Vorschau: SC Freiburg – FC Bayern München

Justin Trenner 17.12.2019

„Ich bin sehr enttäuscht“, sagte Christian Streich am Samstag nach der 0:1-Niederlage gegen Hertha BSC. Nach einem furiosen Start in die Saison mit fünf Siegen, zwei Unentschieden und zwei Niederlagen, gelang es dem SC Freiburg nicht, diese Leistungen konstant zu bestätigen. In den letzten sieben Pflichtspielen kamen die Breisgauer nur auf zwei Siege (jeweils 1:0 gegen Frankfurt und Wolfsburg).

Und doch überwiegt selbstverständlich ein positives Fazit. „Andere Mannschaften schaffen es auch nicht, gegen solche tief stehenden Mannschaften Chancen zu kreieren“, wird Streich im Kicker zitiert. „Wir manchmal halt auch nicht, deshalb sind wir Freiburg und nicht Barcelona.“

Deshalb sprach auch der Kapitän Christian Günter vom nächsten Entwicklungsschritt, den die Mannschaft gehen müsse, wenn es um zielstrebigen Ballbesitz im Angriffsdrittel geht. In Freiburg ist man durchaus selbstkritisch. Allerdings überwiegt das Bewusstsein darüber, dass der sechste Tabellenplatz eine schöne Momentaufnahme ist.

SC Freiburg: Stärken und Schwächen

Die muss gegen den FC Bayern aber nicht zwingend vorbei sein. Streichs Bilanz gegen die Münchner ist vorzeigbar. Insbesondere daheim gelangen den Freiburgern mit ihm als Trainer einige Achtungserfolge. Siebenmal war der Rekordmeister zu Gast, nur dreimal ging er als Sieger vom Platz. Am deutlichsten in der Saison 2017/18 (0:4). In den Jahren 2017 (1:2) und 2012 (0:2) war es schon enger.

Ebenfalls 2012 (0:0), 2013 und im März dieses Jahres (jeweils 1:1) teilten sich die Mannschaften die Punkte. Der bisher einzige Sieg im Duell gelang Streich im Jahr 2015, als die Bayern bereits als Meister feststanden. Lange Rede, kurzer Sinn: Eine Überraschung wäre es nicht, sollte der Sport-Club dem amtierenden Meister erneut in einem Heimspiel Punkte abnehmen.

Das liegt auch daran, dass die Freiburger sich in der Außenseiterrolle wohler fühlen. 2.2 gegen Borussia Dortmund, ein 2:1-Erfolg gegen RaBa Leipzig, 1:1 bei Bayer 04 Leverkusen – die Bilanz gegen Mannschaften aus der oberen Tabellenhälfte ließe sich bis auf eine 4:2-Niederlage bei Borussia Mönchengladbach so fortführen. Auf der anderen Seite stehen Niederlagen gegen Köln, Union (in Liga und Pokal) und Hertha – alles Mannschaften, die in der unteren Tabellenhälfte zu finden sind.

Schwächen im Angriffsdrittel

Der Grund lässt sich schnell finden: Mit nur 17,5 Expected Goals steht der SC gemeinsam mit Mainz auf Platz 13 der Liga. Gerade in den letzten Wochen erspielten sich die Freiburger zu wenig klare Chancen. 0,96 xG pro Spiel ist der magere Durchschnittswert der vergangenen fünf Partien.

Auch 12,7 Abschlüsse pro Spiel bedeuten in der Bundesliga nur Platz 11, zumal nur 3,9 davon ihren Weg auf das Tor finden (Platz 15). Wie schwer sich die Freiburger im Angriffsdrittel tun, zeigt darüber hinaus eine weitere Statistik: Nur 26 % der eigenen Spielanteile finden im letzten Drittel statt. Ligaweit ist das der drittschwächste Wert (gemeinsam mit Düsseldorf und Augsburg). Zum Vergleich: Bayern kommt auf 33 %.

In vielen Statistiken ist der SC eben doch eine Mannschaft aus dem unteren Mittelfeld. Was im Umkehrschluss aber nicht bedeutet, dass der gute Tabellenplatz ein Ausrutscher sein muss. Mit 24 Toren stehen die Freiburger immerhin auf Platz 6. Das ist hinsichtlich der Expected Goals zwar eine starke Überperformance, jedoch auch ein Zeichen von großer Effizienz vor dem Tor.

Stärken in der Defensivarbeit

Wirklich zufrieden ist Streich im Moment mit der Arbeit gegen den Ball. Freiburgs große Stärke liegt hier vor allem in der Intensität. Die Mannschaft läuft nicht nur viel (16,28 Kilometer pro Spiel; Platz 9), sie läuft auch klug. Die hohe Kompaktheit ist ein Grund dafür, dass Freiburg erst 18 Gegentore kassiert hat – drei weniger als die Bayern. Erst recht auf ihrem Heimplatz, der sehr eng geschnitten ist, schaffen sie es auch bei Seitenverlagerungen des Gegners schnell zu verschieben.

Mit 24,4 Expected Goals Against stehen sie zwar ebenfalls im unteren Drittel der Tabelle, doch die Gesamtzahl täuscht hier ein wenig über die Realität hinweg. Allein Leverkusen (3,7), Gladbach (4,5) und Leipzig (2,1) machen bereits 10,3 erwartete Gegentore aus. In den restlichen Partien kommen die Freiburger auf einen starken Wert von durchschnittlich 1,18 Expected Goals Against pro Spiel.

Umso mehr lohnt es sich aber aus Sicht der Bayern, die drei Spiele zu analysieren, in denen Freiburg deutlich über dem Durchschnitt der restlichen Saison lag. Hier zeigen sich Muster, die für das eigene Gastspiel im Breisgau interessant sein könnten.

Darauf sollte sich Bayern einstellen

In allen drei Spielen agierten die Freiburger überwiegend mit einer Dreierkette. Ohnehin ist das das bevorzugte System von Christian Streich. Innerhalb eines Spiels zeigt sich der SC aber sehr flexibel. So entstehen auch mal Phasen, in denen Freiburg ins 4-4-2 wechselt, um den Gegner anders anzulaufen.

Selbst in den drei genannten Spielen gab es Phasen, in denen die Streich-Elf extrem sauber und druckvoll ohne Ball agierte. Aber auch in Ballbesitz hat sie ihre Stärken, wenngleich die letzte Idee im Angriffsdrittel mitunter noch fehlt. So sind die Freiburger gut darin, den Gegner zunächst anzulocken und dann zu überspielen – notfalls auch durch einen langen Pass und schnellem Nachrücken mit Druck auf den zweiten Ball.

Gerade gegen die Bayern dürfte das eines der bevorzugten Mittel sein. Auf den Außenbahnen haben die Münchner in der Positionierung ihrer Restverteidigung noch Probleme. Es wäre daher nur logisch, wenn Freiburg versucht, die Außenverteidiger der Bayern ins Pressing zu zwingen, um dann über einen langen Ball oder einen im Halbraum positionierten dritten Spieler nach vorn zu kommen. Bayerns Aufgabe ist es deshalb, entweder sofort hohen Druck auf den Passgeber herzustellen oder im Mittelfeld so zu verschieben, dass sowohl die langen Schläge als auch die diagonalen Kurzpässe nicht erfolgreich sind.

Von Gladbach lernen

Haben die Bayern selbst den Ball, sind vor allem die Flügelräume der Freiburger ein möglicher Schwachpunkt. Allerdings nicht, indem der Ball quer auf den Außenverteidiger und anschließend vertikal auf den Flügelstürmer gespielt wird.

Freiburgs Außenverteidiger öffnen hin und wieder Räume, die die Bayern unter bestimmten Umständen bespielen können.

Vielmehr wird es darum gehen, das Pressing des jeweiligen Flügelverteidigers zu provozieren und seine Mitspieler in Entscheidungsnot zu bringen. In der Grafik binden vier Bayern-Spieler die Defensive, während zwei Mittelfeldspieler sich so in den Zwischenräumen positionieren, dass die umliegenden Gegenspieler Entscheidungen treffen müssen. Entweder öffnen sie den diagonalen Weg ins Zentrum für die Bayern oder sie lassen den Flügelverteidiger ins Eins-gegen-eins laufen.

Mit entsprechender Unterstützung kann es den Bayern gelingen, sich diagonal durch die Schnittstellen der Freiburger zu kombinieren. Gerade Gladbach zeigte beim 4:2-Erfolg über den Sport-Club mehrfach, wie es geht.

Eine Szene aus der 30. Spielminute. #BMGSCF

In der hier rekonstruierten Szene aus der 30. Spielminute der Partie kombiniert sich Gladbach hinter die Freiburger Kette. Durch die Überladung auf der rechten Seite sieht sich die Defensive der Freiburger dazu gezwungen, Druck auszuüben.

Da die Gladbacher aber gut positioniert sind, gelingt der vertikale Initialpass zum Außenstürmer, der direkt zwischen die Linien klatschen lässt. Dort wartet der eingerückte Stürmer, der den sofort in die Tiefe startenden Mitspieler erneut bedient. Mit viel Tempo und wenigen Kontakten kam Gladbach zu einer Großchance.

Freiburg ist nicht Barcelona, aber unangenehm

Die Bayern sind zu solchen Angriffen ebenfalls in der Lage, stehen im Zentrum in der Regel aber höher als Gladbach in dieser Szene. Flick muss im Vergleich zur ersten Halbzeit gegen Bremen deshalb zusehen, dass einerseits in der Offensive genug Spieler positioniert sind, um Freiburg in solche Situationen zu zwingen.

Andererseits wird es darauf ankommen, mögliche Ballverluste gut abzusichern. Flick selbst äußerte sich dazu auf der Pressekonferenz wie folgt: „In die Verteidigung ist jeder involviert. Wenn man so viel Ballbesitz hat, geht es darum, dass die Restverteidigung gut positioniert ist.“ Es käme darauf an, schneller umzuschalten und die Gegner besser zu markieren, um direkten Zugriff zu haben.

Freiburg ist eine Mannschaft die aufgrund ihrer Flexibilität und Spielfreude jede Sekunde für sich nutzen kann. Umso wichtiger wird es für den FC Bayern sein, sie nicht allzu lange Fußball spielen zu lassen. Je länger der SC hinterherläuft, umso häufiger lässt er sich aus seinen Positionen ziehen. Freiburg ist eben nicht Barcelona. Aber sie sind ein Team, das an sehr guten Tagen Mannschaften wie die Bayern ärgern kann. Nur wird es auch darauf ankommen, wie sehr die das letztendlich zulassen.

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Spieltagssieger

Mit 22 Punkten ist Robert Spieltagssieger. Hier die Top 5:

  1. Jona_Brauni – 196 Punkte (1 Spieltagssieg)
  2. Dominik – 194 Punkte (0,33 Spieltagssiege)
  3. Beltiboy – 193 Punkte (0 Spieltagssiege)
  4. Isarläufer – 191 Punkte (0 Spieltagssiege)
  5. dain und Edlan – 190 Punkte (0 Spieltagssiege)

Lahmsteiger: Platz 46 – 171 Punkte (0 Spieltagssiege)

So läuft es gegen Freiburg …

Bayern wird vor allem in der ersten Halbzeit stark ins Schwitzen kommen. Freiburg macht das Spiel auf dem engen Platz noch enger und Bayern findet zunächst nur wenige Lösungen. In dieser Phase gelingt Freiburg auch die Führung. Dass die Bayern am Ende mit 1:2 gewinnen, liegt auch an einem überragenden Serge Gnabry und steigender Müdigkeit bei den Freiburgern. In Freiburg darf man sich auch mal schwer tun. Drei Punkte sollten es allein wegen der Tabellenkonstellation aber trotzdem sein.

So könnte Bayern spielen …

4-3-3: Neuer – Kimmich, Pavard, Alaba, Davies – Thiago – Coutinho, Müller – Gnabry, Lewandowski, Perišić

Es fehlen: Hernández, Süle, Arp, Cuisance, Coman, Goretzka (alle verletzt); Tolisso ist noch unsicher

So läuft der Spieltag …

Bremen 2:1 Mainz
Augsburg 2:1 Düsseldorf
Union 2:1 Hoffenheim
Dortmund 2:3 RaBa
Leverkusen 3:1 Hertha
Frankfurt 2:1 Köln
Freiburg 1:2 Bayern
Gladbach 3:1 Paderborn
Wolfsburg 1:1 Schalke