Vorschau: FC Bayern München – VfL Wolfsburg
Beim letzten Mal sprachen wir mit Antonia über die Krise des VfL. Damals wurde Klaus Allofs kurz nach ihrem Interview entlassen. Diesmal versucht sie es bei einem anderen Wolfsburger und erzählt uns, weshalb Gomez keine Hauptschuld trifft.
Hallo Antonia, da führen wir schneller wieder ein Interview, als Du dir wahrscheinlich erhofft hast. Wie genervt bist Du von Spielen in München?
Auf einer Skala von 1 bis 10 eine klare 12.
Nach deiner letzten Wutrede wurde Klaus Allofs entlassen. Bei wem versuchst Du diesmal dein Glück?
Valerien Ismael!
Wieso er? Was macht er deiner Meinung nach falsch?
Macht er überhaupt irgendwas? Das wäre eher meine Frage. Seitdem er von Dieter Hecking übernommen hat, hat sich die Spielweise kein bisschen verändert. Eher ist alles noch schlechter geworden. Die 3 Siege in Folge waren mit mehr Glück als Verstand. Während der Spiele gibt er keinerlei Anweisungen. Er wechselt, egal bei welchem Spielstand, viel zu spät. Nach der Halbzeitpause ändert sich nie etwas. Also alle Aspekte, an denen man einen Trainer bewerten kann, finden bei ihm gar nicht erst statt. Was macht er also falsch? So ziemlich alles.
Im Winter gab es immerhin ein paar Neuzugänge. Darunter talentierte Spieler wie Ntep oder Malli. Wie zufrieden bist du mit den Transfers?
Obwohl Malli in den bisherigen Spielen noch nicht seine Klasse zeigen konnte, bin ich mit den Transfers sehr zufrieden. Die Leistungen von Ntep waren bisher voll überzeugend und auf Bazoer bin ich auch sehr gespannt. Dejagah… werde ich eine Chance geben. Ich hätte mir zwar noch eine defensive Verstärkung gewünscht, aber insgesamt war die Transferperiode ganz gut.
In der Liga muss man sich mittlerweile schon mit dem Klassenerhalt beschäftigen. Wird sich die Qualität des Kaders durchsetzen oder hast du ernsthafte Sorgen?
Mit Ismael als Trainer mache ich mir ernsthafte Sorgen. Die schwierigen Gegner wie Dortmund, Hoffenheim etc. kommen ja alle erst noch. Wenn man es dann nicht mal schafft gegen Augsburg zu punkten, sehe ich schwarz. Zumal ja jetzt auch noch der HSV anfängt zu gewinnen. Hoffen, dass 3 Vereine sich noch blöder anstellen, wird meiner Meinung nach nicht funktionieren.
Ein Problem ist die Offensive. Wieso ist Gomez nicht richtig eingebunden im Spiel der Wolfsburger und ist er überhaupt der richtige Stürmertyp für dieses Team?
Wenn die Offensive einen guten Tag hat, ist Gomez super eingebunden. Wenn nicht, dann nicht. Ich glaube jeder Fan hätte lieber einen Stürmer, der auch mitspielt und nicht erst seinen ersten Ballkontakt nach 45 Minuten hat. Aber solange er trifft, wäre das ja ok. Ich denke aber, dass Gomez momentan am wenigsten Schuld an unserer Misere hat. Man sieht ja an Spielzügen wie gegen den HSV, dass es eigentlich klappen könnte.
Zum Glück schreibt der Pokal seine eigenen Gesetze. Die Bayern sind derzeit verwundbar wie lange nicht mehr. Jetzt gib uns doch mal ein paar Gründe, weshalb dieses Spiel der Wendepunkt für die Wolfsburger wird.
Okay. Hier ein paar Gründe: ___. Das war’s schon.
Aber siehst du nicht doch ein paar Schwachstellen bei den Münchnern, die der VfL nutzen könnte?
Naja, wenn wir sehr selbstbewusst auftreten würden und sofort ein Tor schießen und dann hinten dicht machen würden. Kann ich mir aber nicht vorstellen.
Okay, zumindest habe ich versucht dir ein paar positive Worte zu entlocken. Ich traue mich kaum zu fragen, aber: Wie geht es aus?
Letztes mal habe ich 3:0 für den FC Bayern getippt und das Endergebnis war 5:0. Dieses Mal tippe ich direkt 5:0, dann kann es ja nicht schlimmer werden. (Oder?)
Glaubst Du, dass der VfL in der nächsten Saison einen erfolgreichen Neuanfang starten kann und wenn ja, was muss dafür passieren?
Joa. Wenn ein neuer Trainer verpflichtet wird, der dann mal den Kader richtig ausmistet sodass dann auch ein Luiz Gustavo endlich wechselt, klar. Aber ohne solche Veränderungen scheint es ja nicht zu funktionieren. In der Winterpause war ja angeblich auch eine “Aufbruchsstimmung” und jetzt ist trotzdem wieder alles wie vorher.
Welchen Ex-Wolfsburger vermisst du am meisten und warum?
Sportlich kann die Antwort da nur Kevin De Bruyne lauten. Er ist nicht nur ein überragender Spielmacher, er macht auch das ganze Team um ihn herum besser. Könnten wir momentan gut gebrauchen.
Beim letzten Mal hast Du Robert Lewandowski zu den Wolfsburgern transferiert, weil er einen Ball zum Mitspieler bringen kann. Wen hättest Du noch gerne von den Münchnern und wieso?
Entweder Thiago oder Boateng. Ein Weltklasse-Offensivspieler wäre natürlich verlockend, aber ein weiterer Abwehrboss (neben Bruma) würde sicherlich auch helfen.
Carlo Ancelotti gilt als Champions-League-Trainer und als jemand, der seine Mannschaft zur richtigen Zeit in die beste Form bringen kann. Doch ihm läuft langsam die Zeit davon.
In einem Interview deutete der Italiener neulich an, dass er Pep Guardiola bewundere, aber eine andere Philosophie vertrete als er. Das intensive Pressing könne man nicht über eine ganze Saison spielen, ohne schließlich Tribut zu zollen.
Ancelotti spricht indirekt an, dass er seine Mannschaft bewusst mit angezogener Handbremse coacht, um sie in den wichtigen Wochen auf dem Höhepunkt zu haben. Diese Wochen stehen aber bald an und die Liste der Probleme ist lang.
Das Thiago-Problem
Wenn der Spanier nicht da ist, wird es ganz offensichtlich: Dieser FC Bayern spielt kein Positionsspiel mehr. Die Mittelfelddominanz der letzten drei Jahre ist fort. Es gibt nur noch wenige Automatismen. Spieler stehen sich manchmal gegenseitig in einer Zone auf den Füßen und auch das Gegenpressing leidet darunter.
Auf eine Rückkehr des Systems, das Guardiola in München nahezu perfektionierte, braucht man jedoch nicht hoffen. Bereits im November analysierten wir, dass Ancelotti seinen eigenen Weg zu Kontrolle und Dominanz finden müsse.
Der Schlüssel dafür ist Thiago. Gegen Leipzig, aber auch in vielen anderen Spielen, hat man gesehen, dass der 25-Jährige der wichtigste Spieler für den Trainer ist.
Er gibt dem unkreativen Spiel der Münchner Struktur, kreiert unglaublich viele Verbindungen und lässt es zumindest so wirken, als würden die Bayern noch das Positionsspiel Guardiolas spielen. Nennen wir es Schein-Positionsspiel.
Zwar hat Ancelotti zuletzt erkannt, dass es eine bessere Besetzung des Zehner-Raums geben muss, doch fehlt ihm ohne Thiago der richtige Spieler dafür.
Müller ist der große Carlo-Verlierer
Diesen besetzte in der jüngeren Vergangenheit Thomas Müller. Doch ohne Erfolg. Der Nationalspieler wird nicht richtig eingebunden, kann zu den Sechsern keine Verbindungen aufbauen und trifft häufig die falschen Entscheidungen.
Das liegt auf der einen Seite daran, dass er spürbar nachdenklicher geworden ist, doch auf der anderen Seite ist Bayerns Angreifer auch der Verlierer des Ancelotti-Systems.
Unter Guardiola bekam jeder Spieler Anweisungen an die Hand. Jeder wusste, wohin er sich wann zu bewegen hatte und wie seine Mitspieler gerade positioniert sind. Dennoch blieb den Kreativspielern genügend Freiheit.
Mit Ancelotti an der Seitenlinie wirkt das anders. Die Spieler bekommen zwar gefühlt mehr Freiheiten, doch fehlt ihnen das taktische Grundgerüst, in dem es ihnen möglich war, kompakte Defensivreihen regelmäßig zu knacken.
Das Team ist dadurch extrem auf die individuelle Klasse einzelner Akteure angewiesen. Darunter leidet Thomas Müller. Lewandowski, Robben, Costa, Ribéry und Thiago können selbst ein Spiel in die Hand nehmen und es dann entscheiden, aber Müller braucht seine Mitspieler mehr als jeder andere.
Das heißt nicht, dass jetzt offengelegt wird, dass der Stürmer gar nicht so großartig ist, wie alle denken. Im Gegenteil: Seine Fähigkeiten sind weiterhin einzigartig und wichtig für den Rekordmeister, doch Ancelotti muss zwingend eine Lösung finden, um ihn vernünftig und gewinnbringend einzubinden.
Der Mythos vom Champions-League-Trainer
Der Italiener sei ein Mann der großen Spiele. Wie bereits angedeutet, könne er sein Team so steuern, dass es gegen Ende der Saison explodiert. Das hat er mehrfach bewiesen.
Doch die Form der Bayern ist erschreckend und mit Wolfsburg und Arsenal warten jetzt die ersten beiden (bzw. drei) KO-Spiele auf die Münchner. Wenn das nicht die letzten sein sollen, sollte Ancelotti nun seinem Ruf gerecht werden.
Es mag meine subjektive Meinung sein, aber es wäre Wahnsinn, eine Mannschaft bewusst mit der Handbremse zu trainieren, um sie dann innerhalb kürzester Zeit den Schalter umlegen lassen zu wollen.
Das Team braucht Automatismen, klare Vorgaben, ein taktisches Gerüst, an dem es sich orientieren kann und vor allem Rhythmus. All das fehlt den Bayern aktuell und so wird es spannend, ob Ancelotti seine Mannschaft rechtzeitig zum Arsenal-Spiel in Form bringen kann.
Im April und Mai, wenn die Titel vergeben werden, braucht es nämlich auch keine Form mehr, wenn man die Chance auf einen Triumph bereits im Februar vergeben hat.
Der FC Bayern befindet sich in einer gefährlichen Situation und vielleicht sollte man sich trotz vier Punkten Vorsprung erstmal darauf fokussieren, im Tagesgeschäft der Bundesliga wieder ins Rollen zu kommen, bevor man von Formexplosionen im Frühling träumt.
Fünf Thesen zum Spiel
- Bayern wird das Spiel in der regulären Spielzeit gewinnen.
- Wolfsburg schießt kein Tor.
- Der Rekordmeister trifft mindestens drei Mal.
- Lewandowski trifft.
- Ein Tor fällt in den ersten 20 Minuten.
Zwei richtige Thesen sind das Resultat der Schalke-Vorschau. Gesamt: 62/120.