FC Bayern Frauen verlieren Arena-Debüt gegen Paris

Justin Trenner 22.03.2022

Dreier- respektive Fünferkette – abermals in einem Topspiel? Nein. Der Trainer entschied sich lediglich für eine Anpassung im Mittelfeld. Statt der offensiveren Optionen bot er mit Saki Kumagai auf der Sechs sowie Sarah Zadrazil und Lina Magull auf den Achterpositionen lediglich ein zweikampfstärkeres Mittelfeld auf. Bayern rotierte zwischen 4-3-3 und 4-2-3-1 mit Magull als offensivster Mittelfeldspielerin. Paris Saint-Germain setzte auf das gewohnte Viererkettensystem.

Falls Ihr es verpasst habt:

Bayern begann in den ersten Minuten gut, stand defensiv stabil und war in der Lage sich zwei erste gute Halbchancen herauszuspielen. In der 9. Minute rutschte Viviane Asseyi nur knapp an der Führung vorbei. Das holte auch einen beachtlichen Teil der Fans sofort mit rein, aus der Südkurve heraus entwickelte sich sogar ein verhaltener, aber regelmäßiger Support mit Fangesängen. Jede gelungene Szene wurde mit lautem Applaus belohnt.

In der 13. Minute dann erstmals großer Aufschrei in der Arena. Klara Bühl hatte die erste Großchance des Spiels, als sie einen perfekt von Magull zurückgelegten Ball aufs Tor brachte – allerdings abgefälscht und somit zur Ecke geklärt.

Bayern übernahm die Kontrolle, vertraute defensiv aber häufig auf Gleichzahlsituationen in der Restverteidigung. Aus einer offensiven Umschaltsituation heraus kam Paris so zu einem Freistoß und einer anschließenden Ecke. Diese versenkte Katoto nach misslungener Klärungsaktion der Bayern zur bis dato glücklichen Führung für die Gäste.

Fortan verteidigte PSG noch tiefer und verließ sich auf Kontersituationen. Bayern ließ den Ball laufen, ohne die Gefahr aus der Anfangsphase auszustrahlen. Und so ging es mit einem mittlerweile verdienten 0:1-Rückstand in die Pause, weil Paris defensiv so gut wie nichts zuließ und offensiv immer wieder Gefahr andeuten konnte.

Pech und starke Lohmann in der 2. Halbzeit

In den zweiten Durchgang ging es zunächst unverändert – auch spielerisch blieb es dasselbe Bild. Deshalb wechselte Scheuer nach etwas mehr als einer Stunde doppelt. Maximiliane Rall und Sydney Lohmann kamen für Viviane Asseyi und Sarah Zadrazil. Keine fünf Minuten auf dem Platz, da hatte Lohmann schon den Ausgleich auf dem Fuß. Ihr Schuss fand aber nur den Pfosten (66.).

Die 21-Jährige belebte das Offensivspiel sofort. Auch die nächste Großchance legte sie vor. Bühl scheiterte aber an der Torhüterin (67.). In diese gute Phase des Offensivdrangs hinein erzielte PSG aber das 2:0. Wieder nach einem Standard, wieder Katoto (71.). Scheuer reagierte abermals mit Wechseln. Jovana Damnjanovic und Linda Dallmann kamen für Lea Schüller und Lina Magull (74.).

Bayern gab sich nicht auf, hatte aber kein Glück. Knapp 80 Minuten waren gespielt, da köpfte Lohmann den Ball an den Pfosten. In der 84. Minute brach dann jedoch erstmals Jubel in der Arena aus. Bühl versenkte einen Freistoß und belohnte die Bayern für eine engagierte zweite Halbzeit. Für ein Unentschieden reichte es aber nicht mehr und so bleibt die Ernüchterung groß.

Dinge, die auffielen:

1. Die linke Seite ist Lava

Bayern versuchte es vor allem über die rechte Seite. Immer wieder schoben dafür auch die Mittelfeldspielerinnen stark in den rechten Halbraum. Gefahr über links gab es indes selten. Gwinn agierte als Außenverteidigerin sehr weit eingerückt. Das stabilisierte den Spielaufbau einige Male und half auch im Gegenpressing.

Allerdings fehlte die Option für Verlagerungen, weil Asseyi ebenfalls keine Breitengeberin war. Bayern schaffte es weder, sich effizient rechts durchzukombinieren, noch, sich aus den Drucksituationen in ballferne Räume zu spielen. Deshalb musste PSG sich nicht mal viel bewegen, um letztendlich stabil zu verteidigen.

2. Ballgewinne zu schlecht ausgespielt

Im organisierten Pressing waren die Bayern durchaus druckvoll und präsent. Sie kamen zu hohen Ballgewinnen, die sie aber schlicht nicht gut ausspielten. Kumagai, aber auch Zadrazil waren mehrfach nicht in der Lage, das Tempo sofort zu erhöhen, sondern verschleppten das Spiel oder kämpften mit technischen Ungenauigkeiten. Gegen tiefstehende Französinnen, die nur selten so unsortiert waren wie in diesen Situationen, waren das verschenkte Chancen.

3. Scheuer stellt wieder um

In großen Spielen hat Scheuer oft große Pläne. In der Vergangenheit führte das nicht selten dazu, dass Bayern komplett anders auftrat als im Alltag. Ganz so tiefgreifend waren die Anpassungen diesmal nicht. Der Trainer veränderte nur die Mittelfeldkonstellation. Kumagai rückte von der Innenverteidigung auf die Sechs, Dallmann blieb dafür auf der Bank und Wenninger spielte hinten in der Viererkette.

Auf dem Papier also eine balanciertere Ausrichtung. Allerdings machten sowohl Kumagai als auch Wenninger einige Fehler im Aufbau. Auch gegen den Ball wirkten sie nicht immer stabil. Es schien die gefundene Struktur der letzten Wochen etwas durcheinander zu werfen, weil die Abstimmung nicht immer optimal war.

Als er in der zweiten Halbzeit mit Lohmann eine offensiv ausgerichtete Zehnerin einwechselte, entwickelten die Bayern einen größeren Druck im Offensivspiel und kamen relativ schnell zu deutlich mehr Chancen. Ohnehin zeigte die 21-Jährige, welch großes Talent in ihr schlummert. Mit ihr kam eine andere Dynamik auf den Platz.

Scheuer begründete auf Miasanrot-Nachfrage seine Umstellung mit der Kopfballstärke von Carina Wenninger bei Defensivstandards. Dass beide Gegentore nach Standards fielen, ist da natürlich bitter.

4. Die große Bühne: Ein Erfolg?

Vor 13.000 Zuschauerinnen und Zuschauern lagen die Bayern mit einer über weite Strecken kämpferischen, aber glücklosen Leistung nach 83 Minuten mit 0:2 zurück. Dann gab es Freistoß für die Bayern und das Publikum erhob sich im gesamten Rund, klatschte in die Hände und sang das bekannte Lied: „Auf geht’s Bayern, schießt ein Tor!“ Schon über die gesamte Partie hinweg erklangen aus der Südkurve regelmäßige und durchaus lautstarke Fangesänge. Dieser Moment aber war einer, der Gänsehautpotential hatte.

Klara Bühl lief an und hämmerte den Ball aus gut 17 Metern Entfernung ins Netz. Lautstarker Jubel. Sinnbildlich für eine positive Stimmung, wie sie diese Arena bei Rückständen nicht mehr kennt. Das Publikum brachte Sensibilität mit und wusste zu schätzen, wie sich das Team für den Erfolg aufopferte und auch nach zwei Gegentoren nicht aufgab.

Die Angst war zuvor groß, dass genau dieses Szenario dazu führen könnte, dass viele Menschen die Arena unzufrieden verlassen, womöglich das kurze Abenteuer Frauenfußball sofort wieder verwerfen. Ob das so ist, muss sich in der Zukunft zeigen. Die Bewertung des Abends sollte aber nicht vom Ergebnis abhängig gemacht werden. Im Gegenteil: Die Bühne Allianz Arena wurde dank des herausragenden Publikums tatsächlich zu einer großen. Darauf lässt sich in Zukunft aufbauen.