Miasanrot Mailbag: Wie sieht der Kader in Zukunft aus?

Justin Trenner 10.11.2016

Zu Beginn der Länderspielpause haben wir einige Fragen gesammelt. Vorweg schon mal großen Dank für euer Interesse an diesem Format.

Kaderplanung

Mit Joshua Kimmich hat der FC Bayern bereits einen Spieler in seinen Reihen, der fast jede Defensivposition bekleiden kann. Das Potential für einen herausragenden Rechtsverteidiger ist durchaus vorhanden. Allerdings muss der 21-Jährige meiner Meinung nach noch etwas an seinem Defensivverhalten arbeiten. Speziell auf höherem Niveau schien er hier noch das ein oder andere Mal überfordert zu sein. Doch sind das kleinere Defizite, an denen man relativ schnell arbeiten kann.

Externe Spieler gibt es – zumindest in meinem Blickfeld – nur wenige. Eine bei vielen Bayern-Fans recht unbeliebte Variante, die zugleich mein Favorit wäre, ist Mitchell Weiser. Seit seiner letzten FCB-Saison scheint er den Ernst des Profigeschäfts verstanden zu haben. Bei Hertha BSC hat er sich kontinuierlich verbessert. Man weiß nie, was Jogi Löw plant, aber eigentlich dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis er A-Nationalspieler ist.

Die unrealistischste Option wäre wohl Carvajal. Der Spanier ist bereits auf Weltklasse-Niveau. Sollte er irgendwie zu haben sein, sollte Bayern zuschlagen, aber daran glaube ich nicht. Auch Bellerin war immer wieder mal im Gespräch. Mit 21 Jahren ist er noch sehr jung und dementsprechend auch entwicklungsfähig.

Genau aus diesem Grund wäre ich sehr glücklich über eine externe Verpflichtung. Ich sehe Kimmich langfristig im Mittelfeld, weil er dort seine größten Qualitäten hat. Auf der anderen Seite gibt es mehr sehr gute Mittelfeldspieler als Rechtsverteidiger. Kimmich könnte sich dort also als Nachfolger von Lahm langfristig eine Stammplatzgarantie erspielen.

Die wird er mittelfristig aber auch im Zentrum bekommen. Xabi Alonso wird nicht jünger und bereits jetzt zählt der 21-Jährige zu den besten Optionen im Kader. Er hat, um zu einem Fazit zu kommen, auf beiden Positionen enormes Potential. Ich sehe ihn aber eher im Mittelfeld, weil er dort noch viel mehr Einfluss nehmen kann. Schon jetzt zeigt sich: Je mehr Kimmich-Einfluss, umso besser.

Um bei der Kaderplanung zu bleiben, werde ich zunächst die beiden Fragen zu Gnabry und Brandt beantworten. Die beiden Namen fielen auch in weiteren Fragen bereits. Tobias Hahn fragte beispielsweise, ob Brandt überhaupt in Ancelottis System passen würde.

Ich halte Julian Brandt für einen der intelligentesten Offensivspieler Deutschlands. Für mich ist er unter Druck noch einen Tick besser als Leroy Sané. Beide wären Spieler, die dem FC Bayern sehr gut zu Gesicht stehen würden. Sané provoziert mehr Eins-gegen-Eins-Duelle, Brandt ist vielleicht eher ein Spielertyp, der Verbindungen kreiert, aber auch im Dribbling stark ist. Bei Ancelotti rücken die Flügelspieler sehr stark ein. Der Nationalspieler hat bei Leverkusen schon mehrfach bewiesen, dass er sich auch im Halbraum sehr wohl fühlt. Ich glaube er käme mit dieser Rolle daher gut zurecht. Spätestens wenn einer von „Robbery“ nicht mehr da ist, wünsche ich mir Julian Brandt beim FC Bayern.

Serge Gnabry ist hingegen ein großes Fragezeichen. Bei Werder zeigt er derzeit gute Leistungen und geht voran – nicht selbstverständlich für einen jungen Spieler. Mehr ist es aber noch nicht. Aktuell denke ich nicht, dass er ein großes Upgrade zu Costa oder Coman wäre. Ob er jemals das Niveau von Robben oder Ribéry erreichen kann, ist auch mehr als fraglich. Der FCB sollte ihn sicher im Auge haben, aber mehr auch nicht.

Ob Xabi Alonso verlängert, lässt sich nur schwer sagen. Es wird stark davon abhängen, ob er nochmal die Leistung der vergangenen zwei Jahre abrufen kann. Letztendlich halte ich es aber für sinnvoll einen Schlussstrich nach der Saison zu ziehen und Kimmich konsequent als Stammspieler einzusetzen. Er ist bereit für diese Rolle.

Lahm, Hoeneß und der Ancelotti-Fußball

Was Lahm will, erschließt sich mir auch noch nicht ganz. Klar ist aber, dass er auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit aufhören möchte. Kürzlich gingen Gerüchte um, dass das sogar schon im Sommer 2017 sein könnte. Was ich am Kapitän sehr schätze, ist seine Selbstreflexion. Er kann in jeder Situation realistisch einschätzen, wo er sich befindet. In der Redaktion bezeichneten wir ihn letztens als Hybrid aus Sammer und Rummenigge. Wichtig wird sein, dass der FC Bayern ihn im Verein hält – am besten in einer wichtigen Position.

Von Uli Hoeneß erwarte ich mir mehr internen, aber vor allem externen Druck. Ich habe derzeit das Gefühl, dass der FC Bayern zu locker mit kleineren Problemen umgeht. Sicherlich ist es keine katastrophale Situation, aber ein Sammer’sches Mahnen fehlt mir trotzdem. Nur wenn Fokus und Anspannung immer hoch bleiben, wird man am Ende auch mit der Meisterschale belohnt.

Das bringt mich auch zur letzten Antwort auf diesen Fragen-Marathon von @fcblogin: Ja, der FC Bayern hat qualitativ unter Ancelotti einen Rückschritt gemacht, aber einen erwartbaren. Taktisch ist Pep Guardiola eine andere Hausnummer.

Das soll nicht heißen, dass Ancelotti nicht vielleicht doch erfolgreicher wird, was die Titel anbelangt. Der Fußball, den die Mannschaft in den vergangenen drei Jahren gespielt hat, war jedoch nah an der Perfektion. In dieser Saison ist das Team wieder menschlicher und angreifbarer. Das merken auch die Gegner, die sich zu großen Teilen deutlich mehr zutrauen. Der Italiener wird sich, denke ich, maximal 2-3 Jahre halten. Anschließend werden die Münchner wieder einen Lehrer suchen, was mich zur nächsten Frage bringt…

Wer könnte ein potentieller Nachfolger sein?

Mal abgesehen von Pep Guardiola, der wohl so schnell nicht mehr zurückkehren wird, sind meine drei Favoriten tatsächlich Sampaoli, Nagelsmann und Tuchel – genau in dieser Reihenfolge. Ersterer zeigt derzeit bei Sevilla, welch großartiger Trainer er ist. Schon als Nationaltrainer von Chile ließ er ein unglaublich intensives, variables und kreatives System praktizieren. Nagelsmann ist einer für die Zukunft. Aktuell ist er vielleicht noch zu unerfahren, auch wenn das altbacken klingt. In Hoffenheim hat er deutlich weniger Druck. In einigen Jahren dürfte er eine Option sein.

Tuchel durchschreitet gerade sein erstes kleineres Loch. Er ist eher eine Light-Version von Guardiola, zählt aber aufgrund seiner fast schon besessenen Art zu meinem Favoritenkreis. Grundsätzlich wünsche ich mir für die Zeit nach Carlo wieder einen Trainer, der viel probiert, kreativ ist und Abwechslung reinbringt.

Müllers Rolle, Thiagos Zukunft und Steffens Liebling

Müller sehe ich im 4-3-3 eher als Freigeist hinter den drei Angreifern, also auf der Acht. Die Rolle als extrem einkippender Flügelstürmer gefiel mir zwar, aber sie offenbarte auch die Schwäche, dass nur noch ein Spieler für die Eins-gegen-Eins-Duelle vorhanden war. Grundsätzlich bin ich für einen Systemwechsel. In den wichtigen Spielen muss Thomas Müller auf dem Platz stehen. Seine aktuelle Krise ist eine reine Abschlusskrise, die vielerorts zu mehr gemacht wird, als sie tatsächlich ist. Um Müller mache ich mir keine Sorgen.

Thiago kann beides und er ist auf beiden Positionen gleichermaßen wichtig. Für mich ist er der zentrale Spieler in dieser Saison. Gegen hochpressende Gegner macht es durchaus Sinn den Spanier auf der Sechs zu positionieren, um alle engen Spielsituationen aufzulösen.

Ein Profi würde, um seinen Rausschmiss zu vermeiden, vorsichtig sagen, dass ihn alle Paraden gleichermaßen beeindruckt haben und Oliver Kahn einer Gottheit gleiche. Ich bin aber kein Profi, daher schmeiße ich mich selbst ins kalte Wasser und riskiere a Watschn vom Kultblogger.

Stark fand ich unter anderem, wie er Jürgen Klopp pariert hat.

Im Ernst: Ich komme nicht an der vorletzten Parade im Video vorbei (4:58):

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Es gab sehr viele Fragen und dementsprechend wird es zeitnah noch einen zweiten Teil geben. Falls ihr noch welche habt, stellt sie gerne in den Kommentaren.