Vorschau: Hannover 96 – FC Bayern München

Tobias Trenner 20.04.2018

Niko Kovac wird zur neuen Saison das Amt als Cheftrainer übernehmen. Der Wechsel und insbesondere die Bekanntgabe verliefen nicht gerade geräuschlos. Fredi Bobic echauffierte sich über die Art und Weise, wie die Bayern den Transfer abwickelten. Postwendend kam die Antwort – zuerst schoss Uli Hoeneß gegen Bobic, dann legte auch noch Karl-Heinz Rummenigge nach.

Rund um den ganzen Trubel stand auch noch ein Pflichtspiel für die Bayern an. Und kein Unbedeutendes. Am Dienstag spielte die Mannschaft von Jupp Heynckes gegen Bayer Leverkusen um den Einzug in das DFB-Pokalfinale. Mit einem spektakulären 6:2 Sieg konnten sie die vorletzte Hürde zum DFB-Pokalsieg meistern.

Nun steht das Ligaspiel gegen Hannover 96 an. Allerdings schwebt über allem bereits das Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid. Jupp Heynckes schaffte es bisher, die Spannung hochzuhalten. Gegen Bayer Leverkusen merkte man der Mannschaft die Leidenschaft und den absoluten Ehrgeiz an. Dieses Team will, wie schon 2013, wieder alle Titel gewinnen. Das Spiel gegen Hannover 96 wird für einige Spieler die letzte Möglichkeit darstellen, den Trainer davon zu überzeugen, dass sie am Mittwoch gegen Real Madrid starten sollten.

Jupp Heynckes steht vor der Herausforderung, die richtige Mittelfeldbesetzung für das anstehende Champions-League-Spiel zu finden. Gegen Leverkusen entschied sich „Don Jupp“ für die etwas defensivere Variante mit Thiago statt James. Nicht auszuschließen ist aber, dass beide gegen Real starten könnten. Arturo Vidal hingegen wird nicht mitwirken können. Für den Chilenen ist die Saison nach einer Verletzung am Knie gelaufen.

Die Ausgangslage

Die Ausgangslage für beide Teams ist etwas unterschiedlich. Die Bayern sind bereits Meister, Hannover hingegen muss sich die letzten Punkte sichern, um nicht nochmal in den Abstiegskampf gezogen zu werden. Aktuell haben sie 6 Punkte Vorsprung auf die Konkurrenz aus Wolfsburg, Mainz und Freiburg. Bei noch vier ausbleibenden Spielen sollte also nicht mehr viel schiefgehen. Um mögliche Aufregung zu verhindern, wird Hannover alles daransetzen, sich die fehlenden Punkte an den nächsten Spieltagen zu sichern.

Allerdings wird das eine sehr schwere Aufgabe für die Hannoveraner. Wer gedacht hatte, dass der FC Bayern nach der gewonnen Meisterschaft etwas nachlassen und vielleicht den ein oder anderen Punkt abgeben würde, hat sich geirrt. Bereits gegen Gladbach bewies die Mannschaft das Gegenteil. Zu groß ist der Hunger nach Erfolg bei den Bayern.

Wer den FC Bayern im Herbst letzten Jahres gesehen hat, muss bereits jetzt Jupp Heynckes großen Respekt zollen. Der Triple-Trainer schaffte es, die Mannschaft wieder zu stabilisieren und zurück zum Erfolg zu führen. Das Geheimnis ist, neben der sehr guten Arbeit im taktischen und strategischen Bereich, sicherlich die Fähigkeit, aus allen Akteuren das Maximum heraus zu kitzeln. Zwar sind nicht alle Akteure in der Form ihres Lebens, bei allen zeigt die Formkurve aber nach oben. Thomas Müller spielt wieder überragend, Martínez ist unverzichtbar, und Spieler wie Boateng und Alaba finden wieder zurück zur alten Form.

Die Bundesligisten im Vergleich.

Der Gegner

Hannover 96 zeigt nach dem Aufstieg eine solide Saison. Zu Beginn kam die typische Breitenreiter-Overperformance. Man holte früh viele Punkte und war auf Kurs internationales Geschäft. Bereits zum Ende der Hinrunde normalisierten sich die Leistungen der Hannoveraner wieder. Mit den aktuell 36 Punkten kann man aber sehr zufrieden sein.

Hannover 96 ist eine typische Bundesligamannschaft. Sie verteidigen meist solide und versuchen nach Ballgewinn schnell umzuschalten. Selten übernehmen sie in einer Partie wirklich die Initiative. Auch weil ihr Ballbesitzspiel weit von Teams wie Hoffenheim, Frankfurt oder Leverkusen entfernt ist. Allerdings haben die genannten Teams auch andere Ansprüche.

Zu Beginn der Saison spielten die Niedersachsen meist mit einer Dreier-/Fünferkette. Hannover presst für gewöhnlich im 5-2-3 und geht auch da den Weg vieler Bundesligisten. Meist recht mannorientiert, was einen einfachen Zugriff auf das gegnerische Aufbauspiel ermöglicht, allerdings auch viele Gefahren und Risiken birgt.

Jedoch versteift sich André Breitenreiter nicht auf ein System. Gegen RB Leipzig formierte sich das Team während der Defensivphase in einem 5-3-2, gegen den VfB wählte der Trainer ein 4-4-2. Im Herbst traten die Niedersachsen zum Beispiel in einem 5-4-1 in München an. Hannover ist dabei aber ein gutes Beispiel für die geringe Bedeutung von Formationen. Vielmehr kommt es auf die Verhaltensweisen und Abläufe an. Die 96er hatten in den letzten Spielen mit einem zu passiven Pressing zu kämpfen. Meist liefen die Hannoveraner den Gegner zwar an, es fehlte oft aber an Intensität und kollektivem Verhalten. Dies führte dazu, dass sie nur selten den Ball in der gegnerischen Hälfte erobern konnten.

Die Probleme, die Hannover in Ballbesitz hat, kamen dadurch immer häufiger zum Tragen. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen sind nicht immer gegeben. Logischerweise müssen die Innenverteidiger deshalb zum langen Ball greifen. Lange Bälle sind aber leichter zu verteidigen, gerade weil Hannover für den zweiten Ball nicht immer gut gestaffelt ist. Wer sich genauer mit Hannover 96 auseinandersetzen will, der sollte bei den Kollegen von niemalsallein.de vorbeischauen.

Player(s) to watch

Einer der interessantesten Spieler der Hannoveraner ist mit Sicherheit Waldemar Anton. Anton fällt aber aufgrund einer Verletzung für das Spiel gegen die Bayern aus. Ein anderer Spieler, der eine starke Saison für Hannover 96 spielt, ist Niclas Füllkrug. Der ehemalige Werder-Akteur ist Hannovers gefährlichster Angreifer. Mit bereits zwölf Bundesligatreffern hilft er dem Team von André Breitenreiter, die notwendigen Tore für den Klassenerhalt zu erzielen.

Mit 38 Toren zählt Hannover zum Mittelmaß in der Liga, Niclas Füllkrug sorgt dafür, dass Hannover dort überhaupt ist. Im Hinspiel verschoss er noch einen Elfmeter, war aber auch damals schon einer der auffälligeren Akteure bei Hannover. Füllkrug ist ein beweglicher Stürmer, der mit seinen 1,89 Metern aber auch bei Flanken eine Option ist. Drei seiner zwölf Saisontore erzielte er per Kopf. Auf ihn müssen die Bayern am Wochenende Acht geben.

Die Herausforderung für die Bayern

Für den FC Bayern wird es ein typisches Bundesligaspiel werden. Hannover wird sich wahrscheinlich erst einmal weiter zurückziehen und mit einer defensiven Ausrichtung für Sicherheit sorgen wollen. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Bayern eben nicht nachlassen und weiter jedes Spiel ernst nehmen. Auch im Hinspiel standen die Hannoveraner tief und schafften es sehr lange, den FC Bayern vor Probleme zu stellen.

Allerdings gilt auch hier wieder: Jupp Heynckes entwickelte die Mannschaft die letzten Monate weiter. Das Positionsspiel ist deutlich besser und hilft den einzelnen Spielern ihre Stärken besser einzubringen. Gegen das mögliche 4-4-2 oder 5-4-1 der Hannoveraner werden die Bayern etwas Geduld benötigen. Durch schnelle Kombinationen und schlaue Positionswechsel lassen sich aber in Hannovers Defensive Löcher finden. Zumal Hannover defensiv nicht zu den aller besten Teams der Liga gehört.

Es ist schwer vorstellbar, dass Hannover die Bayern auf ihrem Siegeszug aufhalten kann. Zwar gab es auch gegen Leverkusen wieder größere Probleme in der Defensive, allerdings bringt Hannover nicht das Offensivpotenzial mit, um die Bayern zu gefährden. Die Grundvoraussetzung ist aber, dass die Mannschaft von Jupp Heynckes weiter so konzentriert an die Aufgaben herangeht wie bisher, sonst kann auch Hannover zum Stolperstein werden.