Bayern-Frauen jubeln über Tor von Nicole Rolser gegen 1. FFC Frankfurt, Gina Lewandowski, Simone Laudehr, Leonie Maier, Yuki Nagasato; C: Patrick Richter

Rolser sichert knappen Sieg der Bayern gegen Frankfurt

Jolle Trenner 18.11.2016

Kein geringerer als der 1. FFC Frankfurt hieß am vergangenen Sonntag der Gegner in der Hermann-Gerland-Kampfbahn, wo die Bayern in einer knappen, aber doch überlegenen Partie dafür sorgten, dass die drei zu vergebenden Punkte in München blieben. Und diese Punkte waren richtig wichtig. Denn mit ihnen tankte sich das Team aus München direkt heran an den Nacken des Tabellenführers aus Potsdam.

Das gelang ihnen, obwohl die Roten von Verletzungen stark gebeutelt sind und Flügeldribblerin Anna Gerhardt derzeit bei der U20-WM in Papua-Neuguinea Kurs aufs Viertelfinale hält.

Gegen Frankfurt setzte Trainer Tom Wörle auf dieselbe Startelf, die nur Tage zuvor in München den 4:0-Hinspielsieg gegen die Russinnen besorgt hatten. Stefanie van der Gragt spielte mit Gesichtsmaske und auch Sara Däbritz, Ex-Frankfurterin Simone Laudehr und Kapitänin Melanie Behringer schleppten sich angeschlagen in das Match.

Gut möglich, dass Bayern gegen ein Frankfurt aus dem vergangenen April in dieser Verfassung nicht gewonnen hätte. Damals beendeten die Hessinnen die fast ewige Siegesserie des FCB von 40 ungeschlagenen Bundesligaspielen in Folge. In einem interessanten 6-2-2/4-2-4 rückten sie damals weit auf, störten die Bayern früh und — das darf nicht unerwähnt bleiben — konnten dabei noch auf Größen wie Simone Laudehr, Kerstin Garefrekes und Dzsenifer Marozsán setzen. Mittlerweile arbeitet Frankfurt-Trainer Matt Ross am Umbruch seines verjüngten Teams.

„[Gegen Freiburg und Wolfsburg] haben wir gezeigt, was mit hoher Konzentration, einer guten Kommunikation und Organisation auf dem Platz sowie mit der nötigen Einstellung möglich ist. […] Darüber hinaus wollen wir aber auch fußballerisch den nächsten Schritt nach vorne machen und unserer Philosophie, jungen Spielerinnen auch in solchen Partien Einsatzzeiten zu geben, treu bleiben.“
FFC-Cheftrainer Matt Ross vor dem Spiel auf ffc-frankfurt.de

Falls Ihr es verpasst habt:

Dementsprechend zurückhaltend ging der FFC Frankfurt seine Aufgabe an. Die Gäste gingen früh auf Ball und Gegnerinnen, sofern sie sich bereits beim Abstoß der Bayern positionieren konnten. Dabei störten Mandy Islacker und Lise Munk in erster Reihe.

FC Bayern Frauen - 1. FFC Frankfurt, 1:0, 13.11.2016, GrundformationenFC Bayern – FFC Frankfurt, Grundformationen

Ansonsten war ihnen der zügige und geordnete Gang in die weit hinten aufgestellte 4-4-2-Defensivformation das wichtigste Anliegen. Das sehr ordentliche, konzentrierte und kollektive Verschieben des Teams aus Frankfurt verdeutlichte, dass Matt Ross intensiv mit seinen Spielerinnen daran gearbeitet hatte.

Die Bayern machten dagegen das Spiel und hatten mehr vom Ball, obwohl sie ihn nicht mit langen Stafetten in ihren Reihen hielten. Vielmehr spielten beide Teams zügig vertikal in die Spitze. Den Gastgeberinnen gelang es jedoch besser, nach Ballverlusten schnell wieder in dessen Besitz zu kommen. Viele Strafraumszenen hatte das Spiel nicht zu bieten. Die meisten Abschlüsse erarbeiteten sich beide Teams nach Freistößen und Ecken sowie aus der Distanz.

Beim 1:0 staubte Nicole Rolser ab, nachdem Desirée Schumann den Schuss von Vivianne Miedema noch glänzend pariert hatte (27.). Gäste-Kapitänin Saskia Bartusiak löffelte dann kurz vor der Pause die größte Frankfurter Möglichkeit nach Ecke frei vorm Tor stehend über den Querbalken (38.). Nach der Pause drängten die Gäste auf den Ausgleich, dem Yūki Nagasato (früher Ōgimi) und Jackie Groenen am nächsten kamen. Bayern drängte erst in der Schlussphase wieder gefährlicher aufs Tor, doch am Endstand änderte keine der zwei Mannschaften mehr etwas.

3 Dinge, die auffielen

1. Aushebeln des Pressings durch situative Dreierkette

Auf dem Papier gingen die Bayern in einem 4-4-2 aufs Feld und das mag in der Defensivformation so auch samt flachem Mittelfeldband der Fall gewesen sein. In Ballbesitz füllten einige Bayernspielerinnen allerdings sehr interessante Rollen aus. Sobald Frankfurt beim Abstoß Korpelas die beiden Innenverteidigerinnen anlaufen wollten, positionierten diese sich sehr tief (10-16m vor der Torauslinie) und äußerst breit im jeweiligen Halbraum zwischen Strafraumbegrenzung und Seitenauslinie. Verfolgten Islacker und Munk sie dorthin, war der Pass auf Melanie Behringer ins defensive Mittelfeld frei. Blieben sie zentraler, ließ sich Behringer zwischen die Innenverteidigung fallen und formierte mit den beiden eine Dreierkette, um Überzahl gegenüber Frankfurts Doppelspitze zu bilden.

Da die Außenbahn offensiv durch Lisa Evans und Simone Laudehr besetzt war, konnten Gina Lewandowski und Leonie Maier, die beiden Außenverteidigerinnen der Bayern, die Vakanz im Mittelfeld durch Einrücken in den Sechserraum füllen und für Anspiele durch Korpela und die Dreierkette bereitstehen.

2. Schnelles Vertikalspiel statt Querkombinationen

Eins der größten Probleme, die eine Defensive einem ballbesitzorientierten Team bereiten kann, ist ein tiefstehender, engmaschiger Abwehrblock. Es droht ein Passmuster in Form des gefürchteten „U“: über die Flanke nach vorn, kein Weg zum Tor, also zurück und über die andere Seite versucht. Louis van Gaal lässt grüßen. Ballbesitz ohne Biss. Irgendwann die verzweifelten Flankenversuche, die dann von den Köpfen der Innenverteidigung geklärt oder vom Torwart gepflückt werden. Die Ballbesitzquote schreit: „Wir sind dominant!“ Die Anzahl der Schlüsselpässe und die Zonen der Torschüsse gähnen: „zz zzZ z zz ZZ z Z z“ und der Gegner feixt: „Komm nur“.

Ein Team, das selbst auf Konter spielt, kann meist nur durch Gegenpressing in einen Gegenkonter gezwungen werden. Ansonsten heißt es: Anlaufen gegen den Defensivblock, versuchen, zwischen die Linien des Gegners zu kommen, das Tempo hochhalten, um die Defensive auszuzehren, präzise und schnelle Pässe, häufige Seitenverlagerungen, um die Verteidigung laufen zu lassen und Lücken aufzureißen. Wenn es dann zu einem Torerfolg kommt, dann häufig durch ein Überraschungsmoment und die individuelle Qualität eines Einzelspielers, der sich auf engstem Raum durchsetzen kann.

In den letzten zwei Spielzeiten hatten die Bayern häufig das „Vergnügen“ eines solchen Steineklopfens. Nun, wo auch zentrale Ideen- und Impulsgeberin Melanie Leupolz verletzt ausfiel, versuchten die Bayern so schnell in den Angriff zu kommen, dass sich die Verteidigung noch gar nicht hat formieren können. Beim Umschaltspiel nach Ballgewinnen in der eigenen Hälfte gingen die Bälle schnellstmöglich auf Miedema oder Däbritz, die dann entweder direkt in die Spitze auf Rolser durchspielten oder aber die Seite zum durchstartenden Flügel wechselten. War die Spitze noch nicht besetzt, so ließen Miedema oder Däbritz den Ball nochmal zurückklatschen und starteten dann selbst im höchsten Tempo durch.

Auch Nora Holstad passte in geordneten Angriffen im linken Halbraum gern direkt Laudehr oder Rolser in der Spitze an und überspielte so — flach oder hoch — das zweite Drittel samt Gegnerformation komplett. Tom Wörle beweist, dass er imstande ist, dem Team weitere Facetten zu verleihen und neue Lösungswege an die Hand zu geben — und das selbst in Zeiten, in denen das Team viele Ausfälle zu kompensieren hat.

3. Überragendes Positionsspiel von Lewandowski und Miedema

Vivianne Miedema ist die geborene Strafraumstürmerin. Doch mit Nicole Rolser hat Bayern eine weitere Angreiferin, die aufgrund ihrer hervorragenden Ballverarbeitung trotz ihrer fehlenden Statur Bälle festmachen und Tore schießen kann. Also setzte Wörle Miedema interessanterweise mit einer Achterrolle ein. Während sich Behringer tief für das Ankurbeln des Spiels verantwortlich zeigte und ihr vermeintliches Doppelsechs-Pendant Däbritz wesentlich höher im linken offensiven Mittelfeld für die Entwicklung des Angriffsspiels zuständig war, kam zumindest für kurze Anspiele Miedema die Rolle der zweiten Acht neben Däbritz im rechten Halbraum zu. Defensiv presste sie auf die dominante Sechs Frankfurts, Sophie Schmidt, und verrichtete so auch wertvolle Abwehrarbeit, wenn Evans und Rolser in der ersten Linie pressten.

Überall auf dem Platz zu finden war zudem Gina „Pferdelunge“ Lewandowski. Auch sie sorgte im linken Halbraum für Vertikalität, wenn Laudehr an der linken Außenlinie spielte, stand sie nur Sekunden später im Strafraum für Zuspiele bereit oder pflügte, falls es Laudehr in die Zentrale zog, über die Außenbahn die Linie auf und ab. Timing und Intensität waren bei dieser facettenreichen Rolle exzellent.

Auch hat die Intensität der gesamten Mannschaft gestimmt. Miedema, Rolser und Evans zeigten ein gutes Rückwärtspressing. Bei Einwürfen Frankfurts befand sich keine einzige Bayernspielerin jenseits der vertikalen Mittellinie auf der ballfernen Seite.

Nach dem Lösen des CL-Viertelfinaltickets müssen die Bayern am Sonntag gegen Aufsteiger Gladbach drei Punkte einfahren, um den Druck auf Potsdam hochzuhalten.

FC Bayern München Frauen – 1. FFC Frankfurt
Bayern Korpela – Lewandowski, Holstad, van der Gragt, Maier – Behringer (72. Behringer), Däbritz – Laudehr, Evans (84. Baunach) – Rolser, Miedema (75. Abbé)
Bank Weimar, Faißt, Falknor, Wieder
Frankfurt Schumann – Störzel, Bartusiak, Nietgen, Prieße – Hendrich, Schmidt – Nagasato, Munk (64. Pawollek), Groenen – Islacker
Tore 1:0 Rolser (27.)
Karten -/Hendrich (55.), Schmidt (90.)
Schiedsrichterinnen Ines Appelmann (Alzey), Christina Biehl (Siesbach), Hanna Schlemmer (Nußbach)
Zuschauer 610