FC Bayern München: Kingsley Coman verletzt! Der FCB hat ein Flügelproblem
Was wäre, wenn? Es gibt immer wieder Fußballer, bei denen man sich genau diese Frage stellt. Beim FC Bayern München war Holger Badstuber so einer. Selbst Arjen Robben, der eine erfolgreiche Karriere hingelegt hat, zählt in diese Kategorie. Zweifellos ist auch Kingsley Coman ein solcher Was-wäre-wenn-Spieler.
Der Franzose traf im Champions-League-Finale 2020 zum entscheidenden 1:0 gegen Ex-Klub Paris Saint-Germain. Ohnehin hatte er viele seiner besten Auftritte in der Königsklasse. Je wichtiger das Spiel, desto sicherer kann man sich sein, dass Coman eine gute Leistung zeigt – wenn er fit ist.
Das ist nämlich sein größtes Problem. Immer wieder bringen ihn kleinere und auch größere Verletzungen aus dem Tritt. Rhythmus aufnehmen? Fehlanzeige. Auch jetzt wieder. In Augsburg verletzt sich Coman abermals, diesmal schwer. Innenbandriss lautet die erste Diagnose.
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FC Bayern München: Kingsley Coman ist schwer zu ersetzen
Kingsley Coman wird für Thomas Tuchel nur schwer zu ersetzen sein. Zwar startete der 27-Jährige etwas holprig in das neue Jahr, doch mit seiner Kombinationsfreude und seinen guten Tiefenläufen ist er ein entscheidendes Puzzleteil. Anders als die anderen Flügelspieler im Kader agiert Coman etwas zurückhaltender.
Das ist nicht negativ, sondern im Gegenteil: Der Rechtsfuß ist gerade deshalb so wichtig für die Bayern, weil er seine Aktionen mit Bedacht wählt und nicht einfach mit dem Kopf durch die Wand läuft. In der Ballzirkulation ist er sicherer und wertvoller als beispielsweise Leroy Sané, der sich trotz anderweitig starker Fähigkeiten immer mal wieder festläuft.
Beide Spielertypen werden gebraucht. Umso größer ist der Rückschlag für den FC Bayern, dass ein derart erfahrener und starker Spieler wie Coman lange ausfällt. Gerade jetzt, wo die großen Spiele anstehen, in denen er fast immer zuverlässig performte.
Kingsley Coman: Diese Optionen hat der FC Bayern jetzt
Tuchel muss dementsprechend kreativ werden. In Augsburg reagierte er mit der Einwechslung von Mathys Tel. Der 18-Jährige war bemüht und erspielte sich abermals einige gute Gelegenheiten. Gleichwohl wurde deutlich, dass es ihm einerseits an Konstanz und andererseits an Sicherheit im Kombinationsspiel fehlt. Ein direkter Coman-Ersatz ist er so erstmal nicht.
Auch Thomas Müller lief in der Vergangenheit immer mal wieder auf dem Flügel auf, doch der Weltmeister von 2014 ist dort zu langsam und kann dem Spiel der Bayern weniger geben als im Zentrum. Ähnlich ist es bei Eric Maxim Choupo-Moting. Mittelfristig könnte Tuchel die Formation ändern und auf eine Dreierkette setzen. Dafür müssten aber vor allem in der Innenverteidigung wieder Spieler fit werden. Mit Sacha Boey und Alphonso Davies hätte er zwei Flügelspieler, die prädestiniert dafür sind, dem Spiel Breite zu geben.
Der Vorteil: In der Offensive können sich die Spieler auf ihr geliebtes Zentrum fokussieren. Außerdem wäre es möglich, Musiala und Müller gleichzeitig spielen zu lassen, ohne einen von ihnen aus ihrer Komfortzone reißen zu müssen. Es gäbe auch rein von der Anordnung auf dem Papier her nicht mehr das Problem, zwei nominelle Spieler pro Flügel zu haben und die Positionierung im Zentrum wäre vielleicht natürlicher.
Allerdings ist auch klar, dass gerade hinten die Belastung enorm wäre. Es gibt kaum Ersatzspieler im Kader, wenn Tuchel auf Dreierkette umstellt. Selbst wenn Kim und Upamecano aus ihren Abwesenheiten zurückkehren.
Natürlich können Davies und Boey auch als Außenverteidiger einer Viererkette spielen. Sané, Jamal Musiala und Müller sind allesamt Spieler, die zuletzt häufig in zentraleren Räumen agiert haben. Dem Spiel fehlte es dann etwas an Breite. Defensiv bräuchte es dann aber Absicherung. Entweder durch wechselnde asymmetrische Positionierung – dann würde der ballferne Außenverteidiger immer etwas tiefer stehen als der ballnahe – oder durch einen Sechser, der konsequent seine defensive Position hält und so mit den beiden Innenverteidigern absichert.
Denkbar wäre auch, dass Tuchel Davies auf den linken Flügel stellt und mit Raphaël Guerreiro als Linksverteidiger spielen lässt. Doch so richtig befriedigend ist keine der genannten Optionen, weil es immer ein „Aber“ gibt, das die Limitationen des Kaders vergegenwärtigt.
Kingsley Coman: Braucht der FC Bayern München einen neuen Spieler?
Das wirft automatisch die Frage auf, ob die Bayern auch hier auf dem Transfermarkt nochmal tätig werden müssen. Das Problem: In der verbleibenden Zeit wird sich wohl kaum ein Spieler finden, der die Qualität hat, den Münchnern sofort weiterzuhelfen.
Was der FCB allerdings probieren könnte: Den Transfer von Bryan Zaragoza vorziehen. Der Spanier würde zumindest die Breite des Kaders verstärken und hätte die Chance, seinen ursprünglich geplanten Start im Sommer quasi mit einem halben Jahr Anlaufzeit vorzubereiten. Zaragoza bringt vor allem im Dribbling herausragende Qualitäten mit und kann den Bayern hier womöglich weiterhelfen.
Preislich würde man sicherlich draufzahlen müssen und ob der FC Granada und auch der Spieler zu einem derartigen Deal überhaupt bereit sind, ist fraglich. Sky berichtet zudem, dass der Vertrag ab Sommer gültig sei und es keine Möglichkeit gebe, den Wechsel vorzuziehen. Gibt es dennoch irgendein Schlupfloch, sollte der FCB es zumindest versuchen.
FC Bayern: Flügelproblem! Zu viele Was-wäre-wenn-Spieler
Unabhängig davon, wie wahrscheinlich es ist, dass noch jemand kommt, haben die Münchner ein Flügelproblem. Coman ist nicht der einzige Was-wäre-wenn-Spieler beim FC Bayern. Mit Serge Gnabry haben sie einen weiteren dieser Spieler im Kader. Auch er hat häufig mit Verletzungen wie jetzt gerade oder Formschwankungen zu kämpfen. Dass er grundsätzlich das Potenzial zu einem überragenden Fußballer hat, hat er oft genug gezeigt.
Doch vor allem die Champions League lässt sich nicht mit Spielern gewinnen, die hypothetisch gut sind. Sie wird durch Spieler gewonnen, die tatsächlich abliefern – und das Woche für Woche oder zumindest dann, wenn es drauf ankommt. Auch Franck Ribéry und Arjen Robben waren einst verletzungsanfällig, konnten ihre Ära letztendlich aber prägen.
Gnabry und Coman haben die Champions League mit den Bayern gewonnen. Doch den letzten Schritt auf das absolute Top-Level sind sie nie gegangen. Nicht immer waren sie selbst dafür verantwortlich. Doch die Gründe sind für den FC Bayern weniger entscheidend als das Resultat. Auch Sané ist gewissermaßen ein Was-wäre-wenn-Spieler. Der 28-Jährige spielte abermals eine herausragende Hinrunde, scheint jetzt aber zunehmend mit seiner Form zu kämpfen.
Immerhin: Er nimmt diesen Kampf an und arbeitete viel in Augsburg. Auf einem Platz, auf dem es technische Spieler schwer haben. Doch die Bayern haben die höchstmöglichen Ziele. Mit dem Konjunktiv werden sie diese nicht erreichen. Auch deshalb wird es bis zum Sommer wohl einige Entscheidungen in der Kaderplanung benötigen. Womöglich auch Entscheidungen, die emotional schwierig sind. Das betrifft längst nicht nur, aber eben auch die Flügelpositionen.