Evolution statt Revolution – Schalke 04

Christopher Trenner 27.08.2014

Transfers & Personal

Angesichts der vielen guten Jugendspieler und der stets chronisch knappen Kasse ist es wenig verwunderlich, dass Schalke 04 seinen Kurs beibehält und auf Evolution statt Revolution setzt. Warum viel Geld für Stars ausgeben, wenn man sie selbst ausbilden kann?

Gekauft wurde punktuell und der größte Coup ist wohl die Verpflichtung von Sidney Sam, der zumindest in der Hinrunde 13/14 seine Klasse unter Beweis gestellt hat. Für eine festgeschriebene Ablöse von 2,5 Mio. Euro hat Schalke an dieser Stelle ziemlich viel richtig gemacht. Geholt wurde zudem mit Fabian Giefer ein Torhüter, der nach den durchwachsenen Leistungen von Timo Hildebrandt mehr Konstanz auf der Position zwischen den Pfosten liefern soll. Ein Transfer, der angesichts der überraschend starken Leistungen von Ralf Fährmann gar nicht mehr nötig war. Fest verpflichtet wurde auch Dennis Aogo vom Hamburger SV. Trotz des langen Ausfalles wegen eines Kreuzbandrisses war Horst Heldt sehr angetan von der Leistung des ehemaligen deutschen Nationalspielers. Kurz vor Trainingsauftakt wurde noch Eric Maxim Choupo-Moting von Mainz 05 geholt. Choupo-Moting soll mehr Variabilität ins Schalker Spiel bringen. Dies wird auch nötig sein, da hinter der gesetzten Spitze Klaas-Jan Huntelaar ein zweiter Stürmer fehlt. Ádám Szalai, der erst vor einem Jahr ebenfalls von Mainz 05 gekauft wurde, konnte sich nicht durchsetzen und ging zur TSG Hoffenheim. Zumindest ein Verlust in der Breite, wobei Szalai nie an die Leistungen seiner Mainzer Zeit anknüpfen konnte. Unterm Strich geht Schalke 04 fast unverändert und mit einem leichten Transfersaldenplus in die neue Saison.

System

Auch hier gibt es noch wenig Veränderung. Schalke 04 spielt noch immer ein 4-2-3-1 bzw. 4-3-3 mit einem 4-4-2 in der Defensive. Das System hat seine Tücken, schließlich ist eine Mannschaft darin stark von individuellen Einzelleistungen abhängig. Mit Draxler, Mayer, Sam, Choupo-Moting und Klaas-Jan Huntelaar ist diese Klasse eigentlich in der breiten Masse vorhanden. Das Problem von Schalke, so zumindest einige Autoren bzw. Teile der Fans, ist Jens Keller. Er setzt die Spieler auf der verkehrten Position ein. So muss ein Julian Draxler immer wieder auf die Flügel ausweichen, da Max Mayer auf der alleinigen „10“ spielte. Draxler wurde auf die Außenbahn verdrängt. Hier konnte er nicht an seine Leistungen anknüpfen. Natürlich ein Luxusproblem, schließlich ist die Position hinter den Spitzen auch die vermeintlich beste Position von Kevin-Prince Boateng. Dieser durfte oder musste zuletzt – trotz offensichtlicher Fitnessprobleme – auf der 6 spielen. Eine Position für die er nicht gemacht ist. Zu selten kann er von dort aus seine Abschlussstärke und seinen offensiven Drang ausleben. Zu sehr kommen defensive Schwächen zum Tragen.

Neben diesen taktischen Feinheiten überrascht es zudem, dass Keller nicht versucht die Mannschaft taktisch weiter zu entwickeln. Nahezu alle Mannschaften der vermeintlichen Top-5 versucht über neue Systeme auf Anpassungen der Gegner zu reagieren – nur Schalke 04 zeigt sich überraschend wenig wandlungsfähig. Die Fehler der Vorsaison scheinen 1:1 in die neue Saison übernommen worden zu sein.

Das gewisse Etwas

Geht von den »jungen Wilden« aus. Mayer, Draxler, Goretzka aber auch Marvin Friedrich und Donis Avdijaj haben riesiges Potenzial Sie gezielt aufzubauen bzw. zu integrieren wird der Schlüssel zum langfristigen Erfolg sein für Schalke 04. So waren es vor allem die jungen Wilden die den langen Ausfall von Klaas-Jan Huntelaar abgefangen haben. Wenn Draxler an seine 10 Tore aus der Saison 2012/13 anknüpfen kann und wenn Max Mayer ebenfalls mindestens 10, oder mehr Scorerpunkte in die Bücher von S04 schreibt, scheint vieles möglich. Solange Klaas-Jan Huntelaar weiter trifft. In der Vorsaison lief er nur in 18 Partien auf, erzielte dabei aber 12 Tore.

Prognose

Die Saison wird schwierig. Die Baustellen aus der letzten Saison wurden nicht nachhaltig behoben. Zu wenig konstant und zu leicht ausrechenbar war der Fußball von Schalke 04 über weite Strecke der Spielzeit. Hinzu kommt dauerhaftes unerklärbares Verletzungspech bei den Königsblauen. Das Lazarett zählt meist mehr als fünf bis acht Spieler. So spielt beispielsweise der FC Bayern Leihspieler Jan Kirchhoff erst 30 Minuten für Königsblau. Eine Mannschaft wie Schalke 04 kann dies nicht auf Dauer abfangen. Das Aus im Pokal und die Niederlage am ersten Spieltag sind der Warnschuss. Es ist an Jens Keller die Mannschaft sportlich weiter zu entwickeln und taktisch weniger ausrechenbar zu sein. Ansonsten läuft Schalke 04 Gefahr das Minimalziel Champions League Qualifikation zu verpassen.