Pressing – Kovač hat das Rad nicht neu erfunden, dreht aber merkbar an einigen Stellschrauben.
Gegen Leverkusen könnten gerade die Stärken im Halbraum ein passendes Mittel sein. Die Werkself war genau dort in den ersten beiden Spielen sehr anfällig. Ihr fielen vor allem die beiden Umschaltmomente schwer. Bei Ballverlusten arbeiteten die Außenspieler nicht immer aktiv genug nach hinten, bei Ballgewinnen gab es Probleme, Tempo in die Angriffe zu bekommen. Das Mittelfeld schafft es nicht, Offensive und Defensive zu verbinden. Dadurch geht Bayer oft Kompaktheit verloren, die es in München dringend braucht.
Herrlich fand gegen die Bayern bisher keine Mittel. Hohes Pressing, tieferes Pressing, Dreierkette, Viererkette, kompaktes Mittelfeld, gute Breitenverteidigung – alles ging schief. Immer hatte der FC Bayern die passende Antwort parat.
Trotzdem müssen die Münchner konzentriert bleiben, um erneut zu gewinnen. Leverkusen hat gerade in der Offensive großes Potenzial. Wie Hoffenheim könnte es auch Leverkusen gelingen, die Bayern früh zu stören und mit hoher Aggressivität für ein offenes Spiel zu sorgen.
Vielleicht wird Kovač deshalb auch wieder auf Javi Martínez zurückgreifen. Stabilität ist gegen das Konterspiel der Gäste sicherlich kein schlechter Ratgeber. Martínez kann einen sehr breiten Raum alleine verteidigen. Will Kovač wieder mit hochgeschobenen Achtern agieren, kann der Spanier die Zonen absichern, die hinter ihnen entstehen. Leverkusen kann diese Räume nämlich viel besser ausnutzen als Stuttgart.
Doch der Trainer hat alle Karten in der Hand. Mit Thiago auf der Sechs könnte er das eigene Positions- und Passspiel stärken. Die einrückenden Außenverteidiger waren ein gutes taktisches Mittel, um Thiago bei der Breitenverteidigung zu unterstützen.
Aus Bayern-Sicht ist das Schöne dieser Tage aber, dass man nicht so richtig vorhersagen kann, was Kovač machen wird. Beide Ansätze haben den Umständen entsprechend gut funktioniert. Beide hatten auch ihre Schwächen. So schlug der FC Bayern zu viele Flanken bei schlechter Strafraumbesetzung. Hohe Bälle aus dem Spiel und auch eigene Standards mündeten oft in guten Kontersituationen für den Gegner.
In den nächsten Wochen geht es darum, die nächsten Fortschritte zu erzielen. Lösungen werden gebraucht, um noch häufiger kombinativ in den Sechzehner des Gegners zu kommen. Unter Ancelotti wusste man, dass das nächste Spiel genauso aussehen würde wie das vorherige. Nun sitzt aber ein Trainer auf der Bank des FC Bayern, der aktiv nach Lösungen sucht. Die Spannung ist daher groß. Welchen Ansatz wird er gegen Leverkusen wählen? Probiert Kovač sogar neue taktische Mittel aus?
Fakt ist, dass die Länderspielpause den strauchelnden Leverkusenern in die Karten gespielt haben dürfte. Bayerns Nationalspieler reisten durch die Welt und kamen teilweise angeschlagen zurück. Doch Probleme scheint es für Kovač nicht zu geben. Er lächelt kurz und denkt dann bereits in Lösungen.
Das Thesen-Duell
Die Regeln findet ihr hier. Die Zahl für These 3 wurde diesmal von Justin gewählt. Kurzfristige Änderungen sind bis zum Spieltag noch möglich.
Ergebnis des letzten Spieltags: Justin 3,8 : 3,6 Fatbardh
Zwischenstand insgesamt: Justin 11 : 7 Fatbardh
Justins Tipps
- Torschütze: Robert Lewandowski
- Freie These: Bayern trifft in beiden Halbzeiten.
- Über/Unter 3,5: Über!
- Aufstellung: Neuer – Kimmich, Boateng, Süle, Alaba – Martínez – Müller, Thiago – Robben, Lewandowski, Ribéry
Fatbardhs Tipps
- Torschütze: Robert Lewandowski
- Freie These: Bayern trifft nach einem Standard.
- Über/Unter 3,5: Unter!
- Aufstellung: Neuer, Kimmich, Boateng, Süle, Alaba, Thiago, Goretzka, Müller, Robben, Lewandowski, Gnabry