Arturo Vidal: der Krieger zieht weiter
Es war Halbzeit in München. Die ersten 45 Minuten hatten bei den Fans in der Allianz Arena und vor den Fernsehgeräten für Schockstarre gesorgt. Ausgerechnet im letzten Jahr von Pep Guardiola zeigte die Mannschaft eine der schlechtesten Halbzeiten seit Jahren.
Sie ließ sich überrumpeln, zeigte kaum Leidenschaft und wirkte insgesamt einfach leblos. Im Hinspiel des Achtelfinals hatte es bei Juventus Turin noch eine der besten Saisonleistungen zu bestaunen gegeben, zumindest 60 Minuten lang. Dann hatte Juventus noch spät das 2:0 der Bayern ausgeglichen.
Im Rückspiel führten die Italiener zur Pause mit 2:0. Die Hoffnungen, dass sich das Spiel noch drehen ließ, waren gering, zu schwach war die erste Hälfte gewesen, zu fahrig wirkten die Münchner.
Doch dann schlug die Stunde des Arturo Vidal. Er machte genau dann den Schritt nach vorn, wenn die Mannschaft ihn am meisten brauchte. Als Antreiber und Zweikämpfer, als Führungsspieler und Krieger. Für keine Arbeit war sich der Chilene zu schade.
Aber er ist mehr als das. Gerade in dieser zweiten Halbzeit gegen Juventus stellte er unter Beweis, welch hohes Spielverständnis er in einer gegen den Ball insgesamt gut organisierten Mannschaft hat.
Vidal sorgte plötzlich für die notwendige Stabilität, aber er entwickelte mit seinen klugen Vorstößen auch Dynamik in der Offensive. Immer wieder überlud er die Zentrale und gewährte Müller und Lewandowski damit mehr Freiräume. So auch beim 1:2, als Lewandowski völlig frei zum Kopfball kam. Weil er sich gut bewegte, aber weil Vidal eben andererseits für Verwirrung in der Juve-Abwehr sorgte.
Kurz vor Schluss kam dann der große Moment des Chilenen. Als die Zeit knapp wurde, eroberte er direkt am Strafraum des Gegners einen Ball zurück, verteilte diesen weiter, und sah dabei zu, wie Müller die Verlängerung mit einem Kopfball klarmachte.
In ebenjener Verlängerung war es wieder Vidal, der am Kontertor Comans mit einer Balleroberung – diesmal am eigenen Strafraum – beteiligt war. Der heute 31-Jährige war für den FC Bayern stets ein Mann für die wichtigen Spiele.
Fluch und Segen
Doch war das nur eine Seite der Medaille. In vielen „normalen“ Bundesliga-Spielen war Vidal ein Laster. Als Bremsklotz im eigenen Aufbauspiel, der nicht selten einfache Fehlpässe spielte, verlangsamte er die Angriffe enorm.
Auch gegen den Ball verlor er zunehmend an Konstanz. In der vergangenen Saison gewann er nicht mal die Hälfte seiner Zweikämpfe. Das lag zum Teil an der eigenen Fitness. Seit Oktober 2016 fiel er zehnmal aus, immer wieder durch kleinere Blessuren und Rückschläge. Die Knieverletzung aus der vergangenen Saison war die erste große Verletzung seit einigen Jahren.
Trotzdem war es für ihn schwer, seinen Rhythmus zu finden. Zumal das Spiel des „Kriegers“ sehr intensiv ist. Sobald er nicht an seine Leistungsgrenze gehen kann, fällt das deutlicher auf als bei anderen Spielern.
Vidal zeigte gerade unter Guardiola, dass er für den FC Bayern extrem wertvoll sein konnte. Damals brachte er mit seiner Dynamik und seiner für ein Positionsspiel unorthodoxen Spielweise ein neues Element in das Team. Er war ein gut eingesetzter Fremdkörper in einem organisierten System.
Der Katalane selbst wurde pragmatischer, um die Stärken Vidals hervorzuheben. Dafür wurde er in der Champions League im letzten Jahr belohnt. Die Bayern spielten mit Vidal die beste Champions-League-Kampagne seit der Triple-Saison. Leider reichte es am Ende nicht für den großen Wurf. Gegen Atlético entschieden Nuancen trotz zweier großartiger Leistungen über das Ausscheiden.
Für Vidal wurde es danach immer schwieriger. Seine Schwächen im Ballbesitzspiel kamen deshalb immer mehr zum Tragen, weil mit Alonso ein ballsicherer Aufbauspieler im defensiven Zentrum die Sachen packte. Ebenso ging Lahm, der von rechts häufig in die Mitte zog, und die Ballzirkulation unterstützte. Vidal konnte sich dann zurücknehmen oder weiter nach vorn schieben.
In höheren Zonen ist der Chilene ohnehin viel wertvoller. Legendär bleiben die Momente, in denen er unerwartet im gegnerischen Strafraum auftauchte, um eine Flanke präzise mit dem Kopf zurückzulegen. Dieses Mittel wird den Münchnern fehlen. Tolisso wäre eventuell jemand, der mit viel Arbeit ähnliche Qualitäten einbringen könnte.
Da den Bayern aber bis heute ein Spielgestalter fehlte oder Thiago zu selten auf dieser Position spielte, musste Vidal immer mehr Aufgaben in tieferen Zonen übernehmen. Das war schlicht nicht sein Spiel.
Waren die Münchner und ihr Krieger zu Beginn noch eine perfekte Ergänzung, so führte die Gegensätzlichkeit aufgrund vieler Umstände zu immer mehr Problemen.
(Foto: Christof Stache / AFP / Getty Images)
Vidal-Wechsel als Chance
Der Transfer ist deshalb für beide Parteien die richtige Entscheidung. Vidal darf in Barcelona auf ein besser organisiertes Aufbauspiel hoffen, das ihm die nötigen Freiheiten gewährt. Dann kann er zeigen, ob er immer noch dazu in der Lage ist, in höheren Zonen für Überzahl und Gegenpressing-Glanzmomente zu sorgen.
Für den FC Bayern hingegen ergibt sich eine große Chance. Sanches, Tolisso und Goretzka sind nicht so erfahren wie Vidal, haben aber ähnliche Fähigkeiten. Gerade Tolisso war in der vergangenen Saison der bessere Vidal, weil er sich strategisch klüger verhalten hat.
Während der Chilene immer wieder Lücken durch unkontrolliertes Vorstoßen öffnete, brachte Tolisso Stabilität in Ballbesitz. Vidal war im Mittelfeld der Spieler, auf den die Bayern am ehesten verzichten können. Seine Stärken gegen den Ball konnte er kaum noch zeigen.
Mit Blick auf die Zukunft war er es, der den Platz für jüngere Spieler machen musste. Aus spielerisch-strategischer Sicht ist er am leichtesten zu ersetzen. Allein deshalb ist der Verkauf konsequent und richtig.
Gerade in großen Spielen werden die Münchner nun aber jemanden brauchen, der so wie Vidal 1900% in die Waagschale wirft. Jemand, der einer strauchelnden Mannschaft Stabilität geben kann. Der dann den richtigen Schritt nach vorne macht, wenn seine Kollegen ihn am meisten brauchen.
Vielleicht müssen die anderen Spieler dort erst reinwachsen. Doch so ist das eben, wenn man sich in der Übergangsphase in eine neue Ära befindet. Es ist ohne Frage eine große Herausforderung für Niko Kovač, die Lücke zu stopfen. Aber er hat Spieler, denen das zuzutrauen ist.
Guter Artikel. Wobei ich die Einteilung in „große“ und „kleine“ Spiele, von denen Vidal nur in ersteren überzeugt, nicht wirklich mag. In der Ancelotti-Saison hatte Vidal mit einem verschossenen Elfmeter und einem (zu diesem Zeitpunkt ebenso unberechtigten wie überfälligen) Platzverweis großem Anteil am Ausscheiden in einem sehr „großen“ Spiel.
Ansonsten bin ich absolut bei Justin, Vidals Stärken liegen in der Offensive und der Durchschlagskraft, wenn er sich auf diese konzentrieren kann wie für die chilenische Nationalelf, bei Turin oder großteils auch bei Guardiolas Bayern ist er ein großartiger Fußballer. Beim FCB wurde er nach Guardiolas Abgang zu oft in aufbauende und strategische Rollen gedrängt, die seinen Fähigkeiten nicht entsprechen, dadurch waren seine Leistungen in den letzten beiden Jahren unbefriedigend. Viel Glück in Barcelona, vielleicht brauchen sie Vidals Fähigkeitenprofil mehr als wir.
Zumindest eines war bei Arturo immer gegeben – er hat sich reingehängt und nie aufgegeben.
Aber letztlich war es in vielen Bereichen nicht sein Jahr. Verletzungen, Chiles Ausscheiden in der WM-Quali, der Saisonschluß mit Verletzung nur noch als Zuschauer.
Und vom Glück verfolgt war er eben auch nicht immer.
Die Jungen stehen in den Startlöchern-Tolisso, Goretzka und Sanches. Wenn man das mit dem Umbruch ernst nimmt, dann war diesel Wechsel eigentlich absolut folgerichtig. Und wenn man schon Spieler hat, die trotz ihres jungen Alters bereits fester Bestandteil ihrer Nationalmannschaft sind, dann muss man das auch nutzen – auf was soll man denn noch warten.
Betrachtet man sich die „Korsettstangen“, die als nächste zwangsläufig fogen werden – neben RibRob ein Martinez, ein Hummels, ein Boateng, ein Lewandowski, die dieses Jahr auch alle 30 werden- dann muss man die jüngeren da hinführen, damit man auch guten Gewissens die nächsten Wechsel planen kann. Und die Zeit rennt unerbittlich.
Ein Süle ist schon da und hat sich auch eindrucksvoll durchgebissen. Ein Kimmich ist längst etabliert, genau wie ein Coman.
Gnabry und Goretzka werden es genauso versuchen, wie ein auch schon etablierter Tolisso.
Ein Thiago kam mit 22 und ist jetzt schon 5 Jahre beim FCB. Also warum sollen das andere nicht auch schaffen.
Arturo kann man nur wünschen, dass er in Barcelona genauso geschätzt wird, wie er bei unserem FCB geschätzt wurde.
Volle Zustimmung. Bis auf eine Kleinigkeit. Ich fand es gut, dass Justin das „bewußte“ Spiel gegen Real „übersehen“ hat. Ich wünsche dem Krieger alles Gute.
War als Antwort auf Olorin gedacht.
@Eigentor
War doch auch ne Antwort auf mich…steht schließlich direkt unter meinem Kommentar, oder nicht?
Es war kein Vorwurf an Justin, ich finde nur, dass es eben nicht so war, dass Vidal in „großen“ Spielen überzeugt hat und in „kleinen“ nicht. Vidal hatte große Schwankungen in seinen Leistungen bei uns, aber das hatte in meinen Augen viel mehr mit seiner taktischen Einbindung zu tun. Unter Guardiola hatten die Achter im Spielaufbau kaum Aufgaben, da die Verantwortung dafür bei Alonso und den einrückenden Außenverteidigern lag-die Achter konzentrierten sich darauf, vorzustoßen und für Torgefahr zu sorgen. Davon profitierten Vidal und Müller, die diese Rolle sehr gut und gefährlich interpretieren konnten. Dafür ging es zu Lasten spielstarker Mittelfeldspieler wie Kroos oder Thiago, deren bevorzugte Rolle im Spielaufbau nun Lahm/Alaba übernahmen und die nicht im gleichen Maße wie Vidal und Müller für Torgefahr sorgen konnten. Unter Ancelotti und Heynckes waren die Rollen der AVs dann wieder deutlich linearer, so dass der/die Achter wieder mehr „klassische“ Aufgaben eines Mittelfeldspielers in der Spielgestaltung wahrnehmen mussten. Als Folge blühte Thiago auf, James schlug auch sofort ein, aber die Leistungen von Vidal und Müller ließen nach, da sie ihre Stärken nicht mehr in dem Maße einbringen konnten.
Endlich ist der Typ weg! Völlig überschätzter und überbezahlter Spieler. Mit den Freiheiten, die er sich nahm (sprich: taktische Vorgaben ignorieren, zig offensichtlich idiotische Läufe, die ein organisiertes Gegenpressing nach Ballverlust unmöglich machten, dazu die abenteuerlichen Pässe und Ballverluste), konnte er insgesamt gar nicht das ausgleichen, was er angerichtet hatte. Das ist ähnlich wie bei Müller: Es gibt mindestens 100 Spieler in der Bundesliga, die – hätten sie an Müllers Stelle beim FCB gespielt – mindestens genauso viele Scorer verbucht hätten, ohne dabei jeden zweiten Angriff zu versemmeln.
Bei Vidal kommen dann noch die gesundheitsschädlichen Tattoos dazu und die ebenfalls gesundheitsschädlichen Südamerika-Trips zur Nationalmannschaft, die er aus reinem Egoismus jedes Mal unabhängig von seinem körperlichen Zustand machte. Dann war da auch noch die Sache mit dem Nachtleben – nein, ich weine dem Kerl keine Träne nach. Mit Goretzka haben wir nun eines kleines „Upgrade“ ohne Nachtleben, ohne Tattoos und ohne zu lange Nationalmannschaftsreisen. Für ein solides Aus im Champions-League-Viertelfinale reicht das doch immer noch. Außerdem gibt es jetzt einen zusätzlichen Kaderplatz, der dazu genutzt werden kann, um die Religiöse-Spinner-Fraktion zu erweitern.
@ FCB EGOKULATION
Vielleicht sollten Sie doch mal Ihren Arzt oder Apotheker wechseln.
Hier wurden auch schonmal schneller die Trolle gelöscht.
@Mods
Alle im Urlaub?
Egal welche Pillen Sie nehmen. Nehmen Sie weniger davon. Ihre Angriffe auf Thomas Müller zeugen von einem minderwertigen Fussballverstand. Jede Mannschaft wäre glücklich einen wie Müller zu haben.
Ich befürchte er wird uns fehlen. Aber mit den ganzen gesundheitsschädlichen Tattoos is das vielleicht besser so. Sind die ansteckend?
Nein, aber die Gefahren sollten ja inzwischen bekannt sein. Die, immer noch nicht vernünftig zertifizierten und kontrollierten, Farben mit lauter netter Schadstoffen lassen Lymphknoten in ganz neuen Farben erstrahlen usw. Bei Profifußballern wiederum hat man ja festgestellt, dass stark Tätowierte eine deutlich schlechtere Schweißreaktion haben. Könnte man noch ewig fortführen, was da alles durch den Körper wandert, aber soll reichen…
Wer hat das festgestellt?
Hast du da mal einen Link?
https://www.welt.de/kmpkt/article167703684/Diesen-Nachteil-haben-Menschen-mit-Tattoos.html
Autsch.
1. Mächtig viel Konjunktiv.
2. Eine Studie mit genau 10 Probanden ist kaum aussagekräftig.
Darf ich hier mal die Frage aufwerfen, wie es zu der angeblichen Ablöse von sage und schreibe 19 Millionen kam? Wollte Inter nicht insgesamt 30 Millionen zahlen? Das sind ja TK-Gedächtnis-Ablösen. Und das für einen, der bei Barca sehr wahrscheinlich Stammspieler sein wird. Kann sich MSR darauf einen Reim machen?
Wir alle kennen die genauen Zahlen nicht. (Mir als Fan sind sie auch wurscht.)
Es könnte aber auch sein, dass Vidal bei Barca künftig erheblich mehr verdient als bei Bayern. (Von bis zu 50% mehr Gehalt ist die Rede.) Das empfände ich als „Danke“ an einen verdienten Spieler. Und das würde Bayerns Ruf bei Spielern (und deren Beratern) nachhaltig stärken. Ein solches „Danke“ können sich nur wirklich große Vereine leisten, und eben nicht solche, die Investoren oder Aktionären rechenschaftspflichtig sind.
Und vielleicht hat diese Großzügigkeit auch etwas zu tun mit dem Transfer von Thiago vor fünf Jahren, bei dem Bayern ein wenig mehr gezahlt hat, als laut Ausstiegsklausel notwendig war.
Man mag mich für romantisch halten, ich sage, Großzügigkeit ist (auch in diesem Geschäft) klug.
Wie kommst du darauf, dass Vidal bei Barca (Busquets, Rakitic) Stammspieler ist?
Und Bayern ist halt bekannt dafür keine großen Faxen zu machen, wenn man einen Spieler abgeben will. Wer weiß, am Ende spekuliert man schon drauf, dass Dembele nach der Saison endgültig bei Barca auf dem Abstellgleis ist. Dann hat man einen gut.
kann mir aber auch gut vorstellen dass er bei Barca kein einziges Spiel macht
Dürfte auch klarstellen, wo Bayern steht, wenn man aussortierte Spieler mal eben beim FC Barcelona unterbringt.
Für Arturo freut es mich, auch wenn ich es besser gefunden hätte, ihn nicht bei einem direkten Konkurrenten zu sehen.
Dieses ganze unselige Geschwätz über den international ach so chancenlosen FCB und dann immer wieder die Aufzählung der wirklich Großen. Nimmt an die drei Siege von Real einmal raus, was haben denn all die Großen seit 2013 gerissen?
Da ist der FCB in den letzten 6 Jahren einmal im Viertelfinale ausgeschieden – Barca die letzten drei Jahre! Wo waren denn seit 2013 ManU, Chelsea, ManCity, PSG?
So gesehen hast du völlig recht – und alle die, die noch im letzten Jahr gelästert haben, weil der FCB einen von der Ersatzbank von Real verpflichtet hat, müssen sich wieder was neues einfallen lassen.
1. wer sagt der FCB sei international chancenlos? Mir is das Gelaber unbekannt. Hier im forum gibt es nur die empirisch nachvollziehbare Meinung, dass Bayern vor einigen Jahren noch den besten Fußball der Welt gespielt hat, seit dem stehen geblieben ist und sportlich von einer Vielzahl an Mannschaften leicht überholt wurde. Dass sie trotzdem immer noch die clgewinnen kkönnen ist glaube ich allen klar :-)
2. Den James transfer haben eigentlich alle gefeiert. Dein Beitrag ist komisch
Ich sehe den Transfer eher kritisch. Vidal stand für das, was wir vor ein paar Wochen alle nach dem Ausscheiden in der CL vermisst haben. Ich sehe keinen der aktuellen 6/8er als den Clutch-Player, der Vidal stets war.
Mir ist die Ausgangslage bewusst (wechselwilliger, etwas verletzungsanfälliger 31-Jähriger mit 1 Jahr Restlaufzeit will es woanders probieren). Und wie so oft gibt es bei unseren Transfers mindestens 2 Gewinner bzw. keine wirklichen Verlierer. Trotzdem glaube ich, dass sein markanter Spielstil gerade für einen Goretzka/Tolisso hilfreich gewesen wäre, sich zu entwickeln. Das zentrale Mittelfeld ist voll, abgegeben hätte ich unter dem Strich aber einen anderen Spieler.
Die Hoffnung ist, dass jene Tugenden die Vidal verkörperte, durch Kovac im Kollektiv ausgegelichen werden: Weniger Verspieltheit, mehr Bissigkeit und Execution nach vorne. Der Transfer ist de facto keine Schwächung fürs „Tagesgeschäft“, bei den großen Spielen muss sich nun aber erst recht etwas ändern.
Vielleicht kann gerade das jetzt eine Chance sein.
Bei aller Wertschätzung für Vidal – er war auch oft genug gerade in den „großen Spielen“ oft genug ein Unsicherheitsfaktor. Nicht durch seine Spielweise, aber durch die permanente Gefahr innerhalb der nächsten Minuten mit Rot vom Platz zu fliegen.
Nicht umsonst hat er ja bei vielen diesen völlig unberechtigeten Ruf des „Treters“. Aber seine Körpersprache vermittelt eben den „Krieger ohne Rücksicht auf Verluste“. Andere spielen zwar auch nicht anders, aber es wirkt nicht so drastisch.
Auch ein Alonso oder aktuell ein Thiago oder Tolisso verstehen es einem anderen den Schneid abzukaufen, Es wirkt aber nicht so drastisch – vor allem auf den Schiedsrichter.
Ich habe es schon einmal geschrieben, wenn man in die alten Zeiten zurückgeht – ein Katsche Schwarzenbeck vermittelte auch mit seiner Körpersprache immer den Eindruck „bis hierher und keinen Schritt weiter!“ Davor dann der „elegante“ Beckenbauer.
Und dann siehst du dir einen anderen Verein an – und da spielten dann die beiten netten blonden Zwillinge. Die Förster-Brüder. Von wegen nett, die haben auch alles weggehobelt, was in Reichweite kam. Wirkte aber irgendwie anders.
Ich glaube nicht, dass der Krieger eine so große Lücke hinterlassen wird. Es wird im Spielstil der anderen nur etwas anders wirken. Spieler wie Tolisso, Goretzka, Thiago oder auch Rudy sind auch keine „Kinder von Traurigkeit“ wenn es nötig ist.
@Turbo Batzi
„Vidal stand für das, was wir vor ein paar Wochen alle nach dem Ausscheiden in der CL vermisst haben. Ich sehe keinen der aktuellen 6/8er als den Clutch-Player, der Vidal stets war.“
Ich hab keine Ahnung, was du gegen Real vermisst hast. In meinem Fall waren es Verletzungsresistenz, Defensivspieler, die nicht gravierende Anfängerfehler machen und Stürmer mit einer guten Chancenverwertung. Ach ja, ein Flügelspieler, dessen Kondition für mehr als eine Halbzeit reicht, wäre auch nett gewesen. Will heißen, Neuer, Alaba und Coman stehen deutlich mehr als Vidal für das, was ich nach dem Ausscheiden in der CL vermisst hab.
Verletzungsresistenz, fehlerfreies Defensivspiel und Dribblings auf den Flügeln liefert Vidal mit Sicherheit nicht. Zugegeben, als pressender Stürmer-vergleichbar zu seiner Rolle für Chile-wäre er eine sehr interessante Option gewesen und hätte sicher nicht schlechter gespielt als die völlig indisponierten Müller und Lewandowski. Ich bin mir aber recht sicher, dass Heynckes Vidal-wenn dieser fit gewesen wäre-wieder im Mittelfeld eingesetzt hätte statt Martinez, Thiago, James oder Tolisso. Und das wäre dann eine massive Schwächung gewesen, denn die herausragende Leistung des Mittelfeldtrios war es, die Bayern gegen Real getragen hat. Vidal statt einem davon wäre absolutes Gift gewesen. Das Problem war nur, wenn deine Abwehr zwei Eigentore schießt und deine Offensivspieler kein Land sehen ist es fast egal, wie gut das Mittelfeld ist.
Wie schon an anderer Stelle erwähnt meine ich auch, dass der Weggang von Vidal ein Problem mit sich bringen wird, denn ich sehe keinen unserer anderen Spieler in der Lage, Arturos Qualitäten ebenfalls auf den Platz zu bringen.
Und das ist eben dieses kompromisslose „Dazwischenhauen“! Es geht mir dabei nicht um die eine oder andere gelungene Defensivaktion, die gelingen auch Thiago oder Tolisso, die werden auch Goretzka oder Sanches gelingen! Das beeindruckt einen Gegner nicht unbedingt! Mit der Körpersprache eines „Streetfighters“ und einer „Blutgrätsche“ als klares Signal an den Gegner, dass jetzt andere Saiten aufgezogen werden, gelingt es schon viel mehr, einen Gegner aus der Fassung und somit aus der Ordnung zu bringen. Wem von den jungen Spielern ist es zuzutrauen, diese Unerschrockenheit in den Zweikämpfen zu zeigen und die Bereitschaft, selbst blaue Flecken und Beulen in Kauf zu nehmen? Bei Vidal hatte ich jedenfalls immer das Gefühl, derartige Blessuren stellen für ihn auch eine Art „Trophäe“ dar, die gern mitnahm.
Eine vergleichbare Unerschrockenheit sehe ich eigentlich nur noch bei Martinez, der mir aber seit seiner schweren Knieverletzung nicht mehr ganz so spontan in seinen Aktionen wirkt. Nichts desto weniger könnte ich mir Javi als Zerstörer vor dem gegnerischen Strafraum gut vorstellen, und kopfballstark ist er auch. Wenn es ihm gelingt, sein offensives Pass-Spiel zu verbessern, wäre er ein geeigneter Kandidat für die Nachfolge des „Kriegers“, allerdings ist unsere Nr. 8 auch nicht mehr der Jüngste.
Goretzka kann ich noch schlecht einschätzen! Ich sehe ihn ähnlich wie Tolisso eher als Ballschlepper und -verteiler mit gutem Auge für Mitspieler, den schweren Hieb kann er zwar austeilen, aber er gehört eben nicht zum bevorzugten Repertoire.
Sanches könnte von seiner Statur her noch am ehesten für Unruhe unter den gegnerischen Spielern sorgen, das kompromisslose Dazwischen gehen habe ich bei ihm noch nicht beobachtet, er scheint sich definitiv mit dem Ball am Fuss wohler zu fühlen und eher die Dribblings als die Grätschen zu suchen. Ein vielversprechender Kandidat für einen neuen „Krieger“ könnte er trotzdem sein, vorausgesetzt, er ist in der Lage, seine Fähigkeit, Spielzüge und Pässe des Gegners früh aufzufassen und koordiniert ins Pressing zu gehen, noch deutlich zu verbessern.
Grundsätzlich gehen wir bei allen Betrachtungen ja aber davon aus, dass wir in eine Spielsituation geraten, in der der berüchtigte Schalter umgelegt werden will und sich für eine Zeit vom „schönen Spiel“ verabschiedet werden muss. Diese Situationen werden hoffentlich nur höchst selten vorkommen.
Mir ist es auch lieber, wenn wir im Rahmen eines guten Ballbesitzspiels Ball und Gegner laufen lassen und gar nicht erst in die Verlegenheit kommen, kämpferisch Zeichen setzen zu müssen, weil der Gegner durch die Geschwindigkeit und die Genauigkeit in unseren Pässen und Laufwegen am und im gegnerischen Strafraum quasi gar nicht mehr zum Luftholen kommt und auseinander gespielt wird.
Ich finde unser Mittelfeld-grad defensiv und kämpferisch-hervorragend, auch ohne Vidal. Thiago und James sind sicher etwas feingliedriger als Vidal, aber Tolisso und Goretzka stehen selbst Vidal doch in Sachen Robustheit und Aggresivität kaum nach…und dieses winzige bisschen gleichen sie durch höhere Geschwindigkeit wieder aus.
Zugegeben wissen wir nicht, ob und wie Kovac Vidal eingesetzt hätte, aber in der Anclottischen/Heynckesschen Einbindung hat Vidal nur mit sehr großem Eifer versucht, das wieder gutzumachen, was er davor kaputt gemacht hat (nicht selten vergeblich). Letzte Saison war extrem auffällig, wie viel besser die Mannschaft spielte, wenn Vidal fehlte. Die (vor allem im Rückspiel, mit Einschränkungen aber auch im Hinspiel) bärenstarke Leistung gegen Real wäre mit Vidal nicht möglich gewesen, da er nie so gut mit den anderen harmonierte wie Thiago, James und Tolisso bzw Martinez das taten. In Sevilla schwamm Bayern eine halbe Stunde und lag 0:1 zurück, bis der Wechsel James für Vidal Bayern befreite und der Rückstand gedreht wurde. Ähnlich war es im Pokal in Leipzig, auch da kam Bayern erst nach der Auswechslung Vidals langsam auf…und es war Glück, dass Vidal überhaupt noch ausgewechselt werden konnte, da er sich ziemlich nachdrücklich um gelb-rot beworben hatte. Auch gegen Paris war das Rückspiel ohne Vidal um Längen besser als das Hinspiel mit ihm. Generell gab es letzte Saison die besten Spiele immer, wenn Vidal fehlte (auch das 6:2 in Leverkusen fällt mir da sofort ein).
Der Artikel trifft es auf den Kopf…spielerisch war Vidal in den letzten 2 Jahren sicherlich nicht das Sahnestück des FC Bayern. Aber es gab einfach Spiele, die wir ohne ihn nicht gewonnen hätten. In bestimmten Situationen erinnere er mich sehr stark an Jens Jeremies oder auch an einen Bastian Schweinsteiger…wenn alle anderen den Kopf hängen lassen, schraubte er die Extralunge an und holte sich auch mal eine Gelbe Karte einfach um zu zeigen: SO nicht!. Und leider sehe ich, außer evtl. bei Sandro Wagner (der aber noch „erwachsen“ werden muss), keinen Spieler, der sich so in ein Spiel verbeißen kann, der einfach nicht aufgeben will und der den ultimativen Willen zum Sieg hat. Und wie sehr man solche Spieler braucht (natürlich in einem gesunden Verhältnis zu Dingen wie Spielintelligenz, Tempo, Technik usw..) hat die WM bei Mannschaften wie Kroatien oder auch Frankreich gezeigt. Wer das Spiel Frankreich-Argentinien gesehen hat und NICHT beeindruckt war vom Willen der Spieler…tjo..dem kann man glaub ich nicht helfen. Und daher wird uns der Vidal Verkauf glaub ich mehr kosten, als er uns bringen wird.
King Arturo hat bei Barca jetzt eine Ausstiegsklausel. Ablöse 300 Mio.
Lustig.
Du weißt doch, dass in Spanien jeder eine haben muss!! Und seit Neymar ist man halt vorsichtig geworden.
Hört sich aber – im Vergleich zur Bundesliga – wirklich lustig an. Da stimme ich dir zu!
Dass in Spanien Ausstiegsklauseln arbeitsrechtlich vorgeschrieben sind, also für jeden Arbeitnehmer gelten, ist mir bekannt. Ich fand‘s, die Debatte hier verfolgend, halt lustig.
bei vidal wird vor allem ausser acht gelassen wie wichtig er für das mannschaftsgefüge war, wie positiv er anscheinend für die stimmung innerhalb der mannschaft war; könnte mir gut vorstellen dass der ein oder andre genervt „von oben“ ist, dass so ein „typ“ vom hof gejagt wird/gehen darf. den kerl sah man immer mit einem lächeln im gesicht und dieser verdammte lewandowski zieht seit jahren nur ne übel gelaunte fresse
Wenn man das nur von dieser Warte aus argumentiert, stimme ich dir zu. Aber da spielen eben noch ganz andere Faktoren mit, die in dem Artikel auch gut erklärt werden. Ich sehe das mit dem „Kämpfer“-Aspekt auch nicht ganz so schwarz, jetzt müssen eben andere Spieler in diese Rolle wachsen. Kimmich zum Beispiel sehe ich da als Kandidaten, auf lange Frist auch Tolliso. Zumal Kovac auch eher ein Trainer ist, der über die Mentalität kommt.
Und während mir Lewandowskis Gehabe ebenfalls ordentlich auf die Nerven geht, muss man halt eben auch mal die Gesamtsituation betrachten. Lewa´s Marktwert ist nach letzter CL-Saison und der WM nicht gerade gestiegen, da wäre es schlicht unmöglich einen Ersatz mit annähernder Qualität für das gewonnene Geld zu bekommen. Jetzt muss man eben hoffen, dass er intelligent genug ist zu verstehen, dass er mit einer weiteren pomadigen Saison keinen Schritt weiter zu seinem Traumwechsel kommt.
Unsere Spieler sind immer noch Profis.
Und dass Lewandowski im Team unbeliebt ist, ist eine reine Interpretation von Dir von außen.