FC Bayern: Was für und gegen Ralf Rangnick spricht

Justin Trenner 22.04.2024

Wer wird denn jetzt Trainer des FC Bayern München? Unai Emery könnte es sein, hieß es in den vergangenen Tagen. Zuvor war es Zinédine Zidane. Im Moment aber scheint Ralf Rangnick der große Favorit zu sein, glaubt man verschiedenen Medienberichten.

Klar ist derzeit nur eines: So wild wurde selten spekuliert. Bis Ende April wollen sich die Bosse möglichst entschieden haben, erklärte man jüngst. Auch Max Eberl gab ein paar Einblicke in die Trainersuche des FCB.

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Kandidaten gibt es nach wie vor einige. Seit unserem letzten großen Update hat sich der Status-quo in der Gerüchteküche aber nochmal verändert. Wir fassen zusammen, was aktuell berichtet wird – und erklären, warum eine Übergangslösung nicht angestrebt werden sollte.

FC Bayern: Unai Emery blockt ab – Ralf Rangnick Favorit?

Der Name Unai Emery tauchte vor einigen Tagen erstmals etwas großflächiger in der Berichterstattung auf. Nicht nur äußerte sich TV-Experte Lothar Matthäus bei Sky sehr positiv über den Spanier, auch der Pay-TV-Sender selbst berichtete, dass der Coach ein Kandidat sei.

Nun hat Emery sich auf einer Pressekonferenz am Sonntag zu den Gerüchten geäußert. „Ich bin hier zu 100 Prozent fokussiert“, sagte der 52-Jährige. Im Fußballgeschäft keine Aussage, die den FCB allzu sehr abschrecken sollte. Allerdings berichtete Sky auch, dass Emery plane, in der Premier League zu bleiben. Sein Vertrag bei Aston Villa läuft noch bis 2027, glaubt man den englischen Medienberichten rund um seine Vertragsunterschrift 2022.

Wie sehr der FC Bayern über Emery nachgedacht hat, ist ohnehin fraglich. Ein anderer Kandidat, der bereits mehrfach in der Berichterstattung auftauchte, ist Ralf Rangnick. Zuerst berichtete der kicker vom Interesse der Bayern. Das Fachmagazin erneuerte das Gerücht nach der Verlängerung von Julian Nagelsmann beim DFB. Auch die L’Équipe schrieb davon, dass der Trainer von Österreich unter den heißesten Kandidaten sei. Die tz legt nun nach: Rangnick sei sogar der Favorit auf den Job.

Ralf Rangnick beim FC Bayern? Das spricht dagegen

Demnach gehe es sogar nur noch darum, ob der 65-Jährige dem Angebot des FC Bayern zustimmt. Dann werde er nach der Europameisterschaft Trainer des Rekordmeisters. Wenn alles nach Plan laufe, so will es die Münchner Zeitung erfahren haben, wird der Deal noch diese Woche finalisiert.

Dagegen würde sprechen, dass der Deutsche zuletzt selbst relativ deutlich über seine Zukunftspläne mit Österreich sprach. Im Gespräch mit Sport1 wurde Rangnick gefragt, ob er bereits mit den Verantwortlichen des FCB gesprochen habe. Seine Antwort: „Nein. Warum sollte ich? Ich fühle mich hier wohl. Ich habe noch Vertrag bis 2026 und unser Ziel und unser Weg geht auch nach der Euro weiter.“

Darüber hinaus ist fraglich, wie attraktiv Rangnick für die Bayern überhaupt ist. So gut es für ihn bei Österreich auch läuft, so desaströs war seine Zeit bei Manchester United. In 29 Partien holte er lediglich 1,45 Punkte pro Spiel, soll dabei auch mit den Verantwortlichen mehrfach aneinander geraten sein. Noch entscheidender wäre wohl die Frage nach der Philosophie.

Rangnick steht für einen sehr athletisch geprägten Fußball mit Fokus auf Pressing und Gegenpressing. Nachdem die Entscheidung für Thomas Tuchel eine klare Abkehr zu diesem auch von Hansi Flick und Julian Nagelsmann präferierten Spielstil war, wäre es nun also die Rückkehr. Aber ist es das, was der FC Bayern wirklich braucht? Oder sind es nicht gerade die technischen und strategischen Fähigkeiten in Ballbesitz, die den Münchnern derzeit das Leben schwer machen?

Rangnick war in Leipzig durchaus erfolgreich (1,92 Punkte pro Spiel), scheiterte aber an der erfolgreichen Umsetzung eines Konzepts für jene Spiele, in denen sein Team viel Ballbesitz hatte.

Der FCB und Ralf Rangnick: Das spricht dafür

Die individuelle Klasse und auch die Kaderstruktur in Leipzig waren jedoch auch nicht optimal für ein solches Vorhaben. Wenngleich er dafür in einer Position mit viel Macht mitverantwortlich war, so hätte es vielleicht auch einfach mehr Zeit gebraucht. Immerhin legte er damals eine gute Basis für seinen Nachfolger: Julian Nagelsmann.

Und vielleicht ist es auch gar nicht so sehr seine Fähigkeit als Trainer, die als größtes Argument für eine Verpflichtung zu betrachten ist. Rangnick hat den deutschen Fußball taktisch und strategisch vor allem in den 2000ern geprägt. Viele Trainer orientierten sich an ihm. In der Branche genießt der Schwabe einen hervorragenden Ruf – eigentlich nur mit dem von Matthias Sammer zu vergleichen.

Inwiefern in den Erzählungen auch immer etwas Mythos mitschwingt, ist die andere Seite der Geschichten. Und doch hat Rangnick bei mehreren Stationen vor allem eines bewiesen: Er kann einen Club umkrempeln und konzeptionell sehr erfolgreich arbeiten – wenn er darf. Dafür fordert er in der Regel viel Macht und Handlungsspielraum ein. Dass er bei Manchester United genau das nicht hatte, dürfte einer von vielen Gründen gewesen sein, warum es nicht passte.

Interessant ist zudem die Red-Bull-Connection, die sich der FC Bayern in den vergangenen Jahren zusammengestellt hat. Eberl selbst war zwar nur kurz in Leipzig tätig, doch gerade Christoph Freund, Richard Kitzbichler (Top-Talenteentwicklung und Leihspielerbetreuung) und René Marić (U19-Trainer und Teamleiter Trainerentwicklung & Spielidee) bilden einen vorzeigbaren RB-Block. Rangnick würde diesen nun ergänzen.

FC Bayern: Bloß keine Übergangslösung

Für den FC Bayern bedeutet gerade das Einfordern von Macht, dass es durchaus ein Risiko gäbe. Wenn Rangnick kommt, dann wird er Entscheidungen treffen wollen, die den Club mindestens mittelfristig, teilweise sogar langfristig verändern können. Einen Alleinentscheider wird es an der Säbener Straße nur unter der Bedingung geben, dass er Uli Hoeneß heißt. Aber Zugeständnisse werden nötig sein. Inklusive großem Potenzial zu Konflikten, die über gesunde Streitkultur hinausgehen.

Eine Entscheidung für Rangnick würde aber auch unterstreichen, dass die Bayern nicht nach einer Übergangslösung suchen. Verlockend daran wäre das Angebot an Trainern im Jahr 2025. Neben Jürgen Klopp und Xabi Alonso wäre dann zumindest theoretisch auch Pep Guardiola verfügbar.

Allerdings kann es sich der FC Bayern nicht erlauben, eine weitere komplette Saison dem Übergang zu widmen. Nicht nur, weil man national dieses Jahr deutlich von Bayer Leverkusen distanziert wurde und das eine Antwort des FCB verlangt. Auch die Tatsache, dass mancher Schlüsselspieler nicht jünger wird, ist nicht unwesentlich. Neben Spielern wie Joshua Kimmich oder auch Leroy Sané, die sich derzeit im vermeintlich besten Alter ihrer Karriere befinden, kann man auch vor 100-Millionen-Euro-Stürmer Harry Kane wohl kaum rechtfertigen, ein Jahr Übergang zu machen.

Bayern muss liefern. Und das möglichst sofort. Das spricht zwar gegen alle Gesetze eines Entwicklungsprozesses, ist aber auch mit Blick auf das Champions-League-Finale 2025 im eigenen Stadion ein unabdingbares Dilemma. Unabhängig davon, wie man nun zu Rangnick steht: Eine Übergangslösung wäre er gewiss nicht. Bleibt die Frage, ob seine Ideen das sind, was der FC Bayern jetzt braucht.

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