Max Eberl – Der neue Uli Hoeneß? Ein Pro & Contra

Daniel Trenner 26.02.2024

Koan Eberl wäre besser gewesen

Von Andi

Max Eberl wird höchstwahrscheinlich Sportvorstand beim FC Bayern München. Das kommt so überraschend wie Lionel Messis Wahl zum Weltfußballer und überzeugt mich genauso wenig. Die Gerüchte über ein Bayern-Interesse am erfahrenen Bundesliga-Manager gibt es bereits seit dem Abschied von Matthias Sammer im Sommer 2016. Und genauso lange hoffe ich schon, dass dieser Kelch an uns Bayern-Fans vorübergeht.

Ich hege gegen den ehemaligen Gladbacher eine Antipathie, die mir, zugegeben, selbst zuweilen etwas übertrieben scheint. Man könnte sagen, es sei nicht Aufgabe eines Sportchefs, Sympathien zu erwecken, sondern für Erfolge zu sorgen. Aber auch bezüglich seiner Rolle im Erreichen jener Erfolge, seines Führungsstils, und Umgangs mit anderen habe ich Zweifel. 

Max Eberl: Die Rückkehr der Abteilung Attacke?

Beim Namen Eberl aber ist mein erster Gedanke ein Mann mit hochrotem Kopf, der wutentbrannt auf jemanden einredet. Dieser Jemand ist wechselnd der Schiedsrichter, der gegnerische Staff, Journalist*in oder der eigene Anhang. Eberl ist das, was im Boulevard als authentisch und emotional bezeichnet wird. Anders gesagt ist er allerdings übermäßig von seiner eigenen Meinung überzeugt, reagiert allergisch auf Kritik und scheut vor keinerlei Konfrontation zurück. 

Bald wieder Abteilung Attacke?
(Foto aus dem Jahr 2004: Christian Fischer/Bongarts/Getty Images)

Bei Kritik direkt zum Gegenangriff überzugehen, das war und ist – ebenso wie der hochrote Kopf – das Markenzeichen eines sehr erfolgreichen Vorgängers von Eberl. Trotz aller Sympathien für Uli Hoeneß und den Unterhaltungswert der Abteilung Attacke, würde ich mir heutzutage für das Sprachrohr des Vereins einen professionellen Umgang mit Medien, Gegnern und den Schulterschluss mit den eigenen Fans wünschen. 

FC Bayern: Eberl als Alleinherrscher von Hoeneß‘ Gnaden?

Solche Soft Skills zählen am Tegernsee, wo Hoeneß und Eberl wohnen, wenig. Der Patron des FC Bayern wünscht sich einen fähigen Mann mit Bayern-DNA, der den Verein in seinem Sinne weiterführt und das scheint er in Eberl zu sehen. Selbst dass dieses Ansinnen zuletzt eher weniger erfolgreich lief (Nerlinger, Kovač, Salihamidžić und Kahn), bringt Hoeneß nicht von dieser Mission ab. 

Eberl ist zwar erfahrener als seine Vorgänger, es aber auch gewohnt, einen Verein – wie früher Hoeneß – im Alleingang zu führen. Als Verantwortlicher in Gladbach lehnte er einen Sportdirektor unter sich ab. In Leipzig störte er sich daran, dass er seinen Vorgesetzten Rechenschaft ablegen sollte und Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff vor der Mannschaft sprach. 

Und nun soll er sich in ein modernes System um Sportdirektor Christoph Freund, Campus-Leiter Jochen Sauer und der restlichen Führungsriege eingliedern? Für mich schwer vorstellbar.

Max Eberl: Ist er ein Topmanager?

Ich muss Eberl zugestehen, dass sich Borussia Mönchengladbach unter seiner Führung vom Abstiegskandidaten zu einem regelmäßigen Teilnehmer der europäischen Wettbewerbe entwickelt hat. Eine übergeordnete Spielidee, nach der der Verein ausgerichtet ist, war für mich dabei allerdings nicht zu erkennen. 

Man könnte so weit gehen, zu sagen, dass Eberl gar kein Thema bei Bayern wäre, hätte er sich im Februar 2011 nicht für Lucien Favre als Trainer entschieden. Der Schweizer brachte nicht nur erfolgreichen Fußball nach Gladbach, sondern auch die Philosophie auf junge, entwicklungsfähige Spieler aus kleineren Ligen wie die der Schweiz, den Niederlanden und Frankreich zu setzen. 

Zuvor hatte Eberl noch versucht, den Klassenerhalt mit Trainer Michael Frontzeck und mit Bundesliga-erfahrenen Profis zu schaffen. Danach hatten Trainer großen Einfluss auf das Transfer-Geschehen und Talente aus den genannten Ligen standen regelmäßig auf der Shopping-Liste. Die Übungsleiter selbst wurden meist aus dem üblichen Bundesliga-Trainerkarussell gewählt. 

Stellt Eberl mit diesem Profil einen Mehrwert für den FC Bayern da? Ich habe nach wie vor meine Zweifel.

Griasde, Max!

Von Daniel

Ich für meinen Teil war von Lionel Messis Wahl genauso irritiert, wie ich es von Deiner schon so frühen Opposition Mitte des letzten Jahrzehnts gegen Max Eberl bin. 

Der Gladbacher Aufschwung

Max Eberls mittlerweile nicht mehr gar so exzellenter Ruf stammt aus genau dieser Zeit. Vor Eberls Zeit bei Borussia Mönchengladbach war dieser Verein einer der schlechtesten der Bundesliga mitsamt eines Abstiegs im Jahr 2007. Eberl stieg 2008 zum Sportdirektor auf und mit ihm ist die erfolgreichste Gladbacher Phase seit den 70ern eng verknüpft. 2011 begann der Aufstieg so richtig, als Lucien Favre die bereits als abgestiegen geltenden Fohlen noch durch die Relegation rettete und sie anschließend gar nach Europa führte.

Einzig Favre dafür retrospektiv die Lorbeeren geben, halte ich jedoch nicht nur für unfair, sondern vor allem an der Realität des Fußballgeschäfts vorbeigedacht. Favre hatte doch gar nicht die Zeit dafür, Talente wie den jungen Christoph Kramers zu entdecken, zumal Säulen des Gladbacher Aufschwungs wie Arango oder der in München bekannte Dante noch vor ihm kamen.

Max Eberls Markenzeichen: Vorausschauende Transferpolitik

Apropos Dante, sein Wechsel zum FC Bayern zeigt, wieso Mönchengladbach als einer der bestgeführtesten Vereine unter Eberl galt. Kaum war Dante sich mit dem FC Bayern einig, hatte Eberl perspektivisch die Lösung mit Álvaro Domínguez bereits in der Hand. Ehe man nach dem Abgang Marc-André ter Stegens wochenlang Europa bei der Suche eines Torwarts abgraste, hatte Yann Sommer bereits unterschrieben.

Garanten des Erfolgs: Lucien Favre mit dem Dante-Nachfolger Domínguez 2012.
(Foto: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images)

Vorausschauende Transferpolitik. Wie oft man das Fehlen ebendieser beim FC Bayern kritisiert? Einen Josip Stanišić hätte Max Eberl jedenfalls ganz sicher nicht abgegeben, ehe Ersatz zugesagt hätte. Auf die bald sich anbahnenden Entscheidungen gemünzt, wird man erwarten dürfen, dass ein Max Eberl keine Vertragsgespräche mit Alphonso Davies beendet, ohne ganz klar vor Augen zu haben, wer im darauffolgenden Jahr links hinten beim FC Bayern verteidigt.

Ohne ihn sackte Gladbach ab

Sicher wurde es in der zweiten Hälfte der 2010er-Jahre turbulenter rund um Max Eberl. War seine Trefferquote zuvor gefühlt noch immer bei 100 Prozent, kamen immer mehr Flops dazu und als Eberl aus dem Verein schied, zeigte der Richtungspfeil für den ganzen Clubs gen unten. Das ist zu kritisieren und zu hinterfragen. Möglicherweise ist Eberl ein “Has Been”, jemand, dessen beste Jahre schon passé sind. Bedenklicher sind jedoch die aufgekommenen Charakterfragen rund um seinen Abschied aus Mönchengladbach. Berichte, dass Eberls Wechselwunsch nach Leipzig ein offenes Geheimnis war und dieser nur händeringend einen Grund suchte, wiegen schwer und schaden ihm immens. Der FC Bayern sollte jedoch hierüber hinwegsehen, denn die potentiellen Vorzüge überwiegen.

Freund und Dreesen können es nicht (alleine)

Denn das vielleicht wichtigste Argument pro Eberl ist die Notwendigkeit an sich. Andi graut es vor der Rückkehr der Abteilung Attacke und während es mich nicht gerade nach dieser dürstet, wäre diese ja wenigstens eine bewusste Kommunikationsstrategie des Vereins und dies wiederum an sich schon mal mehr, als es jetzt gibt.

Kleine Rückblende: Julian Nagelsmann rieb sich damit auf, in kritischen Momenten der einzige Repräsentant des Vereins gewesen zu sein. Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić kommunizierten zu oft bloß durch die Pressemitteilungen des Vereins, statt offensiv mit Reportern das Gespräch zu suchen. Die Entlassung der beiden wurde auch mit der Kommunikation und dem Alleinlassen des Trainers begründet.

Und was hat sich mit Dreesen und Freund geändert? Als man die Rückkehr Jérôme Boatengs ins Auge fasste und von Kritik erschlagen wurde, war wer der einzige Kommunikator nach außen? Thomas Tuchel.

Und als man in der Affäre Mazraoui in ungeahnte politische Gefilde geworfen wurde, war wer der einzig öffentlich präsente Akteur und Bild und Ton? Thomas Tuchel.

Jan-Christian Dreesen, Christoph Freund und Herbert Hainer versteckten sich in schriftlicher Form hinter Tweets und Homepage-Stellungnahmen. Erst Tage später tauchten sie vor der Fernsehkamera auf. Dabei braucht ein Verein unbedingt jemanden, der sich in solchen Situationen einfach neben den Trainer in die Pressekonferenz setzt und mindestens einmal als Blitzableiter agiert, damit der Trainer sich weiter auf seine Kernaufgabe fokussieren kann. 

Sportkompetenz gesucht

Doch nicht nur in “außenpolitischer” Sicht bettelt Freund nach Unterstützung, auch im sportlichen enttäuscht er. Mit dem Chaos des Sommertransferfensters mag er wenig zu tun haben, das Hin und Her im Winter allerdings geht auf seine Kappe. Schon zum Jahresauftakt gegen Hoffenheim brauchte es händeringend Verstärkungen im Kader. Am Ende war dieser erst am Deadline-Day beisammen, nachdem man sich wochenlang an Araújo, Mukiele und Trippier die Zähne ausbiss. Zudem erscheint fraglich, ob Eric Dier nicht doch eher Not- als Lösung ist, obgleich seine ersten Leistungen vielversprechend waren.

War nach Eberls Rauswurf bei Leipzig noch die Frage, ob Freund und Eberl nicht einer zu viel sind, ist längst klar, dass dem Verein weiterhin sportkompetente Führung fehlt. Ob Max Eberl die Lücke schließen kann, steht in den Sternen. Die Chance, sie erst einmal auszufüllen, sollte er jedoch bekommen.

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