FC Arsenal – FC Bayern München 1:5 (1:0)

Justin Trenner 07.03.2017

Das letzte Mal, als die Münchner ein Hinspiel in der KO-Phase der Königsklasse so deutlich für sich entscheiden konnten, war gegen den FC Barcelona. Dort allerdings im Halbfinale. Diesmal ging es für den Deutschen Meister um den Einzug in die Runde der letzten Acht.

Falls Ihr es verpasst habt:

Carlo Ancelotti rotierte dennoch wenig und blieb seiner Linie der letzten Woche treu.

Champions League - Arsenal vs. BayernChampions League, FC Arsenal – FC Bayern München, 07.03.2017, Grundformationen.

Im Vergleich zum Wochenende stellte der Italiener Rafinha, Hummels und Alonso wieder auf. Außerdem kehrten Robben und Ribéry zurück in die Startelf. Der Trainer verzichtete erneut auf Kimmich und auch Müller saß ebenfalls auf der Bank.

Bei der Heimmannschaft gab es ebenfalls keine großen Überraschungen. Den angeschlagenen Özil ersetzte der einrückende Oxlade-Chamberlain und auf der Doppelsechs starteten Xhaka sowie Ramsey, die im Vergleich zum Hinspiel für mehr spielerische Akzente sorgen sollten als Coquelin. Eigentlich sollte Welbeck im Angriff starten, doch der Engländer verletzte sich kurz vor Anpfiff. Ihn ersetzte Giroud.

Beide Teams also im 4-2-3-1 und beide starteten wie erwartet. Arsenal aggressiver und mit mehr Bemühungen von Beginn an als im Hinspiel und die Bayern offensiv wie immer zuletzt. Trotzdem war die Rollenverteilung direkt klar. Die Gäste um Kontrolle bemüht, während Wengers Elf auf Konter lauerte.

Die erste kleine Chance hatte Arjen Robben, als er nach dem für ihn typischen Muster nach innen zog (8.). Wenig später tauchte Arsenal erstmals vor Neuer auf, doch der Welttorhüter konnte noch vor Walcotts Abschluss klären (10.).

Es folgte eine Phase, in der Arsenal auf den ersten Treffer drückte und diesen auch erzielte. Die Bayern waren trotz klarer Überlegenheit nicht in der Lage, Theo Walcott nach einem Einwurf zu verteidigen. Der Angreifer schoss schließlich aus spitzem Winkel ein (21.).

Die Gastgeber waren fortan das klar bessere Team. Sie schafften es zwar die Defensive ihres Gegners unter Druck zu setzen, kreierten daraus aber zunächst zu wenig Chancen.

Vielleicht waren die Münchner ob des Hinspiels zu entspannt, aber die erste Halbzeit lief fast komplett an ihnen vorbei. Walcott verpasste in der 34. Minute nur knapp den nächsten Treffer. Die beste Chance der Gäste ließ indes lange auf sich warten. Während Vidal aus der Distanz klar verpasste (37.), verzog Lewandowski aus deutlich besserer Position (38.). Robben setzte ihn stark in Szene.
Bayern versuchte nun mehr. Doch auch ein Konter, der aus einem Konter des Gegners resultierte, reichte nicht zum Ausgleich (42.). Ein misslungener Arsenal-Freistoß (45.) war die letzte Chance vor der Halbzeit.

Walcott erzielte die zwischenzeitliche Führung für Arsenal nach zehn Minuten. 
(Photo: Ben Stansall/AFP/Getty Images)

Auch im zweiten Durchgang gehörte die erste Chance der Wenger-Elf. Giroud setzte seinen Kopfball aber über das Tor (49.). Die Gäste schienen sich nun jedoch mehr vorzunehmen. Nach einem Treffer von Mats Hummels, der wegen Abseits zurückgepfiffen wurde (51.), gab es einen Elfmeter für die Bayern.

Der freigespielte Lewandowski wurde von Koscielny gefoult, der daraufhin die rote Karte sah (54.). Diese Möglichkeit ließ sich der Pole nicht nehmen und so besorgte der Gefoulte den Ausgleich höchstpersönlich (55.). Ein Doppelschlag, der Arsenal schmerzte.

Vier Tore gegen den FC Bayern zu erzielen ist so schon schwierig. In Unterzahl war es nun eine Herkulesaufgabe. Die Gunners ließen sich fortan wieder etwas tiefer fallen und Bayern bekam Kontrolle in das Spiel.

Martínez (63.) und Lewandowski (64.) verpassten die Möglichkeit zur Führung ebenso wie Robben, der den heraus geeilten Ospina zwar an der Seitenlinie umkurvte, den Ball aber nicht ins Zentrum bekam (67.).

Arsenal war nun völlig überfordert und jener Robben wusste dies zu nutzen. In der 69. Minute geriet ein langer Ball zu kurz und der Niederländer vollendete den Gegenschlag zum 2:1. Spätestens jetzt war dieses Achtelfinale in der Schublade, was beiden Teams anzusehen war.

Ancelotti reagierte dementsprechend und wechselte. Für Robben kam Douglas Costa (71.). Auch Wenger tauschte aus und das gleich drei Mal. Coquelin, Özil und Pérez kamen für Ramsey, Giroud und Sanchez (73.).

Den Teams war das Ergebnis ebenso anzumerken wie den Fans der Heimmannschaft. Hier war nur noch der FC Bayern aktiv. Ein nächstes Tor wäre folgerichtig gewesen, doch Lewandowski traf zunächst nur den Pfosten (76.) und legte sich dann in einem Konter den Ball zu weit vor (77.).

Die Szenen erinnerten stark an das erste Aufeinandertreffen der beiden. Eine weitere Umschaltsituation brachte den Münchnern das 3:1. Costa schloss noch außerhalb des Sechzehners in Robben-Manier ab (78.).

Auch Ancelotti nutzte seine letzten Wechseloptionen. Sanches und Kimmich ersetzten Ribéry und Thiago (79.). Die Ereignisse überschlugen sich und Arsenal brach nicht nur komplett auseinander, sondern zeigte sich von einer für die Champions League untauglichen Seite.

Der FC Bayern bestrafte dies und erhöhte in Person von Arturo Vidal erst auf 4:1 (80.) und wenig später auf 5:1 (86.). Arsenal hatte mit Bellerin nochmal eine Chance (89.), doch die Moral des Teams war erschreckend.

So endete die Partie mit 5:1. Vielleicht die letzte Champions-League-Begegnung von Arsene Wenger als Chef-Trainer des FC Arsenal. Es wäre ein brutaler Abgang von Europas Bühne. Die Bayern hingegen bleiben weiter im Rhythmus und gewinnen auch Dank des Spielverlaufs so deutlich in einer Champions-League-Auswärtspartie wie schon lange nicht mehr.

3 Dinge, die auffielen:

1. Lösungen gegen Druck

Was Hamburg, Schalke, Köln und das Arsenal aus dem Hinspiel nicht offenlegen konnten, sah man im Rückspiel diesmal ganz deutlich: Die Bayern haben noch zu wenig Lösungen gegen ein gut organisiertes, offensives Pressing. Das sah man auch in einigen Spielen der Hinrunde.

In der ersten Halbzeit hatten die Münchner viele einfache Ballverluste, die zum Teil aus Konzentrationsschwächen, aber auch aus fehlenden Optionen entstanden. Der Aufbau ging meist über die Außenbahn, wo der Gegner schnell Überzahl kreieren konnte. Weder Alonso noch Vidal waren in der Lage, Martínez und Hummels zu entlasten.

Hier fehlte auch der tiefer agierende Thiago aus Köln. Der Spanier fand in der Offensive kaum Zugriff, weil die Probleme schon in der eigenen Hälfte begannen. Es kommt nicht von ungefähr, dass Oxlade-Chamberlain, der im Zehner-Raum agierte, in den ersten 45 Minuten die meisten Balleroberungen verbuchte (6).

Nur 56% Ballbesitz, 7 Abschlüsse des Gegners, lediglich 212 Pässe (Arsenal nur 57 weniger) und ganze 17 Grätschen, weil man oft hinterherlief, unterstreichen die großen Probleme, die der FCB im ersten Durchgang hatte.

Ohne Alonsos Fähigkeiten zu unterschätzen, wäre Müller in Verbindung mit Thiago auf der Sechs vielleicht die passendere Lösung für die diesmal aggressiveren Gunners gewesen. Die erste Halbzeit wurde im Zentrum verloren, wenngleich sich der Schaden wegen des Hinspiels in Grenzen hielt.

2. Pressing noch mit Fehlern

Auch das zuletzt berechtigterweise gelobte Pressing der Bayern offenbarte in London einige Schwächen. Etwas, das sich ebenfalls in den letzten Wochen zeigte, aber von den Gegnern nicht so genutzt wurde. Dafür gibt es einige Faktoren, die Ancelotti und das Team idealerweise im Laufe der Saison verbessern.

Zum einen wäre da die Absicherung der Flügelspieler. Oftmals sind weder die Außenverteidiger, noch die Achter in guter Position für ein Gegenpressing bei Ballverlust. Die offensive Spielweise wird den Münchnern dann zum Verhängnis.

Gegen Arsenal war es Ribéry, der mit verlorenen Dribblings zwei gefährliche Konter einleitete. Anschließend gab es keinen oder zu späten Zugriff und Bayern war auf das ohne Frage gute Stellungsspiel der Viererkette angewiesen. Hier muss die Abstimmung zwischen Achter und Außenverteidiger besser sein.

Zum anderen fehlte aber auch die Kompaktheit im Spiel des fünfmaligen Champions-League-Siegers. Vidal und Alonso schoben nicht nach, Thiago war manchmal zu hoch. Diese Lücke im Mittelfeld nutzte Arsenal mit seinem spielstarken Mittelfeld.

Entweder folgt das ganze Team dem Spanier und der Druck wird immens hoch oder alle lassen sich etwas fallen. Wenn ein Mannschaftsteil das eine will, während der andere das andere praktiziert, wird es schwierig.

Ein Problem, das es gerade in der Anfangsphase unter Ancelotti häufig zu sehen gab. Gerade das im Pressing so stark harmonierende Duo bestehend aus Vidal und Thiago ist in höheren Zonen so wertvoll gewesen.

Der Chilene schien mit Alonso auf seiner Höhe jedoch wieder etwas weniger Einfluss nehmen zu können. Zumal der Spanier manchmal der Part auf der Doppelsechs war, der hoch attackierte und nicht Vidal selbst.

Ancelotti wird mit den Kombinationen, die er im Mittelfeld für die wichtigen Spiele wählt, großen Einfluss auf die Endergebnisse haben. Inwiefern das Duell mit Arsenal für ihn eine Aussagekraft hat, wird sich zeigen.

3. Ein Platzverweis und die Schalter-Bayern

So sehr man auch die erste Halbzeit kritisieren mag, die Bayern haben wiedermal im richtigen Moment zugeschlagen und ihre Leistung gesteigert. Dabei half ihnen aber auch der Platzverweis gegen Koscielny.

Wie im Hinspiel gab dieser Rückschlag dem FC Arsenal einen großen Riss im Spiel. Die Engländer sind schlicht kein Top-Team in Europa und in dieser Form auch kein Maßstab für Ancelottis Mannschaft.

Zwar konnten die Londoner im Hinspiel 30 Minuten und nun 45 Minuten halbwegs dagegenhalten und durchaus die ein oder andere Schwäche beim Europapokalsieger von 2013 offenbaren. Von der ganz großen Bühne sind sie aber weit entfernt.

Das Spiel bis zum Ausgleich und der damit verbundenen roten Karte und die Partie danach waren zwei unterschiedliche. Auch deshalb ist die Einordnung sowie die Nennung der aufgezeigten Schwächen wichtig.

Es ist aber mindestens genauso wichtig, die Moral und die Fähigkeit der Bayern, den ominösen Schalter umzulegen, zu benennen. Man spürte förmlich, wie die Münchner nach dem Gegentreffer nach und nach reagierten.

Zwar hatte Arsenal direkt mit dem Tor eine kleine Drangphase, doch Bayern wusste zumindest die großen Chancen zu verteidigen. In dem Wissen, dass der Vorsprung riesig war, tat man scheinbar nur das Nötigste.

Ja, der Platzverweis sorgte schließlich für komplett demoralisierte Gunners, aber dieser FC Bayern ist scheinbar auch in der Lage, das Tempo zu steuern und im richtigen Augenblick zu forcieren.

Arsenal ist so kein Maßstab, aber das 10:2 in Addition dürfte dennoch eine Ansage sein, die Europa zur Kenntnis nimmt. Das Selbstvertrauen wird den Münchnern helfen. Die Fehler und Schwächen aus beiden Spielen sollten dennoch nicht ignoriert werden.

FC Arsenal – FC Bayern 1:5 (1:0)
FC Arsenal Ospina – Bellerin, Mustafi, Koscielny, Monreal – Ramsey (72. Coquelin), Xhaka – Walcott, Oxlade-Chamberlain, Sanchez (72. Perez) – Giroud (72. Özil)
Bank Cech – Gibbs, Gabriel
FC Bayern Neuer – Rafinha, Martínez, Hummels, Alaba – Vidal, Alonso – Robben (70. Costa), Thiago (79. Sanches), Ribéry (79. Kimmich) – Lewandowski
Bank Ulreich – Bernat, Müller, Coman
Tore 1:0 Walcott (20.), 1:1 Lewandowki (Elfmeter, 55.), 1:2 Robben (68.), 1:3 Costa (78.), 1:4 Vidal (80.), 1:5 Vidal (85.)
Karten Rot: Koscielny (54.) / Gelb: Walcott, Oxlade-Chamberlain, Xhaka / Alaba, Martinez
Schiedsrichter Anastasios Sidiropoulos (Griechenland)
Zuschauer 50.000 (ausverkauft)