Supercup-Vorschau Teil 1: Borussia Dortmund – der kommende Meister?

Justin Trenner 29.07.2019

Der Deutsche Fußballmeister gegen den Deutschen Pokalsieger oder Vizemeister (wenn ein Klub das Double gewann). Seitdem der Supercup im Jahr 2010 durch die DFL wieder eingeführt wurde, hieß dieses Duell sechsmal Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München.

Nicht ein einziges Mal qualifizierte sich keine der beiden Mannschaften für den Supercup. Bayern verpasste den Supercup lediglich im Jahr 2011, Dortmund hingegen fehlte nur 2010, 2015 und 2018. Allein Schalke (2011) und Wolfsburg (2015) konnten die Siegesserie der beiden Rivalen kurz unterbrechen. Das allein zeigt schon, welches Gewicht sich der BVB und Bayern im deutschen Fußball erarbeitet haben.

Wirkliche Aussagekraft über den Saisonverlauf kann man dem Supercup aber nicht unterstellen. Dafür ist der Vorbereitungsstand der Mannschaften oft noch zu unterschiedlich. Auch in diesem Jahr werden die Augen aber wieder ganz besonders aufmerksam verfolgen, wie sich die beiden Rivalen im Kampf um den ersten Titel präsentieren werden. Denn nicht wenige erhoffen sich von der kommenden Spielzeit einen Wechsel an der Spitze der Bundesliga.

Borussia Dortmund: Mehr Ambitionen, mehr Qualität und mehr Selbstvertrauen?

Das liegt einerseits maßgeblich daran, dass der BVB im Sommer schon frühzeitig seine wichtigsten Transfers eintüten konnte. Der Kader war früh zusammen, wirklich große Abgänge gab es nicht und Fußball-Deutschland erwartet zurecht eine Mannschaft, die es den Bayern noch schwerer machen wird als im vergangenen Jahr.

Und hier kommt auch schon die andere Seite ins Spiel: Bei den Münchnern ist man sich im Moment nicht sicher, ob die Mannschaft im ersten Umbruchsjahr nun besser sein wird oder eher schlechter. Borussia Dortmund jedenfalls ist zuversichtlich, dass man den nächsten Schritt nun gehen kann.

Hans-Joachim Watzke äußerte sich beispielsweise ungewohnt offensiv über die Chancen auf die Meisterschaft. „Wir werden in die Spielzeit mit der Maßgabe gehen, dass wir ohne Wenn und Aber um die deutsche Meisterschaft spielen wollen“, sagte der BVB-Boss den Ruhr Nachrichten.

Großer Kader, große Hoffnungen, große Herausforderungen

Auch Marco Reus schwärmte zuletzt von der Fantasie, mit 500.000 verrückten Fans am Borsigplatz die Meisterschaft zu feiern. In Dortmund scheint man im vergangenen Jahr Lust auf mehr bekommen zu haben. Der tiefe Stachel, dass neun Punkte Vorsprung verspielt wurden, dürfte ebenso eine Rolle spielen wie die auf dem Papier sehr gute Transferarbeit.

Mit Julian Brandt, Nico Schulz, Thorgan Hazard und Mats Hummels kamen vier erfahrene Bundesliga-Spieler. Während Letztgenannter mit ebenjener Erfahrung dafür sorgen soll, dass in der Hierarchie der Mannschaft eine wichtige Lücke geschlossen wird, wollen die anderen Drei den nächsten Schritt in ihrer Karriere gehen.

Sie alle machen den Kader nicht nur in der Breite, sondern vor allem auch in der Spitze besser und variabler. Favre wird eine Vielzahl von schwierigen Entscheidungen treffen müssen. Genau hier liegt vielleicht auch schon eine der größten Herausforderungen. In seiner Karriere überwarf sich Favre gern mal mit dem ein oder anderen Spieler. Sollte er mit der Vielzahl an guten Spielern nicht klar kommen, hilft auch die Qualität nicht weiter.

Baustellen hinten geschlossen?

Doch natürlich ist auch der Trainer sehr erfahren. Es scheint aktuell so, als hätte der BVB genau die richtigen Maßnahmen ergriffen, um die Probleme der vergangenen Saison möglichst zu beheben. Hummels könnte nicht nur für die Hierarchie und wegen seiner Erfahrung der entscheidende Baustein sein. Er bringt darüber hinaus sportliche Fähigkeiten mit, die den Dortmundern zuletzt abgingen.

Im Aufbauspiel übernahm der ehemalige Weltmeister bereits viel Verantwortung. In der abgelaufenen Saison tat Dortmund sich vor allem beim Übergang vom ersten ins zweite Drittel sehr schwer. Hummels scheint das kreative Leck im Zentrum nun schließen zu können. Gegen den Ball hat Hummels aufgrund seiner Geschwindigkeit zwar Schwächen, doch die gilt es im Verbund aufzufangen. Als natürlicher Leader wird es seine Aufgabe sein, diesen Verbund zu organisieren.

Für die Schwachstellen auf den defensiven Außenbahnen kam neben Schulz auch der 19-jährige Mateu Morey aus der berüchtigten Barcelona-Akademie „La Masia“. Morey überzeugte in seinen ersten Auftritten, wenngleich in seinem Alter einige Fehler noch normal sind. Mit Hakimi, Schulz, Schmelzer, Piszcek und eben Morey scheinen diese beiden Positionen nun aber gut ausbalanciert zu sein – zumal Raphaël Guerreiro ebenfalls als Linksverteidiger eingesetzt werden kann.

Beste Offensive der Liga?

Während sich hinten erst noch zeigen muss, ob man mit den Neuzugängen nun stabiler wird, sind die Vorschusslorbeeren für die Offensive riesig. Brandt, Reus, Götze, Alcácer, Hazard, Sancho – allein diese sechs Namen lesen sich hervorragend. Favres Mannschaft ist noch flexibler und variabler geworden.

In der Vorbereitung setzte der Trainer größtenteils weiter auf sein 4-2-3-1, probierte aber auch ein 4-1-4-1 mit alleinigem Sechser aus. Gerade gegen tiefstehende Gegner könnte man die beide Positionen davor mit offensiv durchschlagkräftigen, aber auch technisch begabten und strategisch cleveren Spielern wie Brandt und Götze besetzen. Dortmund gewann bisher zwar alle Vorbereitungsspiele (u.a. gegen Champions-League-Sieger Liverpool), doch die Aussagekraft ist begrenzt. Gerade Hazard scheint noch etwas Zeit zu brauchen, um sich beim BVB zurechtzufinden.

Brandt wiederum wurde auf vielen Positionen getestet und hinterließ überall einen guten Eindruck. In der Bundesliga dürfte der FC Bayern der einzige Klub sein, der sich vorm Kader der Schwarz-Gelben nicht verstecken muss. Die Dortmunder müssen aber auch erstmal das umsetzen, was dieser Kader verspricht. Ob sie die beste Offensive oder gar die beste Mannschaft der Liga stellen, wird sich dementsprechend erst noch zeigen.

Angriff auf den FC Bayern

Fakt ist aber, dass Dortmund sich erstmals seit langer Zeit wieder etwas zutraut. Waren die Aussagen in den vergangenen Jahren doch immer etwas zurückhaltend, wittert man beim BVB nun die Chance, den FC Bayern in seinem ersten Umbruchsjahr kalt zu erwischen.

Damit einher geht auch ein ganz anderer Druck. In der abgelaufenen Saison schien neben Verletzungspech und fehlendem Spielglück auch die wachsende Hoffnung der Öffentlichkeit auf einen schwarz-gelben Titelgewinn lähmende Wirkung auf die vielen jungen Spieler zu haben. Die Neuzugänge sollen und müssen genau das auffangen.

Die hohe Zielsetzung ist trotzdem der richtige Schritt, um sich selbst zu verbessern. Mit Zufriedenheit über die Vize-Meisterschaft wird man den FC Bayern nicht stürzen können. Dortmund hat nun Mannschaft, Trainer und Selbstvertrauen, um dieses Kunstwerk zu schaffen. Zwei Faktoren werden darüber entscheiden, ob der Traum von der Meisterschaft Realität wird: Wie viel von der Theorie auf dem Papier kann der BVB auf den Platz übertragen? Und: Wie viel kann der FC Bayern entgegensetzen?

Der Supercup wird dahingehend vielleicht erste Schlüsse zulassen. Denn wenn die beiden Schwergewichte des deutschen Fußballs am Samstag aufeinandertreffen, wird es mindestens erste Ansätze zu bestaunen geben. Ansätze, die eine Saisonprognose nicht einfacher machen werden, aber den Klubs zumindest zeigen, wo sie aktuell stehen. Und allein das macht den Reiz des Supercups schon aus.

Vorschau-Tippspiel

Das Thesen-Duell wird aus Gründen des Aufwands in dieser Saison wieder abgeschafft. Stattdessen wird es nun das Vorschau-Tippspiel für die Bundesliga geben. Ihr könnt euch dafür in unserer Kicktipp-Gruppe anmelden. Der oder die SpieltagssiegerInnen werden jeweils hier genannt.

Ich werde darüber hinaus in aller Kürze meine Vermutungen für den Spielverlauf kundtun und meine Tipps für alle Spiele vorm Spieltag teilen. Der oder die GewinnerIn der Kicktipp-Runde bekommt von mir ein signiertes Exemplar Generation Lahmsteiger.

Hier geht es zur Kicktipp-Runde!

Vielen Dank an Luca und Lars für den Input zum BVB.