Round-Up: Warum Martinez teurer als Tolisso war
Erst zwei Mal in der Vereinsgeschichte hat der FC Bayern mehr als 40 Millionen Euro in die Hand genommen, um einen Spieler zu verpflichten. Beim ersten Mal im Jahr 2013 kam der damals 23-jährige Javi Martinez aus dem baskischen Bilbao, um die Defensive der Münchner zu verstärken. Mit Tolisso wechselt nun ein Spieler zum FC Bayern, den ebenfalls viele Fans nicht auf dem Schirm gehabt haben dürften, und das für die neue, vereinsinterne Rekordsumme von – in Worten – einundvierzig einhalb Millionen Euro.
Im letzten Transfersommer blickten wir im Blog bereits auf die teuersten Bayern-Transfers der Vereinshistorie. Damals setzten wir diese Ausgaben ins Verhältnis zu den Umsätzen aus der Vorsaison, um den „relativen Preis“ des Spielers zu bestimmen. Als „teuerster“ Spieler wurde dabei Roy Makaay mit einem Umsatzanteil von 12,1% ermittelt und Javi Martinez landete nur auf Platz zwei mit 10,7%. Durch den kontinuierlichen Anstieg des Bayern-Umsatzes beträgt der „relative Preis“ für Tolisso in dieser Berechnungsmethode mittlerweile sogar nur noch 6,6%.
Brasilianer kosten Unsummen
Für den Vergleich in diesem Transfersommer blicken wir auf das Verhältnis des teuersten Bayerntransfers zum weltweit teuersten Transfer. Wie entwickeln sich die Bayern-Ausgaben für ihre „Königs-Transfers“ im Vergleich zum internationalen Wettrüsten? Steigt der FC Bayern durch den Tolisso-Transfer in die höchste internationale Stufe der Klubs auf, die jedes Jahr Unsummen für Spieler ausgeben? Wir haben uns die Statistiken dazu angeschaut.
Die ersten beiden Rekordtransfers der Münchner in unserer Übersicht sind verglichen mit den heutigen Summen wahre Schnäppchen. In den Jahren 1998 und 2000 verpflichtet Bayern die beiden Brasilianer Giovanne Elber und Paulo Sergio für 6,5 bzw. 6,6 Millionen Euro. Erst vor wenigen Tagen ging der Transfer von Serge Gnabry über die Bühne – für 8 Millionen Euro.
Zeitgleich wechselt ein 21-jähriger Brasilianer von Barcelona zu Inter Mailand. Ronaldo wird mit 28 Millionen Euro zum weltweit teuersten Spieler, ein Rekord der nur ein Jahr später durch einen weiteren Brasilianer – nämlich Denilson, der für 31,5 Millionen Euro zu Betis Sevilla wechselt – übertroffen wird. Es ist die Zeit der teuren Brasilianer.
Bis zum Sommer 2001 wird der Transferrekord noch drei weitere Male gebrochen. Erst durch Christian Vieri, dann durch Luis Figo, bevor der französische Dirigent Zinédine Zidane für die unvorstellbare Summe von 75 Millionen Euro – oder damals 150 Millionen Mark – sich den Königlichen in Madrid anschloss. Der FC Bayern verpflichtet im gleichen Sommer Claudio Pizarro für 8,2 Millionen Euro – knapp über einem Zehntel der Zidane-Ablöse.
Selbst in der Bundesliga ist Bayern damit weit unter der Rekordablöse. Im Sommer 2001 holt Borussia Dortmund Márcio Amoroso aus Parma und macht den Brasilianer mit 25 Millionen Euro Ablöse auf Jahre hinweg zum teuersten Bundesliga-Einkauf. Es ist die Zeit in der Bayern das Festgeldkonto unangetastet lässt und sich durch gezielte Käufe aus dem Bundesliga-Umfeld im Bereich bis 8 Millionen Euro verstärkt.
Erstmals zweistellige Ablösesummen
Erst im Sommer 2003 investieren die Münchner zum ersten Mal mehr als 10 Millionen Euro und holen den holländischen Stürmerstar Roy Makaay, der die Bayern zuvor mit La Coruna aus der Champions League geschossen hatte. Immerhin 19,75 Millionen Euro lässt sich Deportivo für das „Phantom“ bezahlen. Erstmals liegt Bayern damit bei mehr als 25% der weltweiten Rekordsumme.
Bis zum nächsten internationalen Ablöserekord von Cristiano Ronaldo, der Real Madrid im Sommer 2009 94 Millionen Euro kostet, holt Bayern mit Franck Ribery (25 Millionen) und Mario Gomez (30 Millionen) zwei neue Rekordspieler.
Mittlerweile hat ein Umdenken an der Isar stattgefunden. Für internationalen Erfolg muss man sich auch an internationalem Beispiel orientieren. Der Transfer von Ribery stellt sieben Jahre nach Amoroso einen neuen Bundesliga-Rekord auf und entspricht zugleich einem Drittel der weltweiten Rekordablöse.
Die Münchner um Manager Hoeneß greifen nun das Festgeldkonto an, ohne jedoch die Mondpreise der internationalen Konkurrenz mitzumachen. Vielmehr versucht man eine Mannschaft aus gestandenen Bundesliga-Spielern mit einigen internationalen Spielern zu spicken, die an der Isar den Schritt in die Weltspitze machen sollen.
Als letzter solcher Transferrekord kann Manuel Neuer gesehen werden, der im Sommer 2011, wie zuvor auch Gomez, für 30 Millionen in die bayrische Landeshauptstadt wechselt.
40 Millionen für das Triple
Zur Saison 2012/13 verstärkt der oben bereits genannte Martinez das Münchner Star-Ensamble, das im Jahr zuvor in allen drei Wettbewerben den zweiten Platz belegte. Nach diesem Schock bezahlte Bayern erstmals 40 Millionen Euro für einen Spieler.
Die Ablöse von Javi Martinez stellt mit 42,6% der weltweiten Rekordsumme damit den anteilig höchsten Einkaufspreis für einen Bayern-Transfer dar.
Da bis zu diesem Sommer mit Gareth Bale 2013 (101 Millionen) und Paul Pogba 2016 (105 Millionen) der Transferrekord zwei weitere Male geknackt wurde, kommt auch die neue absolute Rekordablöse für Tolisso nicht an diesen Wert heran. So hat der Franzose nur 39,5% des weltweiten Transferrekords gekostet.
Der Trend ist dennoch nicht zu verkennen. Seit Martinez hat Bayern nun fünf Mal mehr als 35 Millionen Euro Ablöse gezahlt. Neben Tolisso kosteten Vidal, Götze, Hummels und Sanches mindestens diese Summe und damit in etwa 35% des weltweit teuersten Transfers.
Wann fällt der Vieri-Rekord von 1999?
Bis zum heutigen Tag hat Bayern noch keinen Spieler verpflichtet, der mehr als 50% der internationalen Rekordsumme gekostet hat. Ebenso hat Bayern bis heute noch keinen Spieler verpflichtet, der mehr kostete als Christian Vieri 1999 den Inter Mailand gekostet hat – nämlich 45 Millionen Euro. Eine Marke, die seit 18 Jahren besteht.
Der Vereins-Präsident Uli Hoeneß hatte nach dem Saisonende auf dem Rathausbalkon von einer Granate gesprochen, die es benötige, um den aktuellen Kader zu verstärken. Für diese Granate, sofern sie in der aktuellen Transferperiode noch kommen sollte, wären vermutlich beide Marken von oben fällig – sowohl die 50% als auch die 45 Millionen Euro.
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