Vorschau: FC Bayern München – SV Werder Bremen

Justin Trenner 10.03.2016

Viktor Skripnik durfte sich im Laufe der Saison schon einiges gefallen lassen. Seit eh und je ist die Raute ein durchaus beliebtes Mittel der Bremer. Thomas Schaaf galt als größter Verfechter dieser Formation und war mit seinem spektakulären Offensiv-Fußball in Bremen sehr erfolgreich. Auch Skripnik versuchte es in dieser Saison sehr häufig mit der Raute und somit mit zwei Stürmern. Funktionierten Selke und di Santo in der letzten Saison noch sehr gut zusammen, war das bei Claudio Pizarro und Ujah jedoch selten der Fall, weil beide nicht gut harmonierten. Dass es mit Werder in letzter Zeit besser läuft, kann auch darauf zurückgeführt werden, dass Pizarro nun als alleinige Spitze agieren darf. Die Grundfähigkeiten dieses einzigartigen Stürmers dürften dabei jedem Bayern-Fan in Erinnerung geblieben sein.

Der Peruaner kippt gerne ab. Er kann den Ball auch unter größtem Druck abschirmen, behaupten und anschließend gewinnbringend an einen Mitspieler verteilen. Pizarro versteht es wie kaum ein anderer die Struktur der gegnerischen Defensive durcheinander zu bringen und sich intelligent zwischen den Linien zu bewegen. Gerade Junuzovic profitiert davon enorm. Zwar ist er gegen die Bayern gesperrt, aber durch das Abkippen von Pizarro kann der Österreicher, wie Tobias Escher neulich in seinem „Bundesliga-Check“ richtig beschrieben hat, seine Vertikalität wieder stärker einbringen. Auch Bartels, der als Flügelspieler lieber im Halbraum unterwegs ist, kommt diese Art von Stürmer entgegen. Man hat das Gefühl, dass Werder und Skripnik nun eine Zusammensetzung in der Offensive gefunden haben, die für ihre Verhältnisse optimal harmoniert. Um den Dreh- und Angelpunkt Pizarro herum werden alle Stärken der weiteren Offensiv-Spieler viel besser eingebracht. Es ist allerdings fraglich, ob Pizarro spielen kann, da er mit muskulären Problemen zu kämpfen hat. Der Ausfall vom Stürmer wäre ein herber Verlust für Werder Bremen.

In der Defensive ist Werder weiterhin sehr anfällig. Zwar konnte man mit Djilobodji einen Spieler verpflichten, der neben Vestergaard für mehr Stabilität sorgt, aber dennoch sind 16 Gegentore in der Rückrunde sehr viel. Für die Bayern könnte das Herausrücken von Vestergaard ein wichtiger Faktor werden. Der Däne lässt sich gerne mal von einem Stürmer aus der Vierer-/Fünferkette ziehen und öffnet so Räume hinter sich, die der Rekordmeister bespielen könnte. Lewandowski wäre prädestiniert dafür.

In ihrer 4-1-4-1-Grundordnung machen die Bremer aber in der Regel keine spektakulären Sachen. Wie die meisten Bundesligisten versuchen sie mit einem Mittelfeldpressing den Gegner in den wichtigen Zonen unter Druck zu setzen, um dann für Umschaltaktionen zu sorgen, oder selbst Ballbesitzphasen zu eröffnen. Mit nur zwei Kontertoren kann man aber nicht gerade von einer Kontermannschaft sprechen. Doch auch in den Ballbesitzphasen hatte Werder über weite Strecken der Saison Probleme. Durch einen abkippenden Pizarro, der nun in Topform ist, hat das Mittelfeld der Bremer jedoch eine weitere Station im Aufbauspiel und das hilft ihnen auch gegen eine sortierte Defensive. Darüber hinaus ist die Elf von Viktor Skripnik auch bei Standards zuletzt sehr gefährlich gewesen. Neun Tore konnte Werder nach solchen bereits erzielen und damit die drittmeisten der Liga. Lediglich Stuttgart (10) und Darmstadt (13) trafen häufiger nach ruhendem Ball. Es ist deshalb durchaus eine Option, dass Pep Guardiola auf Serdar Tasci oder Medhi Benatia setzen könnte.

Das zuletzt erfolgreiche 4-1-4-1-System könnte auch gegen die Bayern über einige Phasen des Spiels zu sehen sein. Letztendlich wird es aber wohl auf ein 5-4-1 in der Grundformation hinauslaufen, denn auch im Hinspiel variierte die Abwehrreihe situativ zwischen Vierer- und Fünferkette. Bargfrede war auf der Sechser-Position der Spieler, der sich je nach Spielsituation zwischen die Innenverteidiger fallen ließ, oder seine ursprüngliche Position im Mittelfeld bekleidete. Das lag aber vor allem an dominanten Bayern, die gerne das offensive Zentrum überladen. Es ist auch aufgrund der Sperren von Junuzovic und Fritz, aber vor allem wegen der zuletzt erfolgreich praktizierten Fünferketten gegen die Bayern, durchaus erwartbar, dass die Bremer auf ein 5-4-1 setzen. Ob sie dieses so mutig wie der FSV Mainz 05 interpretieren, oder etwas passiver wie viele andere Gegner in den letzten Monaten, wird sich zeigen.

Werder Bremen schließt im Schnitt 13,2-mal pro Spiel ab und lässt 13,5 Abschlüsse zu. Beides entspricht in etwa dem Durchschnitt der Bundesliga. Mit 46,3% Ballbesitz und einer Passquote von 69% pro Spiel bewegen sie sich jedoch jeweils im unteren Bereich des letzten Drittels der Liga. Die Bremer sind vor allem eine physisch starke und aggressive Mannschaft. Im Schnitt gewinnen sie 30,1 Kopfballduelle pro Spiel, was der zweitbeste Wert der Liga ist.

Bereits im Hinspiel haben sich Arturo Vidal und der FC Bayern schwer getan. (Bild: Tobias Schwarz / AFP / Getty Images) Bereits im Hinspiel haben sich Arturo Vidal und der FC Bayern schwer getan. (Bild: Tobias Schwarz / AFP / Getty Images)

Außerdem begeht Werder pro Spiel 16,3 Fouls. Nur Darmstadt (16,4) und der HSV (16,5) foulen häufiger. Leverkusen (20,5) und Hamburg (19,9) sind darüber hinaus die einzigen Mannschaften in der Liga, die mehr erfolgreiche Tacklings pro 90 Minuten durchführen als Werder (19,8). Zudem ist die Elf von Viktor Skripnik mit 25,9 Interceptions pro Spiel deutlich vor dem zweiten aus Ingolstadt (21,7). Trotz allem hat Bremen aber auch nach Stuttgart (49) die zweitmeisten Gegentore kassiert (48).

Auf den FC Bayern kommt also ein relativ aggressiver und physisch starker Gegner zu. Um das zu umgehen ist vor allem eine schnelle Ballzirkulation wichtig, damit die Münchner diesen Zweikämpfen im Mittelfeld aus dem Weg gehen können. Während der letzten Aufeinandertreffen gab es immer Phasen, in denen sich der FC Bayern hat anstecken lassen von dieser Härte. Das darf nicht passieren, wenn der Tabellenführer auch dieses Spiel souverän kontrollieren will. Sonst ist Werder Bremen natürlich ein Gegner, wo der amtierende Meister vorrangig auf sich selbst achten muss. Nutzen die Bayern ihre Chancen, sollten sie dieses Spiel aller Voraussicht nach gewinnen. Werder ist aber gerade aufgrund ihrer Physis und eines gewissen Claudio Pizarro, wenn er denn am Samstagabend auflaufen kann, nicht zu unterschätzen.

Statistiken zum Spiel

Die letzten fünf Spiele gegen Werder Bremen

Bilanz

  • Insgesamt trafen die beiden Mannschaften schon 111-mal in Pflichtspielen aufeinander. 57 Siege gab es für die Münchner, 28 für Werder und 26 Duelle endeten Unentschieden. Der FC Bayern erzielte dabei 216 Tore und Bremen 133, was einem Schnitt von 3,14 Toren pro Spiel entspricht.
  • Die Bayern sind seit 15 Spielen ungeschlagen gegen Werder Bremen. 12 Siege und drei Unentschieden gab es seit der letzten Niederlage in der Saison 2008/09, als der Rekordmeister zu Hause 2-5 verlor. Die aktuelle Siegesserie liegt bei elf Siegen in Folge.
  • Claudio Pizarro hat bereits 12 Spiele gegen die Münchner absolviert. Nur zwei konnte der Peruaner gewinnen, eines ging Unentschieden aus und neun hat er verloren. Er erzielte dabei vier Tore und bereitete drei weitere vor.

Funfacts

  • Es wird das 100. Bundesliga-Duell beider Mannschaften und somit ist es die erst vierte Begegnung in der Liga-Geschichte, die diese Marke erreicht.
  • Gegen kein Team der Liga hat der FC Bayern häufiger verloren (26-mal), aber auch Werder hat gegen keine andere Mannschaft in der Bundesliga so oft verloren, wie gegen die Bayern (48-mal).
  • In 42 Begegnungen mit Werder Bremen gerieten die Münchner mit 0-1 in Rückstand. Das hat noch kein anderes Team gegen sie geschafft.
  • Gehen die Bayern zu Hause gegen Bremen in Führung, verlieren sie nicht. Das war bereits in 31 Spielen der Fall (26 Siege, fünf Unentschieden).
  • Claudio Pizarro kehrt zurück. 327 Spiele absolvierte er für den FC Bayern und kam dabei auf 125 Tore und 53 Torvorlagen. Sechs deutsche Meisterschaften, fünf Pokalsiege, die UEFA Champions League, der UEFA Supercup, der Weltpokal, sowie die Klub-Weltmeisterschaft sind die wichtigsten Erfolge, die er mit den Bayern erreichen konnte. Darüber hinaus war der Torjäger ein wichtiger Bestandteil der Triple-Mannschaft 2013.
  • Robert Lewandowski hat in den letzten fünf Spielen gegen Bremen vier Tore erzielt und drei weitere vorbereitet.
  • Clemens Fritz und Claudio Pizarro sind die einzigen Werder-Spieler, die den FC Bayern bereits schlagen konnten. Fritz ist allerdings gesperrt.
  • Seit drei Spielen ist Werder Bremen ohne eigenes Tor gegen den Rekordmeister.

Fünf Thesen zum Spiel

  1. Bayern erzielt mindestens drei Tore.
  2. Mindestens eines der Bayern-Tore fällt in der ersten Halbzeit.
  3. Robert Lewandowski trifft.
  4. Mario Götze feiert sein Comeback.
  5. Der FC Bayern kassierte in den letzten beiden Heimspielen jeweils ein Gegentor. Diesmal spielen sie zu Null.

Lediglich eine meiner fünf Thesen zum Dortmund-Spiel war richtig. Insgesamt sind zehn meiner bisher 20 Thesen eingetroffen.

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