Pokalfinale 2018: FC Bayern – Eintracht Frankfurt 1:3 (0:1)
Für Jupp Heynckes war es sein (vorerst) letztes Spiel als Trainer des FC Bayern – sein 77. an der Seitenlinie im DFB-Pokal.
Falls ihr es verpasst habt:
Vor dem Spiel gab es nur eine wirklich offene Frage: spielt Tolisso oder Martínez im Mittelfeld der Bayern? Tolisso wäre die offensivere Variante gewesen, auf die Heynckes zuletzt öfters gesetzt hat. Für dieses Endspiel vertraute aber der Bayern-Trainer auf den Spanier. Ulreich stand wie erwartet im Tor, davor Alaba, Süle, Hummels und Kimmich.
Im Mittelfeld der bereits erwähnte Martínez, auf den beiden Achter-Positionen Thiago und James. Müller, Ribery und Lewandowski bildeten die offensive Dreierreihe. Manuel Neuer und Kingsley Coman kehrten nach langen Verletzungen immerhin zurück auf die Bank.
Auf der Gegenseite hatte Niko Kovac ebenfalls sein letztes Spiel für die Eintracht. Er übernimmt in der kommenden Saison beim FC Bayern. Für seine Frankfurter wählte er zunächst ein äußerst konservatives 3-4-2-1/5-4-1 System. Im Vergleich zum Duell vor drei Wochen in der Bundesliga brachte Kovac fünf neue Akteure: Hasebe, Salcedo, de Guzman, Boateng und Rebic rückten in die Startelf. Die Fünferkette vor Hradecky wurde gebildet von Willems, Abraham, Hasebe, Salcedo und da Costa. Davor Willems, Mascarell, de Guzman, wobei Boateng und Wolf offensiver spielten. Rebic lief als einzige Sturmspitze auf.
Die Münchner brauchten einige Minuten, um sich zu finden, erst nach fünf Minuten wurden die Kombinationen sicherer. Die Folge war ein Freistoß aus guter Position am Strafraumeck. Lewandowski, der vorher gefoult wurde, trat selber an und zirkelte den Ball an die Unterkante der Latte (8.).
Auf der Gegenseite presste Frankfurt weiter und wird belohnt. Der bedrängte Süle spielt auf James, der nicht genügend Zeit hat bzw. dessen Bewegung gut antizipiert wird von Rebic. Der Ball springt zu Boateng, der direkt zu Rebic durchstecken kann. Rebic bleibt aus 16 Meter cool und verwandelt ins rechte untere Torwarteck (10.). Den Fehler auf Bayernseite teilen sich Süle, der hätte erkennen können, dass James nicht die beste Option ist und auf der anderen Seite der Kolumbianer, der durch seine nicht perfekte Ballnahme den Ballverlust einleitet, zu gleichen Teilen.
Nach einer Frankfurter Ecke kamen die Münchner zu einem Konter. Über James, Ribery und Müller gelangte der Ball zu Lewandowski, der aus spitzem Winkel mit einem halben Lupfer scheiterte (25.).
In der 34. Minute gab es abermals Freistoß für die Münchner. Die Position war gut fünf bis acht Meter weiter weg vor dem Tor als in der Anfangsphase. Abermals versuchte es Lewandowski, doch sein Ball ging gute zwei Meter am Tor vorbei (34.). Das war die letzte gute Chance vor der Pause. Auf der Gegenseite kam die Eintracht mit Rebic bzw. de Guzman nochmal gefährlich vor das Tor der Bayern, doch ein Missverständnis zwischen beiden verhinderte den Abschluss (37.).
So ging es mit einer nicht unverdienten Führung für Frankfurt in die Kabine, die ihre Möglichkeit eiskalt ausnutzte und defensiv keinen Fehler begangen hat. Auf der Gegenseite gelang es den Münchnern zu selten Kombinationen zu initiieren. Zudem blieben einige gute Abschlusschancen ungenutzt.
Mit der ersten Chance der zweiten Halbzeit kamen die Bayern zum Ausgleich. Süle wurde im Mittelfeld nicht gestört und konnte Kimmich steil schicken. Zum ersten Mal kamen die Münchner hinter die Frankfurter Abwehrreihe. Kimmich legte den Ball zurück ins Zentrum auf Lewandowski, der von Mascarell nicht mehr entscheidend gestört werden kann. Der Ausgleich für die Bayern (52.).
Frankfurt brachte Gacinovic für Wolf. Dadurch erhoffte sich Kovac eine Stärkung des Mittelfelds. Heynckes reagierte und wechselte Tolisso für Thiago ein. Wenig später brachte er noch Coman für Müller. Müller hatte unter der Woche eine Magen-Darm-Erkrankung, war daher vermutlich auch nicht komplett fit.
In der 72. Minute scheiterte Lewandowski auch bei seinem dritten Freistoßversuch. Es war der schlechteste aller drei Versuche. Der Ball verfehlte das Tor deutlich.
Nach einem Eckball von Kimmich scheiterte Hummels mit einem Kopfball an der Latte. Der zweite Aluminium-Treffer in dieser Partie für die Bayern (78.).
Wie in der ersten Halbzeit erzielten auf der Gegenseite die Frankfurter das Tor. Aus einem Zweikampf im Mittelfeld mit mehreren Beteiligten behalten die Frankfurter die Oberhand und bringen einen langen Ball auf Rebic. Süle und Hummels kommen abermals nicht in den Zweikampf und Rebic erzielt den zweiten Treffer an diesem Abend (82.).
Die Münchner versuchten nochmal die Kräfte zu mobilisieren. In der 92. Minute bekamen die Münchner noch einen Eckball zugesprochen. Daraus resultierte ein Distanzschuss in dessen Folge Martínez im Strafraum gefoult wurde. Zu wenig für Schiedsrichter Zwayer der nach Selbststudium auf kein Foulspiel entschied. Die anschließende Ecke gerät zu kurz. Gacinovic konnte alleine auf das verwaiste Tor zu laufen und verwandelte zum 3:1.
Somit ist Eintracht Frankfurt DFB-Pokalsieger 2018. Niko Kovac verabschiedet sich mit einem Titel aus Frankfurt. Die Münchner verpassten es nach einer anfänglich guten zweiten Halbzeit konsequent auf das zweite Tor zu spielen.
Drei Dinge, die auffielen:
1. Frankfurter Defensive
Das Frankfurter Defensivkonzept ging auf. Aus einem kompakten 5-4-1 setzte die Elf von Niko Kovac auf situatives Angriffspressing. Wenn sich die Gelegenheit ergab liefen Rebic, Boateng und Wolf das bayerische Aufbauspiel an. Ergab sich keine Chance auf eine Balleroberung, zogen sich die Frankfurter zurück und vertrauten auf ein Mittelfeldpressing. Dabei stand die letzte Kette gute 25 – 30 Meter vor dem eigenen Tor, wodurch die Münchner nur wenig Raum für ihr gefürchtetes Kombinationsspiel bekamen. Dadurch bekamen die Bayern nur selten die Außenverteidiger in den Aufbau integriert, weil zumeist der Ball ins Zentrum schon unterbunden werden konnte. James und Thiago wurden geschickt im falschen Halbraum gefangen gehalten durch die Positionierung der Eintrachtspieler.
Kamen die Münchner doch mal ins Laufen, behalfen sich die Eintracht-Spieler mit einem Foul. 14 Fouls verzeichnete die Mannschaft von Niko Kovac am Ende der ersten Hälfte. Ein hoher Wert, wenn man bedenkt, dass eine durchschnittliche Bundesligamannschaft keine 20 Fouls in einer gesamten Partie begeht.
Im Gesamtkonzept gab es so wenige Kombinationen auf Seiten der Bayern. Gefährlich wurde es nur nach Standardsituationen. Die Münchner gewannen an diesem Abend lediglich drei Dribblings, weil sie gar nicht in die Situation eines Eins-gegen-Eins kamen. Je ein Dribbling wurde durch Ribery, Hummels und den später eingewechselten Coman gewonnen. Das zeigt wie sehr der Plan von Kovac aufging.
2. Viele Unkonzentriertheiten
So gut es auch Frankfurt stellenweise machte (siehe Punkt 1). So sehr halfen die Bayern auch durch einfache Fehler mit. Das 1:0 war bedingt durch einen individuellen Fehler von Süle und James. Hinzu kamen einfache Ballverluste bedingt durch schlechte Ballannahmen und Verarbeitungen. Alleine Kimmich hatte hier mehrfache ungeahnte Fehler, aber er war nicht der einzige Bayern-Akteur mit Problemen. Kein Bayern-Spieler erreichte an diesem Abend seine Leistungsgrenze. Die Ursachen hierfür sind vielschichtig, womöglich war die Saison für den ein oder anderen Spieler nach dem verloren Champions-League-Halbfinale zu lang und eine gewisse mentale Erschöpfung ist eingetreten. Dies hatte bereits die 1:4 Niederlage gegen Stuttgart in der Vorwoche angedeutet.
Menschlich tut es einem besonders um Jupp Heynckes leid, der das Team nach einem schwierigen Herbst wieder in die Spur gebracht hat und sich nun mit drei bitteren Niederlagen (Champions League, Stuttgart und Frankfurt) aus München verabschiedet.
3. Hoffen auf Analyse
Die Niederlage war folgerichtig (siehe Punkt 1 und 2) und die einzige Hoffnung die sich damit verbindet, ist, dass der FC Bayern aus seinen Fehlern lernt. Es bedarf einer Analyse der letzten Wochen und Monate. Niederlagen sind hierfür immer Chancen, denn aus ihnen wird häufig mehr gelernt als aus Siegen, die vieles überdecken.
2012 wurde z.B. nach drei verlorenen Finals eine Konsequenz gezogen. Der Kader stark verbreitert. Es war der größte Impuls in den letzten Jahren neben der Verpflichtung von Pep Guardiola als Trainer.
Ja, der FC Bayern ist in einem kleinen Umbruch. Prägende Spieler wie Schweinsteiger, Lahm und Alonso haben den Verein verlassen bzw. ihre Karriere beendet. Hinzu kommen Akteure deren Leistungszenit überschritten ist, was keine Kritik an den Spielern ist, sondern der Lauf der Zeit ist. Mit Ribery, Robben und Rafinha wurde bereits vor dem Saisonende verlängert und Konsequenzen geschaffen. Hier wurde ein weiterer Umbruch verschoben.
Hasan Salihamidžić gab am Spieltag der Süddeutschen Zeitung ein bemerkenswertes Interview, in dem er betont, dass Trainer-Teams künftig kleiner ausfallen sollen und man für Analyse, Scouting und im medizinischen Bereich Strukturen schaffen will, die vom FC Bayern gestellt werden. Negativ gelesen bedeutet dies, man verzichtet weiter auf Impulse von Außen und kapselt sich noch weiter ab. Man schwimmt weiter im eigenen Saft. Das mag nichts Gutes bedeuten, wenn man dem scheidenden Amateurtrainer Tim Walter glauben schenken darf, der ebenfalls in der Süddeutschen Zeitung zu Protokoll gegeben hat, dass es ein Konzept für die Jugend schlichtweg nicht gibt. Nachwuchsleistungszentrum hin oder her.
Scheinbar gibt es nicht nur auf dem Platz, sondern auch daneben genügend Baustellen, wo sich der Verein in den nächsten Wochen und Monaten hinterfragen kann. Die durch die WM etwas längere Pause könnte allen Beteiligten dabei helfen.
3.1 Tausend Dank, Jupp!
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FC Bayern – Eintracht Frankfurt 1:3 (0:1) | |
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FC Bayern | Ulreich – Kimmich, Süle, Hummels, Alaba – Javi Martinez – Thiago (64. Tolisso), James – Müller (70. Coman), Ribéry (87. Wagner)- Lewandowski |
Bank | Neuer, Rafinha, Bernat, Rudy |
Eintracht Frankfurt | Hradecky – Abraham, Hasebe, Salcedo – da Costa, Mascarell, de Guzman (74. Russ), Willems – K.-P. Boateng, M. Wolf (60. Gacinovic) – Rebic (89. Haller) |
Bank | Zimmermann, Tawatha, Fabian, Jovic |
Gelbe Karten | Lewandowski, Coman/Salcedo, Willems, Hasebe, Rebic, Gacinovic |
Schiedsrichter | Felix Zwayer |
Zuschauer | 76.322 |