Simone Laudehr, FC Bayern München Frauen - MSV Duisburg, 29.10.16, Grünwalder Stadion, 3:1 (1:0)

Bayern-Frauen: Drei Tore täuschen über schwache Partie gegen den MSV Duisburg hinweg

Jolle Trenner 30.10.2016

Nach der für die Bayern-Frauen zehrenden Länderspielpause stand der 6. Spieltag der Frauenfußball-Bundesliga ins Haus. Während es in Pokal und Champions League wie am Schnürchen läuft, konnten die Bayern in der Liga bislang noch nicht so recht Rhythmus aufnehmen. Fünf Tore erzielten sie in den fünf ersten Ligaduellen. In jedem Spiel eines.

Gäste-Trainerin Inka Grings gab die Marschroute für ihr Team vor. Qualitativ sei der MSV den Bayern klar unterlegen. Nur eine bissige Kollektivleistung würden man dagegen aufbieten können. Für die Roten stellte sich die Frage, ob sie trotz spärlicher gemeinsamer Vorbereitung den Schwung aus Pokal- und CL-Kantersiegen würden mitnehmen können.

Falls Ihr es verpasst habt:

Beide Mannschaften hatten einige Verletzte zu beklagen, darunter zahlreiche Stammkräfte.

FC Bayern München Frauen - MSV Duisburg, GrundformationenFC Bayern – MSV Duisburg, Grundformationen

Bei Duisburg fehlte unter anderem Führungsspielerin Linda Bresonik, Stammtorhüterin Meike Kämper genauso wie die Torgarantin Stefanie Weichelt. Schon nach 25 Minuten musste zudem die beste Torschützin der Aufstiegssaison, Sofia Nati, den Platz angeschlagen verlassen. Viktoria Schnaderbeck und Stefanie van der Gragt gesellten sich bei den Bayern auf die ohnehin umfangreiche Verletztenliste.

Der Underdog kam mit den gegebenen Bedingungen offenbar besser zurecht als der Gastgeber. Der MSV hatte über weiter Strecken der ersten Halbzeit den größeren Zugriff auf die Partie, die besseren Torchancen, gewann wichtige Zweikämpfe und dominierte auch ohne längere Ballbesitzphasen das Spiel. Die Bayern standen sich dagegen selbst im Weg und konnten ihr Können nicht abrufen. Dennoch stellten sie die Verhältnisse mit einer gelungenen Kombination über Simone Laudehr, Verena Faißt und der Vollstreckerin Vivianne Miedema kurz vor der Pause auf den Kopf. Die Halbzeitführung schenkten die Bayern dann fairerweise durch einen zu kurz geratenen Rückpass Wenningers wieder her. Lara Hess konnte dazwischen spritzen und Korpela im Eins-gegen-Eins schlagen (51.).

Spätestens jetzt begriffen die Bayern, dass es auf diesem Niveau nicht für drei Punkte reichen würde und packten eine Schippe nach der anderen drauf. Lewandowski schaltete in der 69. Minute bei einem unglücklichen Klärungsversuch des MSV am schnellsten und stellte die erneute Führung wieder her. Die Partie blieb weiterhin spannend und eng, doch Duisburg fehlten die Mittel, sich erneut gegen den Rückstand aufzubäumen. Am Ende schraubten die Bayern das Ergebnis in nicht repräsentative Höhen, als es hieß: „You’ve been behringered!“ Die Bayern-Kapitänin zimmerte seit längerer Zeit mal wieder einen ihrer tödlichen Freistöße unhaltbar präzise über die Mauer an den Innenpfosten und ins Netz.

3 Dinge, die auffielen

1. Wörle setzt auf die Viererkette im 4-1-4-1

Die Verletzten Schnaderbeck und van der Gragt füllen für gewöhnlich ihre Rollen als Halbverteidigerinnen der Dreierkette im Stammsystem der Bayern erstklassig aus. Thomas Wörle konterte die Ausfälle mit einer Umstellung auf eine 4-1-4-1-Grundordnung samt Viererabwehr aus Verena Faißt, Nora Holstad, Carina Wenninger und Gina Lewandowski. Dies tat er, obwohl mit Caroline Abbé eine rechte Halbverteidigerin zur Verfügung gestanden hätte, die in den zwei Meisterschaftsjahren zum absoluten Stammpersonal zählte und fast keine Minute verpasst hatte.

Vor der Viererkette gab Melanie Behringer die alleinige Sechs. Auf den Achterpositionen kamen Sara Däbritz und die mit Mandelentzündung angeschlagene Melanie Leupolz zum Einsatz. Simone Laudehr, die Ex-Duisburgerin, stürmte bei ihrem Ligaheimdebüt nach ihrer München-Rückkehr auf dem linken, Lisa Evans auf dem rechten Flügel und im Mittelsturm lief Vivianne Miedema auf. Offenbar vertraute Wörle dem ungewohnten System mit diesem Personal mehr als dem Stammsystem mit Rotationsspielerinnen.

Lewandowski machte auf der ungewohnten rechten Seite erneut eine starke Partie. Seit den Bayern für den linken Flügel Simone Laudehr zur Verfügung steht, die als Führungsspielerin voranging, büßt Verena Faißt etwas an Präsenz ein, da sie von dieser Position eins zurück in die Abwehr gezogen wurde.

2. MSV forciert Bayerns Rhythmus- und Konzentrationsschwächen

Der MSV Duisburg trat offensiv in einem klassischen 4-2-3-1 an. Defensiv hatten sie sich über den Rückzug in zwei Viererketten plus zwei Störenfrieden in der Spitze hinaus einige Mechanismen in den Werkzeugkasten gepackt, mit denen sie die Bayern ganz ausgezeichnet in Schach hielten. Dazu zählten neben aufopferungsvollem kollektiven Verschieben hin zur Ballseite auch die disziplinierte Zuordnung und Übergabe direkter Gegenspielerinnen. Vor allem bei Freistößen des FCB fand sich jede Bayernspielerin im Schatten einer Duisburgerin wieder. Während der MSV außen etwas mehr Raum ließ, wurden die Spielerinnen der Bayerischen Schaltzentrale sofort gestellt. Däbritz, Behringer und Leupolz hatten kaum Zeit am Ball und konnten sich nur mühselig entfalten.

Darüber hinaus streuten die Duisburgerinnen immer wieder Phasen eines giftigen Mittelfeldpressings ein, um die Bayern schon in deren Hälfte zu stellen. Dabei überzeugte der MSV durch automatisierte Abläufe. Wenn auch nur eine Spielerin weniger Mut im Nachvornegehen gehabt oder das Kommando verträumt hätte, wäre all die Laufarbeit der anderen für die Katz gewesen, aber Grings hatte ihr Team hervorragend eingestellt und erwischte den Gastgeber immer wieder auf dem falschen Fuß.

Zwar gab es zahlreiche plausible Gründe für die mangelnde Frische des FCB an diesem Tag, doch ist es eben die Qualität einer Spitzenmannschaft, auch an schlechten Tagen, an denen es so überhaupt nicht von alleine laufen will, eine gute Leistung abzurufen. Der MSV sorgte dafür, dass den Bayern dies 75 Minuten lang nicht gelang. Statt die Gegnerinnen mit schnellen, präzisen Pässen laufen zu lassen und an den Rand der konditionellen Grenzen zu zwingen, fielen die Bayern durch Fehlpässe, Standfußball und mangelnde Reaktionsschnelligkeit auf.

3. Bayerns Achter verhindern notwendige Tiefenstaffelung

4-3-3
Das 4-1-4-1 wird häufig auch als 4-3-3 beschrieben. Vor der Viererkette befindet sich bei diesem aus den Niederlanden stammenden System im Spielfeldzentrum ein Dreieck aus passstarken Mittelfeldspielern, bogenförmig davor greift der Dreiersturm an. Die Flügelstürmer geben dem Angriff an der Außenlinie Breite, nutzen aber vor allem die Optionen, die Verteidigung zentral durch diagonale Läufe und Dribblings zu bespielen (denke: Arjen Robben).

Diese Läufe müssen durch entsprechende Bewegungen der Mitspieler balanciert werden. Zieht der Flügel nach innen, stellen beispielsweise der Außenverteidiger und der Achter der Seite durch aufrückende Bewegungen ein Passdreieck her. Der Stürmer kann in die Tiefe starten oder zwischen der gegnerischen Formation den Flügelspieler per Doppelpass in Szene setzen. Neben Tempo und Passsicherheit ist das Stellungsspiel sowie das Timing absolut entscheidend, damit man sich nicht in tief stehenden Abwehrketten verheddert.

Fehlende Tiefenstaffelung

Genau daran haperte es bei den Bayern gegen den MSV Duisburg. Nicht selten gesellten sich die Achter in die letzte Linie, so dass sich entlang der gegnerischen Abwehrreihe eine Perlenkette aus fünf Bayern-Offensiven bildete. Ein Querpass beispielsweise von Laudehr ins Zentrum entlang dieser Linie konnte leicht durch eines der vielen MSV-Beine abgefangen und in einen Konter gedreht werden. Durch das ungeduldige Aufrücken der Achter gab es also keine brauchbaren Passwinkel mehr, zwischen Behringer und der Angriffsreihe klaffte eine große Lücke. Pässe in die Tiefe entlang der Abseitslinie wurden zu selten versucht und es gab zu wenig Bewegung, um die Perlenkette wieder in eine passable Tiefenstafflung aufzulösen.

Das 1:0 stellte eine willkommene Ausnahme dar. Schon in der ersten Hälfte hatten vor allem Laudehr und Evans auf den Flügeln ihre Räume am besten genutzt und einige gute Szenen. In der Schlussviertelstunde verbesserten die Bayern ihr Positionsspiel merklich. Die Außenverteidigerinnen unterstützten das Mittelfeld in den Achterräumen, Behringer ließ sich zwischen die Innenverteidigerinnen fallen, um das Spiel aufzubauen. Evans kippte vermehrt in den rechten Halbraum ein, wo sie mit der aufrückenden Lewandowski und der zurückfallenden Miedema rochierte.

So bekamen die Bayern mehr Bewegung und Passoptionen ins Spiel und ließen ihr Können gerade noch rechtzeitig aufblitzen. Aufgrund der Voraussetzungen geht das Ergebnis gerade mit Blick auf die Leistungssteigerung in Ordnung. Es besteht allerdings die Gefahr, dass der klare Endstand allzu besänftigend wirkt und man aus der schwachen Phase nicht lernt. Jetzt sind vor allem die psychologischen Fähigkeiten von Coach Wörle und die gemeinsame Arbeit in den Trainingseinheiten gefragt.

FC Bayern München Frauen – MSV Duisburg Frauen
Bayern Korpela – Faißt, Holstad, Wenninger, Lewandowski – Behringer – Laudehr, Däbritz (72. Gerhardt), Leupolz, Evans (86. Baunach) – Miedema
Bank Weimar, Abbé, Baunach, Rolser, Falknor, Maier, Gerhardt
Duisburg Nuding – Radtke, Kirchberger, Kiwic, Betschat (55. Hellfeier) – Debitzki, Wu – Falkon, Zielinski, Rácz – Nati (26. Hess, 79. Fliege)
Tore 1:0 Miedema (43.), 1:1 Hess (51.), 2:1 Lewandowski (69.), 3:1 Behringer (86.)
Karten -/Hess (51.)
Schiedsrichterinnen Imke Lohmeyer (Holtland), Anja Klimm (Ditzum), Jana Poppen (Leer), Anne-Kathrin Schinkel (Gera)
Zuschauer 472