Taktik-Blog #002 – Strategie, Taktik, Prinzipien

Justin Trenner 06.09.2019

Taktik, Strategie, Prinzipien, taktische Mittel, strategisch klug – manchmal fällt es schwer, Begriffe im Fußball auseinanderzuhalten. Nicht selten werden sie sogar miteinander vermischt und dann auch falsch verwendet. Deshalb gehen wir im Rahmen unseres neuen Formats auf die drei Begriffe der Strategie, Taktik und Prinzipien genauer ein und grenzen sie ab.

Wortbedeutung

Schon im 18. Jahrhundert wurde das Wort „Taktik“ vom französischen „tactique“ entlehnt, das wiederum auf die griechische Lehre von der Anordnung zurückgeführt werden kann. Damals wurde es vor allem im militärischen Kontext verwendet.

Der Duden beschreibt die Taktik heute als „aufgrund von Überlegungen im Hinblick auf Zweckmäßigkeit und Erfolg festgelegtes Vorgehen“. Ein weiterer Begriff aus dem Militär ist die „Strategie“. Sie wird vom Duden wie folgt definiert: „Genauer Plan des eigenen Vorgehens, der dazu dient, ein […] Ziel zu erreichen“, indem bereits im Vorhinein versucht wird, alle Faktoren einzukalkulieren.

Vergleicht man beide Definitionen miteinander, wird der zentrale Unterschied zwischen beiden Konzepten deutlich: Einerseits steht das zweckmäßige Vorgehen und andererseits der große, durchdachte Plan im Mittelpunkt, der diesem Zweck entspricht. Auf der militärischen Ebene bezeichnete Carl von Clausewitz, ein preußischer Militärreformer des 19. Jahrhunderts, die Strategie als Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum Zwecke des Krieges und die Taktik als die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte in einem Gefecht.

Taktik, Strategie und Prinzipien im Fußball

Auf den Fußball bezogen ließe sich das ungefähr so übersetzen: Die Strategie bezeichnet einen übergeordneten Plan, während Taktik den Einsatz der einzelnen Spieler zum Erreichen der durch die Strategie festgelegten Ziele meint.

Spricht man im Fußball von der Strategie, kann diese sich auf einen langfristigen Zeitraum beziehen (beispielsweise einen dominanten Ballbesitzfußball etablieren, um die sportlichen Ziele in Einklang mit der Philosophie des Vereins zu erreichen). Sie kann aber auch den Matchplan für eine Partie meinen.

Wenn der FC Bayern gegen den 1. FSV Mainz 05 spielt, dann ist damit zu rechnen, dass Mainz das Team mit dem geringeren Ballbesitzanteil sein wird. Die Strategie der Bayern dürfte deshalb darauf ausgelegt sein, dominant, ballbesitzorientiert und offensiv aufzutreten. Taktische Mittel dafür könnten kluge Laufwege der Mittelfeldspieler in die Zwischenlinienräume, provozierte und lancierte Eins-gegen-eins-Duelle auf den Außenbahnen, und oder das gezielte Bespielen eines bestimmten Raumes sein, den man beim Gegner als Schwäche ausgemacht hat.

Taktische Flexibilität

Gerade das letztgenannte Beispiel zeigt, dass die taktischen Mittel für die Erreichung eines durch die Strategie vorgegebenen Ziels nicht immer gleich sein müssen. Jede Mannschaft hat unterschiedliche Stärken und Schwächen und dementsprechend muss ein Trainerteam idealerweise genau analysieren, wo diese liegen, um die eigenen taktischen Mittel anpassen zu können.

Diese Flexibilität macht auf hohem Niveau nicht selten den Unterschied. Doch viele Trainer stellen dabei auch gewisse Prinzipien auf. Ein weiterer Begriff, der etwas undurchsichtig sein kann. Julian Nagelsmann beispielsweise sagte 2016: „Wichtig ist, dass meine Spieler die Prinzipien, die wir haben, am Wochenende gut auf den Rasen bekommen.“

Gegenüber dem Magazin 11Freunde benannte der aktuelle Leipzig-Trainer sogar die genaue Anzahl der Prinzipien, die er damals in Hoffenheim vorgab: 31. Taktik-Experte Tobias Escher analysierte einige dieser Prinzipien in seinem Buch Die Zeit der Strategen. So beziehen sich die meisten von ihnen auf das Spiel mit dem Ball.

Prinzipien

Zum Beispiel sollten seine Spieler den Ball möglichst nicht mit einem Kontakt weiterspielen. Was zunächst merkwürdig klingt, weil ein zweiter Kontakt häufig Zeit kostet, ist für Nagelsmann schnell erklärt. Genauigkeit ist ihm wichtiger als Tempo. So erklärte er einst der FAZ: „Ich bringe von zehn Angriffen lieber acht zum Abschluss, auch wenn es einen Tick länger dauert, als nur zwei zum Abschluss zu bringen und es geht rasend schnell.“

Weiterhin beschreibt Escher in seinem Buch das „Prinzip der Breite“, das vorsieht, dass das Spiel so breit wie nötig, aber nicht so breit wie möglich gemacht wird. Das Ziel: Zwar Abstand zum Gegenspieler halten, um an ihm vorbeigehen zu können, gleichzeitig aber auch nah genug dran sein, um gute Gegenpressingmomente erzeugen zu können.

In Abgrenzung zur Taktik könnte man Prinzipien also als Standards bezeichnen, die für jedes Spiel gelten. Sie sollen ebenso wie taktische Mittel dabei helfen, die strategischen Ziele zu erreichen. Gleichzeitig verlieren sie ihre Gültigkeit aber nicht durch andere Umstände. Taktische Mittel hingegen wechseln je nach Bedarf und Veränderung der äußeren Faktoren (Gegner, Spielgeschichte, Spielsituation …).

Ein abschließendes fiktives Beispiel: Die Strategie eines Teams sei es, dominanten und geduldigen Ballbesitzfußball zu spielen. Als Taktische Mittel greift der Trainer dafür auf Überzahlsituationen durch Überladungen und die Fokussierung des linken Halbraums im Aufbauspiel zurück, weil er dort eine besondere Anfälligkeit des Gegners ausgemacht hat. Dieses taktische Mittel setzt vor allem das Prinzip der ballnahen Unterstützung um, das unser fiktiver Trainer hoch schätzt. Er hat festgelegt, dass es ein Grundsatz des eigenen Spiels ist, dass die Mitspieler in Ballnähe Dreiecke und Rauten bilden, den ballführenden Spieler unterstützen und gleichzeitig versuchen, sich nicht gegenseitig auf den Füßen zu stehen – was zudem einem ebenfalls fiktiven Prinzip des Abstands entspricht (frei nach Nagelsmann: sei so nah an deinem Mitspieler dran wie nötig, aber nicht so nah wie möglich).

Das Beispiel zeigt, dass die Grenzen zwischen Taktik und Prinzipien etwas unschärfer sind als die Abgrenzung zur Strategie. Dennoch sollte deutlich werden, dass beides nicht dieselben Prozesse meint. Während das taktische Mittel sich hier dem Gegner anpasst (Fokussierung linker Halbraum), folgt es den eigenen grundsätzlichen Prinzipien (ballnahe Unterstützung, Abstände, vielleicht auch die Vorgabe, kurz hinten herauszuspielen usw.).

Merkzettel

  • Die Strategie ist der übergeordnete Plan, der für eine einzelne Partie oder einen langfristigen Zeitraum festgelegt wird.
  • Taktik wiederum meint all jene Mittel, die zur Erreichung der strategischen Ziele genutzt werden. Sie können von Spiel zu Spiel, aber auch von Situation zu Situation variieren.
  • Prinzipien sind hingegen weniger flexibel. Sie sind Grundsätze des eigenen Spiels, die durch taktische Mittel zwar unterschiedlich eingesetzt werden können, letztendlich aber immer ihre Gültigkeit behalten.
  • Taktik und Prinzipien sind nicht trennscharf auseinander zu halten, meinen aber jeweils etwas anderes.