Vorschau: FC Bayern München – RaBa Leipzig

Justin Trenner 07.02.2020

Ein Hauch von Jupp Heynckes und Pep Guardiola wehte am Mittwochabend durch die Allianz Arena. Der FC Bayern München hatte die TSG Hoffenheim zum DFB-Pokal-Achtelfinale empfangen. Nach einem kurze Abtasten legten die Münchner bereits so richtig los. Nur drei Minuten waren vergangen, als Philippe Coutinho erstmals gefährlich vorm Strafraum der Gäste in Szene gebracht wurde. Statt den Passe in die Tiefe zu wählen, zog er selbst ab. Abstoß.

In der 5. Spielminute dann das 1:0 für die Bayern. Thomas Müller wurde im Halbraum sehenswert freigespielt, bediente Robert Lewandowski und drin war die Kugel. Das Schiedsrichtergespann entschied aber auf Abseits. Eine kaum seriös zu bewertende Millimeterentscheidung. Dennoch: Ein Start nach Maß für den Rekordpokalsieger.

Plötzlich aber lag der Ball nach einem Ballverlust Coutinhos im Tor der Bayern. 0:1. Dieser Treffer zählte und erstmals seit längerer Zeit hatten die Münchner einen Rückschlag hinzunehmen. Hoffenheim machte es clever, schob nicht zu weit heraus, ließ sich aber auch noch nicht am eigenen Strafraum binden.

Die Bayern ließen sich aber nicht beeindrucken. Trotz eines guten Gegners und des Rückstandes spielten sie ihren Fußball mit einem Selbstbewusstsein, das alles überstrahlte. Ausgleich, Führung, 3:1 – eigentlich hätte das Ergebnis zur Pause schon viel deutlicher ausfallen müssen. Was aber vor allem blieb: Eine Blaupause. Ein erster, fast voll umfänglicher Eindruck davon, wie dieser Fußball aussehen soll, den Hansi Flick sich vorstellt. Eine Machtdemonstration, die an die besten Zeiten erinnerte.

FC Bayern gegen RaBa: Das Duell um die Spielfeldmitte

Einer der maßgeblichen Faktoren dafür ist nach wie vor das Pressing, dem wir uns in der Vorschau auf die Hoffenheim-Partie bereits gewidmet haben. In einem Video haben wir an der Taktiktafel nochmal etwas anschaulicher versucht darzustellen, warum das Flick-Pressing aktuell so gut funktioniert.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden. Mehr Informationen

Allerdings gehen wir auch auf die Details ein, die manchmal noch Probleme hervorrufen können. In der ersten Halbzeit gegen Hoffenheim schafften es die Bayern, die diagonalen Wege von außen nach innen gut zu verteidigen, oder zumindest in der Rückwärtsbewegung bei Ballverlusten schnell wieder in eine Grundordnung zu kommen, die es der TSG schwer machte.

In der zweiten Halbzeit fehlten die entscheidenden Meter, wie David Alaba zugab. Die möglichen Ursachen dafür müssen beobachtet werden. Ein Spannungsabfall bei einer deutlichen Führung scheint eine plausible Erklärung zu sein. Andererseits ist es fraglich, ob ein solches Tempo wie im ersten Durchgang über 90 Minuten möglich ist.

Es wird in Zukunft auch darum gehen müssen, Ruhephasen einzubauen, in denen der Ball durch die eigenen Reihen läuft, ohne den Gegner zum Kontern einzuladen. In Mainz funktionierte das über weite Strecken recht gut, gegen die TSG fehlte dieser Verwaltungsmodus und so wurde es zum Ende nochmal spannend.

RaBa: Die kleinen Läufe machen den großen Unterschied

RaBa Leipzig ist eine Mannschaft, die Unkonzentriertheiten und Fehler sofort bestraft. Das wird bei 53 Saisontreffern allein in der Liga jedem klar sein. Der Schlüssel für RaBas Spiel liegt im Zentrum und das macht die Thematik des bayerischen Pressings so relevant für das kommende Wochenende. Julian Nagelsmann versucht in jeder Grundformation, das Spielfeldzentrum zu überladen. Sei es im für Leipzig klassischen 4-2-2-2, mit Dreierkette oder im 4-2-3-1: Nur selten wird man bei RaBa mehr als einen Spieler auf einer Außenbahn finden. Die Halbräume und das Mittelfeldzentrum sind dafür oft überbesetzt.

Frei nach dem Motto, dass das Mittelfeld Spiele gewinnt und Gegner dort kontrolliert werden, versuchen die Leipziger die wichtigen Räume zwischen den Linien freizulaufen, indem sie möglichst viele Gegenspieler binden.

Rautenbildung und der Versuch, den Zwischenlinienraum zu öffnen.

In der Grafik ist dieses Vorhaben aus einer 4-2-2-2-Grundordnung heraus dargestellt. Auf den Flügeln befinden sich jeweils ausschließlich die Außenverteidiger, während im Zentrum durch die Doppelsechs die beiden Achter der Bayern gebunden werden. Der Sechser ist hier noch frei, könnte durch das Einrücken der Halbraumspieler von RaBa aber in eine Unterzahlsituation gebracht werden. Dann bräuchte es einen Kompromiss: Entweder rückt der Außenverteidiger mit und die Flügelangreifer der Bayern müssen mit nach hinten arbeiten. In diesem Fall würde Leipzig es zumindest schaffen, die Bayern nach hinten zu drücken.

Oder ein Innenverteidiger rückt heraus und riskiert die Öffnung seines Raums für den Stürmer. Die beiden Stürmer bewegen sich meist so klug, dass sie es schaffen, allein eine ganze Viererkette zu binden, was das Herausrücken eines Spielers erschwert.

Und genau das ist ja ein wesentliches Element des Bayernpressings. Flick und sein Team müssen es also schaffen, einerseits die Spielfeldmitte weiterhin zu kontrollieren und Pässe in die oben grün markierte Zone zu verhindern. Auf der anderen Seite geht es darum, sich selbst nicht der Stärken zu berauben, sich also nicht in die Defensive zwingen zu lassen.

Bayerns Mittel gegen den Ball

Die Balance der Achter könnte hier entscheidend werden. Geht der Ball auf einen Außenverteidiger, sucht Leipzig meist den direkten Weg ins Zentrum über ein diagonales Zuspiel. Stehen die Achter asymmetrisch, kann die Überladung im Zentrum ohne einen zusätzlichen Spieler womöglich aufgefangen werden.

Viele Pfeile, die zeigen sollen, wie mögliche Mechanismen der Bayern gegen den Ball am Wochenende aussehen könnten. Hier: Der Weg vom 4-1-4-1 ins 4-2-3-1. Der linke Außenverteidiger kann rausschieben, ohne das Mittelfeld oder die Verteidiger in Bedrängnis zu bringen.

Die Grafik soll diese Möglichkeit veranschaulichen: Linksverteidiger Davies rückt heraus, weil er durch den Ballbesitz des gegnerischen Rechtsverteidiger getriggert wird. Im Idealfall ist er beim Empfang des Balles sogar schon etwas näher am Gegenspieler dran. Leipzigs rechter Halbraumspieler könnte sich nun ins Zentrum fallen lassen und dort den Sechser der Bayern triggern, der wiederum den Raum für den linken Halbraumspieler von RaBa öffnet.

Der rechte Stürmer der Leipziger nutzt die Bewegung seines Mitspielers und bietet sich im Halbraum an. Würde aus Bayerns rechter Verteidigungshälfte nun ein Spieler herausrücken, um Kimmichs hinterlassenen Raum zu schließen, wäre das ein zu hohes Risiko. Deshalb sollte dies ein abkippender Achter übernehmen.

Bayern agiert dann im 4-2-3-1, beraubt sich aber nicht seiner Offensivkraft durch tiefere Außenverteidiger oder zurückfallende Flügelstürmer. Nun ist eine solche Taktiktafel aber sehr statisch. Leipzigs Aktionen mit dem Ball erfolgen meist in einem sehr hohen Tempo. Die Bayern müssen in ihrer Reaktion also mindestens genauso schnell sein, indem sie die Laufwege und deren Wirkung antizipieren können. Es ist die Aufgabe des Trainerteams, sie darauf vorzubereiten.

Kann Bayern dem Druck standhalten?

Selbstverständlich ist aber nicht allein das Pressing von großer Bedeutung. Die Bayern waren gegen Hoffenheim in der ersten Halbzeit auch deshalb so stark, weil sie den Gegner haben laufen lassen. Nach anfänglichen, kaum bedeutenden Schwierigkeiten kamen sie in einen Flow, der die TSG trotz großem Aufwand kaum an den Ball kommen ließ.

Das lag nicht zuletzt an der guten Präsenz in den Zwischenlinienräumen. Corentin Tolisso ist hier als ein Faktor zu nennen, der zwar im Passspiel weiter Luft nach oben offenbart, sich sonst aber sehr clever bewegt hat. Halblinks spielte zudem Coutinho, der zwar viel unterwegs war, in seinem Aktionsraum diesmal aber nur selten Mitspielern die Räume zulief.

Gerade das Zusammenspiel mit Alphonso Davies war ein klares Upgrade zu den Vorwochen, wo Ivan Perišić weniger mit dem Linksverteidiger harmonierte. Coutinhos Bewegungen öffneten Davies den Raum für Vorstöße und so entstand eine Tiefe im Spiel, die auf dieser Seite zuletzt fehlte. Natürlich bleibt es weiterhin höchst fraglich, ob Coutinho mit seiner manchmal schlechten Entscheidungsfindung und seinem Übermut in der eigenen Hälfte (wie beim 0:1 der TSG) nicht ein zu großes Risiko darstellt. Andererseits hat er das Offensivspiel der Bayern auch stark belebt. Der 27-Jährige bleibt dahingehend ein Rätsel und wechselt innerhalb von wenigen Minuten zwischen Genie und Wahnsinn. Gegen Leipzig könnte sich Flick wieder für die etwas kontrolliertere Variante entscheiden: Kimmich, Thiago und einer aus Leon Goretzka sowie Tolisso.

Während es gegen den Ball darauf ankommt, Leipzig zu Fehlern zu zwingen, gilt es selbige mit dem Ball zu vermeiden. RaBa wird hinsichtlich des Spielaufbaus der bisher große Prüfstein sein.

Welcher Wind weht diesmal durch die Arena?

Die vielen taktischen Details lassen sich auf wenige oberflächliche Kernbereiche reduzieren. Am wichtigsten wird das Zentrum des Spielfelds sein. Die Mannschaft, die dort die Oberhand behält, wird die größten Chancen auf einen Erfolg haben. Spielen die Bayern hier ähnlich gedankenschnell wie in der ersten Halbzeit gegen Hoffenheim, können sie sich nur selbst stoppen. Selbst gegen eine Mannschaft wie RaBa.

Die haben wiederum den Vorteil der Kadertiefe. Während die Bayern immer noch sehr begrenzt in ihren Wechselmöglichkeiten sind, hat Nagelsmann viele Optionen, auf die er zurückgreifen kann. Erstmals wird so in der Rückrunde womöglich auch die Handlungsfähigkeit von Hansi Flick während eines Spiels auf die Probe gestellt.

Grundsätzlich wird auch viel davon abhängen, wie sehr die Bayern ihr (Gegen-)Pressing auf den Platz bekommen. Leipzig will ins Zentrum, die Bayern wollen dieses verschließen. Es ist ein Duell am von uns häufig bemühten Taktik-Schachbrett. Leipzigs aktuelle Formdelle könnte eine Rolle spielen. Allerdings sollten die Bayern sich darauf nicht verlassen. Jeden Fußballfan dürfte ein hochklassiges Duell erwarten. Die Frage aus der Sicht des Rekordmeisters ist: Weht wieder ein Hauch von Heynckes und Guardiola durch die Arena? Es wäre ein starkes Signal – vor allem auch für die Bayern selbst.

Vorschau-Tippspiel

Im Vorschau-Tippspiel tippe ich den gesamten Bundesliga-Spieltag. In unserer Kicktipp-Gruppe könnt ihr euch mit mir und allen anderen messen. Der oder die GewinnerIn der Kicktipp-Runde bekommt von mir ein signiertes Exemplar Generation Lahmsteiger.

Hier geht es zur Kicktipp-Runde!

Spieltagssieger

Macht Auge! Unser Spieltagssieger ist diesmal „Auge“ mit 22 Punkten. Die Top 5:

  1. Edlan – 253 Punkte (0 Spieltagssiege)
  2. zoot_jw – 251 Punkte (0,17 Spieltagssiege)
  3. CH1310, Stiepel-Arne – 251 Punkte (0 Spieltagssiege)
  4. dain, Isarläufer, Rudi – 250 Punkte (0 Spieltagssiege)

Lahmsteiger: Platz 68 – 224 Punkte (0 Spieltagssiege)

So läuft es gegen RaBa …

Die Bayern sind für mich leichter Favorit. Nicht nur wegen des eigenen Formhochs, sondern auch, weil RaBa etwas wankt. Trotzdem wird es ein enges Duelle auf Augenhöhe. Lange Zeit steht es 1:1, ehe die Bayern kurz vor dem Ende den 2:1-Siegtreffer machen.

So könnte Bayern spielen …

4-3-3: Neuer – Pavard, Boateng, Alaba, Davies – Thiago, Kimmich, Goretzka – Müller, Lewandowski, Gnabry

Es fehlen: Süle, Perišić, Martínez (alle verletzt)

So läuft der Spieltag …

Frankfurt 2:1 Augsburg
Schalke 2:1 Paderborn
Hertha 2:1 Mainz
Wolfsburg 2:1 Düsseldorf
Freiburg 2:1 Hoffenheim
Bremen 1:1 Union
Leverkusen 1:2 Dortmund
Gladbach 2:1 Köln
Bayern 2:1 Leipzig



♥ Artikel teilen

Jetzt teilen!

Jetzt teilen!