Gegneranalyse Werder Bremen: Leichtes Spiel für den FC Bayern München?

Andreas Trenner 20.01.2024

Die Meinungen über das letzte Spiel von Werder Bremen gegen den VfL Bochum sind geteilt: Während die Deichstube das Spiel als „Grusel-Kick“ bezeichnete, war Trainer Ole Werner der Meinung, dass die Leistung beim glücklichen 1:1 „schwer in Ordnung war“.

Bei den Erwartungen an das Spiel in München herrscht vermutlich mehr Einigkeit, in Bremer Fankreisen spricht man beim Auswärtsspiel in München oft vom notwendigen, aber schmerzhaften „Zahnarztbesuch“… Ole Werner sprach in der Pressekonferenz vor dem Spiel von der „schwierigsten Auswärtsaufgabe der Saison“.

Statistiken sprechen für den FC Bayern

Das 1:1 in Bochum war erst der dritte Auswärtspunkt der Norddeutschen, wodurch sie sich in der Auswärtstabelle auf Platz 18 befinden. Beim Vergleich der Statistiken wie Expected Goals, Expected Goals against, Schüsse, Ballbesitz oder Dribblings im Spiel sprechen die Zahlen wenig überraschend klar für den FC Bayern und somit sollte das nächste Heimspiel eine lösbare Aufgabe sein – nicht zuletzt aufgrund der Sperren für die beiden Werder-Leistungsträger Marvin Ducksch und Leo Bittencourt. Oder doch nicht?

Bayern-Mittelfeld wird zum Schlüsselbereich

In Bezug auf die Spielzeiten liegen derzeit Mitchell Weiser und Jens Stage vor dem gesperrten Marvin Ducksch, beide haben in 17 Spielen über 1.400 Minuten Spielzeit und sind in der Aufstellung gesetzt. Stage hat sich auf seiner Position gegen den von Royal Union Saint-Gilloise verpflichteten Senne Lynen durchgesetzt.

Mitchell Weiser kann im Spiel gegen die Bayern eine Schlüsselrolle einnehmen und wird – wie so häufig – versuchen, über die rechte Seite Gegenstöße einzuleiten: 40% der Werder-Angriffe laufen in dieser Saison über rechts und nur 29% über die linke Seite (das ist der niedrigste Wert der Liga). Alphonso Davies wird also auch in seinen Defensiv-Qualitäten gefragt sein.

Zentral defensiv soll Jens Stage für Stabilität sorgen und wird dabei viel Kontakt mit Jamal Musiala haben, der im Eins-gegen-eins seine individuelle Klasse ausspielen sollte: Stage ist der Spieler, der am neuntmeisten in dieser Saison ausgedribbelt wurde. Wer den gesperrten Bittencourt im defensiven Mittelfeld vertreten wird, ist noch offen, eventuell bekommt Lynen eine Chance.

Alphonso Davies wird gegen Werder auch defensiv gefordert sein.
(Foto: Lars Baron/Getty Images)

Werder Bremen mit Woltemade und Schmid?

Im offensiven Bereich darf Nick Woltemade auf eine Chance in der Startelf hoffen. Der fast zwei Meter große Offensiv-Mann kann gegen Bayern beweisen, dass er in der Bundesliga angekommen ist. Er wurde in der Saison 2022/23 (noch an den SV Elversberg ausgeliehen) von Fans und Spielern zum „Spieler der Saison“ in der 3. Liga gekürt.

Mit zehn Toren und neun Vorlagen war er stark am Aufstieg von Elversberg in die 2. Liga beteiligt. Beim überraschenden 1:1 gegen RB Leipzig kurz vor der Winterpause hat außerdem Felix Agu als schneller Linksverteidiger überzeugt und hat aktuell leichte Vorteile vor dem Belgier Deman, der eine Alternative wäre.

Anthony Jung, Werders Spieler mit der viertmeisten Einsatzzeit nach Ducksch, eröffnet häufig das Spiel über die linke Seite mit einer Verlagerung und pflegt dabei eine hohe Ballkontrolle. Agu und Jung würden gegen den FC Bayern auf ihrer Seite vermutlich auf Thomas Müller und Konrad Laimer treffen.

Vorsicht ist vor Agus Geschwindigkeit geboten, gerade in Umschaltmomenten. Romano Schmid, der zuletzt zweimal nur eingewechselt wurde, könnte über seine Passfähigkeiten vor allem im Bereich Pre-Assists über die rechte Seite gefährlich werden – er ist also der Mann für die Vorlage für die Vorlagen. Hier lag der Österreicher in der Hinrunde zeitweise direkt hinter Jamal Musiala in der Bundesligaweiten Statistik.

Wird die Werder-Offensive ins Spiel kommen?

Justin Njinmah dürfte in der Offensive beginnen, er hat bisher die besten Werder-Werte nach Expected Goals und Assists pro 90 Minuten, auch wenn seine Einsatz-Zeiten noch Luft nach oben haben. Njinmah kann ebenfalls für Tempo in Umschaltmomenten sorgen, und es ist relativ sicher, dass darauf auch gegen den FC Bayern gebaut werden soll.

Rafael Borré hat sich gegen Leipzig immer wieder aus der Spitze zurückfallen lassen und so für eine Überzahl im Mittelfeld gesorgt, was Leipzig durchaus vor Herausforderungen gestellt hat. Die Leipziger Doppelsechs aus Kampl und Haidara war zeitweise überrascht über das mann-orientierte Vorgehen.

Hier sollten die Bayern mit Guerreiro und Kimmich auf der Sechs also wachsam sein und Unterzahl-Situationen vermeiden. Auch Schmid könnte die Rolle als Überzahl-Spieler gegen die Bayern Mittelfeld-Defensive einnehmen.

Mit Dawid gegen Goliath?

Ole Werners Team wird vermutlich auch in München mit zwei Spitzen auflaufen, ein 3-4-3 wie zuletzt in Bochum ist unwahrscheinlich. Neben Njinmah könnte im Zweiersturm auch Dawid Kownacki für den gesperrten Duksch eine Chance erhalten.

Er muss bei Werder noch zeigen, dass er offensive Qualitäten hat. Die Formation aber ist ohnehin flexibel, während eines Spiels wechselt Ole Werner gerne einmal zwischen einem 5-3-2 und der 3-4-3-Formation. Gegen die Bayern ist jedoch mit einem hohen Anteil an der ersten, defensiveren Formation zu rechnen.

Somit ist folgende Aufstellung denkbar: Zetterer // Agu (Deman) – Jung – Friedl – Stark – Weiser // Stage – Schmid – Lynen // Borré – Njinmah.

Bayern: Schnittstellen beachten, Sieg ermöglichen

Die Bayern müssen in Summe also auf die Überzahl in ihrem defensiven Mittelfeld, das schnelle Umschalten über Weiser und Agu, sowie die Passfähigkeiten eines Schmid achten. Wenn der FC Bayern es dann schafft, dass Njinmah und Borré in der Offensive nicht mit Bällen versorgt werden, spricht vieles für einen Sieg.

Dazu sollten in der Bayern-Defensive Stellungsfehler wie zuletzt möglichst vermieden werden. Die Werder-Abwehr um Jung, Friedl und Stark arbeitet zwar derzeit solide und zuverlässig, kann individuell aber durch Kane, Sané oder Musiala definitiv vor viele Herausforderungen gestellt werden.

52 Bayern-Tore in 16 Spielen sprechen für sich. Werder Bremen hat die sechstmeisten Schüsse der Liga zugelassen und 61% der Gegentore aus dem offenen Spiel erhalten.

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