FC Bayern vor Reitz-Duell mit Angstgegner: Borussia Mönchengladbach in der Analyse
Dieser Artikel wurde von Jakob Kuner geschrieben. Jakob hat sich bei Miasanrot beworben.
Wer in den letzten Jahren auf einen Punktverlust des FC Bayern gegen Borussia Mönchengladbach wetten wollte, lag oft richtig. Seit 2012 haben die Bayern gegen keine andere deutsche Mannschaft durchschnittlich weniger Punkte geholt als gegen die Fohlenelf.
Von den letzten sieben Duellen in der Bundesliga konnten nur zwei gewonnen werden. Die Zahlen verheißen also nichts Gutes für den Samstag. Doch wie steht es um die Borussia derzeit?
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Borussia Mönchengladbach im Umbruch
Nach dem Umbruch im Sommer sucht man in Gladbach noch vergeblich nach Konstanz in den eigenen Leistungen. Klangvolle Namen wie Lars Stindl, Marcus Thuram, Jonas Hofmann oder Ramy Bensebaini haben den Fohlenstall im Sommer verlassen.
Roland Virkus und Sportdirektor Nils Schmadtke wollten im Sommer einen neuen Weg einschlagen. Man setzt auf junge, entwicklungsfähige Spieler, die später auch Transferwerte generieren können. Mit Gerardo Seoane wurde ein Trainer installiert, der diesen Weg mit jungen, hungrigen Spielern begleiten und führen kann.
Ein solcher Entwicklungsprozess bringt natürlich auch Leistungsschwankungen mit sich und sorgt für Inkonstanz in den Ergebnissen. So hat man viele Punkte relativ leichtfertig verspielt und sich durch diese Rückschläge trotz guter Spiele oft um den verdienten Lohn gebracht. Sinnbildlich dafür waren die letzten Spiele gegen Augsburg und Frankfurt, in denen man jeweils eine 1:0-Führung nicht über die Zeit bringen konnte und am Ende mit 1:2 verlor.
Angespannte Personallage vor Duell mit dem FC Bayern
Gladbach hielt in der Winterpause auf dem Transfermarkt trotz angespannter Personallage die Füße still. Mit Shio Fukuda wurde ein talentierter Nachwuchsstürmer aus der zweiten Mannschaft hochgezogen, weitere Transfers blieben aus. Auf der Abgangsseite wurde mit Hannes Wolf ein bereits aussortierter Spieler in die MLS verkauft.
Aktuell fehlen der Borussia einige Schlüsselspieler, deren Ausfälle besonders weh tun. Kapitän und Stammtorhüter Jonas Omlin fällt seit August mit einer Schulterverletzung aus, auch wenn sein Vertreter Moritz Nicolas zu überzeugen wusste – ein großer Verlust für die Borussia. Abwehrchef Ko Itakura weilt derzeit mit Japan beim Asien-Cup, Innenverteidigerkollege Maximilian Wöber kämpft seit Wochen mit den Folgen eines hartnäckigen Infekts.
Mit Tomas Cvancara fällt der teuerste Sommerneuzugang (10,5 Mio. von Sparta Prag) nach einem Bänderriss im Sprunggelenk noch mehrere Wochen aus. Durch den Ausfall dieser Schlüsselspieler fehlt es der jungen Mannschaft in engen Spielen oft an Führung und Erfahrung.
Hoffnung gibt es hingegen bei Alassane Plea (laborierte an einer Fußprellung) und Manu Koné (muskuläre Probleme), die zu Beginn dieser Woche zwar nur individuell trainieren konnten. Allerdings ist bei den beiden Franzosen die Tendenz positiv und sie könnten am Samstag in den Kader zurückkehren. Ein potentieller Startelfeinsatz der beiden wichtigen Stützen wird sich kurzfristig entscheiden.
Rocco Reitz, der gegen Leverkusen 30 Minuten lang ein überragendes Spiel machte, könnte in die Startelf zurückkehren. Vor der Saison galt er schon als abgeschrieben und rutschte nur aufgrund der vielen Verletzten wieder in den Kader. Mit seiner Zweikampfstärke, seiner technischen Raffinesse und vor allem seiner Torgefährlichkeit (bereits vier Tore erzielt) ist er für die Statik der Mannschaft unverzichtbar geworden.
Sollte Plea weiterhin ausfallen, könnte Robin Hack wieder neben Jordan stürmen. Dieses Duo wusste in den letzten Spielen durchaus zu gefallen. Jordan Siebatcheu überzeugte mit dem Rücken zum Tor und machte viele Bälle fest, während Robin Hack häufig in die Tiefe startete.
Florian Neuhaus, der mindestens bis zum Saisonende in Gladbach bleibt und gegen Leverkusen zum ersten Mal seit langer Zeit wieder in der Startelf stand, überzeugte mit einer starken Leistung gegen den aktuellen Tabellenführer. Somit könnte er auch am Samstag wieder in der Startelf stehen, sollte Manu Koné nicht rechtzeitig fit werden.
Wie Gerardo Seoane Gladbach verändert hat
Mit dem Trainerwechsel zu Beginn der Saison hat sich die Spielweise deutlich verändert. Das Team von Gerardo Seoane legt nun vermehrt Wert auf wenig Ballbesitz, konzentriert sich auf schnelle Umschaltaktionen und setzt vermehrt auf direktes Spiel in die Spitze. Diese taktische Neuausrichtung soll dem Spiel mehr Dynamik und Flexibilität verleihen. Gladbach weist deutlich höhere Laufwerte auf, führt aber weniger Zweikämpfe, die dann aber deutlich erfolgreicher sind.
Man will mit viel Laufarbeit die Passwege zustellen, um direkter in die Zweikämpfe zu kommen und die Chancen auf einen Ballgewinn zu erhöhen. Zudem ist Gladbach in dieser Saison bei Standards nach eigenen Eckbällen sehr stark, was die Bayern alarmieren sollte.
Nach der Niederlage gegen Augsburg stellte Seoane auf eine Dreier- bzw. Fünferkette um. Zuvor agierte man gegen den Ball häufig in einem 4-2-3-1. Gegen Leverkusen stand Gladbach in einem 5-3-2 sehr kompakt gegen den Ball und agierte in einem leichten Mittelfeldpressing. Im Mittelfeldpressing möchte man als kompakter Block agieren und alle Spieler möglichst schnell hinter den Ball bringen. Dabei ist man sehr variabel und agiert mit Kettenverschiebungen von einer Viererkette zu einer Dreierkette und umgekehrt.
Hier könnte ein Schlüssel für die Bayern liegen
Gegen den Ball spielt man dann in einem defensiven 4-4-2 oder 5-3-2. All dies geschieht stets mit hoher Aktivität, so ist auch die Abwehrkette immer wieder auf dem Sprung ins Mittelfeld und sorgt durch das Herausrücken der Verteidiger immer wieder für eine klare Mannorientierung und das Schließen der Räume.
Situativ attackiert Gladbach in diesem System auch sehr aggressiv im Angriffspressing, um so gegnerische Fehler zu erzwingen. Gegen die Leverkusener verzichtete man jedoch auf ein hohes Anlaufen, da die Borussia immer wieder Probleme in den Zwischenräumen zwischen Abwehrkette und Mittelfeld hat und somit einen relativ großen Raum preisgibt.
Diesen Raum gilt es auch für die Bayern am Samstag zu bespielen, um durch ein schnelles Aufdrehen mit viel Tempo auf die gegnerische Abwehrkette spielen zu können. Gladbach wird versuchen, dieses Zentrum mit Julian Weigl als Ankersechser zu schließen. Gegen Leverkusen gelang es der Borussia, durch sehr diszipliniertes Verschieben das verwaiste Zentrum gut zu schließen.
Flügelfokus bei der Borussia
Im Spielaufbau agiert die Fohlenelf grundsätzlich sehr zielstrebig und versucht so, schnell in das letzte Drittel des Gegners zu gelangen. Im Schnitt hat man laut SofaScore nur 45,7 Prozent Ballbesitz (Platz 14 in der Bundesliga), was eine Spielweise ohne klaren Ballbesitzfokus noch einmal untermauert.
Julian Weigl und Rocco Reitz verfügen im Zentrum über ein sehr gutes Positionsspiel und fordern immer wieder den Ball. Weigl agiert meist als klarer Sechser vor der Kette. Immer wieder kippen die Mittelfeldspieler aus dem Zentrum ab, um sich die Bälle zu holen. Der ballnahe Außenverteidiger schiebt häufig sehr hoch. Honorat ist meist sehr breit und hoch an der Außenlinie positioniert.
Generell agieren die Außenverteidiger sehr variabel in ihrer Positionierung – breit oder eng und immer mit hohem Tempo. Das Flügelspiel mit vielen Flanken ist eine absolute Stärke der Fohlenelf, hier mischt man in der Bundesliga im oberen Tabellendrittel mit. Fast 70 Prozent der Gladbacher Angriffe werden über die Flügel vorgetragen.
Frank Honorat sorgt mit seinen gefährlichen Flanken über die rechte Seite immer wieder für Gefahr im gegnerischen Strafraum. Aus dem Zentrum heraus versucht Gladbach mit vielen Gegenbewegungen und Laufwegen hinter die gegnerische Abwehrkette zu kommen und damit Tiefe zu erzeugen.
FCB: Nächster Versuch gegen einen tiefen Block
Der FC Bayern ist also erneut gefordert, Lösungen gegen einen kompakten Defensivblock zu finden, denn Gladbach wird seine Herangehensweise nach dem Erfolgserlebnis gegen Bayer 04 kaum ändern. Die Bayern sollten viel Bewegung vor der gegnerischen Kette erzeugen und die beschriebenen Zwischenräume bespielen.
Über die linke Abwehrseite von Luca Netz, der in dieser Saison als Ersatz für Ramy Bensebaini durchaus zu überzeugen wusste, besteht die Möglichkeit, den offensivstarken Netz durch ein Aufrücken von Alphonso Davies aus der eigenen Abwehrkette herauszulocken und in die Tiefe zu spielen.
So könnte Borussia Mönchengladbach spielen:
Nicolas – Scally, Friedrich, Elvedi – Netz, Weigl, Reitz, Neuhaus (Kone), Honorat – Hack (Plea), Jordan