Vorschau: FC Bayern München – Borussia Mönchen­gladbach

Justin Trenner 04.10.2018

Immer einen Schritt zu spät. Immer ein bisschen zu hektisch. Immer ein klein wenig zu ungenau. Immer ein Stück unsicherer. Bayern begann gegen Ajax nicht schlecht, ließ sich dann aber von den Gästen einlullen. Es entstand eine Situation, in der die Mannschaft zu viele falsche Entscheidungen traf.

Zu viel Tempo

Das lag vor allem an der erwähnten Hektik. „Wir haben es nicht geschafft, uns in der gegnerischen Hälfte festzuspielen“, analysierte Müller. Kimmich ergänzte, dass es derzeit nicht gelingen würde, Gegner an deren Sechzehner einzuschnüren und Chancen herauszuspielen.

Beide treffen damit den Kern der aktuellen Problematik. Wenn Kovač davon spricht, dass die Mannschaft nicht in die Zweikämpfe käme, dann ist das mehr als eine Floskel. Durch das hohe Tempo bei Ballgewinnen fehlt es nicht nur an Ruhe und Sicherheit. Es hapert vor allem an der richtigen Positionierung.

Die Abstände waren sowohl in der Breite als auch in der Tiefe zu groß. Wurden die Bälle durch das hohe Risiko dann verloren, waren die Wege im Gegenpressing zu weit. Das wusste Ajax zu nutzen. Hinzu kam die steigende Unsicherheit der Bayern, die mit jedem Fehlpass nervöser wurden und sich noch schneller ins Risiko stürzten. Ein Teufelskreis, der erst gegen Ende der Partie durch die Müdigkeit der Gäste beendet wurde.

Kovač wird hier stark justieren müssen. Breite kann im Spiel durchaus Sinn machen. Häufig aber nur dann, wenn man den Gegner mit längeren Passstafetten auseinander ziehen möchte. Diese Geduld und auch die Positionierung der Spieler fehlten dafür.

In der zweiten Episode von Mia san Rotstift erklären wir im Detail, was uns im Mittelfeld gefehlt hat. Hier geht es zum Video.

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Gladbach weiß um Bayerns Schwächen

Ob Borussia Mönchengladbach nun der richtige Gegner zum richtigen Zeitpunkt ist, ist zumindest diskutabel. Auswärts gewann die Borussia jedenfalls noch kein Spiel. Doch Dieter Hecking wird die letzten drei Spiele des FC Bayern wahrgenommen haben.

Schon gegen Wolfsburg arbeitete seine Mannschaft mit einigen Mannorientierungen im Mittelfeld, die jedoch in ihrer extremen Ausübung eher zum Nachteil wurden. Trotzdem ist es denkbar, dass auch Gladbach gegen das instabile Zentrum der Bayern mit mannorientiertem Pressing vorgehen möchte.

Zuletzt setzte Hecking auf ein 4-3-3 mit Kramer und Neuhaus im Mittelfeldzentrum. Hinzu kamen entweder Zakaria oder Hofmann. Gerade Kramer und Zakaria ergeben gegen Bayerns Halbräume mit ihrem Tempo und ihrer Physis Sinn. Vor allem können sie sich aber auch in Drucksituationen befreien und das gegnerische Pressing auflösen.

Hier lag zuletzt die größte Schwäche der Bayern. Mit dem hohen Risiko im eigenen Passspiel wurden Ballverluste direkt bestraft. Entweder standen alle Achter bei Fehlpässen zu hoch oder die Abstände stimmten zwischen Offensive und Defensive nicht. In beiden Fällen ergaben sich Situationen, in denen der Gegner mit Geschwindigkeit auf die Abwehrkette zulaufen konnte.

Gladbach hat diese Geschwindigkeit. Und sie haben technisch starke Spieler, die in der Lage sind, das bayrische Pressing zu umspielen, wenn die Wege für die Münchner mal wieder zu weit sind.

Dass die individuelle Klasse eines Boatengs gerade fehlt und auch die Viererkette somit für den einen oder anderen Fehler gut ist, ist dann nur noch die Kirsche auf einer Torte, die sich der FC Bayern gerne erspart hätte. Vor allem die taktischen Defizite und das dadurch ungenaue Pressing sind im Moment der Sand im Getriebe.

Ohnehin wird derzeit zu viel auf die Qualität der Einzelspieler geschoben. Kovač vertraue der alten Garde zu sehr, heißt es hier und da. Tatsächlich war es aber Kovač, der Renato Sanches als erster Bayern-Trainer überhaupt Vertrauen schenkte. Es war auch Kovač, der Coman statt Robben im Auftaktspiel brachte und so ein frühes Statement machte. Und wie heißt noch gleich dieser Trainer, der Martínez regelmäßig auf die Bank setzte, weil Thiago dort strategisch viel wertvoller ist? Auch das war Niko Kovač.

Es steht außer Frage, dass er jetzt einige Fehlentscheidungen traf. 90 Minuten zuzusehen, wie Martínez dem Spiel keinen Mehrwert gibt und es eher ausbremst, war kaum zu verstehen. Auch die Rufe nach Gnabry für einen seit Wochen taumelnden Ribéry waren laut und verständlich. Doch immerhin probiert Kovač etwas und ist sich der Problematik im Mittelfeld bewusst. Sonst hätte er nicht umgestellt.

Vielleicht sieht Kovač Gnabry beispielsweise noch nicht in der Lage, in einer solchen Situation von Beginn an zu spielen. Ribéry mag in seinen Dribblings zu viele unnötige Ballverluste einstreuen, während Gnabry mehr Durchschlagskraft und Zug zum Tor mitbringt. Doch Ribéry ist im Moment eben noch der bessere Kombinationsspieler.

Sowohl in Berlin als auch gegen Ajax gab es Situationen, in denen die Bayern sich über den linken Halbraum in den Strafraum kombinierten. Das gelang auch deshalb, weil der Franzose als wichtiger Fixpunkt diente. Mit Gnabry klappte das nicht mehr. Der Neuzugang fremdelt noch etwas mit der richtigen Positionierung auf dem Feld, ist teilweise zu wild.

Kovač muss deshalb Lösungen finden, um Gnabry schnellstmöglich in das Kombinationsspiel zu integrieren. Dann kann er der Spieler werden, der in Abwesenheit von Coman endlich das Tempo in die Offensive bringt, das derzeit fehlt. Auch hier spielt aber das Mittelfeld eine Rolle.

War es früher sinnvoll, Ribéry und Robben zu isolieren, macht es jetzt viel mehr Sinn, sie zu integrieren. Die angesprochenen Kombinationen funktionieren nur, wenn der Halbraum entsprechend überladen wird. Dafür muss das Mittelfeld gut verschieben.

Mit Martínez, der oft im Nichts herumstand, und Thiago, der sich tief fallen ließ, um den Spielaufbau zu lenken, blieb vorne nur noch Thomas Müller, dem die Anbindung fehlte. Dieses Loch muss Kovač stopfen. Thiago scheint als Sechser unabdingbar zu sein. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn er sich auch noch verletzen würde. Dann würde der Transfer von Rudy vermutlich doppelt schmerzen.

Davor ist James wohl die beste spielmachende Option. Dann muss der Kolumbianer aber auch tiefer agieren als zuletzt, um die Wege Thiagos zu verkürzen und mehr Sicherheit ins eigene Spiel zu bringen. Vorne könnte entweder Müller weiter seine Läufe machen oder man bringt mit Goretzka einen dynamischeren Spielertypen, der dann aber besser in die Ballzirkulation eingebunden werden müsste als zuletzt.

Will Niko Kovač es gegen Gladbach schaffen, dass seine Mannschaft nicht wieder einen Schritt zu spät ist, nicht wieder so hektisch agiert, nicht wieder so ungenaue Pässe spielt und nicht wieder so unsicher dadurch wird, muss er zuerst sein Dreiermittelfeld in den Griff bekommen. Optionen hat er dafür genug. Stimmt dort wieder die Balance, ist ein Sieg gegen Gladbach sehr wahrscheinlich.

Das Thesen-Duell

Die Regeln findet ihr hier. Die Zahl für These 3 wurde diesmal von Justin gewählt. Kurzfristige Änderungen sind bis zum Spieltag noch möglich.

Ergebnis des letzten Spieltags: Justin 1,8 : 2,6 Fatbardh

Zwischenstand insgesamt: Justin 27,2 : 20,8 Fatbardh

Justins Tipps

  1. Torschütze: Robert Lewandowski
  2. Freie These: Gladbach trifft nicht.
  3. Über/Unter 3,5: Über!
  4. Aufstellung: Neuer – Kimmich, Boateng, Süle, Alaba – Thiago – Müller, Goretzka – James, Lewandowski, Gnabry

Fatbardhs Tipps

  1. Torschütze: Lewandowski
  2. Freie These: Beide Mannschaften treffen.
  3. Über/Unter 3,5: Unter!
  4. Aufstellung: Neuer – Kimmich, Süle, Boateng, Alaba – Thiago – Goretzka, James – Robben, Lewandowski, Gnabry