Unsere Wunsch-Elf für den FC Bayern

Maurice Trenner 18.07.2022

Doppelspitze im 5-3-2 oder 4-4-2, Falsche Neun im 4-5-1 oder doch noch der Transfer eines echten Stürmers? Gleichzeitig hat sich durch zahlreiche namhafte Neuzugänge (insb. de Ligt) sowie Abgänge aber auch in anderen Mannschaftsteilen einiges neu sortiert. Die Optionen scheinen endlos. Wir spielen in der Redaktion unsere favorisierten Möglichkeiten durch. 

Dazu gibt es ein paar Regeln. Aufgestellt werden soll die persönliche Wunsch-Elf mit maximal einem zusätzlichen Neuzugang. De Jong, Ronaldo und Kane gemeinsam sind dementsprechend keine Option.

3-5-2 mit flexiblem Wingback Kimmich

von Maurice

Abwehr: Eine schöne Spielerei auf dem Papier, aber vermutlich keine Mannschaft, die wir so auf dem Feld sehen werden. Die Dreierreihe hinten mit Hernandez, De Ligt und Pavard plus linkem Wingback Davies ist hier noch das realistischste. Durch De Ligt als zentralen Innenverteidiger verspreche ich mir eine besser geordnete Abwehrreihe. Pavard bekommt aufgrund seiner kleineren Fehleranfälligkeit den Vorzug vor Upamecano. 

Mittelfeld: Die Überraschung dann auf rechts: Kimmich als Wingback. Warum? Mazaroui muss erst zeigen, dass er das Niveau in München mitgehen kann. Die Rolle von Kimmich wird in dieser Aufstellung sehr variabel. Nur im Spiel gegen den Ball orientiert er sich nach rechts hinten. Mit dem Ball rückt er stark ein und unterstützt den Spielaufbau als tiefer Spielmacher, da diese Rolle sonst im Team vakant ist. Das Zusammenspiel und die Abstimmung mit Goretzka wird hier essentiell. Letzterer darf seine Position nicht zu oft aufgeben.

Angriff: Vor Goretzka folgt dann die geballte Offensive. Sané darf in seinem linken Halbraum agieren und wird auf der rechten Seite von Musiala ergänzt. Zusammen mit der Doppelspitze Mane/Gnabry ergibt sich ein fluides System, dass durch schnelle Kombinationen und wechselnde Positionierung die gegnerische Abwehr knacken soll. In diesem Team fehlt ein klarer Zielspieler bei Flanken, doch sehe ich diesen nicht im Kader – zumindest nicht auf dem erforderlichen Niveau.

Betonte Offensive im 4-3-3

von Alex

Tor: Manuel Neuer, ich denke, das kann niemanden überraschen. Ich hoffe, er verletzt sich nicht.

Abwehr: Davies links ist für mich genauso alternativlos wie Neuer im Tor. Rechts würde ich Mazraoui aufstellen und in der Innenverteidigung wären de Ligt, auf den ich sehr viel halte und von dem ich sehr viel erwarte, und Pavard meine erste Wahl. 

Die Unbekannte in dieser Rechnung ist Mazraoui, deshalb sind meine Überlegungen abhängig davon, wie gut er sich bei den Bayern einfindet und entwickelt. Sollte er nicht überzeugen können, wäre die Kombination aus Pavard rechts und Hernandéz innen meine Rückfalloption Nummer 1. Von Hernandéz bin ich aber nicht überzeugt, daher wäre das für mich nur eine Notlösung.

Leidtragende der Verpflichtung de Ligts sind insbesondere Upamecano und Nianzou, von deren Potenzial ich überzeugt bin, die mir aber für einen Stammplatz entschieden zu fehleranfällig sind. Das Dilemma: Ändern könnte daran vor allem mehr Spielpraxis, worauf die Aussichten heute allerdings geringer sind denn je.

Mittelfeld: Gesetzt auf der 6 ist für mich Kimmich. Ich habe Kimmich immer dann als am besten empfunden, wenn er das Spiel vor sich hat und es aus einer tiefen Position heraus dirigieren kann. Er verfügt über ein breites Repertoire an Pässen, eine hervorragende Übersicht und eine seltene Entschlossenheit im Handeln, was in einer tiefen, strategischen Position wie der 6 am besten zur Geltung kommt. Nirgends sonst hat Kimmich so gut die Möglichkeit, mit dem Ball am Fuß das Spiel seiner Mannschaft zu gestalten und es ohne Ball durch seine Kommandos und Präsenz zu ordnen und zu koordinieren und durch entschlossene Tacklings zu beeinflussen.

Meine erste Wahl für die 8 wären Goretzka und Müller. Bei beiden habe ich allerdings gewisse Bauchschmerzen. Goretzka schwankt stark in seiner Form und ist trotz seiner körperlichen Sprungevolution fragil und verletzungsanfällig, was durch häufige und lange Ausfallphasen seine Integration in das Spiel und damit auch sein Leistungsvermögen spürbar limitiert. Bei Müller habe ich die leise Befürchtung, dass er nach dem Abgang von Lewandowski in ein Leistungsloch fallen könnte. Müller und Lewandowski waren ein symbiotisches Pärchen, ohne Lewandowski könnte auch der Vorlagengeber Müller viel von seinem Glanz verlieren.  

Für beide Spieler stünden allerdings glücklicherweise mit Gravenberch, Musiala und zur Not auch Sané einige Alternativen zur Verfügung, sodass ich schon aus numerischen Erwägungen heraus kaum Bedenken bei der Besetzung der 8er-Position habe. Sollte Laimer kommen, vergrößert sich der Gestaltungsspielraum im Mittelfeld sogar noch.

Angriff: Im Angriff klafft durch den Abgang von Lewandowski eine riesige Lücke. Diese Lücke bezieht sich nicht nur auf Lewandowski und seine Tore persönlich, sondern auch auf die Mittelstürmerposition generell. Die Bayern haben nun keinen reinen Mittelstürmer von Format mehr. Jede Besetzung der 9 ist daher notwendigerweise ein Kompromiss. Mein Kompromiss lautet Mané, der von allen Spielern im gegenwärtigen Kader noch den besten Neuner abgibt. Rechter Läufer wäre bei mir Gnabry, der bei mir aber nur deshalb erste Wahl ist, weil ich weiß, wie gut er eigentlich sein kann, wenn er top in Form und zufrieden ist. Linker Läufer wäre bei mir Coman, der bei mir, solange er fit ist, immer spielen würde, weil er für gegnerische Spieler sehr schwer zu stellen und ein kompetenter Flankengeber ist. Durch seine Durchbrüche von außen in den Strafraum und seine guten Abspiele ist er ein steter Quell der Unruhe und Gefahr für das gegnerische Tor.

Sollte Gnabry nicht zurück zu alter Stärke finden, wäre meine Alternative Coman auf rechts zu ziehen, wo er fast genauso gut ist wie links, und dafür Sané links außen spielen zu lassen. Von Sané bin ich aber ähnlich wie von Hernandéz nicht überzeugt, daher wäre das meine klare zweite Präferenz.

Im 4-3-3 mit Ankersechser Löcher stopfen und Kimmich stärken 

von Georg

Mit einem weiteren Mosaikstein kann ein 4-3-3 die Stärken des Teams in Szene setzen und die bisherigen defensiven Löcher stopfen.

Abwehr: Vor Manuel Neuer bilden Lucas Hernández und der designierte Neuzugang Matthijs de Ligt die Innenverteidigung. Der tiefe Sechser sorgt hier für zusätzliche Stabilität.

Alphonso Davies und Noussair Mazraoui bilden die offensiv ausgerichtete Außenverteidigung und sorgen für die notwendige Breite im Aufbau.

Mittelfeld: Der angesprochene tiefe Sechser, oder auch ein Ankersechser, fehlt bisher im Kader. Dafür plane ich mit Konrad Laimer. Julian Weigl wäre ein anderer Spielertyp als der Leipziger, aber auch passend für die Position. Joshua Kimmich braucht diese Unterstützung in Form eines die Position haltenden und offensiv wie defensiv Struktur gebenden Sechers, damit er sich frei entfalten kann. Dadurch kann Kimmich weiterhin seine Stärken überall auf dem Platz einbringen, ohne dass Löcher vor der Innenverteidigung entstehen.

Jamal Musiala und Leon Goretzka liefern sich ein Duell um die Position neben Kimmich. Nagelsmann kann je nach Form oder Matchplan auf Goretzka als physischen Box-to-Box-Spieler oder Musiala als dribbel- und kombinationsstarken Nadelspieler setzen.

Angriff: Vorne stürmen Sadio Mané und Serge Gnabry als vom Flügel aus einrückende Abschlussspieler. Kingsley Coman ist eine Breite gebende Alternative für die beiden. Thomas Müller macht im Zentrum Thomas-Müller-Dinge: Räume schaffen, Tore vorbereiten und Pressing organisieren.

3-5-2 mit Flügelverteidiger

von Chris

Abwehr: Manuel Neuer steht im Tor – natürlich. Davor Hernández, De Ligt und Pavard. Die Position von Pavard ist umkämpft. Ich gebe ihm aktuell den Vorzug vor Upamecano. Alphonso Davies und Noussair Mazraoui agieren als Flügelverteidiger. Bei Bedarf bilden sie zusammen mit den drei Innenverteidigern eine Fünferkette. In der Realität werden sie aber die Offensive durch ihre Tempoläufe unterstützen. 

Mittelfeld: Vielleicht die größte Schwachstelle in dem System. Kimmich hat alleine viel Raum zu decken. Zumal mit Coman und Müller eher zwei offensive Achter auf dem Feld stehen. In der Champions League oder in manchen Bundesligaspielen ist das zu offensiv. Hier könnte Goretzka für mehr Balance sorgen. Gravenberch, Musiala und ggf. Laimer, wenn er kommt, könnten Alternativen sein. 

Angriff: Vorne stürmen Sadio Mané und Serge Gnabry mit viel Variabilität und unterstützt von Müller und Coman. Es wird in der neuen Saison darum gehen, nicht einen Spieler (namentlich Lewandowski) in Abschlussposition zu bringen, sondern möglichst flexibel zu agieren. Es wird Spiele geben, da legt Gnabry Mané auf und Vice versa. Sané sehe ich als Alternative im Angriff.

Unbegrenzte Flexibilität

von Justin

Hier ist ja schon vieles dabei – auch ein ähnlicher Vorschlag von Georg. Letztendlich ist die Flexibilität im Kader nahezu unbegrenzt. In 90 % der Fälle halte ich eine Dreierkette für den FC Bayern für überflüssig, in den 10 % kann sie den Unterschied machen (dann gern ein 3-2-4-1 mit zwei Halbraumzehnern). Vorab: Das ist nicht meine favorisierte Formation oder eine, die ich in jedem Spiel bringen würde. Ich würde sie einfach ganz gern mal sehen. Ich glaube, die Mittelfeldraute kann richtig gut zu Nagelsmann und den Bayern passen. Gerade weil sie offensiv so viele Spieler in zentrale Positionen bringt und das Mittelfeld stabilisiert.

Abwehr: Wer Hernández und de Ligt hat, braucht ohnehin auf dem Papier keinen dritten Innenverteidiger mehr. Ich würde dem Sechser, wenn nötig, eine absichernde Rolle geben. Dazu gleich mehr. Die beiden Außenverteidiger sollen ihre Offensivstärken ausspielen, Breite geben und Tempo machen. Mazraoui kann ruhig etwas absichernder agieren als Davies, aber beide grundsätzlich mit vielen Offensivaufgaben.

Mittelfeld: Der Ankersechser hat hier eine sehr wichtige Rolle. Er muss nach vorne und nach hinten absichern. Nach vorne bedeutet: Gegenpressing lenken und in der zweiten Reihe klug nach vorn schieben, wenn es nötig ist. Gleichzeitig aber eben überwiegend hinten bleiben und dort gemeinsam mit den beiden IV eine stabile Restverteidigung bilden. Laimer ist mir da fast schon zu aggressiv (ähnlich wie Kimmich), weshalb ich lieber de Jong da sehen würde. Auch aus Ballbesitzperspektive. Ja, das Geld. Aber wenn du in einem Sommer die realistische Chance hast, de Jong für einen angemessenen Preis zu bekommen, solltest du das machen und eben mal ins Risiko gehen. Es wird die Existenz des FC Bayern nicht bedrohen. Kimmich könnte dann endlich auf die Acht rutschen und seine Offensivausflüge wären weniger gefährlich für die Defensive.

Angriff: Rotation, Rotation, Rotation. Thomas Müller ist eh sehr laufklug, Mané und Gnabry sollten ständig die Schnittstellen attackieren. Viel Bewegung ist der Schlüssel zu Lücken. Da es hier keinen physischen Stürmer gibt, hört hoffentlich auch das Flankenfestival auf. Ich will Fußball sehen. Meine einzigen Bauchschmerzen: Kingsley Coman muss aus meiner Sicht spielen. Wenn die AV aber Breite geben, ist er nicht der optimale Spieler. Mit ihm wäre es aber denkbar, dass Mazraoui einrückt und Coman breit bleibt. Dann ändert man die Formation oder Goretzka schiebt in die letzte Linie mit Ball.

Flexible Offensive im 3-5-2 mit angreifenden Flügelläufern

von Daniel

3-5-2 oder 4-3-3? Das ist hier die Gretchenfrage. Die Dreierkette wäre die logische Fortführung der letzten Halbsaison, wo man kaum ein einziges mal mit vier Mann hinten gut war. Allerdings sollte die Implementierung eines funktionellen Viererkettensystems der Mindestanspruch an Nagelsmann in der kommenden Spielzeit sein. Die Dreierkette wird -wie Justin richtigerweise bemerkt hatte- das Problem haben, dass man sie oft gar nicht braucht. Allerdings setzt eine Viererkette direkt voraus, dass Mazraoui voll einschlägt, ferner sollte es noch mehr Probleme in der Strafraumbesetzung geben. Daher habe ich mich mit einigen Bauchschmerzen doch für das 3-5-2 entschieden.

Abwehr: Ob Mazraoui direkt die rechte Seite tragen kann, steht in den Sternen. Die Fünferkette erlaubt, dass er langsam ins Bayernspiel eingleiten kann. Diese Aufstellung erlaubt es Coman mehr Flügelstürmer denn -verteidiger zu sein. Drei klassische Innenverteidiger sind eigentlich zu viel, Kimmich kann man hier aber trotzdem nicht opfern, weil dann der ballspielende Mittelfeldmann fehlt. Zum Ausgleich darf Hernández ruhig öfter einen offensiven Libero geben und nach vorne stürmen. Ob Nianzou oder Upamecano spielen, gibt sich erstmal nicht viel. Bei Pavard gehe ich indes davon aus, dass mein prognostiziertes Jahr der Entscheidung vorverlegt wurde. Ich rechne mit einer Trennung.

Mittelfeld: Einige packen ja schon Gravenberch in die Stammelf, mich dünkt die erinnern sich gar nicht mehr, wie gut ein fitter Goretzka eigentlich sein kann. Durch dessen Verletzung zu Saisonbeginn gibt es aber tatsächlich Raum. Diesen füllt aber kein junger Holländer, sondern ein junger Deutschbrite aus. Musialas natürliches Vorhandensein in einem 4-3-3 wäre auch der größte Grund für die alte holländische Schule.

Angriff: So froh ich über seine Vertragsverlängerung auch bin, Gnabry sofort einen Stammplatz zu geben nach dessen brutal enttäuschender Vorsaison, schmeckt mir eigentlich nicht. Aber vielleicht wächst er ja an den Aufgaben. Thomas Müller sehe ich als wahren Schlüsselspieler des Angriffs. Mané, Gnabry und auch der dazustoßende Coman werden ständig rochieren und in Bewegung sein. Erschafft Chaos, aber lässt auch Räume frei. In die muss sich Müller schleichen.