Vorschau: FC Augsburg – FC Bayern München
Augsburg vor der Brust, Anfield im Sinn? Mit dieser Einstellung werden es die Münchner schwer haben, in Augsburg etwas mitzunehmen. Im Hinspiel zeigte die Mannschaft von Manuel Baum, dass sie in der Lage ist, den Rekordmeister zu ärgern – wenn die Umstände passen.
Doch genau da liegt das Problem: Die Umstände passen nicht mehr. Nach ordentlichem Saisonstart gab es seit Mitte November acht Niederlagen, zwei Unentschieden und nur einen Sieg in der Bundesliga. Weil sich mit Stuttgart, Nürnberg und Hannover aber drei Mannschaften finden, die nach 21 Spieltagen hinter dem FCA stehen, ist der Relegationsplatz noch drei Punkte und viele Tore weg.
Tatsächlich sind die Augsburger in dieser Saison aber die Bundesliga-Mannschaft, die zumindest vom Gefühl her auf einem Tabellenplatz steht, der ihren Leistungen nicht wirklich gerecht wird. Gerade in der Anfangsphase der Ergebniskrise waren einige Partien dabei, die unglücklich verloren wurden. Mittlerweile ist man sich beim FCA aber auch nicht mehr zu 100% sicher, ob das schlussendlich reichen wird.
Die Ausgangslage beim FC Augsburg
Dabei hat Trainer Manuel Baum aus taktischer Perspektive gar nicht so viel falsch gemacht. Die Augsburger stehen unter ihrem Trainer für ein mutiges Pressing mit einigen Mannorientierungen und offensiv ausgerichteten Außen- bzw. Flügelverteidigern. Gerade im Mittelfeld arbeitet Baum – wie auch im Hinspiel gegen den FC Bayern – mit aggressiver Manndeckung.
Das soll Gegner dazu verleiten, in der Spieleröffnung lange Bälle zu schlagen oder die Außenverteidiger zu bedienen, die anschließend unter Druck gesetzt werden. Mit 37 Gegentoren stellen die Augsburger nun aber gemeinsam mit Freiburg die fünftschlechteste Defensive der Liga. Oder?
Jedenfalls muss diese Statistik etwas differenzierter betrachtet werden. Mit 32,99 xGA (Expected Goals Against – eine Metrik, die Torschüssen eine Wertigkeit gibt und aufwiegt) stehen die Augsburger immerhin auf Platz 8 der Liga. Auch bei den zugelassenen Torschüssen (14,6 pro Spiel, Platz 12), den Interceptions (14,5 pro Spiel, Ligabestwert) und der Zweikampfquote (70,4% – nur RBL und Dortmund haben eine knapp bessere Quote) steht der Klub in Regionen, die teilweise weit vom unteren Drittel entfernt sind.
Wo liegt das Problem?
Oft lassen sich die klaren Schwachstellen dann im anderen Extrem nachweisen. Steht eine Mannschaft defensiv ordentlich bis gut, geschieht das in der Bundesliga nicht selten zu Lasten der offensiven Durchschlagskraft. Doch auch in der Offensive scheint es zumindest statistisch keine größeren Auffälligkeiten zu geben.
Die Augsburger stehen mit 33,71 xG (Expected Goals) ebenfalls auf Platz 8. 14,4 abgegebene Torschüsse pro 90 Minuten sind zudem der sechsthöchste Wert der Liga. 0,9 Abschlüsse pro Spiel im Fünfmeterraum (Platz 8) und 8,1 im Reststrafraum (Platz 6) zeigen zudem, dass die Qualität der Torschusspositionen nicht auffällig schlecht ist.
Schaut man sich aber die vereinsinterne Torjägerliste an, nähert man sich dem Problem des kommenden Bayern-Gegners schon eher. Nach Alfred Finnbogason (10 Tore, 1 Assist) gibt es kaum einen torgefährlichen Spieler im Kader. Michael Gregoritsch (3 Tore), Jonathan Schmid (2 Tore, 4 Assists), Philipp Max (2 Tore, 2 Assists) und André Hahn (1 Tor, 3 Assists) folgen auf den Isländer.
Berechenbarkeit der Augsburger?
Nun darf argumentiert werden, dass der FCA 12 verschiedene Torschützen stellt. Allerdings ist das zunächst kein sonderlich ungewöhnlicher Wert für einen Bundesligisten und außerdem fehlt es häufig an Alternativen, wenn Finnbogason nicht zur Verfügung steht oder der Gegner ihn, wie Werder Bremen letztens, aus dem Spiel nehmen kann.
Das gesamte Offensivkonzept der Augsburger ist darauf zugeschnitten, dass Finnbogason funktioniert. Mit 0,91 xG und 0,18 xA (Expected Assists) pro 90 Minuten kann der Angreifer sogar außergewöhnlich gute Werte vorweisen, die in der Bundesliga ihresgleichen suchen. Nur Lewandowski (0,98 xG und 0,36 xA) ist unter Spielern mit mindestens 500 Einsatzminuten auffälliger als Finnbogason.
Daher ist es nicht nur wenig verwerflich, sondern wohl auch zwingend notwendig, den Isländer zum Mittelpunkt des Angriffsspiels zu machen. Doch die Bundesliga-Trainer sind in den meisten Fällen aufmerksam und in der Lage, ihr Defensivkonzept ebenso auf diesen Spieler zu fokussieren wie es Baum mit seiner Spielidee macht. Den Augsburgern fehlt es dann an alternativen Lösungswegen, um dem Stürmer Räume zu öffnen. Ihnen fehlen aber auch weitere Spieler, die konstant Torgefahr bringen und so einen Fokus der gegnerischen Defensive erschweren.
Das erwartet den FC Bayern
So seltsam das auch klingen mag: Gegen den FC Bayern wird es für Manuel Baum einfacher sein, seinen Offensivspielern Raum und Platz zu geben. Begründet ist das in der Spielweise der Bayern, die am Freitag vermehrt den Ball haben werden. Baum wird darauf hoffen, dass seine Mannschaft die Schwächen im Positionsspiel des amtierenden Meisters nutzen und so zu Ballgewinnen und Kontersituationen kommen kann.
Die Sorgen des Trainers liegen jedoch in der Personalsituation. Mit Daniel Baier wird das Herz des Mittelfelds gelbgesperrt fehlen. Er wäre nicht nur für die Aggressivität wichtig gewesen, sondern vor allem auch als Hirn der Mannschaft, um das Pressing gegen den Rekordmeister zu steuern und die Bälle nach möglichen Ballgewinnen zu verteilen. Auch wenn Baier nicht seine stärkste Saison spielt, so ist er gerade in Drucksituationen weiter wichtig.
Außerdem ist Finnbogason fraglich. Gegen Bremen musste er früh ausgewechselt werden und Sportdirektor Reuter zeigte sich zumindest nach dem Spiel nicht sonderlich hoffnungsvoll. Für den FCA sind das Rückschläge, die in einem Spiel, das ohnehin schon eine Leistung am Maximum und etwas Glück erfordert, schwer wiegen. Auch wegen der Geschichten rund um Hinteregger und Caiuby gehen Manuel Baum die Alternativen für formschwache oder verletzte Spieler aus. Und so wackelt auch sein eigener Stuhl immer stärker.
Wieder mutiges Pressing?
Dennoch sollten sich die Bayern auf engagierte und aggressive Augsburger einstellen. Unter Baum schiebt die Mannschaft auch mal höher nach vorn und versucht, beim Gegner Fehler im Aufbauspiel zu erzwingen. Niko Kovač kommt nun endgültig in eine Phase, in der er sich für eine Mittelfeldbesetzung für Liverpool entscheiden muss. Für die kommenden zwei Spiele könnte das ein Dilemma für ihn sein.
Entscheidet er sich für Martínez gegen Liverpool, müsste er ihn fast schon gegen Augsburg bringen, um ihm einen Rhythmus zu garantieren. Andererseits wäre der Spanier nicht unbedingt der Spielertyp, der gegen Mannorientierungen und mit viel Ballbesitz Sinn ergibt. Spielen erneut James, Thiago und Goretzka, wird es interessant, ob Kovač am Dienstag nochmal umstellt und auf eine defensiv stabilere Doppelsechs aus Thiago und Martínez setzt, oder ob er der Kontinuität vertraut. Auch die Müller-Frage bleibt spannend. Wird der zuletzt stärkere Angreifer erneut auf der Bank sitzen, weil er in der Champions League gesperrt ist?
Solche Fragen bestimmen derzeit das Handeln des Trainerteams. Es wird deshalb nicht möglich sein, Augsburg ohne Liverpool im Hinterkopf anzugehen. Für den FCA ist das eine Chance. Für die Bayern hingegen ist es die Verantwortung, beides gut auszubalancieren und Augsburg souverän zu schlagen. Es könnte nur dann problematisch werden, wenn die Münchner es zulassen. Sie haben es selbst in der Hand.
Das Thesen-Duell
Die Regeln findet ihr hier. Die Zahl für These 3 wurde diesmal von Fatbardh gewählt. Kurzfristige Änderungen sind bis zum Spieltag noch möglich.
Ergebnis des letzten Spieltags: Justin 2,8 : 1,6 Fatbardh
Zwischenstand insgesamt: Justin 82,6 : 72,6 Fatbardh
Justins Tipps
- Torschütze: Serge Gnabry
- Freie These: Augsburg trifft nicht.
- Über/Unter 3,5: Über!
- Aufstellung: Neuer – Rafinha, Süle, Boateng, Alaba – Thiago, Goretzka – James – Gnabry, Lewandowski, Coman
Fatbardhs Tipps
- Torschütze: Franck Ribéry
- Freie These: Eine Halbzeit verläuft ohne Tore.
- Über/Unter 3,5: Unter!
- Aufstellung: Ulreich – Rafinha, Süle, Boateng, Alaba – Sanches, Goretzka – Thiago – Müller, Lewandowski, Ribéry