Vorschau: Kommen die Bayern gegen Köln ins Rollen?

Justin Trenner 20.09.2019

Auf Platz 15 stehend tut sich der 1. FC Köln erwartet schwer mit seiner Rückkehr in die Bundesliga. Zum Auftakt gab es zwei Niederlagen in Wolfsburg und gegen Dortmund, dann einen wichtigen Sieg in Freiburg und schließlich wurde das Derby gegen Gladbach knapp mit 0:1 verloren.

Der Saisonstart hat es in sich. Und als wären die bisherigen Gegner nicht schon undankbar genug gewesen, geht es jetzt zum Auswärtsspiel nach München. Immerhin: Die letzten beiden Gastauftritte in den Jahren 2017 (nur 1:0 für die Bayern) und 2016 (1:1) dürften dem FC Mut machen.

Aber auch die Leistung beim 1:3 daheim gegen Borussia Dortmund hat gezeigt, dass hier kein klassischer Aufsteiger nach München kommt, der sich eine Packung abholt und dann den Fokus auf wichtigere Spiele legt.

1. FC Köln: Gekommen, um zu bleiben

Für die Kölner war der Aufstieg im vergangenen Jahr gleich aus mehreren Perspektiven sehr wichtig. Einerseits war es sportlich ein wichtiger Schritt für einen Klub, dessen Selbstverständnis beinhaltet, in der Bundesliga zu spielen. Doch andererseits wäre es in diesem Jahr mit der Konkurrenz aus Hamburg, Hannover, Nürnberg und Stuttgart ungleich schwerer geworden, den Aufstieg zu packen.

Gerade finanziell bietet sich dem FC nun aber die große Chance, den Abstand auf die Konkurrenten zu vergrößern. In der aktuellen TV-Rangliste stehen die Kölner mit rund 38 Millionen Euro auf Platz 15 vor Fortuna Düsseldorf (rund 32 Millionen Euro), Union Berlin (rund 29 Millionen Euro) und Paderborn (rund 26 Millionen Euro). In der zweiten Liga bekommt Stuttgart mit 24 Millionen Euro das meiste Geld aus dem TV-Pool.

Schaffen die Kölner den Klassenerhalt, vergrößert sich der Vorsprung nochmal. Die Ausgangssituation wäre dann nochmals besser für das große Ziel, sich wieder im Oberhaus zu etablieren. Zusätzlich zu Paderborn, Union und Düsseldorf, die mit Köln ungefähr in einer finanziellen Liga spielen, gibt es auch noch Mainz und Augsburg, denen eine schwierige Saison prognostiziert wird.

Beständigkeit trotz neuem Trainer

Im Gegensatz zu einigen anderen Mannschaften an der Schwelle zwischen Bundesliga und 2. Bundesliga konnte der FC seine Mannschaft größtenteils zusammenhalten und sinnvoll ergänzen. Mit Ellyes Skhiri (24; 6 Millionen Euro), Sebastiaan Bornauw (20; 6 Millionen Euro), Birger Verstraete (25; 4 Millionen Euro), Kingsley Ehizibue (24; 2 Millionen Euro) und Kingsley Schindler (25; ablösefrei) kamen gleich fünf junge Spieler, die in den ersten Pflichtspielen fast alle Minuten bestritten.

Aufgrund einer Meniskusverletzung fällt Verstraete zwar erstmal aus, doch der neue Trainer Achim Beierlorzer setzt auf seine Neuzugänge und schenkt ihnen direkt Vertrauen. Taktisch setzte der 51-Jährige sowohl in der Vorbereitung als auch in vier von fünf Pflichtspielen auf ein 4-4-2 mit einer Doppelsechs. Nur gegen Wolfsburg variierte er leicht und brachte einen weiteren Mittelfeldspieler für einen Stürmer (4-2-3-1).

Unter Markus Anfang versuchten die Kölner in der vergangenen Saison das Spiel selbst zu gestalten und aus längeren Ballbesitzphasen Chancen zu kreieren. Als Aufstiegsfavorit eine durchaus logische Konsequenz. Es ist nicht einfach, Beierlorzer nun am Ansatz der vergangenen Saison zu messen, weil der FC es nun mit einem anderen Niveau zu tun hat und auf dem Papier klar zum unteren Drittel der Tabelle zählt. Trotzdem lassen sich bereits einige Veränderungen festmachen.

Direkteres Spiel, mehr Fokus aufs Gegenpressing

Es scheint, als lege der 1. FC Köln nicht mehr so viel Wert auf ein geordnetes Aufbauspiel wie in der vergangenen Saison. Viele lange Bälle nach vorn, die anschließend durch ein entsprechendes Nachrücken erobert werden sollen, kennzeichnen derzeit das Spiel des Aufsteigers. Mit 76 langen Bällen pro 90 Minuten stehen die Kölner vor Düsseldorf (72), Frankfurt (66) und Freiburg sowie Union (jeweils 64) deutlich auf Platz 1 der Liga.

Es ist durchaus möglich, dass das auch mit dem harten Auftaktprogramm zusammenhängt, doch selbst beim SC Freiburg schlug der FC 85 lange Bälle. Der Fokus liegt ganz klar darauf, das Mittelfeld zu überbrücken und durch das Nachrückverhalten im Gegenpressing Chancen zu kreieren.

Das Spiel gegen Borussia Dortmund dürfte den Bayern hier am ehesten als Material für die Analyse dienen. Mit nur 26% Ballbesitz gelang es den Kölnern hier, den amtierenden Vizemeister lange Zeit auf Augenhöhe zu halten. Dabei griff Beierlorzer vor allem auf variables Zustellen des Zentrums zurück, um Dortmunds Steil-und-Klatschspiel sowie die Pässe in die Tiefe zu verhindern.

Unglückliche Niederlage gegen Dortmund

Kölns Grundausrichtung ohne Ball beim 1:3 gegen Dortmund.

Aus der 4-4-2-Grundausrichtung heraus spielten die Kölner im höheren Mittelfeldpressing vor allem ein kompaktes 4-1-3-2. Skhiri und Verstraete kümmerten sich dabei um den Zehner-Raum, wo gerade Marco Reus eine gewichtige Rolle für den BVB spielt. Das Aufbauspiel der Gäste störten die Kölner dann entweder im Raum mit einer Überzahl im Zentrum (meist fünf gegen vier), oder sie agierten mit aggressiven Mannorientierungen.

Köln wollte vor allem die Schaltzentrale des BVB stören.

Beim raumorientierten Verteidigen achtete der FC auf kurze Abstände zu den Mittelfeldspielern. Im in der Grafik rot gekennzeichneten Bereich standen die Kölner kompakt und immer in Reichweite zu den drei Spielgestaltern der Dortmunder. Kam der Ball auf einen Außenverteidiger, schoben Hector oder Ehizibue hoch raus und die Halbraum-Achter und Angreifer stellten die Passwege in die Mitte zu.

Immer Überzahl in Ballnähe: Köln agierte mit hoher Laufbereitschaft.

115,2 Kilometer spulten die Kölner ab, die wichtigsten davon beim anstrengenden Verschieben, um immer Überzahlsituationen in Ballnähe zu haben. Lange Zeit gelang ihnen das herausragend. Bis zur 80. Minute war das Spiel nach verschiedenen Expected-Goals-Modellen ausgeglichen. Understat misst beispielsweise ein 0,82 zu 0,86. Doch Köln konnte diese Intensität schon vorher nicht mehr halten. Ab der 60. Minute hatte Dortmund plötzlich mehr Räume und Köln schien am Limit zu sein. Mit der Umstellung Favres auf ein 4-3-3 mit dem umtriebigen Julian Brandt war der BVB dann das drückendere Team.

Das 3:1 war letztendlich trotzdem schmeichelhaft. Köln investierte viel, spielte mit hoher Laufbereitschaft und Intensität, verlor am Ende aber die entscheidenden Zweikämpfe. Für den FC Bayern bedeutet das im Umkehrschluss, dass sie die Gäste am Wochenende mit viel Tempo beschäftigen müssen.

FC Bayern: Mit Geduld zum nächsten Sieg

Gegen Belgrad sah das phasenweise schon ganz gut aus. Immer wieder zeigten die Bayern im Mittelfeld unterschiedliche Wege, um zwischen die Linien der Serben zu kommen. Ein bereits in Leipzig oft genutztes Mittel war das sogenannte „Steil und Klatsch“. Das bedeutet, dass ein Spieler aus dem Mittelfeld einen vertikalen Pass spielt, sofort nachrückt und den Ball dann vom Empfänger zurück, also abgeklatscht bekommt.

Vor allem Philippe Coutinho probierte das immer wieder, holte sich den Ball tief ab und suchte anschließend direkt eine vertikale Lösung. Dadurch leiteten die Bayern viele sehenswerte Angriffe ein. Beispielsweise beim Abseits-Tor von Coutinho in der 40. Minute:

Coutinhos Hackentor war schön rausgespielt, aber leider stand er im Abseits.

Zunächst kreierte Coutinho selbst eine gute Grundstruktur, indem er sich genau so positionierte, dass mehrere Rauten und Dreiecke entstanden. Als er den Ball von Süle bekam, dribbelte er direkt mit Tempo an. Lewandowski bot sich zwischen den Linien an und wurde auch direkt vom Brasilianer bedient. Coutinho aber blieb nicht stehen, sondern blieb im vollen Lauf und hätte den Ball sogar direkt in vielversprechender Position zurückbekommen können.

Lewandowski entschied sich jedoch für ein Dribbling auf die rechte Seite und schickte Kingsley Coman in den freien Raum, der von Corentin Tolisso geöffnet wurde. Der Franzose kreuzte im Zentrum mit dem immer noch durchlaufenden Coutinho, der Ball kam in die Mitte und Coutinho versenkte ihn sehenswert mit der Hacke.

Auch wenn der Treffer aus einer knappen Abseitsposition erfolgte, war er ein gutes Beispiel für die vielen Bemühungen der Münchner, sich durch den Halbraum oder die Mitte nach vorn zu kombinieren. Gegen Belgrad merkte man der Mannschaft in vielen Situationen an, dass sie sich an einen so umtriebigen und strukturierenden Zehner erst noch gewöhnen muss. Doch Coutinho kann dahingehend ein echter Gewinn für den FC Bayern werden.

Weniger Hektik gegen Köln

Gegen Köln wird es wieder darauf ankommen, sich nicht zu schnell auf die Flügel drängen zu lassen. Denn genau das möchten die Gäste, um dort dann die schon gegen Dortmund vorhandene Überzahl zu kreieren. Also braucht es Lösungen in den Halbräumen, wo die Bayern auch gegen Belgrad immer wieder klug verschoben und sich mit Überladungen nach vorn kombinierten.

Ein großes Problem war aber, dass die Münchner sich zu schnell der ersten Möglichkeit einer Flanke hingaben oder auch am Strafraum überhastet abschlossen, statt auf eine bessere Gelegenheit zu warten. Das führt mitunter auch zu wilden Phasen wie kurzzeitig in der ersten und zweiten Halbzeit. Köln hätte mit Sicherheit mehr aus diesen Kontersituationen machen können als Belgrad an diesem Abend.

Bewegen die Münchner den Ball geduldig und gleichzeitig mit Tempo, wird es für Köln irgendwann anstrengend. Sollte den Bayern kein frühes Tor gelingen, wird diese Geduld umso wichtiger. Je schneller der Ball läuft und je länger er in den eigenen Reihen bleibt, umso schneller setzt auch die Müdigkeit bei den Gästen ein. Eine positive Entwicklung in den letzten beiden Spielen waren auch die vielen Seitenverlagerungen. Kölns kompakte Defensive ist nur mit Bewegung zu knacken.

Die Meisterschaft wird gegen die vermeintlich Kleinen gewonnen

Und das ist auch ein entscheidender Punkt für den FC Bayern: Gehen sie dieses Spiel so an, dass irgendeine der 50 Flanken schon irgendwie reingehen wird, droht ein gefährliches Spiel. Interessanterweise haben die Bayern in den letzten Jahren häufiger mal gegen Aufsteiger gepatzt. In der letzten Saison gleich zweimal: Im Hinspiel beim 3:3 gegen Düsseldorf und im Rückspiel in Nürnberg beim 1:1. Dabei haben die Münchner in den letzten 31 Pflichtspielen gegen Aufsteiger nur einmal richtig übel gepatzt: Im Mai 2018 gegen Stuttgart (1:4).

Die Mannschaft ist auch aufgrund der kleineren Schwächephasen gegen Belgrad gewarnt. Letztendlich werden nicht unbedingt die direkten Duelle mit den absoluten Top-Teams der Liga darüber entscheiden, wer am Ende die Schale holt. Es sind vor allem die vielen Spiele, in denen Bayern der klare Favorit ist, wo die meisten Punkte geholt werden.

Dortmund zeigte sowohl gegen Köln als auch gegen Union, dass das kein Automatismus ist und sie hier immer noch Probleme haben. Umso wichtiger ist es für die Bayern, dass sie diese Spiele gewinnen. Dort haben sie in den letzten Jahren den großen Abstand zu anderen Teams aufgebaut. Man könnte also überspitzt davon sprechen, dass am Samstagnachmittag ein extrem wichtiges Spiel für die Gesamtkonstellation in der Bundesliga ansteht.

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Spieltagssieger

Mit 19 Punkten holte sich Michi94 den Tagessieg am vierten Spieltag. Meine acht Pünktchen sind mal wieder nicht der Rede wert. Die Top 5:

  1. Suppenkasper – 66 Punkte (0 Spieltagssiege)
  2. Olorin – 64 Punkte (0,33 Spieltagssiege)
  3. ElbersErben – 64 Punkte (0 Spieltagssiege)
  4. CH1310 – 63 Punkte (0 Spieltagssiege)
  5. Sk1972 – 61 Punkte (1 Spieltagssieg)

Meine Position: Platz 153 – 41 Punkte (0 Spieltagssiege)

So läuft es gegen Köln …

Es wird zunächst ein zähes Geduldspiel. Nach rund 20 Minuten kommen die Bayern aber ins Rollen und erzielen noch vor der Pause mindestens ein Tor. Köln wird am Ende dem Druck nicht mehr Stand halten können und so bleibt ein souveränes 4:0 für die Bayern.

So könnte Bayern spielen …

4-2-3-1: Neuer – Pavard, Süle, Hernández, Davies – Thiago, Kimmich – Coutinho – Gnabry, Lewandowski, Coman

Es fehlen: Leon Goretzka, David Alaba

So läuft der Spieltag …

Schalke 2:1 Mainz
Freiburg 2:1 Augsburg
Hertha 2:1 Paderborn
Bayern 4:0 Köln
Leverkusen 2:1 Union
Bremen 1:1 Leipzig
Gladbach 2:1 Düsseldorf
Frankfurt 1:1 Dortmund
Wolfsburg 2:1 Hoffenheim