Vivianne Miedema, FC Bayern - FC Köln, 1:0 C: @el_loko74

Miedema erlöst die Bayern-Frauen gegen Köln

Jolle Trenner 14.02.2016

Eindeutige Verhältnisse — so hätte man meinen können. Doch Köln hielt lange das 0:0 und hätte den Roten in der heimischen Hermann-Gerland-Kampfbahn beinahe zwei Punkte abgeknöpft. Doch ein Jokertor durch Vivianne Miedema bescherte den Bayern letztlich doch noch den Sieg und drei Punkte im Rennen um die Titelverteidigung.

Falls Ihr es verpasst habt:

Tom Wörle setzt auch im neuen Jahr auf ein 3-5-2. Manuela Zinsberger ersetzte die kränkelnde Tinja-Riikka Korpela im Tor, hatte allerdings auch schon im Hinspiel zwischen den Pfosten gestanden.

FC Bayern - 1. FC Köln, FormationenFC Bayern – 1. FC Köln, Formationen

„"/Viktoria Schnaderbeck, Nora Holstad und Caro Abbé formten die erste Abwehrlinie flankiert durch die weit aufrückenden und Breite gebenden Wingbacks Gina Lewandowski und Leonie Maier. Im zentralen Mittelfeld strukturierten Melanie Behringer auf der Sechs, Melanie Leupolz auf der Acht und die genesene Mana Iwabuchi auf der Zehn das Bayernspiel. Im Doppelsturm liefen Sara Däbritz und Nicole Rolser auf. Somit spielte der FCB offensiv eher ein 3-3-4, wobei die Wingbacks häufig mit in die vorderste Linie aufrückten und sich die drei zentralen Mittelfeldspielerinnen wahlweise in 1-2- oder 2-1-Staffelungen einbrachten.

Gäste-Trainer Marcus Kühn ließ sein Team zunächst im 4-3-3 mit flachem Mittelfeldband auflaufen. Laura Giuliani hütete das Tor, die Deutschschweizerin Rachel Rinast, die eine tolle WM für die Schweiz gespielt hatte, agierte als Linksverteidigerin, Irina London als Rechtsverteidigerin. In der Zentrale spielte das Duo Virginia Kirchberger und Lise Munk. Davor bildeten Yvonne Zielinski gemeinsam mit Maike Seuren eine Doppelsechs, die nicht selten rechts zusätzlich durch Christina Julien ergänzt wurde. Etwas asymmetrisch unterstützte Linksaußen Anna Gerhardt in der Vorwärtsbewegung eher das Angriffsduo Mandana Knopf und Nina Ehegötz. Häufig war dieses flache 4-3-3 allerdings nicht zu sehen. Aus einer defensiven 4-4-1-1-Grundformation heraus verdichtete sich die Abwehr häufig zu einer Fünfer- oder gar Sechserkette. Meist kippte Seuren zusätzlich in die Innenverteidigung ab, Gerhardt, Zielinski Knopf und Julien bildeten den zweiten Abwehrriegel und allein Nina Ehegötz war etwas von den Defensivaufgaben entbunden, um Tiefe zu geben, für Anspiele nach Ballgewinn bereitzustehen und den Spielaufbau der Bayern etwas zu erschweren. Fehlende oder zu langsame Nachrückbewegungen machten es ihr in dieser Formation aber so gut wie unmöglich, die Bälle zu halten, um sie anschließend konstruktiv weiterverteilen zu können.

Zwar waren die Hausherrinnen über die gesamte Partie hinweg feldüberlegen und erspielten sich ein klares Chancenplus, doch gingen ihnen gegen die äußerst defensiv eingestellten Kölnerinnen ähnlich wie im Pokalfight gegen Bremen bald schon die Ideen aus. Von „Chancenplus“ zu sprechen, ist allerdings eine starke Untertreibung. Pro Halbzeit konnte sich Köln jeweils einen halben Ansatz einer Möglichkeit herausarbeiten. Den Fernschuss von Anna Gerhardt, die Bayern-Keeperin Manuela Zinsberger mit einem hohen Fernschuss aus der eigenen Hälfte prüfte, als diese etwas weiter aus dem Tor herausgekommen war, bereits eingerechnet. Auch aus ihren Ecken machten die Kölnerinnen nicht viel.

Für die Bayern kam Leonie Maier zu erstaunlich vielen sehr guten Gelegenheiten. Nach gut 20 Minuten scheiterte sie knapp nach einem abgefälschten Schuss von Rolser. Bei knapp einer halben Stunde drehte Leupolz einen Schuss aus zentraler Position am Pfosten vorbei. Kurz drauf hielt Behringer mit voller Wucht einen Freistoßstrahl auf Torhüterin Giuliani. Wieder nur fünf Minuten später scheiterten die Bayern gleich zu dritt. Weder Iwabuchi, noch Lewandowski noch Maier konnten den Ball aus kurzer Distanz über die Linie bringen, wobei Lewandowski noch die aussichtsreichste Variante im Programm hatte. Doch Giuliani parierte hellwach mit dem Fuß. Auch Rolser hätte allein vorm Tor nach Konter mehr aus der Situation rausholen können, als einen Abstoß. Kurz vor der Halbzeitpause senste Behringer halbrechts an der Strafraumkante den Ball mit Schmackes an den langen Pfosten und auch Holstad und Däbritz scheiterten nach einer Ecke. Holstad zunächst mit dem Kopf, Däbritz rutschte am langen Pfosten vorbei.

Im zweiten Durchgang ging es gleich im selben Takt weiter. Abbé löffelte den Ball kurz nach Wiederanpfiff über den Querbalken, im Anschluss hatte Lewandowski die Führung auf dem Fuß und Maier versuchte sich zunächst mit dem Robben-Move, dann aus 20 Metern mit Wucht. Vergeblich. Langsam stieg die Befürchtung auf, dass es womöglich an diesem Tage einfach nicht sein sollte mit dem eingeplanten Pflichtsieg.

Zeit für einen Finisher namens Viv

Rund eine halbe Stunde vor Schluss kam zunächst Miedema für Maier und dann Beckmann für Rolser ins Spiel. Das Bayernteam schien zu diesem Zeitpunkt etwas ratlos und konnten frische Impulse im Angriff vertragen. Eine nervenstarke Strafraumstürmerin flankiert durch eine weiträumig agierende Powerstrikerin würde die Kölner Verteidigung in der Schlussphase vor ein paar neue Probleme stellen. Der Plan ging auf. Beide machten kluge Läufe — sehenswert, wie Beckmann den Ball im Strafraum an Giuliani vorbeilegte, dann aber in zu spitzen Winkel geriet — hatten mehrere ausgezeichnete Chancen und Miedema im richtigen Moment die notwendige Übersicht, um den Ball doch noch satt ins Netz zu setzen. Anschließend zwang Beckmann Kölns Schlussfrau mit einem klasse Linksschlenzer zu einer ebenso sehenswerten Flugeinlage.

In den Schlussminuten feierte Neuzugang Claire Falknor (somebody get her a decent ride) ihr Debüt für den FC Bayern. Sie war im Winter von den Florida Gators nach München gewechselt, ersetzte Mana Iwabuchi auf der Zehn und war ein, zwei Mal mit guten Ballkontakten in die Offensive der Roten eingebunden gewesen.

3 Dinge, die auffielen:

1. Köln: Hinten stabil stehen und vorne auf Nadelstiche verzichten

Mauern, Verschieben, vielleicht einen Punkt mitnehmen und ihn dem Konto für die Moral gutschreiben. Das wäre einer Sensation gleichgekommen und anscheinend Kölns Plan für dieses Spiel. Wie bereits in den Zeilen zur Formation angesprochen, ließ Köln die Offensive freiwillig verwaisen und sah seine Chancen eher in der Torverhinderung. Auch auf das übliche „und dann mal einen Konter nutzen“ setzte man nicht — jedenfalls nicht mit Nachdruck.

Erst als die Gäste in Rückstand lagen, trieb Trainer Kühn seine Truppe lautstark an. Zu lange in der Partie hatte er am Punktgewinn geschnuppert. Nun forderte er ein Angriffspressing und ließ seine Torhüterin bei Standards mit nach vorne gehen, um vielleicht doch noch aus einem Fehler der Bayern Kapital schlagen zu können. Es reichte nicht. Mit diesem Ansatz war Köln kein geeigneter Gradmesser für den Leistungsstand der Defensive oder neue einstudierte taktische Varianten der Bayern. Nur die Erkenntnis, dass man sein Offensivspiel gegen so tief gestaffelte Teams noch erweitern muss, die konnte man machen.

2. Chancenverwertung

„Wir können uns in jeder Hinsicht verbessern. Vor allem sollte es unser Ziel sein, dass wir uns aus unserer Überlegenheit mehr Torchancen erspielen. Der eine oder andere Sieg war doch ziemlich knapp und auch etwas glücklich.“

Vero Boquete, 13.2.2016, dfb.de

Vero, da sachste was. Die Auflistung der hochkarätigen Torchancen sollte gezeigt haben, dass die Bayern das Spiel schon wesentlich früher hätten entscheiden und somit anders gestalten können. Vermutlich hätte sich auch Köln dann weiter nach vorne orientieren und hinten Räume preisgeben müssen, was dem Bayernangriff sicher entgegengekommen wäre. Zum Torabschluss gehört neben Konzentration auch etwas Glück. Doch solange sich ein Team selbst gegen Defensivbollwerke gute und zahlreiche Möglichkeiten herausspielt, ist doch alles gut, oder? Naja:

3. Bayern lässt den Zehnerraum ungenutzt und bespielt Kölns Formation nur unzureichend

Für die äußerst defensive Ausrichtung Kölns zeigte Bayern eine gute Stunde lang eine Staffelung, die nicht sonderlich gut passte. Köln hatte offenbar kaum Ambitionen, riskant nach vorne zu spielen. Somit waren drei absichernde Innenverteidigerinnen zwar gute Optionen, um festgespielte Angriffe neu aufzuziehen, allerdings hätten es auch zwei oder gar eine Spielerin getan. Die Flügelverteidigerinnen waren wiederum weit bis zur Strafraumgrenze oder sogar bis vor die Grundlinie aufgerückt. Ziel war es sicherlich, die Außenverteidigerinnen Kölns zu binden, um die Mitte zu öffnen sowie mit Dribblings, Flanken und Flachpässen in den Rückraum vors Tor zu kommen. Dies gelang zuweilen sogar recht gut, doch fehlten häufig nachstoßende Bewegungen aus dem Zehnerraum, um an den vielen Beinen abgeprallte Bälle in zweiter Welle zu verwerten.

Gerade die Kölner Innenverteidigung und die Sechser mussten so nur wenig Laufarbeit verrichten und wurden nur unzureichend müde gespielt. Auf ein automatisches Einbrechen in Halbzeit 2 konnte man so nicht wetten. Auch die Konzentrationsarbeit hätte man für diese Spielerinnen schon deutlich früher erhöhen können, in dem man mit Doppelpässen, kurzen Schnittstellenpässen und dynamischem Positionsspiel durch die Zentrale gegangen und die Formation Kölns aktiv bespielt hätte. Stattdessen wurde viel außenrum gepasst. Iwabuchi, die eigentlich für diese Taktik prädestiniert gewesen wäre, griff nur selten darauf zurück und fiel ihrerseits häufig zurück auf eine Höhe mit Leupolz oder gar Behringer. Im Zehnerraum klaffte ein Loch. Sicher ist es von Vorteil, wenn man insgesamt nicht zu flach steht und sich nicht mit dem Gegner zu einer Perlenkette reiht, dennoch ist es hilfreich kontinuierlich zu versuchen, die Verteidigung in der Gefahrenzone vor Probleme zu stellen. Dies gelang zum Ende des Spiels besser. Iwabuchi steigerte sich. Darüber hinaus brachten Beckmann und Miedema genau diese Facetten in die Partie mit ein. Gerade noch rechtzeitig für einen hochverdienten Sieg.

Am nächsten Wochenende geht es neun Spieltage vor Saisonende zum ärgsten Konkurrenten nach Wolfsburg, wobei dieser mit sagenhaften zwölf Punkten auf Distanz gehalten werden konnte. Die Chancen auf ein Herzschlagfinale stehen in dieser Spielzeit eher so mittelgut.

FC Bayern München Frauen – 1. FC Köln
Bayern Zinsberger – Schnaderbeck, Holstad, Abbé – Lewandowski, Behringer, Leupolz, Iwabuchi (82. Falknor), Maier (57. Maier) – Däbritz, Rolser (65. Beckmann)
Bank Weber, Evans, Wenninger, Manieri
Köln Giuliani – Rinast, Kirchberger, Munk, London – Gerhardt, Zielinski, Seuren, Julien – Knopf (80. Gosch) – Ehegötz
Bank Nuding, Kirschbaum, Tekkal, Hild
Tore 1:0 Miedema (77.)
Karten Gelb: – / Giuliani (64.), Julien (69.), London (90.)
Schiedsrichterin Susann Kunkel (Hamburg), Anna-Lena Heidenreich (Ruhmannsfelden), Anna-Kristin Mielke (Bremen)
Zuschauer 610