1:0! Schalke mit Ballbesitz erdrückt

Maurice Trenner 03.03.2020

Pokalabend. FC Schalke gegen Bayern München. Was früher zu großen Duellen führte, war in dieser Saison eine eindeutige Sache. Mit 3:0 und 5:0 hatte man die Königsblauen in den direkten Duellen deutlich geschlagen.

Falls ihr es verpasst habt

Die Aufstellungen

Im Vergleich zum Spiel am Wochenende bei seinem Ex-Verein wechselte Trainer Hansi Flick auf zwei Positionen. Goretzka und Tolisso rückten für Boateng und Torschütze Zirkzee in die Startelf und bildeten mit Thiago das Mittelfeldtrio. Kimmich durfte somit nach langer Zeit einmal wieder in der Innenverteidigung ran, da Boateng krank und Hernández verletzt fehlten. Interessanterweise blieb Pavard auf der Rechtsverteidigerposition. Im Sturm bildeten Coutinho, Müller und Gnabry die Dreierreihe.

Auf der Bank saß neben dem wiedergenesenen Martínez und Winterneuzugang Odriozola ansonsten die Cremé de la Cremé der Bayern-Amateure. Mit Dajaku und Batista-Meier saßen somit auch zwei Akteure auf der Bank, die morgen die bayerische U19 gegen Dinamo Zagreb zum Sieg in der UEFA Youth League schießen sollen.

Auf Seiten der Schalker wechselte Coach David Wagner munter durch. Kabak, Harit, Gregoritsch und Raman mussten zu Beginn im Kalten sitzen. Die prominenteste Änderung erfolgte im Tor. Dort ersetzte Schubert den bisherigen Stammkeeper Nübel, der in den vorigen Partien nicht fehlerfrei spielte. Der Jugendnationalspieler wechselt zudem bekanntermaßen im Sommer an die Isar. 

Die erste Halbzeit

Die Sturmreihe sortierte sich zu Beginn mit Müller als Neuner, Gnabry auf dem rechten und Coutinho auf dem linken Flügel. Die erste Chance des Spiels gehörte allerdings den Hausherren. Ex-Bayer Schöpf zirkelte aus der Distanz am Pfosten vorbei.

Auch in der Folge schafften es die Schalker durch ihr tiefes 5-4-1 die Bayern weit nach vorne zu locken. Durch ein Doppeln auf den Außen machte man gerade Davies seine gefürchteten Tempoläufe schwer. Gleichzeitig blieb man bei Kontern gefährlich, da man die weit aufgerückten Münchner immer wieder überspielen konnte. So entstand auch die größte Chance der Schalker, als McKennie auf Burgstaller flankte, der sich in den Ball warf, aber nur die Latte traf.

Aus einer ähnlichen Situation kam Schalke sogar zu einem Tor, das jedoch zurecht wegen Abseits aberkannt wurde. Matondo lief mit Tempo auf die unsortierte Münchner Hintermannschaft zu und steckte den Ball zu Burgstaller durch, der einschob. Der Stürmer stand dabei jedoch einen halben Meter im Abseits.

Die einzigen Chancen der Gäste ergaben sich zu diesem Zeitpunkt durch Abpraller. Pavard und Müller scheiterten jedoch aus der Distanz an Schubert. Die größte Chance der Münchner war ausgerechnet ein Kopfball von Todibo, der seinen eigenen Keeper zu einer Glanzparade zwang.  

Der beste Spielmacher bei den Roten war an diesem Abend der Zufall. So auch beim Führungstreffer: Eine Ecke von Coutinho klärte Schalke vor die Füße von Kimmich, der aus sechzehn Metern den Ball per Dropkick nahm. Sein Schuss hoppelte ins Tor (40.). Mit der 1:0-Führung ging es nach einer insgesamt ernüchternden Hälfte zum Pausentee.

Die zweite Halbzeit

Ohne Wechsel ging es in der zweiten Halbzeit weiter. Und so lief das Spiel auch wie schon in Hälfte eins. Bayern mit erdrückend viel Ballbesitz, aber ohne jeglichen echten Zug zum Tor. Alleine vereinzelte Ecken vermochten etwas Torgefahr zu versprühen. Zwar waren die Schalker harmlos, jedoch war der Vorsprung der Münchner alles andere als komfortabel.

Nach einer Stunde traf Coutinho aus der Distanz per sehenswertem Abschluss die Latte. Die Szene stellte das absolute Highlight der zweiten Halbzeit bis dahin dar. Wagner reagierte als Erster und brachte Raman für Boujellab, um die Offensive zu stärken. Eine Minute später hatte der Joker eine Riesenchance zum Ausgleich. Erneut enteilte Matondo der Münchner Defensive. Seine Hereingabe konnte Raman aus fünf Metern nicht verwerten. Thiago hatte den Schützen im letzten Moment durch ein Spitzeln des Balls noch stören können.

Das Spiel wurde nun etwas intensiver. Die Bayern-Spieler wussten nun, dass sie hier den Deckel drauf machen müssen. Gnabry und Müller kamen innerhalb kurzer Zeit zu guten Chancen. Am sehenswertesten war sicher ein Fallrückzieher von Goretzka, der jedoch zu hoch angesetzt war. 

Während die Zeit den Schalkern weglief, brachte Wagner Kutucu für seinen gefährlichsten Spieler Matondo. Bei den Bayern ersetzte Zirkzee den blassen Tolisso. Dadurch rückte Müller zurück ins Mittelfeld. Als letzten Wechsel auf Seiten der Königsblauen sollte Gregoritsch die Offensive zum Laufen bringen. Doch auch der Österreicher vermochte das Ruder nicht mehr herumreißen.

Am Ende einer ereignisarmen Partie steht letztlich ein glanzloser 1:0-Sieg. Dank dessen zieht der Rekordmeister also ins Halbfinale des DFB-Pokals ein. Der Matchplan von Wagner, selbst bei Rückstand in der 85. Minute noch auf Konter zu spielen, wird auch nach dem Abpfiff nicht ganz klar. Den Bayern soll es jedoch recht sein. Das Halbfinale wird am 21./22. April ausgetragen.

Drei Dinge, die auffielen

1. Flicks Plan mit Tolisso und Goretzka

Die Aufstellung mit Tolisso und Goretzka überraschte beim ersten Lesen zumindest ein bisschen. In der Vergangenheit waren sich die beiden Spielertypen oft zu ähnlich gewesen, verfügen sie doch über sehr ähnliche Qualitäten. Nach wenigen Minuten war der Plan, den sich Flick ausgedacht hatte, jedoch auf dem Rasen sichtbar.

Ohne den etatmäßigen Stürmer Lewandowski und Youngstar Zirkzee sollten die beiden offensiv starken Mittelfeldspieler immer wieder Müller im Sturmzentrum unterstützen. Oder gar ersetzen, wenn der Raumdeuter mal wieder auf einen seiner Läufe ging. Bei Verlagerungen auf die Außen sollten beide zudem in den Strafraum nachrücken, um durch ihre Läufe Überzahlsituationen zu kreieren und damit die Verteidigung zu falschen Zuordnungen zwingen. Gerade bei Flanken sind beide eine Gefahr sowohl in der Luft als auch bei zweiten Bällen. Man könnte fast meinen, dass es Absicht war auf diesen zweiten Ball zu spekulieren und daher mehr Risiko in die langen Bälle zu legen. 

Was den Bayern damit aber abging, waren zwingende Momente im Spielaufbau. Oft standen Alaba und Kimmich vierzig Meter vor dem Schalker Tor als letzte Spieler. Allzu oft schoben sie den Ball mit Thiago im Dreieck hin und her, während Tolisso, Goretzka und Müller auf einer Linie mit der Schalker Fünferkette standen. Ohne Staffelung gab es auch keine Verbindungen in die Spitze.

Dies führte dazu, dass sich die Bayern über die gesamte Partie kaum Chancen aus dem Spiel kreieren konnten. 

2. Alaba ist noch nicht Prime-Boateng

Bereits am Wochenende hatte man es immer wieder gesehen: Der lange Ball ist zurück. Als Mittel, um die tiefstehenden Schalker zu überspielen, versuchten die Münchner immer wieder auf hohe und weite Pässe über die Abwehrkette zu setzen. Gerade in den Anfangsminuten wollte man hier mit getimten Laufwegen und genauen Pässen in den Sprint Schalke überrumpeln.

Allerdings zeigte sich, dass die Abstimmung hierfür noch fehlte. Einige Bälle verendeten im Nirgendwo, während andere zwar den Weg zum Mitspieler fanden, jedoch nicht zu Chancen führten. Während besonders Alaba bei langen Bällen in den letzten Wochen besonders brillierte, ist der (Aushilfs-)Innenverteidiger noch nicht auf dem Niveau angekommen, das Boateng – oder auch Hummels – zu seiner besten Zeit hatte. Es wird also noch etwas dauern, bis der Österreicher gegnerische Hintermannschaften so gekonnt filetiert, wie es sein Mitspieler unter Guardiola vermochte. 

Andererseits gehören zu einem Pass natürlich immer zwei Spieler. Mit Lewandowski fehlt Alaba hier der Konterpart, der sonst oft als Empfänger auf einem langen Ball steht und diese auch hervorragend antizipiert. Diese Harmonie war mit Müller, Goretzka und Tolisso so nicht gegeben. Es wird spannend zu sehen sein, ob Flick diesen Ansatz in der Zeit ohne Lewandowski gegen tiefstehende Teams weiter verwenden wird. 

3. Die Mär der Konterabsicherung

Einhergehend mit der hohen Positionierung der Münchner im eigenen Angriffsspiel, schlich sich auch ein alter Bekannter ins Bayern-Spiel ein. Die Konterabsicherung war speziell in der ersten Hälfte sehr wackelig. Schalke kam gleich mehrmals durch schnelle Angriffe zu gefährlichen Chancen. Zur Pause hätte man sich – nur basierend auf den Chancen – sogar über einen Rückstand nicht beschweren dürfen.

Die Kombination aus zwei hohen Achtern plus weit nach vorne geschobenen Außenverteidigern stellte sich als höchst riskant heraus. Bei einem einfachen Ballverlust, beispielsweise nach einem misslungenen langen Ball, waren die zentralen Kimmich, Alaba und Thiago oftmals auf sich alleine gestellt. Gerade der schnelle Matondo bereitete diesem Trio dann einige Probleme.

Es hat seinen Grund, warum Flick am liebsten mit Thiago und Kimmich im Mittelfeld spielt. Deren Stärken liegen nicht nur im Spielaufbau, sondern auch im Spiel ohne Ball. Das kommt sowohl beim Gegenpressing aber auch in der Absicherung zu Tage. Flick wird sicher hoffen, dass ihm Hernández und Boateng bald wieder zur Verfügung stehen, damit er sein Mittelfeld-Duo wieder aufstellen kann.