FC Bayern – Miasanrot-Adventskalender, Nummer 13: Michael Ballack

Maurice Trenner 13.12.2022

Am Ende spielte Michael Ballack nur vier Jahre in München. Dennoch prägte er den Verein in dieser Zeit, die im Niemandsland zwischen nationaler Stärke und internationaler Schwäche verlief, so sehr wie kein Zweiter. Doch sein Einfluss auf den Rekordmeister begann bereits Jahre vorher.

Vor München mit Pech nur Zweiter

Im Mai 2000 brauchte Bayern ein Wunder, um noch deutscher Meister zu werden. Ein Wunder in Form von Unterstützung aus der direkten Nachbarschaft, da dort Unterhaching gegen den enteilten Tabellenführer Bayer Leverkusen spielte. Doch die Unterstützung kam vom späteren Münchner Ballack, der per Eigentor das 1:0 des Underdogs erzielte. Bayern wurde Meister und Ballack zum “unglücklichsten Mensch der Nation”.

Zwei Jahre später hatten Ballack und seine Leverkusener den FC Bayern schon aus dem Weg geräumt, doch erneut sollte alles gegen ihn laufen. In der Liga vergeigte man den Saisonendspurt und wurde Zweite. Im Pokalfinale war Schalke zu stark und in der Champions League schoss Zidané mit dem wohl schönsten Finaltor aller Zeiten Bayer ins Tal der Tränen. Drei Mal Zweiter in einer Saison – der Mythos Vizekusen wurde geboren.

Michael Ballack
(Quelle: Lukas)

Doch damit noch nicht genug, denn im gleichen Sommer sollte der gebürtige Görlitzer noch einmal Zweiter werden. Bei der Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea war Ballack der zentrale Motor der deutschen Mannschaft. Im Viertel- und Halbfinale erzielte der Mittelfeldspieler das entscheidende Tor zum 1:0-Erfolg der Deutschen. Da er im Halbfinale gegen Gastgeber Südkorea jedoch seine zweite Gelbe Karte sah, musste er im Finale von der Tribüne zusehen, wie Ronaldo Brasilien zum Weltmeister schoss.

In München mit Kopf zum Triple-Double

Nach der WM wechselte Ballack nach München zusammen mit Mannschaftskollege Zé Roberto und dem vielversprechendsten Talent der damaligen Zeit, Sebastian Deisler. Der Sommer 2002 hätte damit zur vielleicht besten Transferperiode des Vereins kommen können (Link: https://miasanrot.de/die-koenigstransfers-episode-2001-2005/#saison-2002-03-michael-ballack). Als zwei Jahre später zudem noch Lúcio an die Isar wechselte, war die Vizekusen-Achse wieder beisammen.

Direkt im ersten Jahr traf Ballack im Pokalfinale auf seinen Ex-Ex-Verein Kaiserslautern. Auf der größten nationalen Bühne tat der Neu-Münchner das, was er am besten konnte: Knipsen. Das 1:0 per Kopfball ist dabei quasi sinnbildlich für Ballack, der seine Lufthoheit oft ausnutzen konnte. In der Zeit zwischen Dieter Hoeneß und Robert Lewandowski war Ballack wohl der gefährlichste Kopfballspieler der Münchner.

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Doch seine Tore beschränkten sich nicht alleine auf Kopfbälle. Wenn es sein musste, konnte Ballack nämlich auch Technik, so wie hier bei seinem Tor des Monats im Februar 2006 gegen die alten Kollegen der Werkself.

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In vier Jahren bei München gewann Ballack drei Double und erzielte 62 Tore in 157 Spielen, wovon er 44 in der Bundesliga erzielte. Oft erzielte er dabei die wichtigen Treffer. In der Saison 2005/06 war er für den Erfolg der Münchner so entscheidend wie Lewandowski, Gomez oder Toni in ihren besten Jahren (Link: https://miasanrot.de/round-up-effifu/#ungewohnte-entscheider). 

Die Zeit von Michael Ballack endete dennoch unrühmlich. Fast von Beginn an rumorte es hinter den Szenen, da der Nationalspieler mit einem Wechsel ins Ausland liebäugelte, der auch mehrfach kurz bevorstand. Ende 2005 nahm der Vorstand dann unter Applaus der Fans ein Angebot zur Vertragsverlängerung mit “herausragenden Konditionen” publikumswirksam auf der Jahreshauptversammlung öffentlich zurück. Im Sommer 2006 schloss sich Ballack dem neureichen FC Chelsea an.

Nach München ohne Glück zum Ende

Vor Amtsantritt an der Stamford Bridge wurde jedoch noch der “Capitano” geboren. Bereits zu seinem ersten Spiel als Nationaltrainer hatte Jürgen Klinsmann Bayern-Keeper Oliver Kahn als Kapitän abgesägt und durch Bayern-Spieler Ballack ersetzt. Bei der WM im eigenen Land wurde Ballack erneut zur tragischen Figur. Zunächst bangte die Springer-Presse um die Wade der Nation, dann wurden Klinsis Jungs zum Sommermärchen, bevor Fabio Grosso jäh die Träume eines ganzen Landes beendete.

Zwei Jahre später, zur Europameisterschaft in den Nachbarländern Schweiz und Österreich, erzielte Ballack per direktem Freistoß das wichtige Siegtor zum Einzug ins Viertelfinale. Doch im Finale war eine spanische Mannschaft am Anfang ihres Peaks den Deutschen in allen Belangen überlegen. Erneut wurde Ballack nur Zweiter. 

Goalimpact Chart von Michael Ballack.
(Quelle: Goalimpact)

Auch mit Chelsea sollte der große Wurf eines internationalen Titels nicht klappen. In seiner ersten Saison erreichten die Blues zwar direkt das Champions-League-Finale und Ballack verwandelte sogar den ersten Elfmeter im Elfmeterschießen. Aber als John Terry bei seinem Elfmeter ausrutschte und somit die Niederlage Chelseas besiegelte, sackte Ballack im Mittelfeld zusammen. Als ein Jahr später Henning Övrebö in der Nachspielzeit des Halbfinalrückspiels nicht auf Elfmeter gegen Barcelona entschied, verfolgte ihn Ballack über den halben Platz. Doch auch das sollte nicht reichen.

Der Abgang von Ballack ist dann ein besonders bitterer. Vor der WM 2010 grätschte ihn Kevin-Prince Boateng um. Als kurz darauf klar ist, dass Ballack für die WM ausfallen würde, wurde Lahm zum Kapitän und eine entfesselte deutsche Mannschaft mit erfrischendem Fußball WM-Dritter. Ballack verlässt die internationale Bühne durch die Hintertür – nach 98 Länderspielen ohne Abschied.

Was bleibt also von Michael Ballack? Beim FC Bayern steht er sinnbildlich für den großen Spieler einer Zeit, in der die Münchner international keine Rolle spielten. Ballack war der Einzige im Team, der als konstanter Weltklassespieler betitelt werden konnte. Für eine Aufnahme in den Kreis der Vereinslegenden stören jedoch neben der kurzen Vereinszugehörigkeit auch die dauerhaften Querelen mit der Klubführung.

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