Ein Kommentar: Kein Sommermärchen

Jan Trenner 15.12.2016

Letzte Woche Freitagabend um kurz vor halb Neun. Viele dürften inzwischen durch das Bayern-Magazin, das offizielle FCB-Stadionheft, geblättert haben. Wieso auch nicht, ist es doch eine nicht immer spannende, aber mindestens kurzweilige Lektüre. Vorbereitung auf die Partie gegen Wolfsburg eben.

Dass es darin um mehr als Sport geht – es eher wie eine TV-Zeitschrift ist -, ist inzwischen zum Standard geworden. So verstecken sich in den »Geschenktipps« mehrere Bücher, die mit einer kurzen Rezension empfohlen werden.

Anscheinend hat nur Einer genau gelesen. Alex Feuerherdt twitterte am Samstagabend zur erwähnten Uhrzeit:

Halt. Moment! Was steht dort?

Das raffinierte Buchkonzept über Deutschlands erstes Sommermärchen nimmt den Leser sofort gefangen und sorgt für das größte Lob, das ein Buch erhalten kann: es lässt einen nicht mehr los.
Bayern-Magazin 16|17, Seite 66

Deutschlands erstes Sommermärchen? In Verbindung mit dem Jahr 1936?

Zeit für einen kurzen Exkurs in die Geschichte: Adolf Hitler ist bereits an der Macht, die Nationalsozialisten nutzen die Olympischen Spiele 1936 als propagandistische Inszenierungsfläche. Juden und andere Minderheiten werden verfolgt, der Krieg bereits vorbereitet.

Puh. Wie bekommt der Autor der Buchrezension hier den Gedankengang zum Sommermärchen hin?

Eine Verknüpfung, die zu Oliver Hilmes Buch »Berlin 1936« absolut nicht passend scheint. Auch eine versteckte Kritik, die Verwendung von »Sommermärchen« zur Darstellung der Kontraste dieser Zeit, wird nicht deutlich.

Rezensionen betonen, wie gelungen Hilmer das Licht auf einzelne Personen richtet und ihre Situation mit Blick auf Deutschland unter den Nationalsozialisten beleuchtet. Welcher Konflikt zwischen öffentlicher Inszenierung und den Vorgängen im Land besteht.

Die ZEIT trifft den Ton besser. Zur Einordnung:

Der Historiker Oliver Hilmes nimmt seine Leser in “Berlin 1936” mit in eine Stadt, die vom Nationalsozialismus überschattet wird und zugleich im Glanz der Olympischen Spiele erstrahlt. […] dass sein geliebtes Deutschland noch ein anderes, hässliches Gesicht besitzt und wird letztlich verstört wieder zurückreisen.
Zeit.de

Nicht jedes große, deutsche Sportereignis ist ein Sommermärchen. Die Olympischen Spiele 1936 waren definitiv kein Sommermärchen.

Man muss nicht immer und immer wieder die Kurt-Landauer-Erinnerungen bemühen, aber das Fingerspitzengefühl des Vereins im Umgang mit dem Nationalsozialismus sollte überall vertreten sein – auch im Werbeteil seines Stadionheftes.

So bleibt beim Lesen der Geschenketipps ein mulmiges Gefühl. Und dank Alex der Hinweis auf diesen Fehler.

P.S. Es bleibt zu hoffen, dass beim Retterspiel für die Offenbacher Kickers der Blick nicht nur auf die abgewendete Insolvenz gerichtet wird. Gründe zur Sorge & für Engagement gibt es genug. Hier, hier oder hier zum Beispiel.

»Ein Kommentar« ist ein (hoffentlich) wöchentlich erscheinendes Meinungsstück, das Themen aufgreift, denen ein wenig Beachtung gut tun würde. Mehr Kolumne, weniger Analyse.

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  1. MUSS man denn immer wieder Sport mit Politik verbinden? Auch 1936 erfreuten sich die Leute der sportlichen Ereignisse – egal wer damals an der Macht war. Aber manche, die damals gar nicht gelebt haben, sehen es offenbar als ihre Pflicht an, alles zu verdammen, was auch nur irgendwie mit dem NS in Verbindung steht. Schwachsinn !

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    1. Kurzum, wenn ich vor allem das Ende deines Kommentars lese: Ja, muss man.

    2. Ach Holger, sorry, aber das ist Schmarrn. Niemand will hier “alles verdammen”. Es geht Jan (und vorher Alex) darum, dass es einfdach strunzdämlich und absolut unpassend ist, Hitlers Olympische Sommerspiele in Berlin als “Sommermärchen” zu bezeichnen. Nicht mehr, nicht weniger.

      Das gilt insbesondere wenn man sich das Motto des 2006er Sommermärchens vor Augen führt: Die Welt zu Gast bei Freunden. Willst du das mit 1936 gleichsetzen? Seriously?

      Vielen Dank für den klaren Standpunkt Jan!

      1. @ Holger: “alles verdammen, was irgendwie mit dem NS in Verbindung steht” – JA, GENAU, MUSS MAN – und darüber dürfte es bei bayernfans, die ihre sinne beisammen haben, auch keine zwei meinungen geben…
        danke an miasnarot für soviel aufmerksamkeit. grad wer sich noch erinnert an die stimmung während der 2006er WM hierzulande, den muss es doch schütteln bei einem dermaßen unpassenden vergleich!

    3. Schön, dass immer wer zur Seite springt und schreit, dass Politik nichts im Stadion zu suchen hat, aber die Klappe hält, wenn ein Spieler rassistisch beleidigt wird.

    4. “Auch 1936 erfreuten sich die Leute der sportlichen Ereignisse – egal wer damals an der Macht war”
      Gilt das auch für jene (Juden, Sozialisten und Kommunisten), die vom Regime verfolgt und physisch wie psychisch angegriffen wurden? Natürlich freuten sich viele über das Ereignis, es sollte aber immer im (historischen) Kontext gesehen werden. Es ist einfach nur hanebüchen, die Olympischen Spiele von 1936 losgelöst vom Nationalsozialismus betrachten zu wollen.

      “Aber manche, die damals gar nicht gelebt haben, sehen es offenbar als ihre Pflicht an, alles zu verdammen, was auch nur irgendwie mit dem NS in Verbindung steht. Schwachsinn!”
      Das verstehe ich nicht ganz, bzw. interepretiere ich deinen Gedankengang möglicherweise nicht richtig. Was meinst du konkret?
      Dass uns Kritik nicht zusteht, weil wir damals nicht lebten?
      Dass die Olympiade von Kritik verschont werden sollte, weil Sport “unpolitisch” ist bzw. “nix dafür kann, wenn ihn ein Regime vereinnahmt”?
      Dass der Nationalsozialismus auch gute Seiten hatte?
      Würde um Aufklärung bitten.

  2. Ein falscher Zungenschlag als Grund für einen Kommentar. Nun gut, meinetwegen. Die Verbindung mit dem Nachsatz erschließt sich mir jedoch nicht. Wo ist der Kontext? Und was ist die Intention des Kommentatoren? Er wirft einen Nachsatz in den Raum. Warum?

    Soll das Benefizspiel in Mißkredit gebracht werden? Soll es abgesagt werden? Soll Offenbach pleite gehen, weil es drei Links gibt, die 3 Jahre, 2 Jahre und 1 Jahr alt sind? Will Jan andeuten, daß man von einigen wenigen auf alle schließen könne?!? Gibt es nicht auch unter den Anhängern von Bayern München schwarze Schafe?!? Und sagt das etwas über Bayern München aus?

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    1. Will Jan andeuten, daß man von einigen wenigen auf alle schließen könne?!?

      Nein, jedoch dass auch die Chance besteht, z.B. das Fanprojekt und die Arbeit gegen Rechts ebenfalls ins Rampenlicht zu stellen. Sich hier zu positionieren.

      Gibt es nicht auch unter den Anhängern von Bayern München schwarze Schafe?!?

      Definitiv. Das Thema ist sogar sehr aktuell.

      Und sagt das etwas über Bayern München aus?

      Auch unsere Vereinswelt ist nicht nur (rosa)rot.

  3. hmm … da fühle ich mich jetzt schon zu einer inhaltlichen Erwiderung aufgerufen. Wobei ich die Buchempfehlung letztlich auch nicht gut finde.

    1. Wir waren 1936 alle nicht dabei. Keiner von uns kann aus eigenem Erleben wiedergeben, wie sich die Bevölkerung – und nur auf die kommt es in diesem Kontext an – anlässlich der beiden Olympiaden in Deutschland gefühlt hat. Man muss das rekonstruieren. Wenn ich versuche, mir selbst eine Meinung zu bilden denke ich, der Vergleich mit dem Sommermärchen 2006 ist gar nicht so falsch.

    2. Zur Erinnerung – zugleich ein kleiner Ursachenhinweis (keine “Rechtfertigung”) zur nationalsozialistischen Machtergreifung: Ende 1932 / Anfang 1933 waren die Lebensumstände der deutschen Bevölkerung ziemlich katastrophal. Nach dem Schwarzen Montag an der New Yorker Börse befanden sich Europa und die USA in der Weltwirtschaftskrise. Die Arbeitslosenzahl betrug damals ca. 6 Mio. – und das war zu einer Zeit, als es fast nur Alleinverdienerehen, viel mehr Geburten und längst keine brauchbare Arbeitslosenversicherung gab. In Deutschland hatte die Demokratie längst ihre Bankrotterklärung abgeben – es regierten diverse Reichskanzler und der damals hochbetagte (eventuell auch beginnend demente) Reichspräsident Hindenburg über Notverordnungen. Ebenso wie in den USA – dort wurde Roosevelt mit seinem “new deal” neuer und höchst erfolgreicher Präsident – bekam auch Deutschland im Jahre 1933 eine neue Regierung. Und diese “regierte durch” – mit zum Teil rabiaten Methoden. Durch das so genannte Ermächtigungsgesetz wurde der Reichstag entmachtet, die Nazis konnten endlich tun was sie schon immer angekündigt hatten. Was eben auch zur Folge hatte, dass etwas getan wurde (das Beispiel “Autobahnen” kennt jeder).

    3. Es ist nun einmal eine historische Tatsache, dass sich die Lebensverhältnisse der deutschen Bevölkerung nach 1933 zunächst verbessert haben (der Nationalsozialismus enthält eben auch so was wie “Sozialismus”). Da war es für viele gar nicht so bedeutsam, als 1935 die Rassengesetze verabschiedet wurden. Das Hemd stand einem deutlich näher als die Moral. Und dann kamen zwei Olympiaden nach Deutschland – das immer noch “Weltkriegsverlierer” war, auch das sollte man bedenken. Dies gab den Nazis die Gelegenheit, das zu tun, was sie am allerbesten konnten. Propaganda. So eigenartig es für viele heute klingen mag – der Nationalsozialismus war damals auch “Jugendkult”. Bei HJ und BDM “konnte man was erleben” (heute heißt das “outdoor”), Nationalsozialismus, das war damals progressiv (!). Wenn sich jetzt einer über meine Formulierung aufregt, sie ist nicht von mir, sie ist von Günter Grass. Ich kann es mir sehr gut vorstellen, dass diese Zeit – es gab noch keinen Krieg, die Judenverfolgung fand im Geheimen und längst nicht so flächendeckend wie ab 1941 statt – von vielen ähnlich empfunden wurde wie 2006 das Sommermärchen. Für viele – gerade auch junge Menschen – war das wohl die bislang schönste Zeit ihres Lebens.
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    Ohne dass ich das Buch gelesen hätte, will ich davon aber trotzdem abraten. Und zwar wegen des Autors (kennt Ihr diese “Krankheit”, dass man, bevor man was liest, erst mal schaut wer es geschrieben hat?). Mir ist Oliver Hilmes als Verfasser von Biographien im Musikalischen Kontext bekannt. Etwa über Franz Liszt, Cosima Wagner oder Alma Mahler-Werfel. Und die taugen recht wenig. Statt Fakten gibt es da viel “Sex & Crime”.

    Jetzt will ich aber nicht abschließen, ohne eine Alternativempfehlung zum Jahr 1936 auszusprechen. “The Boys in the Boat” von Daniel James Brown. Auf Deutsch heißt es “Das Wunder von Berlin. Wie neun Ruderer die Nazis in die Knie zwangen”. Dieser kreuzdämliche, auf reine Verkaufsförderung gedrehte Titel sollte einen nicht davon abhalten, ein wirklich gelungenes Buch zu lesen (und das am besten auf Englisch, also ohne den blöden deutschen Titel – gibts im kindle zum absoluten Kampfpreis).

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    1. Dann doch nochmal ein paar Worte auf den Kommentar von wipf1953:
      erstmal schön, dass sich jemand mehr Gedanken macht als “Politik hat im Stadion nichts zu suchen”. Denn das liest man aktuell viel zu oft.

      “1. Wir waren 1936 alle nicht dabei. Keiner von uns kann aus eigenem Erleben wiedergeben, wie sich die Bevölkerung – und nur auf die kommt es in diesem Kontext an – anlässlich der beiden Olympiaden in Deutschland gefühlt hat. Man muss das rekonstruieren. Wenn ich versuche, mir selbst eine Meinung zu bilden denke ich, der Vergleich mit dem Sommermärchen 2006 ist gar nicht so falsch.”
      Ja, wir waren nicht dabei. Aber wir kennen die Situation: jüdische Sportler wurden zum großen Teil ausgeschlossen. Und das nicht nur im deutschen Team. Auch die US-Amerikaner nahmen jüdische Sportler aus Rücksichtnahme auf Hitler und die restlichen Verbrecher aus dem Team!
      Dazu wurden Sinti und Roma aus dem berliner Stadtbild vertrieben (eingesperrt) und zeitgleich mal ein Lager gebaut, dass man später als KZ Sachsenhausen kennen sollte.
      Ja, für den weißen, arischen Reichsdeutschen waren das sicher gute Spiele. Für den Rest eher nicht.

      “2. Zur Erinnerung – zugleich ein kleiner Ursachenhinweis (keine “Rechtfertigung”) zur nationalsozialistischen Machtergreifung: Ende 1932 / Anfang 1933 waren die Lebensumstände der deutschen Bevölkerung ziemlich katastrophal. Nach dem Schwarzen Montag an der New Yorker Börse befanden sich Europa und die USA in der Weltwirtschaftskrise. Die Arbeitslosenzahl betrug damals ca. 6 Mio. – und das war zu einer Zeit, als es fast nur Alleinverdienerehen, viel mehr Geburten und längst keine brauchbare Arbeitslosenversicherung gab. In Deutschland hatte die Demokratie längst ihre Bankrotterklärung abgeben – es regierten diverse Reichskanzler und der damals hochbetagte (eventuell auch beginnend demente) Reichspräsident Hindenburg über Notverordnungen. Ebenso wie in den USA – dort wurde Roosevelt mit seinem “new deal” neuer und höchst erfolgreicher Präsident – bekam auch Deutschland im Jahre 1933 eine neue Regierung. Und diese “regierte durch” – mit zum Teil rabiaten Methoden. Durch das so genannte Ermächtigungsgesetz wurde der Reichstag entmachtet, die Nazis konnten endlich tun was sie schon immer angekündigt hatten. Was eben auch zur Folge hatte, dass etwas getan wurde (das Beispiel “Autobahnen” kennt jeder).”

      Ich weiß um ehrlich zu sein gar nicht, wo ich da anfangen soll…
      Fangen wir an: ja, den Menschen ging es nicht gut. Und es wurde besser. Aber warum?
      Weil die Nazis Geld ausgaben, dass sie jüdischen, kommunistischen und sonstigen unerwünschten Personen einfach abnahmen. Weil sie diese Gruppen an den Rand drängten, woraufhin Mitläufer und Günstlinge derern Posten einnahmen.
      Des Weiteren muss man klar sagen: die Wirtschaft begann sich weltweit schon vor (!) der Machübernahme zu erholen. Auch davon profitierten die Mörder.
      Und dieses Vorgehen “rabiat” zu nennen ist doch leicht untertrieben.
      Zur Autobahn: schöner Punkt. Leider historisch grenzwertig. Viele der Bahnen wurden schon angefangen zu bauen bzw. der Bau beendet, bevor die Nazis an die Macht kamen. So wurde z.B. die erste Autobahn von Konrad Adenauer in seiner Funktion als Kölner OB eröffnet.

      3. Es ist nun einmal eine historische Tatsache, dass sich die Lebensverhältnisse der deutschen Bevölkerung nach 1933 zunächst verbessert haben (der Nationalsozialismus enthält eben auch so was wie “Sozialismus”). Da war es für viele gar nicht so bedeutsam, als 1935 die Rassengesetze verabschiedet wurden. Das Hemd stand einem deutlich näher als die Moral. Und dann kamen zwei Olympiaden nach Deutschland – das immer noch “Weltkriegsverlierer” war, auch das sollte man bedenken. Dies gab den Nazis die Gelegenheit, das zu tun, was sie am allerbesten konnten. Propaganda. So eigenartig es für viele heute klingen mag – der Nationalsozialismus war damals auch “Jugendkult”. Bei HJ und BDM “konnte man was erleben” (heute heißt das “outdoor”), Nationalsozialismus, das war damals progressiv (!). Wenn sich jetzt einer über meine Formulierung aufregt, sie ist nicht von mir, sie ist von Günter Grass. Ich kann es mir sehr gut vorstellen, dass diese Zeit – es gab noch keinen Krieg, die Judenverfolgung fand im Geheimen und längst nicht so flächendeckend wie ab 1941 statt – von vielen ähnlich empfunden wurde wie 2006 das Sommermärchen. Für viele – gerade auch junge Menschen – war das wohl die bislang schönste Zeit ihres Lebens.

      Auch da nur kurz: die schönste Zeit, wenn man eben nicht jüdisch, Kommunist, Sinti und Roma oder sonst wie Außenseiter war….

      Die Formulierung und der historische Kontext passen einfach überhaupt nicht. Da bin ich voll bei Jan.
      2006 hatten wir “die Welt zu Gast bei Freunden”. Es waren “Spiele” für Menschen aller Hautfarben, für die gesamte Bevölkerung. Es war tatsächlich Nahe am ideal der friedlichen und verbindenden Spiele.
      1936 mag für viele auch fröhlich gewesen sein. Aber man sollte hier nicht eine – wohl so gewollte – textliche Verbindung zu 2006 herstellen. Das passt einfach nicht.

      1. Hat einer von Euch schon mal überlegt, dass das Ganze vielleicht nur eine Art “product placement” ist? Bayern-Magazin = Sportmagazin, Hilmes-Buch = Sportbuch (im weitesten Sinne). Der Verlag will sicher Auflage machen, darum hat der Verlag (nicht “das Bayernmagazin”) auf dem Klappentext den Hinweis auf das “erste Sommermärchen” gemacht. Wer weiß, vielleicht musste der Verlag sich sogar irgendwie “erkenntlich” zeigen, dass es sein Buch auf die Liste geschafft hat (und nicht das von mir empfohlene “The Boys in the Boat”). Jedenfalls sollte man unserem Verein keinen Vorwurf machen, dass da einfach nur der Klappentext abgedruckt wurde.

      2. Das Wort “Sommermärchen” taucht in keinen Presseinformationen zum Buch von Oliver Hilmes auf. Wenn man da externe Texte druckt, liegt die Endkontrolle beim Herausgeber.

      3. Da hast Du wohl recht – ich hab mich täuschen lassen, es ist ja gar nicht der Klappentext.

        Ich denke aber, dass der Text vom Verlag kommt und nicht von “Autoren” des Bayernmagazins.

      4. Trotzdem eine von Jan richtig thematisierte Unzulänglichkeit, dass die Herausgeber des Bayern Magazins, diese meiner Meinung doch ziemlich deplazierte Fomulierung von wem auch immer sie nun stammt, gedruckt haben. Entweder hat sich keiner an dem Vergleich (1936 – Sommermärchen) gestört oder die Entscheidung wurde nicht durchdacht.

  4. Ernsthaft? Wahrscheinlich haben nur ein Bruchteil der Bayern-Magazin-Leser, welche nur einen Bruchteil der Bayern-Fans ausmachen, welche nur einen Bruchteil der Bevölkerung ausmachen, den Fehltritt überhaupt bemerkt. Da ist ein, zwei Leuten ein Fehler unterlaufen. Jemand hat einen falschen Vergleich zum Sommermärchen gezogen, jemand anderes hat die Stelle überlesen oder sich beim Durchwinken nicht weiter darüber Gedanken gemacht. Beides nicht schön. Aber man muss die Angelegenheit nicht größer machen als sie sind. Auf meiner heutigen Worüber-sollte-man-sich-empören-Liste steht die Sache nicht mal in den Top 1000.

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    1. Deine Meinung passt jedenfalls in den aktuell so energisch geführten Diskurs der Political Correctness, und ich teile sie. Die Formulierung bzw. der Vergleich war ungeschickt, aber ich denke auch nicht, dass das ein Fehltritt ist, den man an die große Glocke hängen sollte.

      Für die “Politik hat im Station nichts zu suchen”-Leute: Schwarz-Weiß-Denken par excellence. Man wird sie nie verbannen können. Das Leben ist zu komplex, um immer nur eine Sache zu betrachten und andere auszublenden. Alex und WIPF haben ganz gut aufgezeigt, dass Sport und Lebensalltag nicht unbedingt trennbar waren. Auch in Brasilien 2014 ist das klar erkennbar gewesen. Und man spricht auch nicht umsonst z.B. von der Transferpolitik.

    2. Ich nehme gern Themenvorschläge entgegen!

      1. Inhaltlich sehe ich das ähnlich wie Tschemp und Sirius.

        Wenn ich allerdings deinen letzten Satz nehme und offensichtlich als Ankündigung einer wöchentlichen Kolumne verstehe, ist das Aufgreifen eines solchen Themas durchaus verständlich.
        Also nicht als den größten Aufreger der letzten Monate, sondern als ein Thema, dass dir vielleicht gerade aus aktuellem Anlass diese Woche durch den Kopf geht.

        So wie in jeder Kolumne mal größere, mal kleinere Dinge angepackt werden. Ein Meinungsstück eben, je nach Intention des Verfassers.

        Und wenn ich die vielfältigen Reaktionen so sehe, war die Themenwahl wohl doch gar nicht so schlecht-

      2. Also nicht als den größten Aufreger der letzten Monate, sondern als ein Thema, dass dir vielleicht gerade aus aktuellem Anlass diese Woche durch den Kopf geht.

        Ganz genau, Jo. Das ist die Intention (und etwas Druck, den ich mir selbst aufbauen möchte). Auch bei den Kommentaren: Jep, genau.

      3. Ohne Anlass braucht man auch nichts zu kommentieren. Das ist eines der Probleme in der heutigen Medienwelt, die fortlaufende Bereitstellung von Topic. Es passiert eben nicht stetig immer irgendetwas Berichtenswertes. Im Ergebnis wird man von einer Lapalie zur nächsten gescheucht.

        Aber…wenn jede Woche ein Kommentar kommen SOLL, muss man wohl solche Themen und Strohhälme wie hier aufnehmen. In Ordnung. Dass sich Leser über die Themenwahl wundern, sollte dann aber auch klar sein.

        Zur Frage: Ein Kommentar zur Fanabzocke beim Weihnachtsfest (oder allgemeiner Preisgestaltung), oder zu hunderten Karten die für die Promo eines Bankpartners abgehen müssen, oder dass sich ausgerechnet KHR nun gegen die Kommerzialisierung wendet. Oder unser Trainingslager in den Emiraten, welches S04 oder BVB nicht mehr durchführen. Oder wie man als FC Bayern (Fan) dem Duell und den Protest gegen Red Bull entgegen sehen kann. Vielleicht auch vor dem Hintergrund was andere Vereine gemacht haben, oder dass wir mit Mateschitz eine BB-Halle bauen wollen.

      4. Viele gute Vorschläge!

        Auch hier gehe ich voll mit dir d’accord, Tschemp. Ich lese regelmäßig hier, weil die Analysen großartig sind und man sowohl inhaltlich als auch handwerklich wirklich Gutes geboten bekommt. Ich bevorzuge durchaus wenige gute Artikel vor mehr Artikeln, bei denen eine Kleinigkeit aufgeplustert wurde, weil man ja mal wieder was schreiben “muss”. Ich bin selbst Blogger (wenn auch in einem anderen Bereich und mit wesentlich weniger Reichweite :) und versuche genau das zu vermeiden.

  5. Auch wenn jene Phase ganz ganz sicher die mit Abstand dunkelste der Deutschen Geschichte war, muss man meiner Meinung nach nicht alles automatisch und reflexartig schlecht sehen und reden, was damals passiert ist.

    Natürlich gab es um die Olympischen Spiele viele traurige Geschichten (z.B. der jüdischen Hochspringerin Gretel Bergmann), aber es gab auch positive Highlights: z.B. die Freundschaft von Luz Long und Jesse Owens oder die Begegnung des FCB-Spielers Wilhelm Simetsreiter mit Jesse Owens. Auch kam Owens beim (deutschen) Berliner Publikum sehr gut an (wohl sehr zum Leidwesen der Nazis).

    Ich hatte das große Glück als kleiner Junge bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München bei einigen Wettkämpfen dabei zu sein: Wenn die Berliner 1936 nur halb so euphorisch und enthusiastisch wie die Münchner 1972 waren, dann war es sicherlich schon ein “halbes Sommermärchen”. Die Münchner Spiele waren unglaublich fröhliche (“Popcorn” ;-) ) Spiele – aber bei vielen ist auch nur das schreckliche Attentat in Erinnerung geblieben …

    Keiner von uns war 1936 dabei – aber ein Sportpublikum kann sich schon stark von einem anderen unterscheiden – positiv wie negativ.
    Der schwarze Jesse Owens war in Berlin bei den Spielen ein gefeierter Superstar – anschließend begann nach seiner Rückkehr in die Staaten leider sein Niedergang ….

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    1. Keiner von uns war 1936 dabei

      Halte ich für einen fragwürdigen Ausgangspunkt, da man dennoch eine Haltung annehmen kann und sollte. Mitunter sind es die kleinen Dinge, die einfach nur ins Bewusstsein gerückt gehören, bevor man anfängt sie als “ist halt so” hinzunehmen.

      1. hmm … ich befasse mich ziemlich intensiv mit Geschichte, Jan (ist sogar eine Art “Hobby” von mir). Gesinnung (du schreibst “Haltung”) hilft einem da nicht viel weiter. Dann gibt es nämlich kaum etwas, was man von den Geschehnissen der letzten 40.000 Jahre wirklich gut finden dürfte (es war doch quasi ein ewiges Schlachten und Morden ..). Geschichte zeigt, dass das allermeiste in irgendeiner Form schon mal dagewesen ist. D.h. man lernt aus der Vergangenheit für das Jetzt und für die Zukunft .. So gesehen muss ich den Verlag dieses Buches sogar loben – ich finden den Hinweis auf die Vergleichbarkeit der beiden “Sommer” in der Tat interessant. Und ich finde auch, dass sowohl 1936 als auch 2006 sehr viel an “Massenpsychologie” mitgespielt hat.

        Der Hinweis von Peter auf 1972 – an das ich mich gut erinnern kann – ist auch richtig. Ähnliche Stimmungen gab es 1954 und 1990 … inzwischen ist das erforscht und verstanden, und die Politik weiß ganz genau, was sportlicher Erfolg in einem Land bewirken kann.

      2. “Keiner von uns war 1936 dabei”

        Also meinen Kommentar auf diesen herausgelösten Halbsatz zu kürzen, halte ich jetzt auch nicht für sehr gelungen … fast hätte ich “BILD-Zeitungs-mäßig” geschrieben ;-) ;-)

        Ich liefere genügend Fakten und Ansätze, mit welchen man sich stattdessen auseinander setzen sollte … sorry!

      3. Eigentlich bin ich nur stiller Mitleser (auch immer wieder der oft sehr guten Kommentare), aber der Unterton den ich in manchen Kommentaren (Peter 16:06, Wipf 16:32) glaube herauszuhören lässt mir ein wenig die Haare zu Berge stehen. Ob man die Rezension im Stadionheft als Lapsus oder Fauxpax betrachtet ist dafür auch erstmal unerheblich, es geht mir vielmehr um die nonchalante Art mit der hier manche mit dem Thema umgehen.
        Da wird geschrieben das die Judenverfolgung im Jahre 1936 “im Geheimen” stattgefunden hätte. Ein Jahr nachdem allen deutschen Juden sämtliche Bürgerrechte entzogen wurden, nach Arierparagraphen, Berufsverboten, unzähligen öffentlichen Vernichtungsdrohungen und widerwärtiger Hetze, dem 1933 verabschiedeten “Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchs”, dem Bau des, der Bevölkerung durchaus bekannten, KZs Dachau (unweit von München) und nicht zuletzt einer Olympiade unterm Hakenkreuz (für den nationalsozialistischen Teil der Bevölkerung der über die Umstände hinwegsehen konnte, im Übrigen sicherlich ein “Sommermärchen”). Das Ganze wird dann noch mit Wirtschaftswundermythen und einem Zitat des “kritischsten Geists der Waffen-SS” (Titanic) garniert.
        Es ist aber vor allem das Argument man sei damals nicht dabeigewesen, welches mir besonders übel aufstößt. Selbstverständlich kann niemand wissen wie es wäre in einem Paralelluniversum zu leben, aber sich vorzustellen, als der Mensch der man gerade ist, einem solchen Verbrechen beizuwohnen und dieses lautstark oder stillschweigend zu unterstützen und dann nicht zu dem Schluss zu kommen das man Farbe bekennen muss, erscheint mir fadenscheinig und zielte in der Nachkriegszeit oftmals ja auch vor allem darauf sich nicht mit eigenen Verfehlungen während des Dritten Reichs auseinandersetzen zu müssen (gilt für die Kommentatoren wohl eher weniger) oder Kritik an diesem zu verhindern (den Krieg in Syrien kann ich als Europäer dann wohl auch nicht Scheisse finden, weil: man steckt ja nicht drin).
        Es geht mir nicht darum euch eine irgendwie geartete Gesinnung zu unterstellen, aber angesichts einer vermeintlichen Überkorrektheit genervt abzuwinken, finde ich auf einer solchen argumentativen Grundlage doch ein bisschen fragwürdig.

      4. @Wipf: Dass Massenpsychologie in beiden Fällen eine Rolle spielte, ist doch gar nicht die Frage.
        @all: Aber: auch wenn nicht alles “unnormal” oder “schlecht” war (was bitte ist das für eine Kategorie?! Darum geht es gar nicht, denn heute ist ja auch nicht alles gut), so war die Zeit auch nicht “normal”. Das sollte man nicht vergessen. Was ist denn durch diese Parallelen, die unterschiedliche Zeiten unserer Geschichte auf eine Ebene heben und damit die eindeutig problematischere Zeit nolens volens “normalisieren”, gewonnen? Ich verstehe diesen Abwehrreflex nicht.
        Man muss sicher nicht alles auf die Goldwaage legen oder überbewerten, aber in diesem Fall halte ich den Zwischenruf hier für sehr angebracht!

      5. Mein lieber Wyndom, vielleicht hältst auch du dich besser mal an die Fakten. Es ist nicht akzeptabel, auf diese Art und Weise differenzierte Diskussionen einfach niederzumachen. Ich empfinde es auch als nicht akzeptable Unverschämtheit, mich in die Nähe von braunen Gedankengut zu rücken.

        1. Der Holocaust ist Fakt und ich wäre der letzte, der das relativiert (habe auch jüdische Freunde, wenn dich das beruhigt). Fakt ist aber auch, dass es Unterschiede in der Zeit bis 1941 und danach gab. Tatsächlich war das Ziel der Nazis bis 1941 “nur” die Vertreibung”.

        2. Wenn Du schon die Nürnberger Rassengesetze ansprichst, dann bitte gefälligst richtig. Es wurden nicht “alle Bürgerrechte entzogen”. Es gab zum einen die “Blutschutzgesetze” – mit Begriffen wie Rassenschande und mit Eheschließungsverboten. Und es gab weiter Gesetze, die Juden zu Bürgern zweiter Klasse machten. So konnten sie keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden.

        Mit einigem Nachdenken wird auch Dir klar werden, dass das, was danach kam, millionenfach perverser war. Das primäre Ziel der Rassengesetze war immer noch die Vertreibung.

        3. Wo bitte habe ich in meinem Beitrag irgendwelche “Wirtschaftswundermythen” verbreitet? Das Wirtschaftswunder fand bekanntlich in den 1950er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland statt. Die Wirtschaftspolitik der Nazis war kein Wirtschaftswunder, aber sie war erfolgreiche als die ihrer Vorgänger. Brünings Sparpolitik hat die Nazis doch erst richtig stark gemacht. Die Nazis haben dann das Gegenteil von Brüning gemacht – und so ihr System stabilisiert.

        4. Die Diskussion geht ausschließlich um die Frage, ob es akzeptabel ist, dass der Verlag (nicht “das Bayernmagazin”) das Jahr 1936 als “erstes Sommermärchen” bezeichnet hat. Ich bin zum Ergebnis gekommen, dass diese Aussage gar nicht so falsch ist. Natürlich akzeptiere ich andere Meinungen. Aber ich akzeptiere nicht dein selbstsüchtiges Moralisieren.
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        Viele Fans wollen keine politische Diskussion, weil diese nie sachlich bleiben. Leider ist das wohl wirklich so. Das liegt an Leuten wie dir.

      6. @Wipf das mit der Vertreibung ist einfach nicht wahr. Im Zuge der Euthanasie haben sie schon in den fühen 30iger Jahren angefangen die Menschen in den sog. Zwischenlager durch gezielte Verweigerung an Lebensnotwendigen Maßnahmen, sterben lassen. Das wurde zunächst mit den behinderten Menschen gemacht und mit mobilen Gaswagen und Verbrennungskammern für später geübt.

      7. @Dakury

        Das was Du sagst stimmt sicher. Ich habe mich aber auf den Holocaust bezogen, nicht auf die Euthanasie. Aber du hast insoweit recht, diese Grausamkeit haben die Nazis schon 1933 begangen.

      8. @WIPF1953, alles klar, es klang für mich beim lesen nur so abgeschwächt rüber mit der Vertreibung, als wäre ihnen erst 1941 aufgefallen dass Vertreibung allein sie nicht zufrieden stellt.

      9. @ wipf

        Es war absolut nicht meine Absicht dich in die Nähre von braunem Gedankengut zu stellen, worauf ich abzielen wollte ist auf die Kritik an deinem durchaus weiterverbreiteten Blick (also nicht rechts r a d i k a l e m) auf den NS. Ich habe dir auch nie unterstellt den Holocaust zu leugnen, aber das von der Judenverfolgung nichts bekannt war und das deren schlussendliche Konsequenz nicht schon vor 1941 für weite Teile der Bevölkerung zu erahnen gewesen sein musste ist genauso der heutige Forschungsstand wie die Entmystifizierung des “nationalsozialistischen Wirtschaftswunders”. Darüberhinaus meinte ich das “Reichsbürgergesetz”. Ich habe dir weiterhin auch nicht unterstellt keine anderen Meinungen zu akzeptieren und an einer sachlichen Diskussion ist mir durchaus gelegen, vielleicht liest du dir meinen Kommentar einfach nochmal durch.

    2. In jeder dunklen Zeit gibt es Leute die sicher eine schöne Zeit hatten, nämlich für die, die zu diesen Spielen gehen konnten und durften. Es ist für mich das Brot und Spiele Prinzip, das Volk ablenken und unter dem Mantel der Spiele die kruden Vorstellungen durchsetzen. Von daher ist es für mich kein Sommermärchen. Wobei es ist ein Märchen, also von der Deutbarkeit dieses Begriffs kann es so stehen bleiben.

  6. Für die arische Familie mit Parteibuch war es sicher ein Sommermärchen. Meinetwegen kann es darüber ein Buch geben, auch wenn ich mich beim lesen ekeln würde. Jedenfalls muss derjenige, der die Rezension geschrieben hat, schon ziemlich merkwürdige Prioritäten haben, um diesen Wortlaut anzuschlagen. Es würde wahrscheinlich auch niemanden jucken, wenn der Verein ansonsten klare Kante zeigen würde, wenn es um Menschenrechte geht. Da die Offiziellen ihre Meinung dazu aber wahrscheinlich im Wintertrainingslager abgegeben haben, bekommt jeder meine vollste Unterstützung, der seinen Einfluss (wie diesen Blog) nutzt, um in dieser Hinsicht unangenehm zu sein.

    Auch den Nebensatz zum “Retterspiel” unterstütze ich. Teile der Fanszene in Deutschland wandeln sich in den letzten Jahren von “rechtsoffen” zu “offen rechts”. Den meisten Vereinen ist das relativ egal, solange es keine schlechte Presse gibt, was ich absolut unsäglich finde. Ich weiß jetzt auch nicht, ob ich unbedingt einen Verein retten muss, dem Faschismus in der Kurve so lange egal ist, wie man mit geschlossenen Augen und Ohren nichts davon mitbekommt. Jedenfalls würde auch ich mir wünschen, dass man das Spiel nutzt, um dem eine Plattform zu geben. Wird man aber nicht, siehe oben.

  7. Ich möchte noch einmal auf den Ausgang dieser Diskussion zurück kommen. Selbst ansatzweise Vergleiche aus der Zeit 1933-45 sind immer problematisch. Aber man muss dieses Thema auch nicht unnötig aufblähen. Was verbinden wir denn mit dem Sommermärchen 2006? Mit Sicherheit keine politischen Aspekte. Sondern doch eher eine (zum Teil verklärte) Zeit mit landesweit heiterer Stimmung, die durch ein sportliches Großereignis ausgelöst wurde. Wesentliche Elemente waren
    Euphorie in fast allen Bevölkerunsgteilen,
    ein gemeinsamen Erleben (public viewing),
    ein großes kulturelles Rahmenprogramm,
    konsequente Vermarktung der Veranstalter,
    großzügige Rahmenbedingungen durch die Öffentliche Hand,
    enorme Bautätigkeiten,
    eine gigantische Berichterstattung in sämtlichen Medien,
    eine perfekte Organisation und Inszenierung,
    ein staunender Blick des Ausland auf dieses Land,
    ein insgesamt sportlich zufriedenes Abschneiden des eigenen Teams und
    nicht zuletzt auch das gute Wetter.
    Und nun kommt es: dies alles (bis auf das Wetter) traf auch auf die Olympischen Sommerspiele 1936 zu! Das ist ein Analogie bzw. eine Paralle durchaus berechtigt.

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    1. Sicher das es 1936 ein gemeinsames Erleben gab? Ich glaube hätten wir heute eine WM würde es auch kein gemeinsames Erleben mehr geben wie damals 2006.

    2. Wären 2006 Juden von der WM ausgeschlossen gewesen, wären politische Gegner verfolgt worden, hätte die WM zur Feier eines nationalsozialistischen Körperideals und soldatischer Tugenden gedient (“Triumph des Willens”), wären diese Spiele Propagandakulisse eines terroristischen Regimes gewesen, wäre das Tor eines schwarzen Spielers als ein persönlicher Affront Angela Merkels interpretiert worden und hätte es schon im Vorhinein Boykottaufrufe gegeben, dann hättest du die WM 2006 also als Sommermärchen erlebt?
      Das kaufe ich dir nicht ab, bzw. das Argument dass diese Dinge der damaligen Bevölkerung unbekannt gewesen seien ebenso nicht, es war schließlich auch Teil der NS-Berichterstattung (das hast du so zwar nicht gesagt, aber dein außen vorlassen dieser Tatsachen legt eine solch eingeengte Betrachtungsweise der damaligen Zeitgenossen nahe).
      Ob nun im Rahmen einer überaus kritischen Betrachtung der WM-2006, Parallelen zu 1936 ziehen sein sollten und inwiefern diese in angemessener Weise in ein paar Zeilen im Bayernmagazin, ohne jegliche Erläuterung der begrifflichen Gleichsetzung und wie diese denn zu verstehen sei, geschehen sollte erschließt sich mir nun ganz und gar nicht.
      Ich will das Ganze auch nicht über die Maßen dramatisieren und zum Riesenskandal machen, aber das jedwede Reaktion (und der Blogeintrag macht ja jetzt auch nicht das größtmögliche Fass auf) für manche (bezieht sich an dieser Stelle nicht auf deinen Kommentar) schon zuviel ist kann ich überhaupt nicht verstehen. Klar ist das vielleicht nicht der Stoff für einen Brennpunkt, aber in diesem Format doch ein absolut berechtigtes Thema.

  8. Ich gib es diesmal zu – ich hab mir nicht alles durchgelesen, aber auch dieses Magazin wird durch Anzeigen und Partner finanziert. Hinter dem Thema wird bestimmt ein Verlag stehen, der hier eine Vermarktungsidee hatte und bereit war, Geld an den FC Bayern zu bezahlen.

    Der Anzeigenberater hatte vielleicht noch genügend Füllplatz und hat sich gesagt er nimmt lieber die paar Tausend EURO mit, anstatt es moralisch und ethisch zu durchleuchten.

    Dieses grundsätzliche Fingerspitzengefühl in einer Welt zu erwarten, wo es nunmal nur um Geld geht, ist dann schon beinahe zynisch. Natürlich möchte man mit den Blog mal wieder auf andere Themen lenken – aber damit?

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    1. Vergleiche mit Ereignissen aus der NS Zeit von 1936 bis 1945 sind immer mindestens zweifelhaft und Fragwürdig. Geld sollte nicht höher als Moral gewertet werden. Wer weiß, vielleicht gibts ja noch eine Richtigstellung im Bayern Magazin.

  9. Ich nochmal. Sorry für 1-2 Tippfehler.
    Ja, es gab ein gemeinsames Erleben. Das neue Medium Fernsehen bot in Berlin öffentliche Räume, bei den man sich vor den Flimmerkisten versammelte.
    Warum es unethisch ist, auf ein Buch hinzuweisen, dass die Absurdität des öffentlich polierten Glanzes der Veranstaltung durchleuchtet, erschließt sich mir nicht. Wer das Buch selbst nur flüchtug in die Hand nimmt, wird sofort feststellen, dass die Propaganda-Maschinerie der Nazis hier ad absurdum geführt wird. Insofern auf das Buch hinzuweisen, ist nicht unethisch oder zynisch, sondern lobenswert. Märchen müssen übrigens nicht zwangsläufig positiven Inhalt haben, wie wir alle wissen. Und jemandem ein Märchen erzählen/vormachen, obwohl die Realität eine andere ist, ist geläufige Redensart.

  10. Ich habe mir nun wirklich dreimal überlegt, ob ich hier noch einmal zu diesem Thema schreiben soll, so genervt bin ich von einigen Kommentaren.

    Stellvertretend der Kommentar vom Kollegen “WYNDOM_EARL”:
    “Eigentlich bin ich nur stiller Mitleser (auch immer wieder der oft sehr guten Kommentare), aber der Unterton den ich in manchen Kommentaren (Peter 16:06, Wipf 16:32) glaube herauszuhören lässt mir ein wenig die Haare zu Berge stehen. Ob man die Rezension im Stadionheft als Lapsus oder Fauxpax betrachtet ist dafür auch erstmal unerheblich, es geht mir vielmehr um die nonchalante Art mit der hier manche mit dem Thema umgehen.”

    Wenn Du meinen Kommentar derart interpretierst, dann hast Du ihn nicht ansatzweise verstanden und Dir auch nur einen Halbsatz herausgepickt. Mir gegenüber empfinde ich das hier gelinde gesagt als Unverschämtheit, habe ich doch ganz deutlich geschrieben, wie ich diese dunkelste Epoche der Deutschen Geschichte einordne.

    Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, dass es hier doch insgesamt weniger um die Einschätzung der (politischen) Gesamtsituation von 1933 bis 1945 geht, als vielmehr um die Einordnung des Sportereignisses “Olympische Sommerspiele in Berlin” – und zwar aus Perspektive der damaligen Zuschauer.

    War nicht zuletzt die Empörung ebenfalls groß, weil man uns das “Sommermärchen 2006” wegnehmen wollte, weil es ein angeblich “gekauftes” war. Mehrheitliches Argument dagegen: Egal, warum die WM nach D gekommen ist, das fröhlich feiernde deutsche Volk und die Gäste aus der ganzen Welt haben es zum Sommermärchen gemacht!

    Beim “Sommermärchen 1936” geht es doch auch um die Wahrnehmung der Olympischen Spiele seitens der damaligen Bevölkerung. Die haben damals auch ein Sportfest gefeiert.
    Die Beispiele mit dem Superstar von 1936, Jesse Owens, habe ich schon gebracht. Er wurde wohl von einer gigantischen Mehrheit der Deutschen gefeiert – und das, obwohl er ein Schwarzer war. Das war doch auch ein positives Zeichen für damals. In den 2 Wochen, in welchen die Spiele statt gefunden haben, hat das deutsche Volk diese und ihre Sieger (auch die Nicht-Deutschen) gefeiert. Soll das nun geleugnet werden?

    Ich habe nun einmal meine Mutter hierzu gefragt, ob meine Großeltern (Jahrgänge 1911; 1917) irgendwann einmal etwas über die Berliner Spiele gesagt hatten. In ihrer Erinnerung waren diese begeistert davon, eben vor allem von Jesse Owens.
    Zu meinen Großeltern: Beide haben in jener dunklen Zeit des Öfteren Probleme mit der “Staatsmacht” bekommen. Speziell meine Oma war wohl wegen ihrer Hilfsbereitschaft häufiger in Gefahr, selbst ins KZ zu kommen. Sie leisteten keinen “offenen Widerstand”, aber sich widersetzten sich auf ihre Weise dem Regime – wie z.B. auch ein Sigi Herrmann vom FC Bayern. Nicht jeder ist zum Märtyrer geboren.
    Trotzdem bewundere ich sie immer noch für ihre Einstellung in jener Zeit (und weiß auch, welch gütige Menschen sie auch später waren) – viel mehr als heutige Zeitgenossen, die aus der sicheren Deckung mit einer “gewaltigen Moralkeule” agieren, wenn es aber ernst werden würde, die treuesten Mitläufer wären …

    So … jetzt ist das Thema HIER für mich auch beendet!

    Antwortsymbol2 AntwortenKommentarantworten schließen
    1. habe deinen Kommentar gelesen und festgestellt das ich dir mit meinem tatsächlich unrecht getan hab. Bitte entschuldige das. Dass du das Benennen der Verantwortung der Deutschen als “Moralkeule” aus der “sicheren Deckung” (wie denn auch sonst?), als Hinweis auf “treues Mitläufertum” deutest, mal ehrlich was soll das? Ich habe hier auch nicht über euren Charakter spekuliert, sondern versucht euch an euren Worten zu messen, was in deinem Fall, aufgrund meiner Unaufmerksamkeit, zugegebener Maßen schiefgelaufen ist.
      Das Widerstand (in welcher Form auch immer, es muss nicht jeder Märtyrer sein) damals möglich gewesen ist, wirft ein schlechtes Licht auf alle die ihn nicht geleistet haben, keine Ahnung was das über mich sagen soll.

      1. Bevor jetzt noch mehr Missverständnisse aufkommen, melde ich mich doch noch einmal:

        Ausschließlich der 4-Zeiler nach deiner von mir zitierten Textstelle bezieht sich explizit auf dich.

        In deinem Kommentar von eben deutest du mich aber leider erneut um. So ist das abermals nicht zu verstehen.

        Naja, dass aber die überwältigend Mehrheit aller Menschen immer und überall der Spezies “Mitläufer” zuzuordnen war und ist, spricht beileibe nicht für unsere Gattung, ist aber leider die traurige Realität. Und wenn diese Mitläufer dann andere (Mitläufer) in wesentlich schwierigeren Zeiten aburteilen, ist das … ähh..zumindest arrogant …

        Ich kenne dich nicht, also urteile ich überhaupt nicht über dich …

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