Aufsteiger des Jahres 2016: Joshua Kimmich
Medhi Benatia war zum damaligen Zeitpunkt noch bis Mitte Februar raus und ohnehin nicht bekannt für seine Verletzungsresistenz. Die Lösung bestand zunächst aus Badstuber, Martínez und dem neu verpflichteten Serdar Tasci, der aus der Not heraus zum Rekordmeister kam. Lange sollte dies jedoch nicht funktionieren. Während Martínez sich schon Ende Januar schwer verletzte, dauerte es bei Badstuber bis Mitte Februar ehe er nachzog. Beide mussten lange pausieren.
Guardiola hatte Alaba schon mehrmals als Innenverteidiger auflaufen lassen und so deutete vieles darauf hin, dass der Österreicher mit Tasci zusammen die neue defensive Zentrale bilden würde. Doch Pep Guardiola schüttelte den Aufsteiger des Jahres 2016 aus dem Arm.
Kimmich überrascht alle
Der Katalane sorgte mit dieser Entscheidung für einige Fragezeichen. Bei uns im Blog stellten wir jedoch schon damals fest, dass das Fähigkeitenprofil des 21-Jährigen ganz gut zum Guardiola-System passen könnte. So kam es auch.
Am 31.1. debütierte er als Innenverteidiger beim 2:0-Sieg gegen Hoffenheim. Es folgten zehn weitere, ungeschlagene Auftritte in der Bundesliga auf dieser Position, die ihm auch deshalb lag, weil er im Positionsspiel die perfekte Unterstützung seiner Mitspieler erhielt. Er selbst betonte immer wieder bescheiden, dass er nur in diesem System als zentraler Verteidiger funktionieren würde. Dennoch war Kimmich der richtige Mann zur richtigen Zeit. Er überzeugte.
In den 11 Liga-Partien kassierten die Bayern lediglich vier Gegentore. Nur zwei Unentschieden gab es, der Rest wurde gewonnen. Außerdem erlitt der Rekordmeister die einzige Rückrunden-Niederlage in der Bundesliga gegen Mainz, als Kimmich keinen Einsatz bekam.
Auch in der Champions League wusste Bayerns Boateng-Ersatz zu überzeugen. Vier Auftritte als Innenverteidiger, keine Niederlage, zwei Mal eine Runde weiter. Juventus und Benfica zeigten zwar, dass Kimmich und Alaba ihre Schwächen haben, aber dennoch fingen beide die Ausfälle bestmöglich auf.
Das Pokalfinale als Höhepunkt
Wenn Bayern und der BVB aufeinander treffen, gibt es häufig Fußball auf allerhöchstem Niveau zu sehen. Das DFB-Pokalfinale war jedoch eines der schwächeren Duelle in der jüngeren Vergangenheit.
Will man dennoch einen Spieler heraussuchen, der aus Bayerns Mannschaft damals herausragte, könnte man Joshua Kimmich nennen. Er brachte Reus zur Verzweiflung, gewann 73% seiner Zweikämpfe, brachte 87 von 100 Pässen an einen Mitspieler und war stets ein belebendes Element im Aufbau. Über seinen Elfmeter sprechen wir an dieser Stelle nicht.
Kimmich krönte mit dieser Partie eine Saison, die größten Respekt verdient. Er war unter anderem verantwortlich für die Rettung einer Spielzeit, die aufgrund der vielen Verletzungen zu kippen drohte.
Eine Europameisterschaft mit Höhen und Tiefen
Man merkte ihm nur ganz selten an, dass er noch kein gestandener Weltklasse-Spieler ist, der seit Jahren Erfahrungen auf internationaler Ebene gesammelt hat. Vielleicht in Turin, als er kurz vor Ende merkte, dass er doch nicht Jérôme Boateng ist. Aber sonst? Kaum Fehler.
Zur Belohnung wurde er in diesem Jahr Nationalspieler. Im Sommer ging es zur Europameisterschaft. Kimmich lieferte auch dort ab und bewies all sein Talent auf einer weiteren Position, die er nur selten zuvor spielte.
Als Rechtsverteidiger überzeugte er gegen die Slowakei und größtenteils auch gegen Italien. Nicht zuletzt, weil er seinen Elfmeter unter größtmöglichem Druck versenkte.
Im Duell mit der Squadra Azzurra, aber speziell im Halbfinale gegen Frankreich wurde jedoch auch deutlich, dass der 21-Jährige noch Luft nach oben hat.
Im Spiel gegen den Ball ließ er sich das ein oder andere Mal auf dem falschen Fuß erwischen. Kleinere individuelle Fehler, wie der gegen Frankreich, deckten sein Entwicklungspotential auf.
Dennoch, oder gerade weil er diese Fehler gemacht hat, war die Europameisterschaft eine großartige Erfahrung für ihn.
Neustart unter Ancelotti
Bei seiner Rückkehr nach München erwartete ihn dann ein neuer Trainer. Viele fragten sich, was nun mit Kimmich passieren würde. Das Verhältnis zwischen ihm und Ex-Trainer Guardiola war speziell.
Als Alexander Zorniger auf einer PK andeutete, dass Kimmich ja in Stuttgart mehr Minuten sammeln könne, entgegnete Guardiola: „Nein, er bleibt hier. Joshua Kimmich ist fast mein Sohn.“
Zugegeben: Der Katalane hat schon viele Akteure gelobt, doch das konnte man ihm glauben. Das spiegelte sich auch an den Ansprüchen wieder, die der Trainer an seinen Spieler stellte. Sie waren vielleicht noch etwas höher als beim Rest der Mannschaft.
Sinnbildlich dafür steht die emotionale Szene nach dem 0:0 in Dortmund, die von vielen Seiten falsch interpretiert wurde.
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Im Sommer übernahm Ancelotti aber beim FC Bayern und die Frage nach Kimmichs Zukunft beantwortete der 21-Jährige mit sieben Pflichtspieltoren in nur zwei Monaten. Zwischen Anfang September und Ende Oktober erzielte er diese in 11 Pflichtspielen.
Meist überzeugte er dann als Achter, der ein gutes Verständnis für den schlecht besetzten Zehner-Raum bewies. Joshua Kimmich war auch hier wieder eine Art Rettung für den Trainer, denn Ancelotti benötigte viel Zeit, um ein passendes System zu finden. Doch auf den 21-Jährigen war erneut Verlass.
Schwieriges Ende und offene Zukunft
Am Ende des Jahres gab es aber kaum noch Ausfälle. Kimmichs Spielzeit reduzierte sich dadurch drastisch. Obwohl Alonso und Vidal nicht immer die besten Leistungen abrufen konnten, rückte der Nationalspieler wieder in das zweite Glied.
In der aktuellen Hinrunde sammelte er immerhin 1147 Pflichtspielminuten (Platz 11 im Kader). Addiert mit den 1640 aus der vergangenen Rückrunde ist das ein hervorragender Wert für einen 21-Jährigen. Er spielte im gesamten Jahr auf fünf verschiedenen Positionen.
Joshua Kimmich ist ein großes Versprechen an die Zukunft. Auf welcher Position, ist dabei noch nicht endgültig geklärt. Er überzeugte als Partner eines kreativen Mitspielers (Thiago) im Zentrum ebenso, wie als Rechtsverteidiger.
Als Aushilfe in der Innenverteidigung ist er überdies immer zu gebrauchen. Im Mittelfeld dürfte seine Zukunft, langfristig gesehen, am vielversprechendsten sein. Dort ruft er die konstantesten und besten Leistungen ab.
Auf der rechten Außenbahn wäre er aber ein legitimer Nachfolger von Philipp Lahm und somit nicht nur beim FC Bayern, sondern auch in der Nationalmannschaft die Lösung für ein großes Problem.
Kimmich vereint Eigenschaften großer Spieler
Auf welcher Position er sich auch immer etablieren wird, es zeichnet sich bereits ab, dass Kimmich eines der Gesichter des neuen Rekordmeisters ab 2018 werden könnte.
Er kommt nicht nur bei den Fans hervorragend an und überzeugt mit guten Leistungen, sondern vereint darüber hinaus Eigenschaften großer Spieler. Wie abgeklärt und cool der 21-Jährige in seinen ersten großen Spielen war, ist extrem beeindruckend.
Throwback to that one time Joshua Kimmich made Paul Pogba look super silly #JuveFCB pic.twitter.com/5XXWGt4Pbv
— Bavarian FB Works (@BavarianFBWorks) 23. Februar 2016
Im Mittelfeld ähnelt er Bastian Schweinsteiger, der in seinen besten Tagen auf dem ganzen Platz zu finden war. Auch die Mentalität und der Wille, mit dem Kimmich trotz seines Alters voran geht, erinnern an den ehemaligen Bayern-Spieler.
Auf der rechten Seite gleicht er in Ballbesitz etwas Philipp Lahm. Kluges Passspiel, überlegte Vorstöße und stets darum bemüht, seinen Mitspielern mit cleveren Laufwegen zu helfen. Die diagonalen Läufe könnte er sich ebenfalls vom Kapitän abgeschaut haben.
Kimmich ist jedoch selbstbewusst und talentiert genug, um seinen eigenen Weg zu gehen und so vielleicht sogar dafür zu sorgen, dass wir in ferner Zukunft Spieler mit ihm vergleichen werden.
Bis dorthin gibt es aber noch einige Spiele zu spielen und viele Titel zu gewinnen. Einen der wichtigsten hat er in diesem Jahr geholt, denn er ist unser Aufsteiger des Jahres und sichert sich somit seinen ersten Miasanrot-Award. Herzlichen Glückwunsch, Joshua Kimmich. Mögen noch viele weitere folgen.