Round-Up: Verletzte Flügel

Maurice Trenner 29.08.2018

Sechs lange Monate hatte Coman auf diesen Moment gewartet, wenn man den Kurzeinsatz im DFB-Pokalfinale einmal außen vor lässt. Endlich durfte der junge Franzose wieder in einem wichtigen Spiel den Münchner Rasen betreten. Endlich durfte er wieder gegnerische Abwehrreihen mit seinen gefürchteten Tempodribblings an den Rand der Verzweiflung bringen. Endlich war diese Leichtigkeit wieder da, wenn er den Ball spielerisch am Gegenspieler vorbeilegt und selbst im Vollsprint an diesem vorbeizieht.

Fünfundvierzig Minuten sollte das Comeback von Coman nur dauern – dann der Schock. Im Duell mit Hoffenheims Außenverteidiger Nico Schulz legt er sich den Ball am Gegenspieler vorbei, wie er es schon so oft getan hat. Schulz hat gegen den Franzosen keine Chance und kann nur noch zur Grätsche greifen. Coman, der bereits wieder auf dem Weg in die andere Richtung ist, wird getroffen und sinkt zu Boden. Sofort signalisiert er, dass an ein Weiterspielen nicht zu denken ist. Von zwei Betreuern gestützt muss er den Innenraum verlassen.

Noch in der gleichen Nacht verkündet der FC Bayern, dass die Nummer 29 erneut einen Riss im Syndesmoseband erlitten hat – wie bereits im Frühjahr. Am Sonntag wird dann die Info veröffentlicht, dass der 22-jährige erfolgreich operiert wurde.

In jungen Jahren schon häufig verletzt

Der gebürtige Pariser reiht sich mit dieser Verletzung ein in die lange Krankenakte der Flügelstürmer der Münchner. Selbst im zarten Alter von 22 Jahren war Coman in seinen bisher drei Jahren beim Rekordmeister schon insgesamt 198 Tage verletzt und verpasste somit 35 Spiele – quasi eine ganze Saison. Dies zeigt auch nochmals der Post von Michael Karbach auf Twitter.

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Besonders bitter waren dabei die Knie- und Sprunggelenkverletzung, die sich Coman im November 2016 auf einer Reise mit der französischen Nationalmannschaft einfing. Genauso schlimm ist allerdings der zweite Syndesmosebandriss im linken Fuß wegen dem der Youngster bereits die Weltmeisterschaft verpasst hatte.

Der zweite junge Flügelflitzer des FC Bayern verpasste gar den Saisonstart. Der explosive gebürtige Stuttgarter laboriert seit der Vorbereitung an Oberschenkelproblemen, die ihn nun bereits den kompletten August ausfallen lassen. Der Neuzugang fiel bereits in den beiden Vorsaisons für Bremen und Hoffenheim insgesamt 172 Tage aus. In diesem Zeitraum konnte er an 23 Pflichtspielen nicht teilnehmen.

Gegenüber der SportBild sagte sein Ex-Trainer Julian Nagelsmann letzte Saison: „Serge ist ein sehr schnellkräftiger Typ. Er hat viele Fast-Twitch-Fasern, die anfälliger sind als die langsamen Fasern. Da muss man aufpassen, dass nichts passiert.“

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Und tatsächlich sind die meisten Verletzungen von Gnabry muskulärer Natur. Gerade der Oberschenkel, der ihn auch jetzt wieder pausieren lässt, machte schon häufiger Probleme. Es wird eine große Herausforderung für die medizinische Abteilung des FC Bayern die Anfälligkeit des Sprinters hier in Zukunft zu reduzieren.

Glasknochen und lange Leidenszeiten

Im Vergleich zu den beiden jungen Wilden ist das alt eingesessene Duo Ribéry und Robben momentan fit, auch wenn beide in der Vergangenheit für ihre Verletzungen bekannt waren. Bei seinen Stationen Chelsea und Real Madrid war der Niederländer gar als „Glasknochen“ in den Medien bekannt.

Wenn wir den gleichen zeitlichen Rahmen wie bei Gnabry und Coman betrachten, dann kommt Robben seit Beginn der Saison 2016/17 auf beachtliche 214 „Fehltage“ und 24 verpasste Spiele. Immer wieder hatte der 34-jährige mit Verletzungen im Adduktorenbereich zu kämpfen, die besonders gehäuft seit 2015 auftreten. Davor hatte der schnelle Außen ähnlich wie Gnabry oft muskuläre Probleme. Im Vergleich zu seiner Zeit bei Madrid und in London betonte Robben jedoch häufig, dass die medizinische Abteilung ihn besser im Griff habe. Dennoch verpasste Robben in den letzten drei Jahren zwei Mal die wichtige Saisonphase mit den K.O.-Spielen in der Champions League.

Die beiden Oldies auf dem Bayern-Flügel klatschen ab: Arjen Robben und Franck Ribéry
(Foto: Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Sein kongenialer Partner Franck Ribery ist seit seiner schweren Sprunggelenksverletzung 2015, die ihn fast ein Jahr außer Gefecht setzte, von Schlimmerem verschont geblieben. So fehlte der mittlerweile 35-jährige seit der Saison 2016/17 „nur“ 139 Tage im Training und konnte daher an 24 Spielen nicht teilnehmen. Zwar konnte der Franzose somit an allen wichtigen Spielen teilnehmen, allerdings merkte man ihm sein Alter gerade im letztjährigen Champions-League-Duell mit Real Madrid nach einer knappen Stunde deutlich an.

Warum Bayern jetzt nachlegen sollte

Direkt nach der Bekanntgabe der Diagnose liefen sämtliche Fan-Foren heiß: Soll der FC Bayern nochmal auf dem Transfermarkt aktiv werden und einen Spieler für die Außenbahn verpflichten? Ich sage ja und will dies im Folgenden begründen.

Normalerweise wären die vier Flügelstürmer der Münchner ausreichend. Normalerweise bedeutet allerdings auch, dass alle vier Spieler fit sind und keine besondere Verletztenhistorie aufweisen. Normalerweise bedeutet zudem, dass alle vier Spieler es in sich haben auf der größten Bühne, nämlich der Champions-League, zu überzeugen.

Die letzten beiden Punkte treffen nur bedingt auf die Auswahl der Spieler zu, die den Bayern zur Verfügung stehen. Wie oben beschrieben ist die Verletztenakte von Ribéry, Robben, Coman und Gnabry sehr lang. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass man die Spiele in denen tatsächlich alle vier fit sind an einer Hand abzählen kann.

Zusätzlich sind Robben und Ribéry bereits am Ende ihrer Karriere und sollten nicht mehr in jeder englischen Woche alle drei Spiele bestreiten müssen, da ansonsten weitere Ermüdungsverletzungen drohen würden. Außerdem fehlt nach mehreren solchen Spielen dann auch die gewisse Spitzigkeit, die für das Spiel der Münchner jedoch so essentiell ist.

Außerdem muss man sich fragen, wem der genannten man zutraut ein Champions-League-Halbfinale gegen Madrid oder Turin zu prägen. Coman hat sicher das Potential, aber konnte das bisher noch nicht zeigen. Robben sollte man es alleine aus Respekt zutrauen, allerdings war beim Niederländer in der letzten Rückrunde deutlich das Alter anzumerken. Ribéry hat Probleme über 90 Minuten mit voller Intensität zu gehen und Gnabry war noch nie auf der größten Bühne. Das gleiche trifft auch auf den bereits feststehenden Neuzugang im Winter Alphonso Davies zu.

Sollte sich für den FC Bayern die Möglichkeit geben einen Flügelspieler, wie beispielsweise Martial, zu verpflichten, so sollten die Münchner zuschlagen. Spätestens im Mai werden es ihnen alle danken.

Warum Bayern jetzt nicht nachlegen sollte

Für die Gegenseite argumentiert unser Autor Chris, warum der Rekordmeister eben nicht in Panik verfallen und keinen weiteren Flügelstürmer kaufen sollte.

Eine Verletzung, zumal sie nicht dazu führt, dass ein Spieler über die ganze Saison ausfällt, sollte nicht dazu führen seine Linie zu verlassen. Ja, die Verletzung von Coman ist ärgerlich. Hätte sich Coman aber am 01. September verletzt, dann würde sich die Diskusion ohnehin erübrigen. Der FC Bayern hat sich in diesem Sommer einem Spardiktat unterworfen, weil man nächstes das ganz große Rad drehen will. Das kann man kritisieren, aber ist wohl der Plan für die nächsten 12 – 24 Monate. Diese Linie sollte jetzt konsequent weiter verfolgt werden. Sie ist mangels Alternativen fast der einzige Weg, da in Italien und England der Transfermarkt bereits geschlossen ist. Vereine aus den besagten Linien können keinen Ersatz mehr verpflichten. Sie sind wohl nicht gewillt Spieler abzugeben oder nur zu astronomischen Preisen und das auf den bereits überhitzten Transfermarkt.

Abseits des finanziellen Aspektes ist der FC Bayern ist zudem auf den Flügeln auch sportlich überbesetzt. Ribery, Robben, Coman und Gnarby sind da. Davies kommt im Winter. Mit Evina und Shabani stehen weitere Optionen aus der eigenen Jugend in den Startlöchern. Müller, James und vielleicht sogar Tolisso könnten in die Rolle eines Außenstürmers schlüpfen, wenn es nötig sein wird. Kurzm – Kovac hat genügend Alternativen. Personeller, aber natürlich auch taktischer Natur. Er muss sie nur ausschöpfen.

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