Testspiel: SpVgg Landshut – FC Bayern München 0:3 (0:2)

Christopher Trenner 23.07.2016

Nicht einmal 24 Stunden nach dem Amoklauf, welcher München erschüttert hat, trat der FC Bayern zu einem Freundschaftsspiel in Landshut an. Auch wir haben überlegt, ob wir über dieses Spiel berichten sollten. Dieser Blog hat seine Heimat in München. Viele unserer Freunde und Bekannten mussten in den vergangenen Stunden einiges durchstehen, waren in Sorge um Familienangehörige und Freunde. Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen.

Dieser Blog wird von folgenden Grundprinzipien zusammengehalten: Freiheit, Gleichheit und Solidarität. Der Respekt und die Wertschätzung des Gegenüber, egal welcher Hautfarbe, Nationalität, Religion oder sexuellen Orientierung, ist für uns eine übergeordnete Prämisse. Wir sehen den Sport hier als treibende Kraft, die eine auseinanderdriftende Gesellschaft zusammenhalten kann. Auch wenn unser Beitrag hieran bescheiden sein mag. Wir schreiben Texte und analysieren Fußballspiele – und versuchen hierbei Werte und Ideale zu vermitteln.

Dieses Berichten wollen wir hochhalten, weil es einfach das ist, was wir am besten können. Wir wollen und können uns nicht der Normalität berauben lassen. Dann haben wir alle verloren. Das heißt nicht, das wir das Geschehene vergessen, aber es ist aus unserer Sicht der bestmögliche Umgang.

Unser Mitgefühl gilt den Betroffenen, Angehörigen und Hinterbliebenen.

Die miasanrot Redaktion

Der Spielbericht findet sich auf der zweiten Seite.

Der FC Bayern trat im dritten Testspiel und vor der Abreise zur USA-Tour gegen die SpVgg Landshut an. Die Mannschaft spielt aktuell in der Landesliga Bayern Südost. Es ist die sechsthöchste Spielklasse im deutschen Fußball.

Der FC Bayern ging nach wie vor mit dem gleichen Kader in die Partie wie gegen Manchester City. Das heißt, nach wie vor fehlen Carlo Ancelotti viele Nationalspieler. Wie während der Woche bekannt gegeben wurde, werden diese auch nicht zur USA-Tour stoßen. Somit wird der neue Bayern-Trainer noch ausreichend Chancen bekommen, seinen Unterbau zu testen.

Die Startaufstellung, die Ancelotti wählte, ist daher nach wie vor eine Mischung aus gestanden Bundesligaprofis und Nachwuchsspielern. Im Tor durfte Starke beginnen. Ihm merkte man im ersten Testspiel doch etwas Rost an. Die Abwehr bildeten Alaba, Götze, Martinez und Stingl. Bernat und Lahm begangen im Mittelfeld. Ein interessanter Aspekt und eine Position auf der Bernat nicht zu sehen war. Im Mittelfeld agierten Lahm und Bernat zusammen mit dem Nachwuchsspieler Tarnat. Ribery erneut auf dem linken Flügel. Auf dem rechten Flügel durfte Hägler spielen. Im Sturm erneut Green. Alonso wurde ebenso geschont wie Badstuber und Thiago. Rafinha fiel kurzfristig aus, nachdem er am Freitag einen Schlag auf das Knie bekommen hatte.

Falls Ihr es verpasst habt

Nach einer Schweigeminute begann die Partie wie erwartet. Die Münchner hatten viel Ballbesitz und versuchten vor allem über die linke Seite durchzubrechen. Die erste größere Chance hatte Ribery, der nach einer Flanke von Stingl den Ball nicht im leeren Tor unter bringen konnte. Die Münchner erspielten sich zwar immer wieder Torchancen, allerdings waren die Abschlüsse allesamt zu ungenau. Green und Ribery zeigten hier durchaus Defizite beim Torabschluss. Aber auch Stingl und Hägler zielten zu ungenau. Erst in der 33. Minute gelang den Münchnern die Führung. Ein langer Ball von Tarnat landete mit etwas Glück bei Ribery. Dieser spielt den Torhüter Huber aus und erzielte das 1:0. Fünf Minuten später erzielte David Alaba mit einem Schuss aus spitzen Winkel das 2:0. Ribery lieferte aus dem Zentrum heraus die Vorlage.

Im Gegensatz zur Partie in Lippstadt hatte die Heimmannschaft allerdings weniger Chancen nach Kontern. Dies kann natürlich auch auf die unterschiedliche Ligazugehörigkeit zurückzuführen sein. Die Münchner selbst aber gingen besser ins Pressing. Gerade die Staffelung zwischen Mittelfeld und Abwehr harmonierte im Vergleich zur Vorwoche besser.

In der zweiten Halbzeit rotierte Ancelotti wie schon bei den vorherigen Testspielen viel und brachte Tillman, Crnicki, Fein, Isherwood und Friedl. Somit stand zum Beginn der zweiten Halbzeit fast nur noch die komplette Nachwuchsmannschaft der Münchner auf dem Platz. Diese wurde in der 60. Minute durch den Wechsel von Shabani für Alaba komplettiert.

Es passierte im Anschluss wenig. Die Partie verflachte wie so viele Testspiele. In der 79. Minute war es Hägler, der einen schnell ausgeführten Freistoß von Tarnat nutzen konnte. Mit einem satten Linksschuss ins lange Eck erzielte Hägler den ersten Treffer in der zweiten Halbzeit.

3 Dinge, die auffielen:

1. Niklas Tarnat sticht heraus

Der 18-jährige Sohn des ehemaligen Bayern-Spielers Michael ‚Tanne‘ Tarnat konnte auf der Achter-Position durchaus hervorstechen. Zwar war seine rechte Seite nicht so gut eingebunden, aber Tarnat überzeugte durch gute Bewegungen im Mittelfeld. Auffällig war sein Passspiel. So schlug er in der 8. Minute einen schönen öffnenden Ball auf Ribery. In der 33. Minute leitete er den Führungstreffer für die Münchner ein. Zwar war der lange Ball zu weit, allerdings konnte Ribery den Ball erobern und das 1:0 erzielen. Tarnat war bemüht auch gegen die dichte Landshuter Abwehrreihe mit vertikalen, schnellen Pässen Tempo in die Partie zu bringen. Sehenswert war ebenfalls die Lupfervorlage zum 3:0 durch Hägler. Tarnat versuchte sich immer wieder als Anspielstation anzubieten und rückte bei Durchbrüchen konsequent mit nach vorne. Nicht ohne Grund hatte er in der 16. Minute eine gute Kopfballchance nach einer Flanke.

Wie schon aber vor gut einem Jahr und auch ähnlich zu Gaudino, fehlt ihm wohl etwas die Körperlichkeit, um mit den Profis mithalten zu können. Allerdings könnte er einer der Kandidaten sein, die einen Kaderplatz einnehmen könnten, sollte Ancelotti wirklich mit 19 „Profi“-Feldspielern in die Saison starten. Dies werden aber erst die nächsten Wochen zeigen. Die Konkurrenzsituation ist durchaus groß.

(Foto: Lennart Preiss / Bongarts / Getty Images)
(Foto: Lennart Preiss / Bongarts / Getty Images)

2. Problem mit der Chancenverwertung

Wie schon gegen Lippstadt – aber auch gegen Manchester City – zeichnet sich bei den Münchern ein Problem mit der Chancenverwertung ab. Zugegeben war die Konzentration gegen den Sechstligisten Landshut sicherlich nicht auf dem höchsten Level, dennoch ist auffällig, dass die Münchner Probleme mit dem Torabschluss haben.

Dies ist insofern bedenklich, da sich keine Alternative zu Robert Lewandowski aufdrängen will. Der polnische Nationalspieler darf wohl nicht ausfallen. Ein Grund hierfür ist die Torungefährlichkeit von Green. Dieser hatte wie in den vergangen Partien zwar einige Abschlüsse, was grundsätzlich positiv ist, aber der Schuss war in den meisten Fällen zu unplatziert. Die Stürmer-Position hinter Lewandowski ist vielleicht die größte Baustelle im aktuellen Bayern-Kader.

3. Bernat im Zentrum

Für kreative Aufstellungen ist Ancelotti normalerweise nicht bekannt, aber gegen Landshut Griff der Italiener dann doch etwas in die Trickkiste. Nicht Alaba begann im Mittelfeld, sondern Bernat. Bisher war dieser eher auf der linken Verteidiger-Position oder mangels Alternativen auf dem Flügel zu finden. Umso überraschender der Versuch von Ancelotti Bernat auf einer 6er-Position im Mittelfeld zu testen.

Zunächst tat sich Bernat hier etwas schwer eine brauchbare Positionierung einzunehmen. Durch die sehr defensive Grundordnung der Landshuter stand er etwas zu häufig im Deckungsschatten bzw. hatte Probleme bei der Dreiecksbildung. Allerdings steigerte sich Bernat mit zunehmenden Spielverlauf. Für die defensive Absicherung war Bernat natürlich eine Option, da er durch sein gutes Stellungsspiel Kontersituationen im Keim ersticken konnte.

Interessant wird sein, ob der 45-minütige Auftritt nur dem Mangel an personellen Alternativen geschuldet oder doch ein kleiner Fingerzeig war. Zumal mit Alaba ein Teilzeitmittelfeldspieler zur Verfügung gestanden hätte. Die Überlegungen von Ancelotti können daher in zweierlei Richtung gedeutet werden. Zum einen, dass Ancelotti Alaba eher als Linksverteidiger sieht und ihm hier auch explizit Spielpraxis verschaffen will. Eine andere Überlegung wäre, Bernat Spielpraxis als einrückender Außenverteidiger zu verschaffen. Eine taktische Variante, die im letzten Jahr oft bei Philipp Lahm zu sehen war.

Vielleicht gibt die anstehende USA-Reise mit drei weiteren Testspielen Aufschluss über die Planspiele von Ancelotti.