Vorschau: Saisonendspurt der Bayern ohne Highlight?
Dieser Satz lässt sich auch auf Philipp Lahm und Xabi Alonso übertragen. Es ist eine komische Stimmung, die rund um den FC Bayern herrscht. Nach den vielen erfolgreichen Jahren, folgt nun mit der fünften Meisterschaft in Folge ein historischer Punkt in einer Ära, der vielleicht ihr letzter ist. Und doch hält sich die Euphorie in Grenzen. Warum eigentlich?
Einfach mal zurücklehnen und genießen
Gerade als Bayern-Fan ertappt man sich immer wieder selbst dabei, hungrig zu sein. Hungrig auf Titel. Hungrig darauf, immer mehr zu erreichen und stets noch größere Rekorde aufzustellen. Schon ein Unentschieden in der Bundesliga ist nahezu unerträglich geworden. Verlieren ist man in München nicht mehr gewohnt.
Für den Klub hat das viele Vorteile. Aus dem Ehrgeiz, jeden Tag besser zu werden und die eigenen Rekorde weiter zu jagen, ist überhaupt die Einstellung entstanden, mit der die Spieler auch im fünften Jahr in Folge durch die Liga rennen und Meister werden.
Irgendwann stellt sich zwangsweise aber eine Müdigkeit ein, die gerade bei den Fans längst zu spüren ist. Dieser historische Erfolg wird vielerorts zur Kenntnis genommen, aber nicht mehr euphorisch gefeiert.
Dieser Prozess ist verständlich. Es ist keine Kritik, dass die Euphorie nach diesen überirdischen Jahren etwas verblasst ist. In diese Gefühlslage kann sich ein Fan eines anderen Vereins in Deutschland nicht hineinversetzen. Euphorie wird es nicht geben in München. Dafür hinterlässt diese Saison zu viele Fragezeichen, die mit Titeln nichts zu tun haben. Dafür ist die Konkurrenz in der Bundesliga zu gering und die Schale schon zu früh gewonnen.
Doch eines sollten alle tun, die in diesen Wochen noch nicht verpflichtet sind, über die Zukunft des Klubs nachzudenken: Die letzten drei Spiele genießen, die das Ende einer Ära mindestens einläuten, vielleicht aber sogar besiegeln.
Drei Mal noch wird Philipp Lahm die Mannschaft als Kapitän auf den Platz führen, wenn er keine Pause mehr erhält. 270 Minuten Fußball, in denen der Fokus darauf liegen sollte, alles Vergangene ins Gedächtnis zu rufen, die wahnsinnigen, historischen Erfolge zu genießen und sich Bewusst zu machen, dass diese Zeit eine bisher einmalige in der Klub-Geschichte war und ist.
Für Darmstadt, Leipzig und Freiburg geht es um viel
Zumindest gilt das für die Fans, die es mit den Münchnern halten. Die Spieler sollten sich darüber klar sein, dass sie eine gewisse Verantwortung im Saison-Finale tragen. Für Darmstadt 98 geht es bereits am Wochenende darum, sich die minimale Chance auf den Klassenerhalt zu wahren. Die Konkurrenz der Lilien wird sich wiederum auf den Rekordmeister verlassen, der mit einer halbgaren Leistung entscheidend eingreifen könnte. Diesen Beigeschmack gilt es zu verhindern.
Verliert der FC Bayern nicht, so sind die Darmstädter sicher abgestiegen. So brutal das auch klingen mag, das Ziel der Münchner muss genau das sein. Geschenke zu verteilen kommt nicht in Frage. Und doch lässt sich anhand der Erfahrungen der letzten Spielzeiten sagen, dass die Leistungsstärke des Rekordmeisters in der Liga abgebaut hat, wenn die Meisterschaft bereits feststand.
Darmstadt wird viel Mut aufbringen müssen, um in der Allianz Arena zu gewinnen und genau diese fehlenden Prozente zu nutzen. Das schlichte Verteidigen am eigenen Strafraum, das sie in den letzten Jahren gegen den Serienmeister praktizierten, wird nicht reichen. Mit etwas Glück könnte die Zuschauer aber ein interessantes Spiel erwarten.
Interessant war auch das Hinspiel zwischen den Bayern und RB Leipzig. Die Leipziger haben bereits in dieser Woche die Chance, sich den zweiten Platz zu sichern. Es wäre eine fantastische Leistung für den Aufsteiger, wenn auch nicht komplett überraschend. Vom Duell mit dem Tabellenführer wird nicht mehr so viel abhängen. Gewinnen sie ihre beiden anderen Spiele, sind sie Vize-Meister.
Auf sportlicher Ebene dürfte die Begegnung aber dennoch eine interessante werden. Zu Hause haben die Roten Bullen erst zwei Spiele verloren. Außerdem werden sie das Hinspiel noch im Kopf haben und sich dafür revanchieren wollen. In unserer Vorschau analysierten wir damals das Pressingkonzept der Sachsen. Auf die Umsetzung dieser Taktik wird es für RBL ankommen.
Zwar hat der Ausgang keinerlei Bedeutung für die Tabelle, aber Leipzig wird den Bayern in den nächsten Jahren noch häufiger begegnen. Vielleicht sogar auf Augenhöhe. Es wäre sicherlich erstrebenswert, auch im Rückspiel ein Zeichen zu setzen.
Abgeschlossen wird die Saison mit einem Heimspiel gegen den SC Freiburg. Christian Streichs Team spielt tatsächlich um Europa. Das will man im Breisgau noch nicht wirklich annehmen, aber aktuell stehen sie auf Platz 7. Mit nur zwei Punkten Rückstand auf Hertha BSC, die Fünfter sind.
Wahren sie sich diese Chance bis zum Auftritt in München, so dürfte die Partie ein riesiges Potential mitbringen. Mit mutigen Freiburgern hatten die Bayern schon häufiger ihre Probleme.
Zurücklehnen und rekapitulieren
So oder so: Es werden drei schöne Abschiedsspiele für Philipp Lahm und Xabi Alonso. Auf der einen Seite, weil sie ohne Druck aufspielen können und andererseits, weil die Gegner sie nochmal richtig fordern werden. Natürlich wäre ein Highlight in Form eines Finals am Ende der Saison schön gewesen, doch es sollte eben nicht reichen.
Ganz ohne Highlight wird die Karriere der beiden Legenden aber nicht enden. Wenn man in mehreren Jahrzehnten auf die Mannschaft zurückblickt, die mindestens fünf Meistertitel in Folge geholt hat, dann wird der Name Xabi Alonso mehrmals fallen. Philipp Lahm hingegen wird wahrscheinlich sogar auf dem Cover mehrerer Bücher sein, die sich mit den größten Erfolgen, Mannschaften und Spielern des Klubs beschäftigen.
In dieser Saison mag der FC Bayern „nur“ die Meisterschaft gewonnen haben. Für die nächsten Jahre wird es vielleicht sehr viele Fragezeichen geben. Doch jetzt sollten sich die Fans dieses großartigen Vereins erstmal zurücklehnen, die letzten Jahre rekapitulieren und genießen. In den letzten drei Bundesliga-Spielen bietet sich die Möglichkeit, dies ohne Anspannung und Druck zu tun.
Fünf Thesen zum Saisonfinale:
- Bayern wird Darmstadt mit mindestens drei Toren Unterschied schlagen.
- Lewandowski wird Torschützenkönig.
- In Leipzig gewinnen die Bayern nicht.
- Freiburg wird in München treffen, aber nächste Saison nicht international spielen.
- Der Rekordmeister wird in den drei Spielen mindestens 8 Tore schießen.
107 Thesen waren von meinen bisherigen 200 richtig. In der vergangenen Saison waren es 41/75 und somit eine Quote von 54,66%. Dieser Wert bleibt bei deutlich mehr Thesen knapp unerreicht. Für die nächste Saison lassen wir uns ein neues Konzept einfallen.