Der mit dem Wolf tanzt: Lewandowski zum Sieg
Die Wölfe sieht man in München gerne als Gast. Noch kein einziges Ligaspiel konnte der VfL bisher in der bayerischen Landeshauptstadt gewinnen. Zwei Unentschieden waren bisher das höchste der Gefühle.
Falls ihr es verpasst habt
Die Aufstellungen
Ein Hauch von Pep wehte durch Fröttmaning an diesem Mittwochabend, als gegen 19:30 Uhr die Aufstellung des Rekordmeisters verkündet wurde. Zwar standen elf Namen auf dem Blatt Papier, doch die Formation, in der sich diese Spieler auf dem Rasen einfinden würden, konnte man nur erraten. Sogar über eine sagenumwobene Dreierkette wurde spekuliert.
Mit Hernández, Alaba, Süle und Boateng standen vier gelernte Innenverteidiger auf dem Platz, während offensiv mit Müller, Sané, Coman und Gnabry die volle Kapelle geboten war. Den schwierigen Job, diese beiden Mannschaftsteile zu verbinden, hatte Corentin Tolisso, der quasi als alleiniger traditioneller Mittelfeldspieler aufgestellt war. Im Sturm durfte Lewandowski gegen seinen Lieblingsgegner auflaufen, den er bereits 17-mal bezwingen konnte.
Die Gäste, die mit einer Serie von elf ungeschlagenen Spielen in Folge in die Partie gingen, mussten auf Abwehrchef Brooks verzichten. Besonders die Flügelzange Brekalo und Baku spielte zuletzt groß auf. Zudem ist Stürmer und bekennender Aluhut-Träger Weghorst in großartiger Form und schoss fünf Tore in den letzten drei Spielen.
Die erste Halbzeit
Auf dem Platz sortierte sich die Mannschaft defensiv in einer Viererkette mit Süle als Rechtsverteidiger. Lucas durfte die linke Außenbahn verteidigen. Vorne wollte man mit Coman, Gnabry und Sané sehr variabel agieren. Ein Plan, der beinahe früh aufging, doch Sané konnte einen Konter nicht verwerten (4.).
Doch das Tor fiel früh auf der anderen Seite. Sané konnte eine Flanke nicht klären. Bakus Hereingabe konnte Philipp, der am Elfmeterpunkt sträflich allein gelassen wurde, sehenswert verwandeln (6.). Der sechste Rückstand in der Liga in Folge.
Die Münchner versuchten in der Folge konzentriert nach vorne zu spielen, doch im Konter waren die Gäste weiterhin gefährlich. Weghorst traf aus solch einer Situation (17.), doch der Treffer wurde zurecht nicht anerkannt. Seine Abseitsposition konnte der Holländer jedoch noch schlechter leugnen als die Corona-Pandemie. Kurz darauf vergaben Lewandowski und Gnabry innerhalb von kürzester Zeit (18.).
In den nächsten Minuten verflachte die Partie zusehends. Wolfsburg gefiel der knappe Vorsprung zu gut, um unnötig ins Risiko zu gehen. Und die Hausherren konnten sich gegen kompaktere Gäste kaum Chancen erspielen. Ein Abschluss von Sané war die einzige nennenswerte Aktion bis kurz vor der Pause (44.).
Doch einen hatten die Münchner noch im Köcher. Erneut war es die Kombination aus Assist-King(sley) Coman und VfL-Schreck Lewandowski. Die Flanke des Franzosen köpfte der frisch gekürte Golden Player zum Ausgleich (45.+1). Es war das 250. Bundesliga-Tor von Lewandowski.
Die zweite Halbzeit
Und weil es so gut funktionierte, traf der Pole einfach direkt zu Beginn des zweiten Durchgangs erneut. Einen Konter über Müller konnte Schlager abfangen, doch seinen Pass eroberte Boateng. Der Innenverteidiger setzte direkt Lewandowski in Szene, der Casteels keine Chance ließ (50.).
Im Anschluss an den Führungstreffern überließen die Bayern den Gästen wieder mehr vom Spiel. Doch bis zur Stundenmarke konnten die grün-weißen Wölfe keine weitere Torchance verbuchen. Weitere zehn weitestgehend ereignislose Minuten später wechselte Flick doppelt und brachte Musiala sowie Roca.
Während die junge Doppelsechs aus Musiala und Roca ihre Sache sehr gut machte, waren es dennoch die Wölfe, die nun die gefährlicheren Aktionen hatten. Die Riesenchance zum Sieg von Bialek konnte Neuer überragend parieren. Bei der anschließenden Ecke musste Neuer direkt nochmals retten. Einmal mehr rettete der Nationalkeeper die Münchner vor Schlimmerem.
Mit einem Sieg behalten die Münchner die Tuchfühlung zur Tabellenspitze, bevor es am Samstag zum wahren Spitzenspiel beim Tabellenführer Bayer 04 Leverkusen kommt. Danach steht dann die lang ersehnte und doch viel zu kurze Winterpause an.
Dinge, die auffielen
1. Hase Bayern gegen Igel Bundesliga
Das 0:1 durch Philipp war der sechste Rückstand in Folge in der Bundesliga für den Rekordmeister. Die Münchner graben sich damit selbst eine Grube, aus der sie Spiel für Spiel wieder mühsam hochsteigen müssen. Nicht nur, dass sie bereits physisch und psychisch erschöpft in die Partie gehen, die Aufholjagd kostet weitere wertvolle Körner. Ein wahrer Teufelskreis.
Die souveränen Siege früherer Tage sind aktuell schlicht unvorstellbar. Besonders gegen einen Gegner mit starkem, physischen Mittelfeld. Der einzige Ausweg scheint ein eigenes frühes Führungstor. Gegen Wolfsburg vergab Sané die Chance zum Durchbruch.
2. There is no Plan(et) B
Es ist die ewig gleiche Leier: No Kimmich, no party. Ohne den zentralen Mittelfeldspieler versuchen die Münchner fast gar nicht ihr sonst gefürchtetes Ballbesitzspiel aufzuziehen und durch ihre Dominanz den Gegner zu erdrücken. Erneut verwaiste das Mittelfeld über weite Strecken. Tolisso war, wie in den Spielen zuvor Goretzka, immer öfter auf verlorenem Posten. In der ersten halben Stunde ermöglichten Läufe von Gnabry und Sané Anspielstationen im Halbraum. Doch diesen laufintensiven Spielstil konnten die beiden Offensivkräfte nicht über 90 Minuten aufrechterhalten.
Warum Flick dem jungen Neuzugang Roca nach dessen vielversprechenden Auftritten keine Chance von Beginn an gibt, wird für immer ein Rätsel bleiben. Es wird auch spannend zu sehen sein, ob Flick am Wochenende dem langsam wieder genesenden Kimmich vertraut oder ihm seine wohlverdiente Regeneration zusteht.
3. Sané und Gnabry entdecken die Defensive
Gerade in den letzten Wochen war auffällig, dass Sané und Gnabry defensiv nur selten aushelfen. Während Coman oft engagiert mit nach hinten lief und Zweikämpfe annahm, waren die defensiven Lücken in Münchens Abwehr auch auf fehlende Abwehrarbeit der beiden deutschen Nationalspieler zurückzuführen.
Im Spiel gegen Wolfsburg war dies merklich anders. Neben den Läufen als Anspielstation im Halbraum waren beide auch immer wieder in der Defensive gebunden. Dies könnte gegen die starken Flügel der Werkself eine spezielle Ansage von Flick gewesen sein. Dass gerade Sané diese Aufgabe annahm spricht für ihn. Leider war Beiden anzumerken, dass sie ihre Qualitäten eindeutig in der Offensive haben. Doch alleine der Einsatz ist bereits viel wert und wenn es nur den gegnerischen Stürmer bei Ballannahme oder Abschluss stört.
4. Dreifache Lebensversicherung
Trotz aller systematischen Schwächen kann sich der FC Bayern auf seine individuellen Lebensversicherungen verlassen. Diese sind aktuell ein überragender Manuel Neuer. Der Welttorhüter hält auch die berühmten “Unhaltbaren” und somit die Münchner in vielen Partien. Eine überraschende Bilanz, musste Neuer doch in den letzten sieben Ligaspielen ein Gegentor hinnehmen.
So wie Neuer die Defensive absichert, sind Coman und Lewandowski in der Offensive die Erfolgsgaranten. Der Franzose bringt Tempowechsel und Kreativität in den Angriff. Zudem zeigt er sich deutlich robuster und besser in seinen Entscheidungen. Damit ist er zur unangefochtenen Nr. 1 unter den Flügelspielern aufgestiegen. In vorderster Spitze ist dann immer noch Lewandowski, der einfach trifft: vierfach in den letzten vier Partien. Mit fünfzehn Toren zieht er auch in der Torjägerliste einsame Kreise.